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Musik Leben

Was den Himmel erhellt

Ich erin­ne­re mich, wie ich am ers­ten Arbeits­tag des Jah­res 2006 die Post in der Musik­re­dak­ti­on von CT das radio öff­ne­te und dar­in die Pro­mo für die neue Tom­te-CD („Water­mark­ed #89“) lag. Wie ich die CD am Abend zum ers­ten Mal hör­te und wuss­te, dass ich viel Zeit mit die­sem Album ver­brin­gen wür­de.

Ich erin­ne­re mich, wie ich Thees Uhl­mann zum Inter­view im Düs­sel­dor­fer Zakk traf. Wie ich ihm unbe­hol­fen das Demo einer befreun­de­ten Band in die Hand drück­te, das ich eigent­lich für Simon Rass vom Grand Hotel van Cleef mit­ge­bracht hat­te, der aber gar nicht vor Ort war, und wie Thees zum ers­ten Mal die Kili­ans hör­te.

Ich erin­ner mich, wie ich um vier Uhr mor­gens in Dins­la­ken auf­stand und zum Düs­sel­dor­fer Flug­ha­fen fuhr, um nach Nürn­berg zu flie­gen (mein aller­ers­ter Flug ohne Eltern!). Wie ich mit dem Zug nach Erlan­gen wei­ter­fuhr, um die Kili­ans zu tref­fen, die jetzt, acht Wochen nach dem Inter­view, bei Tom­te im Vor­pro­gramm spiel­ten. Ich stell­te mich als Back­li­ner und Roa­die vor, bekam mei­nen eige­nen Back­stage-Pass und ver­gaß direkt am ers­ten Abend den Tep­pich, der auf der Büh­ne unter Micka Schür­manns Schlag­zeug lie­gen soll­te, in einer Ecke des E‑Werks.

Ich erin­ne­re mich dar­an, Tom­te vier Tage hin­ter­ein­an­der live zu sehen, die neu­en Songs zu hören, die ich schon in- und aus­wen­dig kann­te, und zu spü­ren, wie die­se Band auf der Wel­le der Emo­tio­nen surf­te, die ihnen ent­ge­gen­ge­bracht wur­de. An die Zei­le „Und du sag­test: Da ist zu viel Krebs in dei­ner Fami­lie“, die mir jeden Abend die Trä­nen in die Augen trieb, weil mein gelieb­ter Groß­on­kel gera­de im Kran­ken­haus lag und vier Mona­te spä­ter an die­ser Arsch­loch-Krank­heit starb. An Sound­checks, Back­stage­räu­me und den Deckel einer Roh­lings­pin­del, aus dem Thees Wodka‑O trank, bevor ich ihn auf die Stirn küss­te.

Ich erin­ne­re mich an zahl­rei­che Fes­ti­vals im Som­mer, auf denen ich Tom­te immer wie­der live sah, und wie wir beim Essen Ori­gi­nal so nass wur­den, dass das Was­ser beim Gehen aus unse­ren Schu­hen schwapp­te.

Ich erin­ne­re mich, wie ich für CT eine eige­ne Ver­si­on von „New York“ zusam­men­schnitt, weil die Album­ver­si­on zu lang war, aber auf der Sin­gle­ver­si­on das tol­le Intro fehl­te. (Ich glau­be, das ist ille­gal, und die Band und ihr Pro­du­zent Swen Mey­er könn­ten mich wahr­schein­lich heu­te noch ver­kla­gen.)

Ich erin­ne­re mich, wie ich im Sep­tem­ber für drei Mona­te zu mei­ner ame­ri­ka­ni­schen Fami­lie nach San Fran­cis­co flog und dach­te, dass es ja ein merk­wür­di­ger Zufall ist, dass Thees mit „Wal­ter & Gail“ ein Lied über sei­ne ame­ri­ka­ni­sche Fami­lie geschrie­ben hat­te.

Ich erin­ne­re mich, wie ich mit mei­nem Onkel nach New York flog, das damals wirk­lich noch die „Stadt mit Loch“ war. Dass ich am Chel­sea Hotel vor­bei­ging und wir am Sonn­tag­nach­mit­tag durch den Cen­tral Park spa­zier­ten und bei Son­nen­un­ter­gang das Reser­voir erreich­ten und wie ich dach­te, dass manch­mal ein­fach alles einen Sinn ergibt.

Ich erin­ne­re mich, wie ich im Dezem­ber wie­der in mei­nem WG-Zim­mer im Bochu­mer Stu­den­ten­wohn­heim saß, die Plat­te und „New York“ in all mei­nen Jah­res­bes­ten­lis­ten auf Platz 1 setz­te und dach­te, dass es wahr­schein­lich nie wie­der ein Album geben wür­de, das so eng mit mei­nem Leben ver­bun­den ist — und dass das auch okay sein wür­de.

