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Politik

Biegen und Brechen

NRW wird seit zwei Jah­ren von einer schwarz-gel­ben Lan­des­re­gie­rung regiert, die es bin­nen kür­zes­ter Zeit geschafft hat, dass sich die Bevöl­ke­rung die zuletzt ver­hass­te rot-grü­ne Vor­gän­ger­re­gie­rung zurück­wünscht. Wer nach dem Macht­wech­sel geglaubt hat­te, es kön­ne ja eigent­lich nur noch bes­ser wer­den, wur­de nega­tiv über­rascht. Redet man mit Men­schen, die ein biss­chen Ein­blick in das Inne­re die­ser Lan­des­re­gie­rung haben, möch­te man das Land danach so schnell als mög­lich ver­las­sen: Vom Minis­te­ri­al­rat bis zum Minis­ter schei­nen alle min­des­tens unfä­hig (aber wie und wo soll­ten die in 100 Jah­ren SPD-Regie­rung auch Erfah­rung sam­meln?) und von Minis­ter­prä­si­dent Jür­gen Rütt­gers heißt es, er sei selbst zum Vor­le­sen vor­ge­schrie­be­ner Reden nicht zu gebrau­chen.

Aber was ist schon eine desas­trö­se Bil­dungs- oder Bau­po­li­tik gegen äußerst frag­wür­di­ge (und unter­ir­disch schlecht ver­schlei­er­te) Tak­tie­re­rei­en?

Die „WAZ“ mel­det heu­te, die Lan­des­re­gie­rung wol­le die Kom­mu­nal­wahl 2009, die für den sel­ben Tag wie die Bun­des­tags­wahl vor­ge­se­hen war, ver­schie­ben:

Nach Infor­ma­tio­nen der WAZ haben die Gene­ral­se­kre­tä­re von CDU und FDP den Ver­ant­wort­li­chen im NRW-Innen­mi­nis­te­ri­um aber bereits dik­tiert, dass „aus poli­ti­schen Erwä­gun­gen“ eine Kopp­lung von Kom­mu­nal- und Bun­des­tags­wahl uner­wünscht sei.

Mei­nungs­for­scher rech­nen bei einer Dop­pel­wahl mit einer deut­lich höhe­ren Wahl­be­tei­li­gung, weil sie vor allem vie­le der wahl­mü­de gewor­de­nen SPD-Anhän­ger zurück an die Urnen holt. Das gute Abschnei­den von CDU und FDP bei der Kom­mu­nal­wahl 2004 wur­de auch mit der im Ver­gleich zur Bun­des­tags­wahl 2005 dra­ma­tisch nied­ri­ge­ren Betei­li­gung (54,4% Komm./ 81,3% Bund) erklärt.

Noch­mal: Die Gene­ral­se­kre­tä­re von CDU und FDP wol­len kei­ne gemein­sa­me Kom­mu­nal- und Bun­des­tags­wahl, weil dann mehr SPD-Anhän­ger zur Bun­des­tags­wahl gehen könn­ten und gleich­zei­tig ihrer Par­tei auch bei der Kom­mu­nal­wahl ihre Stim­me geben könn­ten. Und das soll das Innen­mi­nis­te­ri­um jetzt regeln.

Es geht aber nicht nur um die­ses leicht frag­wür­di­ge poli­ti­sche Tak­tie­ren, es geht auch knall­hart um etwa 42 Mil­lio­nen Euro, die zwei ent­kop­pel­te Wah­len mehr kos­ten wür­den. Von dem zusätz­li­chen Auf­wand für Wahl­hel­fer und Wahl­kämp­fer mal ganz zu schwei­gen.

[via Pott­blog]

Nach­trag 21. August: Auch heu­te berich­tet die „WAZ“ wie­der über das The­ma und lässt u.a. Oppo­si­ti­ons­po­li­ti­ker zu Wort kom­men, die die Idee natur­ge­mäß nicht so doll fin­den. Auch der WDR hat unter Beru­fung auf die „WAZ“ groß dar­über berich­tet, ein biss­chen klei­ner die „Ruhr Nach­rich­ten“, der „Köl­ner Stadt-Anzei­ger“, die „West­deut­sche Zei­tung“, die „Köl­ni­sche Rund­schau“ und das „West­fa­len-Blatt“.

