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Mixtape 11/​24

Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber die letz­ten Wochen und Mona­te waren für mich ein biss­chen anstren­gend. Dann kamen auch noch vie­le, vie­le Tage hin­zu, an denen es nie rich­tig hell, aber vor allem früh wie­der dun­kel wur­de, und das schlägt einem ja dann doch alles ein biss­chen uncool aufs Gemüt.

Mir hilft in sol­chen Fäl­len immer Musik – vor allem natür­lich die, die ich eh schon ewig ken­ne und die mei­ne Lau­ne ver­läss­lich bes­ser macht, aber auch neue. Und letz­te­re hab ich Euch wie­der zusam­men­ge­stellt zu einem klei­nen, hof­fent­lich fei­nen Mix­tape:

Afro-Pop von Bar­ny Flet­cher, ein Strokes/Kil­ler­s/Franz-Fer­di­nand-Cross­over von The Pri­va­tes aus Nash­ville, Dre­am­pop von Geor­gia Gets By und mei­ne Bud­dies vom Grand Hotel van Cleef sind dies­mal mit einem Lie­bes­lied auf Maya Haw­ke von Shit­ney Beers ver­tre­ten.

Al Green (von dem ich ehr­lich gesagt nicht wuss­te, dass er noch lebt) covert „Ever­bo­dy Hurts“ von R.E.M., Blos­soms aus Eng­land ver­wan­deln „I Wan­na Dance With Some­bo­dy“ von Whit­ney Hous­ton in eine Indie­rock-Hym­ne und wer Thurs­day mag, wird bei Glas­sey­ed auf­hor­chen.

Es gibt neue Songs von FKA twigs, Lau­ra Mar­ling und Vanes­sa Peters, zeit­ge­nös­si­sche Klas­sik von Han­nah Peel und Ben Folds, der sein ers­tes Weih­nachts­al­bum (acht neue, eige­ne Songs, nur zwei Cover-Ver­sio­nen) mit dem phan­tas­ti­schen Titel „Sleig­her“ ver­öf­fent­licht hat, nimmt uns auf einen Schnee­spa­zier­gang mit sei­nem Hund Mau­rice mit.

Kurz­um: Wenn Euch aus die­ser Lis­te so gar nichts gefällt, weiß ich auch nicht wei­ter!

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Lukas‘ Lieblingslieder

Heu­te möch­te Lukas ein­fach mal die Schön­heit der Pop­kul­tur fei­ern. Des­halb spielt er nur Lieb­lings­lie­der. Wel­che genau, das wuss­te er wäh­rend der Auf­zeich­nung auch noch nicht.

Alle Songs:

  • Alex The Astro­naut – I Think You’re Gre­at
  • R.E.M. – Find The River
  • Car­ly Rae Jep­sen – Call Me May­be
  • Tra­vis – Drift­wood
  • Rae Mor­ris – Do It
  • The Pos­tal Ser­vice – Such Gre­at Heights
  • Gor­di – All The Light We Can­not See
  • The Kil­lers – Mr. Brights­ide

Show­no­tes:

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Neue Musik von Foo Fighters, Everything But The Girl, Pet Shop Boys, MUNA und Amilli

Lukas ist zurück aus den Oster­fe­ri­en und muss sich erst­mal durch einen Sta­pel neu­er Releases arbei­ten: Die Foo Figh­ters haben die ers­te neue Musik nach dem Tod ihres Schlag­zeu­gers Tay­lor Haw­kins ver­öf­fent­licht, Ever­y­thing But The Girl das ers­te Album seit 24 Jah­ren und die Pet Shop Boys eine neue EP. Hin­zu kom­men Tracks von Sofia Kour­te­sis, Grand­brot­hers und Amil­li — und Lukas‘ ganz per­sön­li­che Geschich­te zur aller­letz­ten R.E.M.-Single.

Alle Songs:

  • Foo Figh­ters – Res­cued
  • Ever­y­thing But The Girl – Cau­ti­on To The Wind
  • Pet Shop Boys – The Lost Room
  • Sofia Kour­te­sis – Mad­res
  • Grand­brot­hers – Infi­ni­te
  • Amil­li – SOAMI
  • MUNA – One That Got Away
  • R.E.M. – We All Go Back To Whe­re We Belong

Show­no­tes:

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Song des Tages: Five For Fighting – Superman

Zum ers­ten Mal gehört: Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, glau­be aber, dass es auf „Songs from ‚Dawson’s Creek‘, Vol. 2“ war. Irgend­wann im Herbst 2001 könn­te zeit­lich pas­sen.

Wer musi­ziert da? Five For Fight­ing, der Pro­jekt­na­me von John Ondras­ik. Zur Jahr­tau­send­wen­de hät­te das das nächs­te gro­ße Ding in einem Gen­re wer­den kön­nen, das wir mal „Col­lege Rock“ nen­nen wol­len und das erst von R.E.M. und dann von den Coun­ting Crows domi­niert wur­de. Statt Five For Fight­ing gelang dann ein paar Jah­re spä­ter The Fray der mit­tel­gro­ße Durch­bruch.

War­um gefällt mir das? Nun ja: Kla­vier, Melan­cho­lie – gewis­se Wirk­prin­zi­pi­en soll­ten hier inzwi­schen klar gewor­den sein. Aber es ist vor allem der Text, der mich hier begeis­tert: Der Comic-Held Super­man erklärt, dass er das Flie­gen nicht abkön­ne, dass er Heim­weh habe, dass er auch als Held das Recht hät­te, Schwä­che zu zei­gen. Und als wäre das nicht schon tra­gisch genug, schließt er die­ses Weh­kla­gen ab mit dem Hin­weis: „Well, it’s alright /​ You can all sleep sound tonight /​ I’m not cra­zy or any­thing“. Da ist er schon wie­der ganz in der Pflicht­er­fül­lung ange­kom­men. Die halb bana­le, halb bedrü­cken­de Bot­schaft: Super­hel­den sind also auch nur Men­schen – also genau das, was uns jeder Super­hel­den-Film seit „Spi­der-Man“ mit zuneh­men­der Schwe­re und Humor­lo­sig­keit vor­be­tet.

[Alle Songs des Tages — auch als Spo­ti­fy-Play­list]

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Für Neil Armstrong

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Alben des Jahres 2011

Schnell auf „Pau­se“ gedrückt, noch ein­mal kurz zurück­ge­guckt und dann beschlos­sen, dass ich jetzt die defi­ni­ti­ve Lis­te mei­ner Lieb­lings­al­ben 2011 (Stand: 23. Dezem­ber, 13.59.42 Uhr) habe. Die Plät­ze 25 bis 8 sind heiß umkämpft und könn­ten auch eine ganz ande­re Rei­hen­fol­ge haben, die Plät­ze 5 bis 2 auch.

Aber jetzt ist es halt so:

25. Rival Schools – Pedals
Gera­de als der Ein­druck ent­stand, dass Wal­ter Schrei­fels end­gül­tig den Über­blick ver­lie­ren könn­te über all sei­ne Bands und Pro­jek­te, besann sich das Hard­core-Urge­stein auf sei­ne Band Rival Schools, mit der er vor immer­hin zehn Jah­ren mal ein Album auf­ge­nom­men hat­te. „Pedals“ reicht nicht an „United By Fate“ her­an, ist aber ein erfri­schend leben­di­ges Rock­al­bum für Men­schen, die sich unter „Rock“ dann doch noch etwas ande­res vor­stel­len als Nickel­back oder Sun­ri­se Ave­nue.

24. Foo Figh­ters – Was­ting Light
Leu­te, irgend­was stimmt da nicht: Dave Grohl ist (wie Wal­ter Schrei­fels auch) 42 Jah­re alt, was im Rock­busi­ness frü­her mal 90 Jah­ren im Schla­ger­ge­schäft ent­sprach. Und doch müs­sen die­se ver­dien­ten „alten“ Her­ren der Jugend zei­gen, wie man ordent­li­che Rock­mu­sik macht? Den Foo Figh­ters kann man jeden­falls nichts vor­wer­fen, außer, dass sie sich ein biss­chen aufs busi­ness as usu­al ver­legt haben. Aber dann hau­en die so Din­ger wie „Rope“, „White Limo“ und ganz am Ende „Walk“ raus und der Nach­wuchs steht irgend­wo in der Gegend rum und guckt betre­ten zu Boden. Das ist ja, als ob man sich in der ers­ten eige­nen Woh­nung von den Eltern die Ikea-Rega­le auf­bau­en las­sen muss!

23. Oh, Napo­le­on – Year­book
Was habe ich auf die­ses Album gewar­tet! Vor zwei Jah­ren. Doch bis Uni­ver­sal das Debüt end­lich auf den Markt gebracht hat­te, war der Span­nungs­bo­gen in sich zusam­men­ge­fal­len, und dann waren die bes­ten Songs aus­ge­rech­net die, die schon vor zwei Jah­ren auf der selbst­be­ti­tel­ten EP ent­hal­ten waren. Doch von die­sen (klei­nen) Ent­täu­schun­gen ab ist „Year­book“ ein wun­der­ba­res Pop­al­bum gewor­den. „To Have /​ To Lose“ und „A Book Ending“ haben nichts von ihrer erha­be­nen Schön­heit ein­ge­büßt und mit „Save Me“, „I Don’t Mind“ oder „Pick Some Roses“ sind auch genug Per­len unter den „neu­en“ Songs (die die Band seit Jah­ren live spielt). Deutsch­lands bes­te Nach­wuchs­bands kom­men halt nach wie vor vom Nie­der­rhein, aber eine Fra­ge hät­te ich noch: War­um läuft so schö­ne Musik nicht im Radio?

22. The Wom­bats – This Modern Glitch
„Tokyo (Vam­pi­res & Wol­ves)“, die (Weit-)Vorab-Single zum Zweit­werk der Wom­bats, war eine ver­dammt gro­ße Ansa­ge und mein Song des Jah­res 2010. „This Modern Glitch“ löst das Ver­spre­chen der Sin­gle weit­ge­hend ein: Cle­ve­rer Indie­rock mit viel Gele­gen­heit zum Mit­sin­gen und ‑tan­zen, der sich dank aus­ufern­dem Syn­thie-Ein­satz vom schlich­ten Jungs-mit-wil­den-Haa­ren-schau­keln-ihre-Gitar­ren-im-Ach­tel­takt-Gedöns abhebt.