Heu­te vor 15 Jah­ren erschien „Buch­sta­ben über der Stadt“ von Tom­te. L.Y.B.E.

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Musik

Song des Tages: Ryan Adams – New York, New York

Zum ers­ten Mal gehört: Anfang Janu­ar 2002, als ich mir nach mehr­fa­cher Emp­feh­lung end­lich „Gold“ von Ryan Adams gekauft habe.

Wer musi­ziert da? Ryan Adams. Nicht Bryan. Der Ex-Sän­ger von Whis­key­town, des­sen aktu­el­les, selbst­be­ti­tel­tes Album die­ser Tage erscheint.

War­um gefällt mir das? Ich mag den Dri­ve, den Bon­gos und Orgel erzeu­gen, und die Atmo­sphä­re, die die­ser Song aus­strahlt. Als ich zum ers­ten Mal in New York war, muss­te ich natür­lich mit die­sem Song im Ohr durch die Stra­ßen lat­schen.
Bonus-Gän­se­haut: Das Musik­vi­deo mit die­sen Tür­men im Hin­ter­grund wur­de am 7. Sep­tem­ber 2001 gedreht.

[Alle Songs des Tages — auch als Spo­ti­fy-Play­list]

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Musik Print Digital

Das ist doch kein Untergang!

Ich schwö­re, ich woll­te das nicht. Ich woll­te eigent­lich nur lesen, was sie bei „Spie­gel Online“ über die (tat­säch­lich wahn­sin­nig gute) neue CD von Ben Folds Five geschrie­ben haben. Jan Wig­ger schmeißt mit Anspie­lun­gen auf das Gesamt­werk der Band nur so um sich und gibt 8,7 von 10 mög­li­chen Punk­ten. (0,5 zu viel, viel­leicht, aber das müss­te ich noch aus­pen­deln.)

Und dann hab ich wei­ter­ge­le­sen, was Andre­as Bor­chol­te über „Babel“, die neue Plat­te von Mum­ford & Sons schreibt, von der ich ehr­lich gesagt nicht all­zu viel erwar­te (aber das hat­te ich von Ben Folds Five auch nicht). Bor­chol­te fin­det sie offen­bar ziem­lich schlimm, aber bevor ich zur Wer­tung kam, las ich erst mal das hier:

Anfang August tra­ten die Lon­do­ner zum ers­ten Mal nach dem Erfolg ihres Debüts „Sigh No More“ in den USA auf – und wähl­ten nicht etwas das nächst­bes­te Foot­ball-Sta­di­on (was gemes­sen an ihrer Popu­la­ri­tät durch­aus drin gewe­sen wäre), son­dern spiel­ten in einem Park in Hobo­ken, der zuvor noch nie als Kon­zert­büh­ne genutzt wur­de. 15.000 kamen und konn­ten gemein­sam mit Sän­ger Mar­cus Mum­ford die Son­ne über Man­hat­tans Tür­men (Babel!) am gegen­über­lie­gen­den Ufer unter­ge­hen sehen: Hach, die­se apo­ka­lyp­ti­sche Roman­tik!

Ich ver­su­che jetzt, in Echt­zeit wie­der­zu­ge­ben, was mein Gehirn bei den Wor­ten „am gegen­über­lie­gen­den Ufer unter­ge­hen“ zu mir sag­te:

Hobo­ken, NJ. West­ufer des Hud­son.
Man­hat­tan. Ost­ufer. Ooooos­ten.
Son­ne. Geht im Wes­ten unter.
Kann. Nicht. Sein.
Uargh.
Lies noch mal.
Nee. Kann nicht.
Sicher­heits­hal­ber Goog­le fra­gen.
Nee.
Muss ich das jetzt auf­schrei­ben?

Viel­leicht brau­che ich doch mal Urlaub.

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Digital Unterwegs

Ich will Dich treffen, wo es am schönsten war

New York, NY

Face­book macht mein Inter­net kaputt. Wann immer mir etwas halb­wegs beson­de­res wider­fährt oder ich etwas tol­les ent­de­cke, pos­te ich das bei Face­book und dann ist gut. Des­we­gen ver­waist die­ses Blog lang­sam aber sicher und wird nur noch befüllt, wenn sich bei mir genug nega­ti­ve Ener­gie ange­sam­melt hat. Das ist nicht gut.

Mar­kus Herr­mann ali­as Herm, der uns zum Bei­spiel das Oslog und das Dus­log so schön tape­ziert hat, war letz­te Woche in New York. Er hat unge­fähr alles, was er dort erlebt hat (dach­te ich zunächst, waren aber nur zehn Pro­zent des­sen), bei Face­book geteilt, sich hin­ter­her aber auch noch die Mühe gemacht, das aus­führ­li­cher im Blog zu beschrei­ben.