Noch irgend­wel­che grö­ße­ren NRW-Medi­en ohne Fahr­schein? Ja: „Express“, „Bild“ und die „Rhei­ni­sche Post“.

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Musik Unterwegs

Haldern-Liveblog (Samstag)

15:06 Uhr: Was bis­her geschah: Drecks­ver­damm­tes Mist­wet­ter! Die­se Hit­ze! Im Zelt füh­le ich mich wie Colo­nel Kurtz in der grü­nen Höl­le, außer­halb wie Erwin Rom­mel in Nord­afri­ka. Wie, mir kann man’s auch nicht recht machen? 22°C, bewölkt – soll­te doch kein Pro­blem sein.

Auf dem Weg zum Fes­ti­val­ge­län­de noch lau­war­mes Bier ver­nich­tet, aber was tut man nicht alles für authen­ti­sches Fes­ti­val-Fee­ling? Das ist näm­lich jetzt schon wie­der vor­bei, weil ich Prol­lo-Pres­se­mensch im schat­ti­gen Pres­se­zelt sit­zen darf, wäh­rend die unbarm­her­zi­ge nie­der­rhei­ni­sche Son­ne auf den ehe­mals mat­schi­gen Alten Reit­platz nie­der­brennt. Navel und Sere­e­na Manee­sh hab ich des­halb schon ver­passt, aber das Hald­ern-Blog schafft Abhil­fe.

Gera­de ste­hen Fris­ka Vil­jor auf der Büh­ne und von dem, was hier hin­ten noch ankommt, wür­de ich auf Indie-Rock tip­pen. Das soll­te mal genau­er unter­sucht wer­den.

15:35 Uhr: Den­ken Sie bei einem bär­ti­gen, lang­haa­ri­gen Mann mit Hut und Man­do­li­ne nicht auch auto­ma­tisch an Hans Süper? Sie könn­ten auch an Fris­ka Vil­jor den­ken. Die klan­gen ein biss­chen wie eine Mischung aus Arca­de Fire, Kai­zers Orches­tra, The Smith und einer durch­ge­knall­ten Coun­try­band und waren (natür­lich des­halb, nicht trotz­dem) außer­ge­wöhn­lich unter­halt­sam. Wenn es auf dem Niveau wei­ter­geht, wird das ein sehr fei­ner, aber ultra-anstren­gen­der Tag.

16:30 Uhr: Na gut: Sooooo doll ging’s dann doch nicht wei­ter. Vox­t­rot haben zwar ein Kla­vier dabei und klin­gen ein biss­chen wie dir frü­hen R.E.M., aber so ganz kön­nen mich die Texa­ner nicht über­zeu­gen.

Dafür hat der WDR wie­der sei­ne Kame­ras ein­ge­schal­tet und in den Weg gestellt, was mich aus obsku­ren Grün­den an den schöns­ten Fes­ti­val-TV-Moment ever erin­nert …

17:19 Uhr: Auch wenn sie mal aus­nahms­wei­se nicht auf­tre­ten, sind The Divi­ne Come­dy auf dem Hald­ern Pop omnis­pär­sent – und wenn es nur als Umbau­mu­sik und T‑Shirt-Beschrif­tung ist.

Gera­de spie­len John­os­si, die „schwe­di­schen White Stripes“. Es sei sehr heiß auf der Büh­ne sagt Sän­ger John und ein „Ach was“ geht durch die Men­ge. Aber man habe auch gehört, es sei das ers­te tro­cke­ne Hald­ern-Fes­ti­val seit dem 18. Jahr­hun­dert. Das Publi­kum hockt zur Zeit ver­mut­lich lie­ber im Bade­see neben dem Fes­ti­val­ge­län­de und hört von dort aus zu. Alle ande­ren haben schon braun­ge­brann­te Haut oder pfei­fen auf Son­nen­brän­de. Wenn es nicht so uner­träg­lich heiß wäre, wür­den die Leu­te viel­leicht nicht nur beim größ­ten Hit der Band tan­zen. Aber der heißt ja immer­hin „Man Must Dance“.