21. The Decem­be­rists – The King Is Dead
Autos, die auf end­lo­sen stau­bi­gen ame­ri­ka­ni­schen High­ways Rich­tung Son­nen­un­ter­gang brau­sen. Jetzt haben Sie zumin­dest ein Bild von den Bil­dern, die „The King Is Dead“ in mir beim Hören aus­löst. Recht coun­try­las­tig ist es gewor­den, das sechs­te Album der Band um Colin Meloy, aber fern­ab des schreck­li­chen Kom­merz-Radio-Coun­try und fern­ab von Truck Stop. Wenn Sie mich jetzt ent­schul­di­gen, ich geh grad mei­nen LKW-Füh­rer­schein machen.

20. Yuck – Yuck
Die Neun­zi­ger sind zurück und mit ihnen die Shoe­ga­ze-Bands mit unschein­ba­ren Front­män­nern und Jeans­hem­den. „Yuck“ ent­hält zwölf char­man­te Pop­songs, die sich ein biss­chen hin­ter ver­zerr­ten Gitar­ren ver­ste­cken, und sich des­halb viel­leicht nicht immer sofort ent­fal­ten.

19. Fink – Per­fect Dark­ness
Ich habe nie eine Lis­te im Kopf gehabt, was wohl die bes­ten Kon­zer­te gewe­sen sein könn­ten, die ich in mei­nem Leben besucht habe. Dann habe ich Fink im Okto­ber in der Bochu­mer Zeche gese­hen und war mir sicher, dass er es gera­de min­des­tens in die bis­her nicht vor­han­de­ne Top 5 geschafft hat­te. Was für ein kla­rer Sound, was für gran­dio­se Songs, wie per­fekt dar­ge­bo­ten von Fin Green­all und sei­ner Band. Ich habe „Per­fect Dark­ness“ viel zu sel­ten gehört, weil es mir von der Stim­mung her meis­tens nicht pass­te, aber es ist ein sehr, sehr gutes Album, so viel ist klar.

18. Jack’s Man­ne­quin – Peo­p­le And Things
„The Glass Pas­sen­ger“, das zwei­te Album von Jack’s Man­ne­quin, war für mich per­sön­lich das wich­tigs­te Album der letz­ten fünf Jah­re, viel­leicht habe ich in mei­nem gan­zen Leben kein Album so oft gehört wie die­ses. Der Nach­fol­ger muss­te also gegen schier über­mensch­li­che Erwar­tun­gen ankämp­fen und konn­te nur ver­lie­ren. Tat­säch­lich waren die ers­ten fünf, sechs Durch­gän­ge eine Ent­täu­schung, ich war schon kurz davor, „Peo­p­le And Things“ ein­fach im Regal ver­schwin­den zu las­sen. Aber so lang­sam habe ich mich dann doch in die Songs rein­ge­hört. Sie sind zwar ins­ge­samt schon arg glatt gera­ten, aber ich kann Andrew McMa­hon ein­fach nicht wider­ste­hen, wenn er von den Her­aus­for­de­run­gen und Rück­schlä­gen des Lebens singt, die es zu meis­tern und zu über­win­den gilt. Das kann man alles ganz, ganz schreck­lich fin­den, aber ich fin­de es wun­der­bar.

17. Delay Trees – Delay Trees
„Kun­den, denen Band Of Hor­ses gefiel, kauf­ten auch Delay Trees“. Steht da merk­wür­di­ger­wei­se nicht, wür­de aber stim­men. Ich ken­ne das Debüt der fin­ni­schen Indie­band erst seit weni­gen Wochen, des­we­gen bin ich womög­lich ein biss­chen zu vor­sich­tig mit mei­nem Lob, aber allein der Ope­ner „Gold“ ist mit sei­ner ste­ti­gen Stei­ge­rung ein wah­res Meis­ter­werk. Die­se Mischung aus Melan­cho­lie und Eupho­rie hält an und lässt das gan­ze Album klin­gen wie den Sound­track zu dem Moment, in dem man sich nach einer durch­fei­er­ten Nacht und nach Son­nen­auf­gang ins Bett fal­len lässt.

16. Cold War Kids – Mine Is Yours
Manch­mal ist die Musik­welt schon rät­sel­haft: Wäh­rend die Kings Of Leon inzwi­schen rie­si­ge Are­nen fül­len, tre­ten die Cold War Kids nach wie vor in klei­nen Clubs auf. Dafür haben sie kei­nen Song über sexu­ell über­trag­ba­re Krank­hei­ten, der dank Dau­er­pe­ne­tra­ti­on in Clubs, Radi­os und Fuß­ball­sta­di­en inzwi­schen unhör­bar gewor­den ist, son­dern leicht ange­schmutz­te Rock­hym­nen wie den Titel­song oder „Lou­der Than Ever“.

15. R.E.M. – Col­lap­se Into Now
Das war es dann also, das letz­te Album die­ser leben­den Legen­den aus Athens, GA. Und alle kamen noch mal vor­bei, um ihre Auf­war­tung zu machen: Pat­ti Smith und Len­ny Kaye, Eddie Ved­der, Pea­ches und Joel Gibb von den Hid­den Came­ras. Es war ein wür­de­vol­ler Abschied, der nur einen Nach­teil hat­te: „Col­lap­se Into Now“ war bereits das fünf­zehn­te Album einer Band, die so vie­le Klas­si­ker geschaf­fen hat­te, dass jeder neue Song ein biss­chen sinn­los und unnö­tig wirk­te. Aber, mein Gott: Das ist Jam­mern auf aller­höchs­tem Niveau.

14. Jupi­ter Jones – Jupi­ter Jones
Kei­ner Band der Welt hab ich ihren spä­ten Erfolg so sehr gegönnt wie Jupi­ter Jones: Jah­re­lang hat sich die Trup­pe den Arsch abge­spielt, jetzt dür­fen sie end­lich den Lohn der Arbeit ein­fah­ren. Dass nach „Still“, im Früh­jahr die meist­ge­spiel­te deutsch­spra­chi­ge Sin­gle im Radio, jetzt auch Revol­ver­held-Hörer zu Hun­der­ten in die Kon­zer­te strö­men, ist völ­lig okay: Ers­tens ist das ein­fach ein groß­ar­ti­ger Song und zwei­tens ent­schä­digt die Fas­sungs­lo­sig­keit, die sich ein­stellt, wenn Jupi­ter Jones Songs aus ihrem Punk-Früh­werk aus­pa­cken, für alles. Den höhe­ren Preis eines erfolg­rei­chen Major-Acts muss die Band im Janu­ar zah­len, wenn „Jupi­ter Jones“ als „Delu­xe Edi­ti­on“ erneut auf den Markt geschmis­sen wird.

13. Dra­ke – Take Care
Es ist ein biss­chen trau­rig, dass in Rezen­sio­nen immer wie­der dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den muss, dass es auch intel­li­gen­ten Hip-Hop gibt – zumal das dann gleich an den lang­wei­li­gen deut­schen „Stu­den­ten­rap“ erin­nert. Las­sen Sie es mich also so sagen: „Take Care“ ist ein sehr lan­ges, sehr zurück­ge­lehn­tes Album, das so unge­fähr das Gegen­teil von all dem Protz- und Blingbling-Rap dar­stellt, den man sonst (mut­maß­lich) im Musik­fern­se­hen sieht. Wenn Dra­ke über „bit­ches“ und sex („four times this week“) rappt, dann selbst­re­fle­xiv und ‑kri­tisch. Das Album ist ein acht­zig­mi­nü­ti­ger Emo-Kater, nach dem man alles wer­den möch­te, nur nicht erfolg­rei­cher Rap­per. Ande­rer­seits: Wenn dabei so gran­dio­se Musik her­um­kommt …

12. The Low Anthem – Smart Fle­sh
Beim Hald­ern 2010 stand ich mit offe­nem Mund im Spie­gel­zelt und konn­te mich nicht ent­schei­den, ob ich jetzt Gän­se­haut krie­gen, los­heu­len oder vor lau­ter Schön­heit ein­fach tot umfal­len soll­te. 2011 spiel­ten The Low Anthem dann auf der gro­ßen Büh­ne, aber das Publi­kum war fast stil­ler als im letz­ten Jahr. Was für ein berüh­ren­des, groß­ar­ti­ges Folk-Album!

11. The Moun­tain Goats – All Eter­nals Deck
Über Jah­re waren die Moun­tain Goats immer nur via Rock­ma­ga­zin-Sam­pler am Ran­de mei­ner Wahr­neh­mung auf­ge­taucht, bis mir eine Freun­din die­ses Jahr (genau genom­men: vor zwei Wochen) „Never Quite Free“ vor­spiel­te. Nach­dem ich den Song etwa zwei Dut­zend Mal auf You­Tube gehört hat­te, woll­te ich mehr und „All Eter­nals Deck“ hält viel davon bereit: Vom hin­ge­rotz­ten „Estate Sale Sign“ bis zu dunk­len Bal­la­den wie „The Age Of Kings“. Und natür­lich immer wie­der „Never Quite Free“.

10. Ade­le – 21
Über Wochen hat­te ich „Rol­ling In The Deep“ im Radio gehört und für „ganz gut“ befun­den, dann stand ich wäh­rend der Pro­ben zur Echo-Ver­lei­hung irgend­wo hin­ter der Büh­ne, guck­te auf einen der Kon­troll­mo­ni­to­re und dach­te „Wow!“ Trotz­dem brauch­te es noch acht Mona­te und gefühl­te zwan­zig Sin­gle­aus­kopp­lun­gen, bis ich mir „21“ end­lich gekauft habe. Was für ein tol­les Album das ist und wie unka­putt­bar die Songs selbst bei maxi­ma­ler Radio­ro­ta­ti­on sind! Mit Unter­stüt­zung von unter ande­rem Rick Rubin und Dan Wil­son (Semiso­nic) hat Frau Adkins hier ein Album geschaf­fen, das sicher in eini­gen Jah­ren als Klas­si­ker gel­ten wird. Und wer „Someone Like You“ unge­rührt über­steht, soll­te viel­leicht mal beim Arzt fest­stel­len las­sen, ob er nicht viel­leicht einen Eis­klotz im Brust­korb spa­zie­ren trägt.