Er war in zahl­rei­chen Fern­seh­stu­di­os, bei Goog­le, an jeder denk­ba­ren Tou­ris­ten­at­trak­ti­on und hat Mark Hop­pus, Conan O’Bri­en und Elmo aus der Sesam­stra­ße getrof­fen. Ihm sind die unglaub­lichs­ten Din­ge pas­siert und man sieht beim Lesen förm­lich, wie er da mit gro­ßen Augen durch die Gegend tappst.

Womög­lich fin­de ich das alles beson­ders toll, weil ich Herms Begeis­te­rung für Pop­kul­tur und die USA tei­le (letz­te­res ein biss­chen ein­ge­schränkt, aber – love them or hate them – irgend­wie kann man sich dem ja nicht ent­zie­hen) und ich fast auf den Tag genau fünf Jah­re vor ihm in New York war und vie­les ganz ähn­lich erlebt habe.

In jedem Fall wäre es viel zu scha­de, wie­der nur auf den „Gefällt mir“-Button zu kli­cken. Des­we­gen sei­en Ihnen die Ein­trä­ge aus New York aus­drück­lich auch hier im Blog emp­foh­len:

Herm in New York

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Musik

Certain Songs

Regel­mä­ßig, wenn ich in der S‑Bahn sit­ze, fra­ge ich mich, was die gan­zen Men­schen mit ihren (zumeist wei­ßen) Stöp­seln im Ohr wohl so gera­de hören.

Ändert sich, wenn man dienst­lich gezwun­gen ist, Anzug und Kra­wat­te zu tra­gen, auch der Musik­ge­schmack, oder hört der Mann aus dem Con­trol­ling irgend­ei­ner gro­ßen Ver­si­che­rung viel­leicht doch gera­de Napalm Death? Hören alle den neu­es­ten hei­ßen Scheiß oder sit­zen da auch Leu­te, die alte Alben von R.E.M. oder gar Semiso­nic anhö­ren? Und: Hört gera­de jemand das glei­che Lied wie ich? Haben wir es gar zufäl­lig im glei­chen Moment gestar­tet? (Und, falls ja: Wür­den wir je erfah­ren, dass wir ein­an­der eigent­lich hei­ra­ten müss­ten?)

Ein Mann namens Tyler Cul­len hat sich die glei­che Fra­ge gestellt – bzw. eben nicht sich, son­dern Pas­san­ten in New York. Und weil New York nicht Dins­la­ken ist, haben ihn die Leu­te für die­se Fra­ge nicht zusam­men­ge­schla­gen, son­dern ihm höf­lich geant­wor­tet:

Bei den meis­ten (gezeig­ten) Men­schen kann man also tat­säch­lich erah­nen, was sie für Musik hören.

[via Face­book]

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Literatur

What’s Happening Brother

Ich bin immer noch auf der Suche nach einer neu­en Blei­be. Zwar LIEBE ich mein Apart­ment am 243 River­si­de Dri­ve, aber seit sie neu­lich zwei Blocks ent­fernt die­sen Geschäfts­mann abge­sto­chen haben, möch­te ich hier so schnell wie mög­lich weg. Ich fin­de, ein biss­chen chan­ge tut mal ganz gut und so suche ich jetzt mal an der Upper East Side.

Es ist für Deut­sche (außer­halb Mün­chens) ver­mut­lich unvor­stell­bar, wie schwer es ist, in Man­hat­tan ein geeig­ne­tes Apart­ment zu fin­den. Zwar ist Dank etli­cher fore­clo­sures inzwi­schen wie­der eini­ges auf dem Markt (anders als vor drei Jah­ren, als ich hier­her kam), aber dafür ste­hen jetzt auch die Inter­es­sen­ten Schlan­ge. Und wenn Wolf­gang Till­manns, die Toch­ter von Bob­by de Niro oder einer der Pet­shop Boys sich für ein Apart­ment inter­es­siert, steht man als klei­ne Jour­na­lis­tin natür­lich blöd da.

Mein guter Freund Bernárd schick­te mir kürz­lich einen Brief aus Beli­ze. Auf hand­ge­schöpf­tem Büt­ten­pa­pier, das ganz leicht, aber auf kei­nen Fall auf­dring­lich nach Eau de Colo­gne duf­te­te, frag­te er mich, wie ich eigent­lich mit die­ser Dop­pel­be­las­tung als Gesell­schafts­ko­lum­nis­tin UND Best­sel­ler­au­torin klar­kom­me.