18:17 Uhr: Ein Teil des gera­de antrock­nen­den Fes­ti­val­ge­län­des stand zwi­schen­zeit­lich wie­der unter Was­ser – dort war eine pro­vi­so­ri­sche Fes­ti­val-Dusche zur Abküh­lung auf­ge­baut wor­den. Auch wenn es schon frü­her Abend ist, sind die Tem­pe­ra­tu­ren nach wie vor hoch.

Die Zuschau­er, die sich gera­de Mala­ju­be geben, las­sen sich davon aber nicht auf­hal­ten. Und auch wenn die Kana­di­er sonst „Mon­tré­al ‑40°C“ besin­gen, kommt ihr fran­zö­sisch­spra­chi­ger Indie­rock gut an. Ich ver­mu­te unter den lau­ten Gitar­ren und Krach­wän­den klei­ne Pop-Per­len, aber die sol­len offen­bar nicht zu auf­fäl­lig sein.

19:38 Uhr: Gera­de gab es die obli­ga­to­ri­sche Pres­se­kon­fe­renz. Ver­an­stal­ter Ste­fan Reich­mann ist zufrie­den mit dem Wet­ter und den Besu­cher­zah­len (5.500 bis 6.000). Er erzählt, dass Indie in vie­len Berei­chen jetzt Main­stream sei, und man in Hald­ern nicht bereit sei, den „Head­li­ner-Ter­ror“, der letzt­end­lich nur die Kos­ten der Ein­tritts­kar­ten in die Höhe trei­be, wei­ter mit­zu­ma­chen. Und auch ohne die ganz gro­ßen „Indie“-Headliner sind Besu­cher­zah­len und Stim­mung ja bes­tens.

Zur Zeit ste­hen Archi­tec­tu­re In Hel­sin­ki auf der Büh­ne, was Raum für etwa ein Halb­dut­zend mie­ser Wort­spie­le lie­ße. Las­sen wir das lie­ber blei­ben und freu­en uns an dem dezent ver­spul­ten Indiepop, der gera­de von der Büh­ne don­nert.

Ab 20 Uhr soll Eins Live, die sog. Jugend­wel­le des omni­prä­sen­ten WDR, übri­gens das Fes­ti­val für vier Stun­den live über­tra­gen. Ich bin ja mal gespannt, ob man dort sei­nem Publi­kum wirk­lich ein Kon­zert von Loney, Dear „zumu­tet“ und dann nach zehn Minu­ten Jan Delay aus­steigt, wie es der Zeit­plan vor­sieht.

20:28 Uhr: Es gibt Geschich­ten, da habe ich das Gefühl, dass mir ein Puz­zle­teil feh­le. Bei Archi­tec­tu­re In Hel­sin­ki bin ich mir des­sen sogar sicher: Alle erzäh­len einem, wie toll die doch sei­en, doch weder auf Plat­te noch live kann mich die Band irgend­wie packen. Letzt­end­lich klingt ihre Musik in mei­nen Ohren wie der Migrä­ne­an­fall einer Wal­dorf-Kin­der­gärt­ne­rin.

Gos­sip am Ran­de: Hier im VIP-Zelt läuft auch Den­nis von Muff Pot­ter rum, den ich gera­de auf ver­mut­lich recht pein­li­che Wei­se ange­quatscht habe. Ich soll­te mir die­ses unpro­fes­sio­nel­le Fan­dom im Dienst mal abge­wöh­nen. Ande­rer­seits: Soll­te man Leu­ten, die groß­ar­ti­ge Musik machen, nicht auch in ihrer Frei­zeit sagen dür­fen, dass sie das tun? Viel­leicht grü­bel ich gleich bei Loney, Dear mal dar­über nach.