9. Noah And The Wha­le – Last Night On Earth
Noah And The Wha­le waren für mich so eine typi­sche Hald­ern-Band: Hun­dert­mal auf Pla­ka­ten und im Pro­gramm­heft gele­sen, aber nie bewusst gese­hen. Dann habe ich „L.I.F.E.G.O.E.S.O.N.“ gehört, die­ses eben­so dreis­te wie gelun­ge­ne Bei­na­he-Kinks-Cover. Und was soll ich sagen? Auch das Album lohnt sich: Makel­lo­ser Indiepop mit schö­nen Melo­dien und durch­dach­ten Arran­ge­ments, der irgend­wie direkt in die Eupho­rie­steue­rung mei­nes Gehirns ein­greift.

8. Exam­p­le – Play­ing In The Shadows
Hip-Hop, House, Grime, Dub­step, Indie – alles, was heut­zu­ta­ge mehr oder weni­ger ange­sagt ist, ist in der Musik von Elli­ot Glea­ve ali­as Exam­p­le ent­hal­ten. Vom stamp­fen­den „Chan­ged The Way You Kissed Me“, das jedem Auto­scoo­ter gut zu Gesicht stün­de, über das fast brit­pop­pi­ge „Micro­pho­ne“ bis hin zum dra­ma­ti­schen „Lying To Yours­elf“: Exam­p­le rappt und singt sich durch die ver­schie­dens­ten Sti­le und schafft damit ein abwechs­lungs­rei­ches, aber in sich völ­lig schlüs­si­ges Album, das irgend­wie all das abdeckt, was ich im Moment gern hören möch­te.

7. Cold­play – Mylo Xylo­to
Es scheint unter Jour­na­lis­ten und ande­ren Indi­en­a­zis inzwi­schen zum guten Ton zu gehö­ren, Cold­play schei­ße zu fin­den. „Iiiih, sie sind erfolg­reich, ihre Kon­zer­te machen Band und Publi­kum Spaß und über­haupt: Ist das nicht U2?“, lau­tet der Tenor und tat­säch­lich kann ich vie­le Kri­tik­punk­te ver­ste­hen, aber nicht nach­voll­zie­hen. Auf „Mylo Xylo­to“ sind Cold­play so unge­stüm unter­wegs wie noch nie, ihre Songs sind über­dreht und uplif­ting und zwi­schen­durch schlie­ßen sie mit ruhi­gen Akus­tik­num­mern den Kreis zu ihrem ers­ten Album „Parach­u­tes“ aus dem Jahr 2000. Seit „A Rush Of Blood To The Head“ hat mich kein Album von Cold­play mehr so begeis­tert und womög­lich sind die vier Eng­län­der tat­säch­lich die letz­te gro­ße Band. Kaum eine ande­re Band schafft es, ihren Sound mit jedem Album so zu ver­än­dern und sich doch immer treu zu blei­ben. Wenn sie jetzt auf einem Album Alex Chris­ten­sen und Sigur Rós samplen und ein Duett mit Rihan­na sin­gen, dann ist das so kon­se­quent zu Ende gedach­te Pop­mu­sik, wie sie außer Lady Gaga kaum jemand hin­be­kommt. Und wenn das jetzt alle hören, soll­te man das fei­ern – es gibt ja nun wirk­lich Schlim­me­res.

6. Bright Eyes – The People’s Key
So rich­tig hohe Erwar­tun­gen hat­te wohl nie­mand mehr an die Bright Eyes. Zu egal waren Con­nor Obersts letz­te Lebens­zei­chen gewe­sen. Und dann kommt er ein­fach und haut ein Indierock­al­bum raus, zu dem man sogar tan­zen kann. Gut: Die Pas­sa­gen mit gespro­che­nem Text und Welt­raums­ounds muss man natür­lich aus­hal­ten, aber dafür bekommt man ein merk­wür­dig opti­mis­ti­sches Gesamt­werk und mit „Shell Games“ einen fast per­fek­ten Pop­song.

5. James Bla­ke – James Bla­ke
Nie in mei­nem Leben habe ich hef­ti­ge­re Bäs­se in mei­nem Kör­per vibrie­ren spü­ren als bei James Blakes Auf­tritt auf dem Hald­ern Pop. Es reg­ne­te leicht und die­se Sin­ger/­Song­wri­ter-Post-Dub­step-Songs zogen über das Publi­kum wie sehr gefähr­li­che Gewit­ter­wol­ken. Die­se düs­te­re und anstren­gen­de Musik ist nicht für die Beschal­lung von Din­ner­par­tys geeig­net, aber sie ist ver­dammt bril­lant.

4. The Pains Of Being Pure At Heart – Belong
Die Neun­zi­ger sind, wie gesagt, zurück und The Pains Of Being Pure At Heart haben ihr Shoe­ga­ze-Erfolgs­re­zept von vor zwei Jah­ren um mini­ma­le Grunge-Ein­spreng­sel erwei­tert. Das ist auf Plat­te eben­so schön wie live und beglei­tet mich jetzt seit Mai.

3. Jona­than Jere­mi­ah – A Soli­ta­ry Man
Auf dem Hald­ern Pop Fes­ti­val war ich so weit, dass ich dem nächs­ten Jun­gen mit Akus­tik­gi­tar­re sel­bi­ge über den Schä­del zie­hen woll­te. Dann hör­te ich „Hap­pi­ness“ von Jona­than Jere­mi­ah im Radio und war begeis­tert. Der Mann packt die See­le zurück in Soul – und alles Ande­re hab ich ja schon im August geschrie­ben.

2. Ed Sheeran – +
Na so was: Noch ein Jun­ge mit Gitar­re! Ed Sheeran war wäh­rend mei­nes Schott­land-Urlaubs im Sep­tem­ber das Hype-The­ma auf der Insel und er ist so etwas wie das feh­len­de Bin­de­glied zwi­schen Dami­en Rice und Jason Mraz, zwi­schen Get Cape. Wear Cape. Fly und Niz­lo­pi. Die ruhi­gen Songs sind erschre­ckend anrüh­rend, ohne jemals Gefahr zu lau­fen, kit­schig zu wer­den, und bei den schnel­le­ren Stü­cken kann der 21-Jäh­ri­ge (fuck it, I’m old) bewei­sen, dass er genau­so gut rap­pen wie sin­gen kann. „+“ ist ein phan­tas­ti­sches Album, das ich gar nicht oft genug hören kann. In Deutsch­land kommt es im neu­en Jahr raus.

1. Bon Iver – Bon Iver
Noch ein Jun­ge mit Gitar­re. Und noch zwei Gitar­ren. Und ein Bass. Syn­the­si­zer. Eine Blä­ser­sek­ti­on. Und nicht einer, son­dern gleich zwei Schlag­zeu­ger. Jus­tin Ver­non hat gut dar­an getan, sei­ne als Ein-Mann-Pro­jekt gestar­te­te Band zur Big­band aus­zu­bau­en, und einen deut­lich opu­len­te­ren Sound zu wäh­len als bei „For Emma, Fore­ver Ago“. So las­sen sich Debüt und Zweit­werk kaum ver­glei­chen und „Bon Iver“ kann ganz für sich selbst ste­hen mit sei­nen Tracks, die teil­wei­se eher Klang­räu­me sind als Songs, und die trotz­dem ganz natür­lich und kein Stück kal­ku­liert wir­ken. Vom anfäng­li­chen Zir­pen des Ope­ners „Perth“ bis zu den letz­ten Echos des viel dis­ku­tier­ten Schluss­songs „Beth/​Rest“ ist „Bon Iver“ ein Meis­ter­werk, an dem 2011 nichts und nie­mand vor­bei­kam.

Hin­weis: Bit­te hal­ten Sie sich beim Kom­men­tie­ren an die Regeln.

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Sweetness Follows

Mit sieb­zehn Jah­ren litt ich an wie­der­keh­ren­den Kopf­schmer­zen, so dass mich mein Haus­arzt irgend­wann zu einem Spe­zia­lis­ten schick­te, der eine Com­pu­ter­to­mo­gra­phie vor­neh­men soll­te. Im War­te­zim­mer sah ich das gan­ze Elend der Welt: Kah­le Män­ner, Frau­en und ich glau­be sogar Kin­der, und mir wur­de klar, dass sich mein gan­zes Leben gleich inner­halb von einer Sekun­de ändern könn­te. Doch in mei­nem Kopf fand sich nichts, was dort nicht hin­ge­hört hät­te, mein Papa fuhr mich wie­der nach hau­se, die Son­ne schien und im Radio lief „Imi­ta­ti­on Of Life“ von R.E.M.

Ein paar Wochen spä­ter spiel­te die Band ein kos­ten­lo­ses Kon­zert in Köln und obwohl ich sehr gern hin­ge­gan­gen wäre, ent­schied ich mich mit mei­nem bes­ten Freund doch dage­gen und sah mir das Kon­zert (oder das, was MTV davon zu über­tra­gen belieb­te) im Fern­se­hen an. Dass der Abend ins­ge­samt doch noch legen­där wur­de, lag nicht aus­schließ­lich an die­sem Kon­zert, aber zu einem guten Teil.

R.E.M. sind tat­säch­lich eine die­ser Bands, die immer da waren, deren Musik ich aus dem Radio kann­te, lan­ge bevor ich wuss­te, von wem sie ist. Für ihre Hoch­pha­se bin ich eigent­lich zu jung („Auto­ma­tic For The Peo­p­le“ erschien, als ich neun Jah­re alt war), aber man kann ja auch spä­ter ein­stei­gen und sich dann im Back­ka­ta­log zurück arbei­ten – und dann als Teen­ager Abend um Abend in sei­nem Zim­mer sit­zen, „Ever­y­bo­dy Hurts“ und „Night­swim­ming“ hören und sich soooo ver­stan­den füh­len.

Ges­tern nun haben Micha­el Sti­pe, Mike Mills und Peter Buck bekannt­ge­ge­ben, ihre Band auf­zu­lö­sen. Genau­er: Die Band ist schon auf­ge­löst, so ein Elend wie eine Abschieds­tour wird es nicht geben. Das kommt einer­seits ein biss­chen unver­mit­telt, ist dann aber ande­rer­seits auch schlüs­sig, wenn auch nicht zwin­gend not­wen­dig. Es gäbe ande­re Bands, die sich drin­gen­der auf­lö­sen soll­ten (U2, Ste­reo­pho­nics), oder bes­ser nie gegrün­det hät­ten (Sun­ri­se Ave­nue, Revol­ver­held).