Ihr müsst wis­sen: Bernárd ist der Sproß einer fran­zö­si­schen Win­zer­dy­nas­tie und hat sei­ne Jugend über­wie­gend in thai­län­di­schen Opi­um­höh­len ver­bracht. Für ihn ist es schon eine gro­ße Anstren­gung, ein­mal im Jahr nach Paris zu flie­gen und mit sei­nen Ver­mö­gens­ver­wal­tern und Geschwis­tern die Bücher durch­zu­se­hen. Die meis­te Zeit des Jah­res ver­bringt er mit sei­nem jugend­li­chen Lieb­ha­ber in der Kari­bik und genießt dort den Schnee. If you know what I mean.

Zunächst hat­te ich über­legt, Bernárd als Ant­wort auf sei­ne ganz ent­zü­cken­de Fra­ge eine signier­te Aus­ga­be mei­nes neu­es­ten Buches „Die Muschi in der Ein­kaufs­ta­sche“ zukom­men zu las­sen, aber dann fiel mir wie­der ein, dass er kein Deutsch ver­steht. Viel­leicht soll­te ich mein nächs­tes Buch (es han­delt von einer eman­zi­pier­ten jun­gen Frau, die einem älte­ren Mann den Kopf ver­dreht und ihn so um Frau, Arbeit und Leben bringt – eine wit­zi­ge Lek­tü­re für Zwi­schen­durch) direkt auf Eng­lisch schrei­ben, dann könn­te ich viel­leicht auch mehr Titel „abver­kau­fen“, wie sich mein Lite­ra­tur­agent immer aus­drückt. Mein Lite­ra­tur­agent lebt aller­dings in Köln, da kann man kei­ne schö­ne Spra­che erwar­ten.

Nächs­te Woche ist ja der Jah­res­tag des Mau­er­falls. Ich kann mich noch gut dar­an erin­nern: Ich stand kurz vor mei­nem Abitur und am nächs­ten Tag kam unser Geschichts­leh­rer, so ein alter Nazi, in die Klas­se und warf mit gro­ßer Ges­te unser Lehr­buch in die Ton­ne und sag­te, das müs­se jetzt alles umge­schrie­ben wer­den. Zwei Jah­re spä­ter tanz­te ich jedes Wochen­en­de im Tre­sor in Ber­lin und schrieb mei­ne ers­ten Tex­te fürs „Zit­ty“. Das waren Zei­ten, als Ber­lin noch INTERESSANT war …

Vor­ges­tern habe ich mit einem deut­schen Radio­sen­der tele­fo­niert, der mich zum ers­ten Jah­res­tag von Barack Oba­mas Wahl zum US-Prä­si­den­ten inter­viewt hat. Das Inter­view war schlecht vor­be­rei­tet und der Mode­ra­tor sprach immer von „BÄRÄCK OBÄMA“, was mich ganz wahn­sin­nig gemacht hat, aber anschlie­ßend spiel­ten sie „What’s Hap­pe­ning Brot­her“ von Mar­vin Gaye und da dach­te ich, die­sen Song muss ich jetzt sofort auch haben. Ich hab das Album noch auf Vinyl, aber das liegt irgend­wo in einem Umzugs­kar­ton im Kel­ler mei­nes Eltern­hau­ses in Unna, und so habe ich mir das Album noch mal bei iTu­nes gekauft. Frü­her hät­te ich erst in einen record store gehen müs­sen, wo es ent­we­der gar kei­ne Bera­tung gibt, oder die lang­haa­ri­gen, unge­wa­sche­nen Ver­käu­fer nur die aktu­el­len Sachen ken­nen und VIELLEICHT noch Sonic Youth und the Vel­vet Under­ground. Heu­te geht das alles ganz schnell, direkt auf mein iPho­ne.

Ich habe mir übri­gens schon wie­der ein neu­es iPho­ne kau­fen müs­sen. Das letz­te habe ich aus­nahms­wei­se NICHT im Taxi ver­ges­sen (Ihr erin­nert Euch), Nein, es ist mir beim Aus­stei­gen aus dem Taxi aus mei­ner Man­tel­ta­sche und in den Rinn­stein gefal­len. „Oh Gosh, not AGAIN“, hab ich gedacht, aber da war es bereits ertrun­ken. Taxis und iPho­nes pas­sen anschei­nend nicht zusam­men, zumin­dest bei mir.

Nun ja, ich muss Schluss machen, gleich kommt ein Kame­ra­team von „Titel, The­sen, Tem­pe­ra­men­te“ vor­bei und möch­te mich beim Jog­gen durch den Cen­tral Park fil­men. Die pla­nen ein gro­ßes Por­trät über mich, das freut mich natür­lich. Wo man ja sonst von den deut­schen Medi­en doch eher igno­riert wird. Nach den Dreh­ar­bei­ten bin ich dann mit einem Freund von Chris­ti­an Kracht zum lunch ver­ab­re­det. Ich muss ihn mal fra­gen, was Chris­ti­an eigent­lich im Moment macht.