21:00 Uhr: Wäh­rend die tief­stehen­de Son­ne den nie­der­rhei­ni­schen Him­mel in ein hol­län­di­sches Oran­ge taucht, geht die Swe­dish Inva­si­on auf der Büh­ne in die nächs­te Run­de: Loney, Dear ali­as Emil Svan­än­gen und sei­ne Begleit­band zau­bern melan­cho­li­schen Indiepop zwi­schen Bright Eyes und The Pos­tal Ser­vice. Die mit­un­ter über­ra­schend text­ar­men Songs („Nanananana­na“, „Dad­ad­ada­da“, „Lal­al­a­la­la“, …) klin­gen live nicht so elek­trisch wie auf Plat­te, wes­we­gen sich der Pos­tal-Ser­vice-Ver­gleich nicht mehr ganz so auf­drängt. Irgend­wie aber eben doch, wes­we­gen ich die Band eben­so als Refe­renz nen­nen möch­te wie Elec­tric Pre­si­dent. Sol­che Musik wür­de auch schön in die Nacht pas­sen.

Apro­pos Nacht: Nach den Erfah­run­gen von ges­tern Abend grü­bel ich noch, ob ich es über­haupt ver­su­chen soll, mir Ghosts und Duke Spe­cial im Spie­gel­zelt anzu­se­hen. Zwar muss man der Fair­ness hal­ber erwäh­nen, dass das Gesche­hen aus dem Zelt auch nach drau­ßen über­tra­gen wird (inkl. Groß­bild­lein­wand) – aber ob das so viel bringt, wenn auf der Haupt­büh­ne gera­de Jan Delay und sei­ne Band spie­len?

Nach­trä­ge Sonn­tag: Pünkt­lich zu den Shout Out Louds wur­de es voll auf dem Platz. So viel zum The­ma „Mäh, gibt ja kei­nen Head­li­ner“. Es war von vor­ne bis hin­ten ein groß­ar­ti­ger Auf­tritt und als nach fünf­zig Minu­ten „Tonight I Have To Lea­ve It“ kam (als letz­ter regu­lä­rer Song vor dem drei­tei­li­gen Zuga­ben­block), brann­te wie erwar­tet die Luft. Man kommt um die­se stän­di­gen The-Cure-Ver­glei­che wirk­lich kaum umhin, weil Adam Oleni­us wirk­lich wie Robert Smith klingt. Ganz klar ein wür­di­ger Abschluss des Fes­ti­vals.

Aber das Fes­ti­val war ja noch nicht vor­bei: Wäh­rend immer mehr Men­schen zu Jan Delay auf den Platz ström­ten, wetz­te ich hin­aus ins Spie­gel­zelt, wo gera­de The Dro­nes am … haha: dröh­nen waren. Ich war mir auch am Ende des Auf­tritts nicht sicher, was ich von ihrem Noi­se-Blues-Rock mit Post-Grunge-Ein­flüs­sen hal­ten soll­te, aber inter­es­sant war es alle­mal.

So lang­sam füll­te sich das Spie­gel­zelt mit Leu­ten, die den Platz teils flucht­ar­tig ver­las­sen haben muss­ten. Ihre Aus­füh­run­gen über das, was Jan Delay da so gebracht habe, sol­len vor einer mög­li­cher­wei­se min­der­jäh­ri­gen Leser­schaft geheim­ge­hal­ten wer­den, des­we­gen nur so viel: Ich war froh, dass ich mich fürs Zelt ent­schie­den hat­te.

Gegen halb eins leg­ten dort Ghosts aus Lon­don mit ihrem char­man­ten Indiepop los, der live nicht mehr ganz so zucker­süß-lieb­lich klingt wie auf Plat­te. Die Band war (wie eigent­lich alle ande­ren auch) völ­lig begeis­tert vom Publi­kum und das Publi­kum auch von ihnen. Mit­ten im Set gab es ein neu­es Kapi­tel der Serie „Brit­pop-Bands covern gänz­lich unwahr­schein­li­che Songs“, als Sän­ger Simon Pet­ti­g­rew „Don’t Cha“ von den Pus­sy­cat Dolls anstimm­te, was wir natür­lich alle erst im Refrain bemerk­ten.