R.E.M. haben nie ein schlech­tes Album auf­ge­nom­men (obwohl „Up“ ver­dammt nah dran war), zuletzt sogar wie­der zwei gute. Nur: Was will man mit „Col­lap­se Into Now“, wenn man „Auto­ma­tic For The Peo­p­le“ hat, eines der viel­leicht per­fek­tes­ten Alben des 20. Jahr­hun­derts? Neun bis zehn der ins­ge­samt 12 Titel die­ses Albums sind min­des­tens phan­tas­tisch und „Ever­y­bo­dy Hurts“ ist dabei fast noch das schlech­tes­te, weil viel zu offen­sicht­lichs­te, unter ihnen.

Sasha Fre­re-Jones schreibt dazu beim „New Yor­ker“:

The­re is an admi­ra­ble mis­si­on at play: reassu­ring tho­se who cry, who hurt, who need sus­ten­an­ce. That would be all of us, and we all turn to music when we need reassu­rance. But say­ing, „It’s all going to be O.K.“ is your friend’s job, not your band’s. All of R.E.M.’s lumi­nous odd­ness and nes­ted beau­ty is tur­ned into pen­ny taffy.

(Bei dem Teil, es sei nicht Auf­ga­be einer Band, einem Trost zu geben, muss ich ihm aller­dings ent­schie­den wider­spre­chen.)

Wenn Fre­re-Jones schreibt, R.E.M.s Tren­nung käme zehn Jah­re zu spät (eine Mei­nung, die von vie­len geteilt wird), ist mir das ein biss­chen zu poin­tiert, hät­ten wir doch „Bad Day“, „Lea­ving New York“, „Super­na­tu­ral Super­se­rious“ oder „ÜBer­lin“ ver­passt – Songs, die bei vie­len ande­ren Bands zu den Höhe­punk­ten ihres Schaf­fens zäh­len wür­den. Aber nach 31 Jah­ren darf es dann ruhig auch mal gut sein, wenn es nicht sowie­so irgend­wann zur unver­meid­li­chen Reuni­on kom­men soll­te.

Was bleibt ist, neben der Musik, natür­lich vor allem Micha­el Sti­pe. Einer der cha­ris­ma­tischs­ten Men­schen im welt­wei­ten Medi­en­cir­cus. Einer der gezeigt hat, wie wun­der­schön unge­len­kes Rum­ham­peln wir­ken kann. Einer, den ich immer nen­nen wür­de, wenn man mich nach Pro­mi­nen­ten frag­te, die mich beein­flusst haben.

Peter Flo­re schreibt bei intro.de, mit R.E.M. tre­te die „größ­te Indie­band der Welt“ ab, und das stimmt, denn trotz gut gefüll­ter Sta­di­en waren R.E.M. eigent­lich immer eine Spur zu eckig und zu ver­schro­ben.

Noch mal Sasha Fre­re-Jones:

Their good stuff is dura­ble and gor­ge­ous, and they pul­led off a trick that indie rock has strug­g­led with ever sin­ce: How do you stay weird if you also like singab­le songs? How do you get the pret­ty wit­hout joi­ning Club Obvious? R.E.M. never let their live show slip, and they gave a huge num­ber of peo­p­le an opti­on that still works.

Kei­ne „Imi­ta­ti­on Of Life“, son­dern das Leben selbst.

Mein Lieb­lings­song von R.E.M. ist übri­gens inzwi­schen die­ser hier:

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Musik

The Second Great Depression

War­um eigent­lich Semiso­nic?

Ich habe kei­ne Ahnung, ob es tat­säch­lich irgend­wel­che wis­sen­schaft­li­chen Unter­su­chun­gen zu dem The­ma gibt, aber die Ver­weil­dau­er eines durch­schnitt­li­chen Pop­al­bums im Leben eines Musik­re­zi­pi­en­ten dürf­te eher in Mona­ten, als in Jah­ren zu mes­sen sein. Zwar ermög­li­chen es uns die immer grö­ßer wer­den­den Spei­cher der MP3-Play­er-Tele­fo­ne, qua­si unse­re gesam­te musi­ka­li­sche Bio­gra­phie in der Hosen­ta­sche her­um­zu­tra­gen, aber wie weit gehen wir da schon zurück?

Alben, die mir einst viel bedeu­tet haben und von denen die meis­ten eine Zeit lang bei mir als „Lieb­lings­al­bum“ oder gleich „Bes­tes Album aller Zei­ten“ fir­mier­ten, höre ich noch ein, zwei Mal im Jahr. Und dank iTu­nes weiß ich sogar, wann zuletzt: „The Unaut­ho­ri­zed Bio­gra­phy Of Rein­hold Mess­ner“ von Ben Folds Five im Dezem­ber, „Auto­ma­tic For The Peo­p­le“ von R.E.M. im Novem­ber und „The Man Who“ von Tra­vis im Sep­tem­ber – den Uhr­zei­ten nach zu urtei­len jeweils beim Ein­schla­fen. Und das sind die Alben, die mir immer noch irgend­wie wich­tig sind und die auch einen recht tadel­lo­sen Ruf in der Musik­ge­schich­te genie­ßen.

Doch was ist mit den okay­en Alben, die man mal inten­siv gehört hat, mit denen man womög­lich wich­ti­ge Ereig­nis­se der Ado­les­zenz ver­bin­det, die dann aber ein­fach in Ver­ges­sen­heit gera­ten sind wie frü­he­re Mit­schü­ler, die eben immer so mit dabei waren, wenn man gemein­schaft­lich unter­wegs war? „Fee­ling Stran­ge­ly Fine“ von Semiso­nic, „Onka’s Big Moka“ von Toploa­der oder das „MTV Unplug­ged“ von den Fan­tas­ti­schen Vier. Wenn man zufäl­lig irgend­wo über die Hits stol­pert, wirft es einen um Jah­re zurück (wie mein Vater stets über musik­in­du­zier­te Flash­backs sagt), aber wel­cher Mensch, der halb­wegs bei Ver­stand ist, wür­de die CD aus dem Regal her­vor­kra­men, um „Clo­sing Time“ auf­zu­le­gen?

Der Teen­ager oder jun­ge Twen (Sagt man das noch? „Twen“?) an sich hört über­durch­schnitt­lich viel emo­tio­na­le Musik. Irgend­wann ist dann der Punkt erreicht, an dem man „So I look in your direc­tion /​ But you pay me no atten­ti­on, do you?“ oder „The kil­ler in me is the kil­ler in you“ nicht mal mehr für Sta­tus­up­dates bei Face­book ver­wen­den möch­te. Zahl­rei­che Lie­der und Alben sind durch zahl­rei­che Her­zens­brü­che ver­brannt. Die ganz gro­ßen Lied­zi­ta­te und ‑titel lässt man sich dann gleich täto­wie­ren. Die Sor­gen und Pro­ble­me sind eigent­lich noch die glei­chen wie zu Schul­zei­ten, aber alles ist viel kom­ple­xer gewor­den. Bei Berufs­tä­tig­keit, Fami­li­en­grün­dung und Bau­spar­ver­trag wird der Sound­track zum eige­nen Leben für vie­le zuneh­mend unwich­ti­ger. Es ist das Alter, in dem vie­le Men­schen ihren Musik­ge­schmack plötz­lich mit „was halt so im Radio läuft“ umrei­ßen und die Songs, die ihnen gefal­len, schnell bei iTu­nes kau­fen. Die­se Kapi­tu­la­ti­on ist womög­lich die rich­ti­ge Ent­schei­dung, denn auf der ande­ren Sei­te sieht es noch schlim­mer aus.

Wer aus ver­schie­dens­ten Grün­den wei­ter­hin auf dem Lau­fen­den blei­ben will, ver­liert viel Geld und lang­sam auch den Ver­stand: Jede Woche erschei­nen Dut­zen­de neue Alben, die sich in „Neu­er hei­ßer Scheiß“ und „Von denen kau­fe ich jede Plat­te“ glie­dern. Bei ers­te­rem ist man Dank Inter­net bes­tens infor­miert, so dass es das Ein­fachs­te der Welt ist, wöchent­lich 200 neue Hype-The­men zu ent­de­cken und womög­lich auch zu kau­fen. Hören kann das alles kein Mensch mehr, aber gro­ße CD-Samm­lun­gen beein­dru­cken poten­ti­el­le Sexu­al­part­ner immer noch mehr als eine MP3-Samm­lung von meh­re­ren hun­dert Giga­byte. Und die alten Hel­den? Natür­lich ist es schön, wenn R.E.M., die Foo Figh­ters oder Moby neue Alben ver­öf­fent­li­chen, die auch noch gut sind. Aber muss man die noch hören? Und wenn ja: Wie oft? Selbst wenn da tol­le Songs drauf sind (was zwei­fels­oh­ne der Fall ist), hat man ja immer noch die alten Alben mit den alten tol­len Songs im Regal, mit denen man eine gemein­sa­me Geschich­te hat. Der Unter­schied ist ein biss­chen wie der zwi­schen den Arbeits­kol­le­gen, mit denen man mal ein Fei­er­abend­bier trin­ken geht, und den alten Freun­den von frü­her.

Dann wol­len wie­der die neu­en bes­ten Freun­de (Jack’s Man­ne­quin, The Hold Ste­ady, The Low Anthem) Auf­merk­sam­keit. Und die hei­ßen Affä­ren aus den Jah­ren dazwi­schen. Die Arc­tic Mon­keys haben ein neu­es Album ver­öf­fent­licht? Ent­schul­di­gung, inter­es­siert mich nicht. Die gan­ze Indie-Chau­se der mitt­le­ren Nuller Jah­re ist mir inzwi­schen völ­lig egal, von Franz Fer­di­nand und Man­do Diao will ich weder alte noch neue Alben hören. An deren Musik wer­den wir noch jah­re­lang tra­gen, weil immer noch in jedem Dorf gelock­te 15-Jäh­ri­ge mit karier­ten Hem­den, die eine Band grün­den wol­len, ihre Songs aus Ach­tel­beats, Schram­mel­gi­tar­ren und Par­ty­ly­rik zusam­men­bau­en. Alles okay, vie­les gut, aber es kann doch nicht sein, dass Gitar­ren­mu­sik hier enden soll?!

Unge­fähr an jedem zwei­ten Tag der ver­gan­ge­nen Wochen habe ich mir die Fra­ge „Was hör ich denn jetzt mal?“ mit „Belong“ beant­wor­tet, dem phan­tas­ti­schen zwei­ten Album von The Pains Of Being Pure At Heart. Dane­ben höre ich das weg, was sich eben so ange­sam­melt hat im bis­he­ri­gen Kalen­der­jahr, oder grei­fe zu aus­ge­wähl­ten Lieb­lin­gen der ver­gan­ge­nen zwei Jah­re, derer ich noch nicht über­drüs­sig bin. Ich käme ehr­lich gesagt nie auf die Idee, „(What’s The Sto­ry?) Mor­ning Glo­ry?“ von Oasis auf­zu­le­gen – ich weiß ja, dass das ein gutes Album ist, auch wenn bei mir lang­sam die Zwei­fel ein­set­zen, ob Oasis tat­säch­lich so gut und wich­tig waren.