Macht’s gut, mei­ne Lie­ben, wir spre­chen uns nächs­te Woche wie­der!

Bus­si!

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Leben Unterwegs

Greetings From N

Gut, die Num­mer hat­ten wir schon mal.

Aber damals konn­te ich wenigs­tens auf den ers­ten Blick erken­nen, woher die Kar­te kam. Dies­mal hat’s etwas län­ger gedau­ert:

Heute anonym: Der Madison Square Garden

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Unterwegs

Wenn Brücken ihre Tage haben

Heu­te ist ein soge­nann­ter Brü­cken­tag. Und bevor es jemand ande­res macht, dach­ten wir uns, wir prä­sen­tie­ren Ihnen ein­fach die schöns­ten Brü­cken­fo­tos aus unse­rem Archiv:

Golden Gate Bridge in San Francisco, CA
Gol­den Gate Bridge in San Fran­cis­co, CA
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Unterwegs

New York, New York

Die Freiheitsstatue vor New York

Unse­re Autorin Anni­ka fliegt in Kür­ze nach New York City. Wie schon im Janu­ar mit San Fran­cis­co habe ich auch dies­mal wie­der einen klei­nen Rei­se­füh­rer zusam­men­ge­stellt – aber weil ich nur vier Tage in New York war, gibt es dies­mal nicht drei Tei­le, son­dern nur einen, in dem dafür so ziem­lich alles abge­klap­pert wird, was man in vier Tagen machen kann. Nur der obli­ga­to­ri­sche Aus­flug auf einen der noch ste­hen­den Wol­ken­krat­zer fehlt hier – die waren mir ein­fach zu teu­er.

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Literatur

Besuch an der Ostküste

„Bet­ter late than never“, sagt der Nost­al­gi­ker. Oder der Bücher­jun­kie, der Bücher im Regal ste­hen hat, von deren Exis­tenz er bis dato gar nicht mehr wuss­te.

So gesche­hen bei Ricky Moo­dys „Gar­den Sta­te“.

Sein Roman­de­büt, das er Anfang der 90er schrieb, spielt in New Jer­sey, dem typi­schen Hei­le-Welt-Vor­ortstaat mit all sei­nen Gär­ten, den Häu­sern mit den wei­ßen Zäu­nen und den brach lie­gen­den Indus­trie­ge­bäu­den. Mit alten Lager­hal­len­rui­nen und alten Bars, die ver­raucht und vor allem ver­braucht sind. Irgend­wie zwi­schen New Eco­no­my und etwas ande­rem, was einen unter­schwel­lig ein biss­chen auf­rüt­telt, man aber nicht kon­kret benen­nen kann.

Es ist kein typi­sches „Coming of Age“-Romandebüt, die die Läu­te­rung des tra­gi­schen Losers zum Held beschreibt. Es ist eine eigen­wil­li­ge Milieu­stu­die, die das Leben von Mitz­wan­zi­gern so erzählt, wie es ist. Ali­ce, Den­nis und Lane leben das Vor­ort­le­ben, sind stän­dig unzu­frie­den und träu­men davon, eine Band zu haben. Musik als Kon­trast zum Leben in einem Vor­ort, der urba­nen War­te­schlei­fe.

Der Blick hin­ter die Fas­sa­de von Gar­den Sta­te ist unge­müt­lich und real beschrie­ben. Moo­dy beschö­nigt nichts und gera­de des­halb lohnt sich die­se klei­ne Buch so.

Wie lebt man zwi­schen dem Traum, eine Band zu grün­den, und der Rea­li­tät, sich im All­tag zurecht­fin­den? Was pas­siert, wenn Par­ties nicht so ganz lau­fen wie sie sol­len? Was pas­siert, wenn kei­ne Per­spek­ti­ve so rich­tig passt?

Direkt und unver­kitscht erschafft Moo­dy Wort­land­schaf­ten wie Pola­roids, deren ganz Moo­dy-typi­sche Lako­nie die Geschich­te einer Gene­ra­ti­on erzählt, die man bis­her über­se­hen hat, denn wer kann sich schon wirk­lich an die Neun­zi­ger erin­nern?

Erschie­nen im Piper Ver­lag ( € 8.90), bei jedem Bücher­dea­ler erhält­lich. Mit dem Film von Zach Braff hat das Buch nur den Titel gemein.

Wenn man dann ein klein wenig aus der Vor­stadt drau­ßen ist, lan­det man unwei­ger­lich auch in New York und damit am nächs­ten Schau­platz der „Ten­der Bar“ von J.R. Moeh­rin­ger.