Wäh­rend die Kräf­te der Zuschau­er schwan­den und man­che schon im Ste­hen ein­schlie­fen, wur­de ein hal­bes Instru­men­ten­mu­se­um auf die Büh­ne des Spie­gel­zelts geschleppt. Duke Spe­cial, sonst eigent­lich nur Sänger/​Pianist Peter Wil­son, spiel­ten in vier­köp­fi­ger Beset­zung, bei der unter ande­rem auch Küchen­quirl und Käse­rei­be zum Ein­satz kamen. Wil­son stand hin­ter sei­nem Kla­vier wie sonst nur Ben Folds, und wer so schö­ne Cir­cus-Caba­ret-Indie-Folk-Orches­ter-Pop-Musik macht, dem sieht man auch mal nach, dass er Wurst­haa­re auf dem Kopf trägt.

Danach war Schluss. Zwar stand mit The Ear­lies noch eine letz­te Band auf dem Pro­gramm, aber Rücken, Füße, Lun­ge und Augen schrien „Bett!“ bzw. wenigs­tens „Schlaf­sack“. Und so ende­te das regen­freie Hald­ern-Pop-Fes­ti­val 2007 in die­ser seli­gen Hald­ern-Stim­mung, die einen irgend­wie jedes Jahr befällt. Auf dem Zelt­platz gab es noch John­ny Hills „Ruf Ted­dy­bär Eins-Vier“ und Howard Car­penda­les „Ti Amo“ und ich wuss­te: „Irgend­wie ist es auch gut, dass es jetzt erst mal wie­der vor­bei ist.“

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Digital

Jesus, etc.

Oft genug sind es ja die sog. „eta­blier­ten Medi­en“, die die sog. „neu­en Medi­en“ mei­den wie der Teu­fel das Weih­was­ser. Wenn deren Ver­tre­ter dann doch mal über so etwas wie Blogs reden, kann es schnell pein­lich, und wenn sie Sinn und Funk­ti­ons­wei­se von Blogs nicht ver­ste­hen, auch mal ober­pein­lich wer­den.

Umso wich­ti­ger ist es in mei­nen Augen, auf Bei­spie­le hin­zu­wei­sen, bei denen ein „eta­blier­tes Medi­um“ auf gera­de­zu bei­spiel­haf­te Wei­se ein Blog ein­ge­setzt hat – und das bei einem The­ma, das auf den ers­ten Blick so gar nicht Web 9 3/​4 ist. Ich rede natür­lich vom Kir­chen­tag­blog von wdr.de. Dort haben die Online-Redak­teu­rin­nen Mari­on Kretz-Man­gold und Sabi­ne Ten­ta bereits Ende Mai zu blog­gen ange­fan­gen und wäh­rend des Evan­ge­li­schen Kir­chen­tags in Köln waren sie rich­tig aktiv.

Dabei haben die bei­den Damen das Blog genau für die Din­ge genutzt, für die in der „klas­si­schen“ Bericht­erstat­tung im Hör­funk oder Fern­se­hen kein Platz gewe­sen wäre: klei­ne Beob­ach­tun­gen am Ran­de, Berich­te über die Podi­ums­dis­kus­sio­nen (inkl. mil­dem Jür­gen-Flie­ge-Bas­hing) und Hin­ter­grund­in­for­ma­tio­nen. Wer nicht vor Ort sein konn­te, hat­te so zumin­dest die Mög­lich­keit, eine ordent­li­che Por­ti­on Kir­chen­tags­at­mo­sphä­re vom eige­nen Com­pu­ter aus genie­ßen zu kön­nen. Manch­mal ent­spon­nen sich in den Kom­men­ta­ren sogar klei­ne Dis­kus­sio­nen, aber lei­der nicht oft – so ganz pas­sen The­ma und Medi­um wohl immer noch nicht zusam­men.