Jah­res­zeit­lich bedingt lau­fen gera­de wie­der zwei Alben bei mir rauf und run­ter, die schon neun bzw. 13 Jah­re alt sind: „Hi-Fi Serious“ von A, eines mei­ner abso­lu­ten Lieb­lings­al­ben, bei dem ich bei jedem Hören erwä­ge, mir auf mei­ne alten Tage doch noch ein Skate­board zu kau­fen, und „Moon Safa­ri“ von Air, das womög­lich bes­te Som­mer-Ent­span­nungs­al­ben aller Zei­ten. Bei­de Alben sind so gut und für ihre Funk­ti­on als Som­mer-Sound­track so per­fekt, dass ich mich kaum bemü­he, Nach­fol­ger zu fin­den.

Und das wird immer mehr. Wäh­rend ich noch damit beschäf­tigt bin, mich in das Früh­werk von Bruce Springsteen rein­zu­hö­ren, mir Led Zep­pe­lin zu erschlie­ßen und die wich­tigs­ten Grand-Prix-Songs der letz­ten 55 Jah­re drauf zu schaf­fen, wer­den Men­schen erwach­sen, die Nir­va­na nie als zeit­ge­nös­si­sche Musik ken­nen­ge­lernt haben, son­dern offi­zi­ell als Oldies. Men­schen, denen das Kon­zept „Album“ unbe­kannt ist, das die Pop­kul­tur von den 1960er Jah­ren bis hin­ein in die spä­ten Nuller so geprägt hat.

Und dann stellt man wie­der fest, dass Pop­kul­tur alt macht. Also: die inten­si­ve Beschäf­ti­gung damit. Eltern sehen ihre Kin­der auf­wach­sen, Gärt­ner bekom­men den Gang der Jah­res­zei­ten zu spü­ren, aber als Pop­kul­tur­fan ent­schei­det man sich bewusst dafür, Zeit anhand von Ver­öf­fent­li­chungs­da­ten von Musik, Fil­men und TV-Seri­en wahr­zu­neh­men. Die Sum­me des eige­nen Lebens sam­melt sich schön anschau­lich in Rega­len und sorgt bei jedem Umzug für grö­ße­re Ver­stim­mung. Und der Gedan­ke an eine Pop­band, die vor mehr als einer Deka­de mal einen Mini-Hit hat­te, löst Gedan­ken­gän­ge aus, denen man selbst nicht mehr fol­gen kann.

Des­we­gen Semiso­nic.

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Die Musik von hier nach dort

Drei Mona­te des Jah­res sind schon wie­der um (oder „ein Quar­tal“, wie regel­mä­ßi­ge Arzt­be­su­cher sagen) und wir haben fast nichts über Musik geschrie­ben. Nach­dem der geplan­te Pod­cast zu aktu­el­len Neu­erschei­nun­gen wegen aku­ten Irr­sinns büro­kra­ti­scher Hür­den auch nicht aus den Puschen kommt, dach­te ich mir: Schnell mal irgend­was auf­schrei­ben, bevor ich völ­lig den Über­blick ver­lie­re.

Der Pop­song des Jah­res kommt, wenn in den ver­blei­ben­den neun Mona­ten nicht noch ein Wun­der geschieht, von einer Band, die bis­her eher nicht so durch Pop­songs auf­ge­fal­len war. Aber „Shell Games“ von Bright Eyes ist ein­fach ein Meis­ter­werk von einem Song. Das dazu­ge­hö­ri­ge Album „The People’s Key“ ist dann gleich noch das bes­te Album der Band seit sechs Jah­ren. Womit wir direkt bei R.E.M. wären, die mit „Col­lap­se Into Now“ mal eben ihr bes­tes Album seit 15 Jah­ren ver­öf­fent­licht haben – das mit „Über­lin“ einen der bes­ten Songs ihrer inzwi­schen mehr als drei­ßig­jäh­ri­gen Kar­rie­re ent­hält.

Das Jahr hat aber bis­her auch eini­ge sehr gute New­co­mer zu bie­ten: Über James Bla­ke ist womög­lich schon alles gesagt. Im Gegen­satz zu Radio­head, die wohl auch ein neu­es Album ver­öf­fent­licht haben, inter­es­sie­ren mich die fla­ckern­den Beats und die ent­rück­te Stim­me von James Bla­ke – und sie gefal­len mir. Ein biss­chen, wie wenn Bon Iver auf The Pos­tal Ser­vice trifft. Deut­lich ein­gän­gi­ger sind die Debüt­al­ben von The Naked And Famous und Neon Trees: Ich hät­te auch nicht gedacht, dass ich mich noch mal für neue Indie-Bands inter­es­sie­ren wür­de, aber die­se bei­den Alben gefal­len mir tat­säch­lich. Wohl auch, weil so vie­le Syn­the­si­zer und Key­boards zum Ein­satz kom­men und ver­gleichs­wei­se weni­ge Gitar­ren­riffs über Ach­tel­beats.

Die Cold War Kids hat­te ich seit ihrem Debüt vor vier Jah­ren aus den Augen ver­lo­ren, aber ihr drit­tes Album „Mine Is Yours“ klingt eh ganz anders als damals: Auch wie­der deut­lich mehr nach Kil­lers und ins­ge­samt deut­lich run­der. The Low Anthem hin­ge­gen schlie­ßen direkt an ihr fan­tas­ti­sches Debüt an und zau­bern mit „Smart Fle­sh“ Folk­mu­sik, die einen zudeckt wie eine wei­che Woll­de­cke. Schön zu lesen, dass die Band die­ses Jahr direkt wie­der auf dem Hald­ern Pop Fes­ti­val spie­len wird, wo sie mich letz­tes Jahr schon völ­lig begeis­tert zurück­ge­las­sen hat.

Neun Jah­re nach ihrem Debüt hat Wal­ter Schrei­fels die Rival Schools wie­der zum Leben erweckt. Ein zwei­tes „Used For Glue“ fehlt auch auf „Pedals“ und ins­ge­samt klingt das Album ein wenig nach ange­zo­ge­ner Hand­brem­se (oder wahl­wei­se ange­grau­tem Haupt­haar), aber schön ist die Plat­te den­noch gewor­den – man soll­te sie nur nicht direkt mit dem Früh­werk des Herrn Schrei­fels ver­glei­chen. Auch die White Lies haben mit „Ritu­al“ kein Meis­ter­werk geschaf­fen, aber ein grund­so­li­des Album mit Acht­zi­ger-Jah­re-ange­hauch­tem Düs­ter­pop, das mit „Big­ger Than Us“ eine sehr, sehr gelun­ge­ne Sin­gle ent­hält.

Wei­te­re tol­le Sin­gles, bei denen ich die Alben noch nicht gehört habe: „Milk And Honey“ von den Beat­steaks, „Post Break-Up Sex“ von The Vac­ci­nes (sen­sa­tio­nell doo­fer Text, aber dadurch womög­lich um so beein­dru­cken­de­rer Song) und tat­säch­lich dann auch irgend­wann „Rol­ling In The Deep“ von Ade­le, mit der ich sonst so gar nichts anfan­gen kann.

Heu­te dann hör­te ich tat­säch­lich zum ers­ten Mal Jupi­ter Jones im Radio – und das gleich auf WDR2. Es könn­te am Major-Deal lie­gen oder dar­an, dass „Still“ ein­fach ein wahn­sin­nig guter, anrüh­ren­der Song ist. Das dazu­ge­hö­ri­ge, vier­te Album der Band, das ein­fach nur „Jupi­ter Jones“ heißt, ist ihr bes­tes seit dem Debüt. Zwar klingt die Plat­te an eini­gen Stel­len, als hät­te Sän­ger Nicho­las Mül­ler ein­fach nur über bereits fer­ti­ge Bän­der von Biffy Cly­ro gesun­gen, aber das ist ja nicht die schlech­tes­te Aus­gangs­la­ge. Und wer Songs wie „Ber­lin“, „Alter Mann wo willst Du hin“, „Hey! Mene­te­kel“ und „Immer­FürIm­mer“ auf der Haben­sei­te hat, der hat offen­bar sowie­so wenig falsch gemacht. Wenn Sell-Out immer so klin­gen wür­de, soll­ten ruhig alle Bands bei gro­ßen Plat­ten­fir­men unter­schrei­ben.

Womit wir nicht zwin­gend bei Thea Gilm­o­re wären: Die Frau hat, obwohl erst 31 Jah­re alt, mit „Murphy’s Heart“ gera­de ihr elf­tes Album ver­öf­fent­licht, was mir womög­lich völ­lig ent­gan­gen wäre, wenn im Plat­ten­la­den mei­nes Ver­trau­ens nicht ein Label-Sam­pler gelau­fen wäre, auf dem zwei Songs von ihr drauf waren. Schö­ne, unauf­dring­li­che Folk-Musik, die über das Mäd­chen-mit-Gitar­re-Sche­ma hin­aus­geht und auch mal auf Blä­ser und Key­boards zurück­greift. Das ist schon eher Musik zum Neben­her­hö­ren, aber durch­aus schön.

Schön klang das nicht, was The Get Up Kids vor­ab von ihrem Come­back-Album hören lie­ßen, wes­we­gen die­ses Album von mir bis­her unge­hört ist. Nähe­rungs­wei­se nicht gehört, bekloppter­wei­se aber gekauft habe ich das Debüt-Album von Bea­dy Eye. Zwar sind Oasis ohne Noel Gal­lag­her nicht ganz so schlimm, wie ich erwar­tet hät­te, aber in Sachen Egal­heit unter­schei­det sich „Dif­fe­rent Gear, Still Spee­ding“ auch nicht groß von den letz­ten bei­den Oasis-Alben. Auch noch nicht gehört habe ich das neue Album von The Strokes, was ich aller­dings schon auf­grund der sehr gelun­ge­nen Sin­gle schnellst­mög­lich nach­ho­len möch­te.