Es han­delt sich hier­bei nicht um die Auto­bio­gra­phie von Dal­las oder J.R. und wer sein Mör­der war (Wer eigent­lich?), son­dern um eine sehr sphä­ri­sche, wit­zi­gen und schö­nen Geschich­te über das Erwach­sen­wer­den eines Jun­gen auf Long Island in den 60ern Ame­ri­kas.

Was bleibt einem Jun­gen anders übrig, wenn man eine Mut­ter hat, die mit Lügen die Moral auf­recht erhält, als sich in einer Bar vol­ler lie­bens­wür­di­ger Gestal­ten das Erwach­sen­wer­den bei­brin­gen zu las­sen?

J.R., der Prot­ago­nist, nimmt uns mit zu sei­nem ers­ten Base­ball­spiel, zum Strand mit den Män­nern aus dem „Dickens“, zeigt uns sei­nen ers­ten Job, sei­nen ers­ten Kuss und die ers­ten Träu­me. Erzählt uns von sei­nem Vater, der für ihn nur „die Stim­me“ aus dem Radio ist.

Man geht mit ihm zum ers­ten Mal in den Big Apple und erlebt die gro­ße Hek­tik der Stadt und wie es ist, für einen gro­ßen Traum alles zu ver­su­chen. Und vor allem, dass Tap­fer­keit und Träu­men doch hilft.

Erschie­nen im Fischer Ver­lag (9,95 €)

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Musik Film

Nimm mein Mixtape, Babe

Die Neun­zi­ger sind ein trau­ri­ges Jahr­zehnt, denn sie muss­ten ohne die ganz gro­ßen, prä­gen­den Teen­ager-Fil­me aus­kom­men. Allen­falls „Ame­ri­can Pie“ (von 1999) hat­te einen ver­gleich­ba­ren Ein­fluss auf die Pop­kul­tur wie „Say Any­thing“, „Fer­ris Bueller’s Day Off“, „Fast Times At Rid­ge­mont High“ oder „Six­teen Cand­les“. Vor allem hat­ten die Neun­zi­ger kei­nen John Cusack.

Oh, glück­li­che Nuller, denn die haben Micha­el Cera, der in „Super­bad“ schon von erstaun­li­cher Lloyd-Dobler-Haf­tig­keit war, der in „Juno“ die Rol­le des lie­bens­wer­ten, höf­li­chen Jun­gen ohne Eigen­schaf­ten erneut spiel­te und jetzt mit gera­de mal 20 schon sein „High Fidelity“-Pendant dre­hen durf­te: „Nick and Norah’s Infi­ni­te Play­list“.

Nick ist ein Schü­ler, der nicht über die Tren­nung von sei­ner Freun­din Tris hin­weg­kommt, ihre Mail­box voll­quas­selt und ihr unab­läs­sig Mix-CDs brennt. ((Ein bizar­rer Ana­chro­nis­mus – sowohl Mix­tapes als auch MP3-Lis­ten wür­de man ver­ste­hen, aber CDs?!)) Die CDs, die Tris weg­wirft, sam­melt Norah (Kat Den­nings) ein und ver­liebt sich über die Musik in den ihr unbe­kann­ten Absen­der. Dann tref­fen sich die Bei­den erst­mals in der Rea­li­tät, mögen sich nicht, stol­pern durch eine chao­ti­sche Nacht und Rich­tung Hap­py End.

Ich weiß nicht, wann ich das letz­te Mal das Gefühl hat­te, dass bei einem Film von der Atmo­sphä­re über die Dar­stel­ler bis zur Musik alles stimmt, aber das Dreh­buch lei­der völ­li­ger Quark ist. Viel­leicht bei Came­ron Cro­wes „Eliza­beth­town“ und ein biss­chen bei „Gar­den Sta­te“. ((Des­sen Dreh­buch aller­dings nicht völ­li­ger Quark, son­dern nur ein biss­chen unstruk­tu­riert war.)) Man kann im Sin­ne der Dreh­buch­au­to­ren eigent­lich nur hof­fen, dass da ein Zwei­stün­der ganz bru­tal auf 89 Minu­ten zusam­men­ge­kürzt wur­de, denn vie­les passt nicht so recht zusam­men und gera­de das Ver­hal­ten der bei­den Haupt­per­so­nen wirkt oft völ­lig unmo­ti­viert.