Und sonst? Hat Ben Folds mal wie­der in der Köl­ner Live Music Hall gespielt – und zwar so lan­ge, dass ich vor den Zuga­ben zum Zug hech­ten muss­te. Bis dahin war es ein gutes Kon­zert gewe­sen, das alle Schaf­fens­pha­sen schön abbil­de­te und musi­ka­lisch dank vier­köp­fi­ger Begleit­band nah an den Sound der Alben her­an­kam. Lei­der wur­de der Meis­ter selbst dadurch etwas an den Rand gedrängt, was ihn aber nicht von wüs­ten Impro­vi­sa­tio­nen abhielt, die wir dann womög­lich auf der nächs­ten Plat­te wie­der­fin­den wer­den.

Völ­lig unab­hän­gig vom öffent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehr war ich beim Kon­zert von Jupi­ter Jones, die 80 Meter Luft­li­nie von mei­ner Woh­nung (400 Meter Fuß­weg, wenn man nicht die Bahn­glei­se über­que­ren will) spiel­ten und dabei das aus­ver­kauf­te Bochu­mer Riff zum Kochen brach­ten, wie man so schön sagt. In der Stadt, in der man zuhau­se ist, und mit den Men­schen, die Freun­de sind, wirkt ein Song wie „Ber­lin“ („über Men­schen, die glau­ben, dass sie, wenn sie einen Miet­ver­trag in Ber­lin unter­schrei­ben, auch einen Ver­trag für das Glück unter­schrei­ben“, Nicho­las Mül­ler) noch hun­dert Mal dol­ler. Und die dazu­ge­hö­ri­gen Publi­k­ums­chö­re waren gera­de noch so viel U2-Haf­tig­keit, wie ich in mei­nem Leben ertra­gen kann.

Das bes­te Kon­zert der Mona­te Janu­ar bis März besuch­te ich aller­dings am letz­ten Tag die­ses Zeit­raums in Düs­sel­dorf: Erd­mö­bel, deren famo­ses Album „Kro­kus“ auf Platz 2 mei­ner letzt­jäh­ri­gen Bes­ten­lis­te gelan­det war, spiel­ten im Savoy-Thea­ter auf und obwohl Sitz­kon­zer­te ten­den­zi­ell eher nicht Rock’n’Roll sind, erleb­te ich eines der bes­ten und vor allem beglü­ckends­ten Kon­zer­te ever. Wenn man näm­lich (ver­se­hent­lich) in der ers­ten Rei­he hockt und eine bes­tens ein­ge­spiel­te und auf­ge­leg­te Band qua­si in Arm­reich­wei­te wun­der­bar musi­ziert, dann muss das gar nicht Rock’n’Roll sein, dann ist das ein­fach toll. Ich habe jeden­falls ver­mut­lich noch nie bei einem Kon­zert so ent­rückt gestrahlt – außer viel­leicht bei Auf­trit­ten von Lena Mey­er-Land­rut.

Die hat ja auch ein neu­es Album drau­ßen und das ist ehr­lich gesagt gar nicht so schlecht. Klar: Ein ande­rer Pro­du­zent (und damit ein leben­di­ge­rer Sound) wür­de ihr gut tun und es fällt auch schwer zu glau­ben, dass das die zwölf bes­ten Songs gewe­sen sein sol­len, die ein paar hun­dert inter­na­tio­na­le Song­wri­ter inner­halb von neun Mona­ten geschrie­ben haben, aber „Good News“ ist schon ein völ­lig okayes Album. Und „Taken By A Stran­ger“ tat­säch­lich ein sehr guter Song.

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Musik

Born To Sing Along

Über das All-Songs-Con­side­red-Blog bin ich auf die­sen Ein­trag im Musik­blog I Am Fuel You Are Fri­ends auf­merk­sam gewor­den, der sehr pas­send mit „If you’ve ever won­de­red what pure, unfet­te­red joy looks like….“ beti­telt ist.

Man sieht dar­in ein Live­vi­deo von The Gas­light Anthem, die gemein­sam mit Bruce Springsteen ihren Song „The ’59 Sound“ beim Glas­ton­bu­ry Fes­ti­val spie­len:


the 59 sound – bruce springsteen & gas­light anthem( glas­to )
von runa­way­d­ream

Da dach­te ich noch „Na ja, könn­te man noch mal blog­gen, so nach einem Monat. Aber muss man auch nicht …“, aber dann fiel mir ein, wie vie­le Vide­os ich schon im Inter­net gese­hen hat­te, in denen Bruce Springsteen ander­erleuts Songs ver­edelt. Und dann dach­te ich, die kann man doch mal schön zusam­men­tra­gen:

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Allerletztes.fm 2008

Wer­fen wir einen letz­ten Blick zurück auf die Musik des ver­gan­ge­nen Jah­res!

last.fm wur­de ja pri­mär für Sta­tis­tik- und Lis­ten­ge­eks wie mich ent­wi­ckelt, die Social-Net­work-Kom­po­nen­te ist da eher ein Neben­ef­fekt. Ich habe mei­nen neu­en iPod auch nur, damit auch die unter­wegs gehör­ten Musik­stü­cke in mei­ne Sta­tis­ti­ken mit ein­flie­ßen. Für 2009 wer­den die Zah­len also (von Radio- und Kon­zert­be­schal­lung viel­leicht mal ab) noch exak­ter sein – für 2008 tun’s aber auch fast exak­te Sta­tis­ti­ken.

Etwas erstaun­lich fin­de ich, dass unter den 25 meist­ge­hör­ten Künst­lern des Jah­res gleich acht sind, die 2008 kei­ne neu­en Alben ver­öf­fent­licht haben – dar­un­ter der unan­ge­foch­te­ne Spit­zen­rei­ter:

Meist­ge­hör­te Künst­ler
1. Hem (353 Songs)
2. R.E.M. (253)
3. Tra­vis (223)
4. Tom­te (203)
5. Cold­play (200)
6. The Kil­lers (195)
7. Goldf­rapp (178)
8. Hotel Lights (175)
9. Oasis (169)
10. Kett­car (161)
11. Slut (153)
12. The Clash (140)
13. Ste­reo­pho­nics (138)
14. The Beat­les (128)
15. Danko Jones (127)
16. Ben Folds (124)
17. The Smas­hing Pump­kins (117)
18. Manic Street Pre­a­chers (116)
19. Jim­my Eat World (114)
20. Nada Surf (110)
21. Ben Folds Five (106)
22. Gre­gor Meyle (105)
23. Niz­lo­pi (103)
24. Star­sail­or (93)
24. Death Cab For Cutie (93)

Meist­ge­hör­te Songs
1. Goldf­rapp – A&E (50 Mal)
2. The Kil­lers – Human (47)
3. The Gas­light Anthem – Old White Lin­coln (27)
4. Gre­gor Meyle – Nie­mand (25)
4. R.E.M. – Super­na­tu­ral Super­se­rious (25)
6. Hem – Not Cali­for­nia (23)
7. Cold­play – Viva La Vida (22)
7. Cold­play – Vio­let Hill (22)
9. Ste­fa­nie Heinz­mann – My Man Is A Mean Man (20)
9. Black Lab – Lonely Boy (20)
11. Hotel Lights – Ame­lia Bright (19)
11. Hem – Hotel Fire (19)
11. Tom­te – Der letz­te gro­ße Wal (19)
14. Tra­vis – Song To Self (18)
14. Gre­gor Meyle – Irgend­wann (18)
14. Tra­vis – J. Smith (18)
17. Hem – The Burnt-Over Dis­trict (17)
17. Tra­vis – Get Up (17)
17. Tra­vis – Befo­re You Were Young (17)
20. Stef­fi List – Break The Silence (16)
20. Goldf­rapp – Some Peo­p­le (16)
20. R.E.M. – Living Well Is the Best Reven­ge (16)
23. Slut – If I Had A Heart (15)
23. Sigur Rós – Inní Mér Syn­gur Vitley­sin­gur (15)
23. Gre­at Lake Swim­mers – Your Rocky Spi­ne (15)
23. Goldf­rapp – Mons­ter Love (15)

[und hier die Hits des Vor­jah­res]

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Listenpanik: Alben 2008

Die Alben­lis­ten sind immer die schlimms­ten. Wäh­rend einem iTu­nes und last.fm bei der Fra­ge nach den Songs des Jah­res schon einen gro­ßen Teil der Arbeit abneh­men, muss man bei den Alben abwä­gen: Wie oft habe ich das Album gehört? Wie lan­ge habe ich das Album gehört und wann zuletzt? Müss­te ich die­ses Album viel­leicht höher anset­zen als jenes, weil es bei einer gewis­sen Objek­ti­vi­tät ein­fach bes­ser oder anspruchs­vol­ler ist (ich es aber gar nicht so ger­ne höre)?

Wenn man dann noch den Feh­ler macht, mal in die alten Jah­res­bes­ten­lis­ten rein­zu­schau­en und fest­stellt, dass man das Album des Jah­res 2007 (Bloc Par­ty) im Jahr 2008 gar nicht mehr gehört hat und auch sonst alles an die­sen Lis­ten falsch wirkt, dann will man es eigent­lich gleich ganz blei­ben las­sen.