„Nick and Norah’s Infi­ni­te Play­list“ ((Oder „Nick und Norah – Sound­track einer Nacht“, wie der eher so mit­tel­gu­te deut­sche Titel lau­tet.)) ist trotz­dem ein wun­der­ba­rer Film – und das liegt an allem, was nicht Dreh­buch ist. ((Das Dreh­buch hat übri­gens auch ein paar hüb­sche Ein­fäl­le an den Rän­dern, aber die zen­tra­le Hand­lung ist halt völ­lig ver­un­glückt.)) Für einen Musik­lieb­ha­ber ((Oder auch Musik­nerd.)) sind der Film und sein Sound­track ((Im Abspann wer­den 37 Songs auf­ge­führt, nur ein paar weni­ger als bei „High Fide­li­ty“ und „Almost Famous“.)) wie ein Besuch bei Freun­den: Vie­le kennt man schon und die ande­ren sind auch nett. Bishop Allen tre­ten live auf und Deven­dra Ban­hart latscht als Super­markt-Kun­de durchs Bild, dazu kom­men Songs von unter ande­rem Vam­pi­re Weekend, The Dead 60s, We Are Sci­en­tists, Shout Out Louds, Band Of Hor­ses und Rogue Wave.

Die Schau­spie­ler spie­len ihre Cha­rak­te­re auf eine für einen Tee­nie-Film über­ra­schend zurück­hal­ten­de und damit sehr ange­neh­me Art. New York zeigt sich abseits der 5th-Ave­nue-Kli­schees von sei­ner sym­pa­thischs­ten Sei­te. Und hat­te ich erwähnt, wie groß­ar­tig die gan­ze Atmo­sphä­re ist?

Und so kommt es, dass ich ein paar Stun­den nach dem Kino­be­such ((Und beim Hören des Sound­tracks, den iTu­nes freund­li­cher­wei­se auch nach Laden­schluss noch vor­rä­tig hat­te.) mit woh­li­ger Erin­ne­rung an einen Film zurück­den­ke, wäh­rend des­sen Sich­tung ich fast die Lein­wand ange­schrien hät­te, um die Autoren zu ver­flu­chen.

Bil­ly Wil­der hat ein­mal gesagt, für einen guten Film brau­che man drei Din­ge: 1. Ein gutes Dreh­buch, 2. Ein gutes Dreh­buch und 3. Ein gutes Dreh­buch. Ich wür­de dem Meis­ter nie wider­spre­chen, aber viel­leicht ist „Nick and Norah’s Infi­ni­te Play­list“ ja ein­fach die Aus­nah­me, die die Regel bestä­tigt.

Trai­ler
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Digital Rundfunk

Von der Attraktivität deutscher TV-Nachrichten

Sie wer­den es mitt­ler­wei­le alle mit­be­kom­men haben: Ges­tern Nach­mit­tag (Orts­zeit) fie­len bei einem Air­bus A320 kurz nach dem Start am La Guar­dia Air­port bei­de Trieb­wer­ke aus und der Pilot muss­te die Maschi­ne auf dem Hud­son River not­lan­den.

Dass alle 155 Insas­sen über­lebt haben, darf man wohl getrost als ziem­li­ches Glück bezeich­nen: zwar ist der Hud­son eini­ger­ma­ßen breit und frei von Brü­cken und damit – im Gegen­satz zum East River auf der ande­ren Sei­te Man­hat­tans – durch­aus für Not­was­se­run­gen geeig­net, aber ein Flug­zeug auf einem viel befah­re­nen Fluss auf­zu­set­zen und es anschlie­ßend zu eva­ku­ie­ren, wäh­rend es lang­sam im eis­kal­ten Was­ser unter­geht, das zählt schon zu den außer­ge­wöhn­li­che­ren Auf­ga­ben eines Lini­en­pi­lo­ten.

Wer ges­tern Abend unse­rer Zeit beim Micro­blog­ging-Dienst twit­ter rein­ge­schaut hat, wur­de über die Lage bes­tens infor­miert: als eine der ers­ten Mel­dun­gen gab es ein Foto, das Janis Krums, der zufäl­lig auf einer der Fäh­ren im Hud­son und damit direkt am Unfall­ort war, mit sei­nem iPho­ne gemacht hat­te. twitpic.com brach zeit­wei­se unter dem Ansturm zusam­men und ziem­lich vie­le Nach­rich­ten­sei­ten berich­te­ten dar­über.

Wer mit einem Live­ti­cker von Augen­zeu­gen und eben­falls twit­tern­den Nach­rich­ten­agen­tu­ren ver­sorgt wur­de, für den waren die Infor­ma­tio­nen, mit denen das deut­sche Fern­se­hen sei­ne Zuschau­er zu beglü­cken ver­such­te, natür­lich ein Desas­ter. Statt ein­fach „ins Inter­net“ zu gucken, griff man lie­ber auf dün­ne Agen­tur­mel­dun­gen und Repor­ter vor Ort zurück.