Oder man zwingt sich und fängt an:

25. Ben Folds – Way To Nor­mal
Es hät­te schlim­mer kom­men kön­nen: Bloc Par­ty (Album des Jah­res 2005 und 2007) haben es gar nicht in die Bes­ten­lis­te geschafft. Ben Folds hat also irgend­wie noch Glück gehabt – und wirk­lich schlecht ist „Way To Nor­mal“ ja auch nicht gera­ten, nur irgend­wie erschüt­ternd … egal. Wäh­rend die Ben-Folds-Five-Alben bei mir immer noch rauf und run­ter lau­fen, wird die Halb­wert­zeit von Folds‘ Solo­al­ben immer gerin­ger. Dass ande­re Künst­ler mit der Bür­de „Lieb­lings­band“ sehr viel bes­ser klar kom­men, wer­den wir noch sehr viel wei­ter vor­ne sehen. Für Folds springt immer­hin noch ein Platz auf der Lis­te raus.
Anspiel­tipp: Effing­ton

24. Ingrid Micha­el­son – Girls And Boys
Ein ein­zi­ger Song bei „Grey’s Ana­to­my“ hat schon Snow Pat­rol den Weg zur Welt­kar­rie­re geeb­net, war­um soll es Ingrid Micha­el­son da anders gehen? (War­um geht es Hotel Lights da eigent­lich anders?) Die­se ent­spann­te Indiepop-Plat­te ist zwar eigent­lich schon von 2007, kam aber in Deutsch­land genau zum rich­ti­gen Zeit­punkt (grau, kalt, unge­müt­lich) raus und bekam mit der Sin­gle „The Way I Am“ auch noch ordent­lich Air­play. Kei­ne gro­ße Kunst, aber für mit­tel­gro­ße erstaun­lich gut. Und natür­lich sowie­so tau­send Mal bes­ser als Amy Mac­Do­nald.
Anspiel­tipp: Maso­chist

23. kett­car – Sylt
Das glei­che Dilem­ma wie bei Ben Folds: das Album war nicht schlecht, aber frü­he­re Alben waren bes­ser, ich habe es zu sel­ten gehört und es kam irgend­wie nicht im pas­sen­den Moment raus. Davon ab trau­en sich kett­car musi­ka­lisch plötz­lich mehr, wer­den text­lich einer­seits unkon­kre­ter, haben aber ande­rer­seits wie­der eine kla­re Hal­tung.
Anspiel­tipp: Kein Aus­sen Mehr

22. R.E.M. – Acce­le­ra­te
Ich wie­der­ho­le mich da ger­ne, aber irgend­wie wer­den R.E.M. halt nie irgend­was falsch machen (außer viel­leicht, sie spie­len noch ein­mal „Shi­ny Hap­py Peo­p­le“). Ihr Back-to-the-roots-Album rum­pel­te dann auch schön durch den Früh­ling, ehe es ers­te Abnut­zungs­er­schei­nun­gen zeig­te. Jetzt, mit etwas Abstand, ist es aber immer noch gut genug für die­se Lis­te.
Anspiel­tipp: Living Well Is The Best Reven­ge

21. Oasis – Dig Out Your Soul
Wirk­lich schlecht war außer „Stan­ding On The Should­er Of Giants“ noch kein Oasis-Album – dass sie aller­dings mal wie­der ein wirk­lich gutes Album machen wür­den, hät­te ich auch nicht gedacht. Dann war „Dig Out Your Soul“ da, tat­säch­lich gut, und mir war es irgend­wie egal. Die Band und ich, wir sind bei­de älter gewor­den, und mit ihrem neu­en Album ver­hält es sich wie mit dem zufäl­li­gen Tref­fen mit einem alten Schul­freund: das Wie­der­se­hen ist herz­lich, man denkt an alte Zei­ten, trinkt zwei Bier und geht wie­der getrenn­ter Wege. Ein biss­chen „Sgt. Pep­per“, ein biss­chen „Revol­ver“, ein biss­chen wei­ßes Album – und letzt­lich doch total Oasis.
Anspiel­tipp: Fal­ling Down

20. Fet­tes Brot – Strom Und Drang
Mein ers­tes deutsch­spra­chi­ges Hip-Hop-Album, ich sag’s gern immer wie­der. Und es ist laut, heiß, wit­zig, eupho­risch, trau­rig, klug, kurz­um: gut. In den Neun­zi­gern hät­te man mit der Hälf­te der Songs eine Rie­sen­kar­rie­re begrün­den kön­nen, heut­zu­ta­ge wird sowas von Sido, Bushi­do und Schlim­me­rem in den Schat­ten gestellt. Aber das kann mir ja egal sein. Und den Bro­ten hof­fent­lich auch.
Anspiel­tipp: Das Trau­rigs­te Mäd­chen Der Stadt

19. She & Him – Volu­me One
In dem Moment, wo Zooey Descha­nel zu sin­gen beginnt, sind alle Vor­ur­tei­le über sin­gen­de Schau­spie­le­rin­nen ver­ges­sen – und in dem Moment, wo man ihr in die Augen blickt, auch alles ande­re. Gemein­sam mit M. Ward hat sie ein som­mer­lich-leich­tes Album mit Folk- und Six­ties-Anlei­hen auf­ge­nom­men, des­sen Beschwingt­heit manch­mal haar­scharf an dem Punkt vor­bei­schrammt, wo es ner­vig wer­den könn­te. Aber dann kommt ein so tod­trau­ri­ges Lied wie „Chan­ge Is Hard“ und man möch­te Zooey Descha­nel unbe­dingt trös­ten.
Anspiel­tipp: Chan­ge Is Hard

18. Gre­gor Meyle – So Soll Es Sein
Irgend­wo zwi­schen Her­bert Grö­ne­mey­er und Tom­te, Tom Liwa und Clue­so war noch Platz und genau dort pass­te Gre­gor Meyle wun­der­bar rein mit sei­nen klu­gen und pathe­ti­schen Tex­ten und sei­ner ent­spann­ten Musik. Damit bewegt man viel­leicht kei­ne Mas­sen, aber die­je­ni­gen, die zuhö­ren.
Anspiel­tipp: Nie­mand

17. Jakob Dylan – See­ing Things
Bei den Wall­flowers wirk­te er mit­un­ter ver­un­si­chert durch den Sta­tus des One Hit Won­ders, das stän­di­ge Inter­es­se an sei­ner Per­son, die eige­nen Ansprü­che und die der Plat­ten­fir­men. Und dann setz­te sich Jakob Dylan hin und nahm ein Solo­al­bum auf, bei dem er abso­lut sicher und fokus­siert wirkt, und das trotz­dem fein und zer­brech­lich klingt („Pro­du­ced by Rick Rubin“ halt). Dass er einer der bes­ten Tex­ter sei­ner Gene­ra­ti­on ist, hat sich lei­der immer noch nicht rum­ge­spro­chen, aber auf die­sem Album kann man sich davon über­zeu­gen.
Anspiel­tipp: Some­thing Good This Way Comes

16. Slut – StillNo1
Manch­mal kann man echt Pech haben mit sei­nem Ver­öf­fent­li­chungs­da­tum: „StillNo1“ kam im Febru­ar raus, lief ein paar Wochen bei mir rauf und run­ter und ver­schwand dann im Regal (aus der Rei­he: „sprach­li­che Bil­der, die Dank MP3 vom Aus­ster­ben bedroht sind“). Für die­se Lis­te habe ich es noch mal her­vor­ge­kramt und erneut fest­ge­stellt, dass es sich um ein sehr gutes, anspruchs­vol­les Album han­delt. Eini­ges erin­nert an das, was Cold­play Dank ihrer Popu­la­ri­tät ein paar Mona­te spä­ter mit „Viva La Vida“ einem inter­na­tio­na­len Mil­lio­nen­pu­bli­kum unter­ju­beln konn­ten, aber Slut hat­ten die­ses Glück natür­lich nicht.
Anspiel­tipp: If I Had A Heart

15. Cold­play – Viva La Vida
Gera­de noch von ihnen gespro­chen, sind Cold­play auch schon da! So klan­gen seit den Acht­zi­gern kei­ne Num­mer-Eins-Alben mehr: Songs, die inein­an­der über­ge­hen; Moti­ve, die nicht nur auf der CD, son­der auch auf der Nach­fol­ge-EP immer wie­der auf­ge­nom­men wer­den; pom­pö­ses­te Pop-Ari­en mit viel Rhyth­mus und noch mehr Melo­die, und Sin­gle-Hits, auf die kein Schwein tan­zen kann. Cold­play ver­kau­fen (rela­ti­ve, wir wol­len ja auch nicht über­trei­ben) Hoch­kul­tur als Pop und sind damit das Gegen­teil von Paul Potts – aber ähn­lich erfolg­reich.
Anspiel­tipp: 42

14. The Kil­lers – Day & Age
Ich wür­de nie von mir behaup­ten, Bran­don Flowers ver­stan­den zu haben. Aber ich habe dann doch genug Durch­blick um zu bemer­ken, dass er und sei­ne Band zumeist kolos­sal miss­ver­stan­den wer­den. Viel­leicht mei­nen sie das mit den Steel­drums, den Saxo­fo­nen und dem Dis­co­fox ernst – na und, wenn es hin­ter­her doch so viel Spaß macht, es zu hören? „Day & Age“ erschien zeit­gleich mit „Chi­ne­se Demo­cra­cy“ und alles, was bei Guns N‘ Roses knapp jen­seits der Gren­ze des Zumut­ba­ren aus­ge­kom­men ist, funk­tio­niert bei den Kil­lers noch. Bei den ers­ten zwei Durch­läu­fen habe ich die­ses Album gehasst, danach geliebt.
Anspiel­tipp: This Is Your Life

13. Jason Mraz – We Dance. We Sing. We Ste­al Things.
Wenn Sie mich vor acht Jah­ren gefragt hät­ten, wie Pop­mu­sik im Jahr 2008 klingt, hät­te ich eher auf das getippt, was Rob­bie Wil­liams vor ein paar Jah­ren auf „Inten­si­ve Care“ ver­sucht hat. Ich hät­te eher nicht damit gerech­net, dass man mit Akus­tik­gi­tar­ren und Tie­fen­ent­span­nung in die Charts kommt, aber dann kam Jason Mraz und zeig­te mir ein­mal mehr, dass ich von der Zukunft kei­ne Ahnung habe. Man will das ja nicht immer wie­der schrei­ben, aber: so wie die­ses Album (von dem es aktu­ell eine Spe­cial Edi­ti­on mit in Deutsch­land bis­her unver­öf­fent­lich­ten Songs und einer Live-DVD gibt), so klingt der Som­mer.
Anspiel­tipp: Details In The Fabric

12. Tra­vis – Ode To J. Smith
Irgend­wie ist das ja gemein: Wäh­rend ich an Ben Folds immer fast über­ir­di­sche Ansprü­che stel­le, dür­fen Tra­vis machen, was sie wol­len, und ich fin­de es eigent­lich immer gut. Aber „Ode To J. Smith“ ist ein­fach ein gutes Album. Hat­ten Tra­vis auf „The Boy With No Name“ schon alle Pha­sen ihrer bis­he­ri­gen Kar­rie­re ver­eint, tun sie es auf „Ode To J. Smith“ erneut, aber mit einem Schwer­punkt auf der lau­te­ren Sei­te. Ja, Tra­vis kön­nen rocken (sie tun es außer auf „The Invi­si­ble Band“ eigent­lich auf jedem Album), und das bezwei­felt hof­fent­lich auch nie­mand mehr. Dass Fran Hea­ly im Aus­se­hen immer mehr an Micha­el Sti­pe von R.E.M. erin­nert, kann kein Zufall sein, denn die dür­fen ja auch machen, was sie wol­len.
Anspiel­tipp: Song To Self