Dabei ist es ein über­hol­ter Irr­glau­be der Nach­rich­ten­ma­cher, bei einem Ereig­nis erst mal an den Ort des Gesche­hens schal­ten zu müs­sen. Dort steht dann ein über­for­der­ter Repor­ter den Ret­tern im Weg rum und kann sei­ne Ein­drü­cke schil­dern – wobei er sich natür­lich gera­de gar kei­ne eige­nen Ein­drü­cke ver­schaf­fen kann, weil er ja in einer zwar atmo­sphä­ri­schen, aber weit­ge­hend Infor­ma­ti­ons­lo­sen Schal­te mit einem wiss­be­gie­ri­gen Repor­ter gefan­gen ist. Wenn er Glück hat, hat er vor­her einen Pas­san­ten fra­gen kön­nen, ob der einen lau­ten Knall gehört habe.

Nun wür­de ich nicht so weit gehen und sagen, das Inter­net kön­ne schon jetzt das Fern­se­hen erset­zen. Wenn sich mei­ne Groß­el­tern, Eltern und vie­le mei­ner Freun­de über der­ar­ti­ge Ereig­nis­se infor­mie­ren wol­len, schal­ten sie natür­lich irgend­ei­nen Nach­rich­ten­sen­der ein und auch ich hat­te zwi­schen­durch CNN lau­fen, wo Wolf Blit­zer einen der Pas­sa­gie­re gera­de tele­fo­nisch der­art mit Fra­gen löcher­te, als müs­se er selbst noch in die­ser Nacht den Unter­su­chungs­be­richt der Luft­auf­sichts­be­hör­de ver­fas­sen.

Aber was die deut­schen Nach­rich­ten­sen­dun­gen da über den Äther schi­cken, war eine dump­fe Mischung aus Kaf­fee­satz­le­sen mit Tan­te Mimi, Onkel Heinz erzählt vom Angeln und Klein-Fritz­chen erzählt sei­ner Mut­ti, wie es in der Kir­che war, obwohl er wäh­rend­des­sen Fuß­ball­spie­len war.

„Zahl­rei­che Fähr­schif­fe ver­su­chen, Über­le­ben­de zu ret­ten“, teaser­te RTL sein „Nacht­jour­nal“ an, was wohl eben­so rich­tig, aber weit weni­ger dra­ma­tisch war als das „Es gibt kei­ne Anzei­chen für einen Ter­ror­an­schlag“, mit dem Gabi Bau­er die ARD-Nach­rich­ten­at­trap­pe „Nacht­ma­ga­zin“ eröff­ne­te, bevor sie eine Vier­tel­stun­de spä­ter Thors­ten Schä­fer-Güm­bel mit der Fra­ge, wie wich­tig Sex im Wahl­kampf sei (gemeint war wohl eher „Sex­ap­peal“), völ­lig aus der Fas­sung brach­te.

Den beson­de­ren Ernst der Lage konn­te man dar­an erken­nen, dass n‑tv sei­ne geplan­ten „Natio­nal Geographic“-Reportagen kipp­te und live auf Sen­dung ging. Wäh­rend CNN, Fox News, MSNBC und BBC World ziem­lich beein­dru­cken­de Live-Bewegt­bil­der aus New York hat­ten (die Hub­schrau­ber der gro­ßen Net­works schwe­ben ja eh die gan­ze Zeit über der Stadt), hat­te n‑tv einen Mode­ra­tor im Stu­dio, meh­re­re „Brea­king News“-Laufbänder, ein paar Fotos und einen Repor­ter am Tele­fon. Und der sag­te, wenn ich ihn nicht völ­lig falsch ver­stan­den habe, dass es wohl „bald“ die ers­ten Han­dy-Fotos und ‑Vide­os im Inter­net zu sehen geben wür­de. Zu die­sem Zeit­punkt war twit­pic bereits down und bei flickr gab es jede Men­ge Foto­stre­cken und Ein­zel­bil­der zu sehen. Sogar ers­te Wit­ze.

Es geht mir gar nicht dar­um, Inter­net und Fern­se­hen gegen­ein­an­der aus­spie­len zu wol­len – und die Zei­tun­gen von heu­te waren schon gedruckt, bevor das Flug­zeug über­haupt abge­ho­ben hat­te. Aber ich den­ke, dass auch die Men­schen, die nicht bei twit­ter, flickr und Face­book unter­wegs sind, ein Anrecht auf aktu­el­le Infor­ma­tio­nen haben. Und die bekommt man heu­te nun wirk­lich so ein­fach und bil­lig wie noch nie. Auch als Nach­rich­ten­re­dak­teur des deut­schen Fern­se­hens.

Nach­trag, 20:20 Uhr: Auch mei­ne Freun­de von „RP Online“ berich­ten über die Fotos bei twit­ter und bei flickr.

Das Sen­sa­tio­nel­le dar­an: Sie schaf­fen das ohne einen ein­zi­gen Link!

Nach­trag, 17. Janu­ar, 00:23 Uhr: Zwei Tweets spä­ter hat „RP Online“ alles ver­linkt.