11. Death Cab For Cutie – Nar­row Stairs
Bestimmt gibt es Schlim­me­res, als „die Band aus ‚O.C., Cali­for­nia‘ “ zu sein – und die­ser klei­ne Hype von vor drei, vier Jah­ren kann auch nicht dafür ver­ant­wort­lich sein, dass Death Cab (wie wir alle seit Seth Cohen sagen) immer noch so popu­lär sind. Es ist natür­lich auch die Musik. Und da zeigt sich ein­mal mehr der Trend des letz­ten Jah­res: eta­blier­te Bands, deren letz­te Alben viel­leicht ein biss­chen zu gefäl­lig aus­ge­fal­len waren, dre­hen ein biss­chen an der Anspruchs­schrau­be und es funk­tio­niert immer noch. Okay, die Acht­ein­halb-Minu­ten-Sin­gle „I Will Pos­sess Your Heart“ wur­de fürs Radio gekürzt und beschleu­nigt, aber in dem Fall zählt schon die Idee. Dass gute Tex­te viel zu sel­ten gewür­digt wer­den, ist gene­rell scha­de, im Fal­le von Ben Gib­bard ist es aller­dings fast ein Skan­dal.
Anspiel­tipp: Cath…

10. Lightspeed Cham­pi­on – Fal­ling Off The Laven­der Bridge
Nach­dem sich die Test Ici­c­les, eine der außer­ge­wöhn­li­che­ren Bands unse­rer Zeit, zer­legt hat­ten, fuhr Devon­te Hynes nach Oma­ha, NE, um dort mit der Sadd­le-Creek-Pos­se eine Art Coun­try-Album auf­zu­neh­men, des­sen Songs man sogar im For­mat­ra­dio spie­len könn­te. Lässt man die­se musik­his­to­ri­schen Anek­do­ten außen vor, ist „Fal­ling Off The Laven­der Bridge“ ein­fach eine gute, run­de Plat­te.
Anspiel­tipp: Tell Me What It’s Worth

9. Hotel Lights – Fire­cra­cker Peo­p­le
Eines von zwei Alben in die­ser Lis­te (und in den Top 10), das in Deutsch­land gar nicht „regu­lär“ erschie­nen ist. Aber wen inter­es­siert sowas? „Fire­cra­cker Peo­p­le“ ist ein herbst­li­ches Album mit vie­len Folk-Anlei­hen, das eine gewis­se schwe­re Melan­cho­lie aus­strömt und doch immer wie­der feder­leicht klingt (und auch mal rockt). Dar­ren Jes­see und sei­ne Mit­mu­si­ker hät­ten mehr Auf­merk­sam­keit ver­dient – hier, in ihrer ame­ri­ka­ni­schen Hei­mat und in jedem Land der Erde. Und sagen Sie nicht, die Import-CD sei Ihnen zu teu­er: das Album gibt es für 9,99 Euro im iTu­nes Music Store.
Anspiel­tipp: Blue Always Finds Me

8. Bon Iver – For Emma, Fore­ver Ago
Das gab’s auch noch nie: Nach­dem Bob Boi­len von „All Songs Con­side­red“ über Wochen und Mona­te von Bon Iver (das spricht sich unge­fähr „Boney Wer?“) geschwärmt hat­te und die Kol­le­gin Anni­ka dann auch noch damit anfing, habe ich mich nach Sil­ves­ter erst­ma­lig mit dem Mann, der eigent­lich Jus­tin Ver­non heißt, beschäf­tigt. Nun ist es natür­lich etwas ris­kant, ein Album, das man erst weni­ge Tage kennt, direkt so weit vor­ne in die Lis­te zu ste­cken, aber ande­rer­seits gab es in ganz 2008 kaum ein Album, das ich so oft hin­ter­ein­an­der hät­te hören kön­nen. Die Songs, die Ver­non in einer abge­le­ge­nen Holz­hüt­te geschrie­ben hat, sind mit „ent­rückt“ mög­li­cher­wei­se am Bes­ten zu beschrei­ben. Man muss sich auf die Stim­me und die spär­li­che, teils sphä­ri­sche Musik ein­las­sen, und wenn einem Bei­des nicht gefällt, kann ich das sogar ein wenig ver­ste­hen. Aber ich bin sicher: Sie ver­pas­sen was, so wie es mir fast pas­siert wäre.
Anspiel­tipp: Re: Stacks

7. Niz­lo­pi – Make It Hap­pen
Es kommt ja inzwi­schen lei­der eher sel­ten vor, dass mich ein Kon­zert rund­her­um flasht, aber im Dezem­ber in Köln war es mal wie­der soweit: Wie die­se zwei Män­ner da mit Gitar­re, Kon­tra­bass und ihren Stim­men einen Sound auf die Büh­ne brach­ten, der sat­ter war als so man­che Band und gleich­zei­tig völ­lig orga­nisch, das hat mich nach­hal­tig beein­druckt. Fand ich „Make It Hap­pen“ vor­her schon ziem­lich gut, höre ich es seit­dem noch mal mit ganz ande­ren Ohren. Ein anrüh­ren­des, klu­ges und bewe­gen­des Album, das nur dar­auf hof­fen lässt, dass die Bei­den nach ihrer Aus­zeit wei­ter­ma­chen.
Anspiel­tipp: Drop Your Guard

6. Goldf­rapp – Seventh Tree
Goldf­rapp waren eine Band, die ich bis­her immer eher so am Rand wahr­ge­nom­men hat­te. Das hat sich mit „Seventh Tree“ (und mei­nem Song des Jah­res „A&E“) deut­lich geän­dert. Ein Früh­lings­tag, kom­pri­miert auf 41:35 Minu­ten, ein vor­sich­ti­ges Neben­ein­an­der von Akus­tik­gi­tar­ren und Elek­tro­nik-Spie­le­rei­en, und über allem schwebt die Stim­me von Ali­son Goldf­rapp. Für die Sta­tis­tik­freun­de: dass die bes­te bri­ti­sche Plat­te auf Platz 6 lan­det, hat es bei mir auch noch nie gege­ben (2 ers­te Plät­ze und ein zwei­ter seit 2005).
Anspiel­tipp: Road To Some­whe­re

5. Tom­te – Heu­re­ka
„Hin­ter All Die­sen Fens­tern“ und „Buch­sta­ben Über Der Stadt“ waren bei mir jeweils das Album des Jah­res (2003 und 2006), dafür hat es dies­mal nicht ganz gereicht. Das liegt aber nicht am Album, son­dern an mir: es kam ein­fach irgend­wie nicht ganz im rich­ti­gen Moment raus. Thees Uhl­mann hält es für das bes­te Tom­te-Album über­haupt, und zumin­dest musi­ka­lisch könn­te er da durch­aus recht haben. Bei eini­gen Songs brauch­te ich ein biss­chen Zeit, um mit ihnen warm zu wer­den, ande­re habe ich auf Anhieb geliebt. Tom­te kann man nur has­sen oder lie­ben, aber wer ihnen auf­merk­sam zuhört, der wird sich geliebt füh­len.
Anspiel­tipp: Küss Mich Wach Glo­ria

4. Sigur Rós – Með Suð Í Eyrum Við Spilum End­al­aust
Seit vier Alben ver­fol­ge ich jetzt die Kar­rie­re von Sigur Rós und jedes Mal habe ich gedacht: „Ja, das ist sehr gut, aber irgend­wie ist es mir zu künst­le­risch, zu weit weg, zu wenig all­tags­taug­lich.“ Die Islän­der sind immer noch weit vom Pop ent­fernt, aber auf ihrem fünf­ten Album machen sie Musik, die man auch ohne Räu­cher­stäb­chen und Duft­ker­zen hören kann. Als hät­ten die Elfen und Kobol­de „Sgt. Pep­per“ gehört.
Anspiel­tipp: Við Spilum End­al­aust

3. Sir Simon – Batt­le
Simon Front­zek ist der ein­zi­ge Mensch, der zwei Mal in die­ser Lis­te auf­taucht – und bei­de Male in den Top 5. Zum einen ist er der neue Key­boar­der bei Tom­te, zum ande­ren Sän­ger, Gitar­rist und Song­schrei­ber bei Sir Simon (Batt­le), deren Debüt­al­bum so groß­ar­tig ist, dass es einen Trepp­chen­platz ver­dient hat. Klei­ne unauf­ge­reg­te Pop-Per­len zwi­schen Wil­co, Mari­ti­me und den Wea­k­erthans. Ver­träumt und ein­fach schön.
Anspiel­tipp: The Last Year

2. The Hold Ste­ady – Stay Posi­ti­ve
Auch wenn die ganz gro­ße ver­spä­te­te Band-Neu­ent­de­ckung des Jah­res für mich Hem waren (die aber 2008 kein Album ver­öf­fent­licht haben): The Hold Ste­ady sind sicher im engs­ten Kreis. Die Kom­bi­na­ti­on von roher Ener­gie und Pop-Appeal, von jugend­li­chem Über­schwung und erwach­se­ner Resi­gna­ti­on, von Musik und Text machen „Stay Posi­ti­ve“ zu einem wahr­haft außer­ge­wöhn­li­chen Album. Und dazu die­se gan­zen Pop­kul­tur-Ver­wei­se!
Anspiel­tipp: Maga­zi­nes

1. Fleet Foxes – Fleet Foxes
Car­rie Brown­stein mein­te im Jah­res­rück­blick von „All Songs Con­side­red“, das Jahr 2008 sei ziem­lich „emo“ (die Ame­ri­ka­ner mei­nen damit etwas ande­res als wir) und „bear­dy“ gewe­sen. Das trifft natür­lich bei­des auf Fleet Foxes zu, aber die Band macht viel zu gute Musik, um sich län­ger mit der Gesichts­be­haa­rung ihrer Mit­glie­der auf­zu­hal­ten. Dass es sich die Män­ner aus Seat­tle, WA erlau­ben konn­ten, Per­len wie „Sun Giant“ oder „Myko­nos“ gar nicht erst aufs Album zu packen (son­dern auf der „Sun Giant“-EP zu ver­öf­fent­li­chen), deu­tet an, dass ihnen die Songs nur so zuflie­gen. Und tat­säch­lich: das zwei­te Album der Fleet Foxes soll bereits in die­sem Jahr erschei­nen. Aus­nahms­wei­se habe ich mal gar kei­ne Befürch­tun­gen, dass es schwä­cher wer­den könn­te als das Debüt.
Anspiel­tipp: Quiet Hou­ses