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Rundfunk Politik

„Ich bot meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, …“

„… und mei­ne Wan­gen denen, die mich rauf­ten.“ (Jesa­ja 50,6)

In Köln fin­det ja gera­de der groß­an­ge­leg­te Gegen­ent­wurf zu G8-Gip­fel und ‑Gegen­de­mons­tra­tio­nen statt: der Evan­ge­li­sche Kir­chen­tag. Das ist mir irgend­wie sym­pa­thi­scher und die schö­ne­ren Bil­der gibt es da auch.

So ließ es sich der WDR gera­de nicht neh­men, wäh­rend der Gruß­wor­te von Frank-Wal­ter Stein­mei­er und Jür­gen Rütt­gers – die bei­de beim Ver­such einer Johan­nes-Rau-Imper­so­na­ti­on kläg­lich schei­ter­ten – demons­tra­tiv zu zei­gen, wie Zuschau­er den Ort des Gesche­hens ver­lie­ßen. Manch­mal ist ein Rücken eben eine deut­li­che­re Bot­schaft als eine Stirn oder gar Faust …

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Hat man beim WDR etwas gegen Veronica Ferres?

Ich habe seit Mon­tag im WDR zwei Doku­men­ta­tio­nen über Jörg Immendorff gese­hen, die zwar teil­wei­se aus dem glei­chen Mate­ri­al bestan­den, aber eben doch zwei ver­schie­de­ne Fil­me waren.

In bei­den Fil­men waren Aus­schnit­te von öffent­li­chen Ver­an­stal­tun­gen zu sehen (die Eröff­nung der Retro­spek­ti­ve in der Neu­en Natio­nal­ga­le­rie 2005 und die Über­ga­be des Kanz­ler­por­träts im Früh­jahr 2007), bei denen neben Immendorff jeweils Ger­hard Schrö­der und Vero­ni­ca Fer­res zuge­gen waren. Und, unge­lo­gen: Jedes mal, wenn Frau Fer­res im Bild war, sag­te die Spre­che­rin gera­de etwas von „Nutz­nie­ßern“, „Bus­si-Bus­si-Gesell­schaft“ und Leu­ten, die Immendorff am Ende „zuwi­der“ gewe­sen sei­en. Das kann doch kein Zufall mehr sein, oder?

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Rundfunk Fernsehen

Programmdirektor spielen (Nachtrag)

Ich bin gro­ßer Fan der „Dai­ly Show“ mit Jon Ste­wart. Der Start von Come­dy Cen­tral Deutsch­land hat sich allein des­halb schon gelohnt, weil man die jeweils aktu­ells­te Fol­ge der groß­ar­ti­gen ame­ri­ka­ni­schen Sati­re­sen­dung dort online schau­en kann. In den ver­gan­ge­nen Wochen habe ich mich des öfte­ren gefragt, ob ein sol­ches For­mat wohl auch in Deutsch­land funk­tio­nie­ren wür­de. Nach­dem der Name Jon Ste­wart kürz­lich auch in unse­ren Kom­men­ta­ren und damit in räum­li­cher Nähe zum Namen Ste­fan Raab auf­tauch­te, habe ich den Gedan­ken mal zu Ende gedacht:

„Lus­ti­ge Nach­rich­ten­sen­dun­gen“ haben in Deutsch­land eine lan­ge Tra­di­ti­on: Begon­nen hat es (wie immer) mit Rudi Car­rell und sei­ner „Tages­show“, es gab die „Wochen­show“ auf Sat 1 und zuletzt die „Frei­tag Nacht News“ bei RTL. Die­se Rei­hen­fol­ge ist nicht nur die chro­no­lo­gisch kor­rek­te, son­dern auch eine nach Qua­li­tät abstei­gen­de. Im Gegen­satz zur „Dai­ly Show“, die die Poli­tik in den USA auch (oder vor allem) inhalt­lich aus­ein­an­der nimmt, han­del­ten Wit­ze in den „Frei­tag Nacht News“ haupt­säch­lich von Ange­la Mer­kels Fri­sur. Das deut­sche Äqui­va­lent der „Dai­ly Show“ müss­te also mit­tig zwi­schen Come­dy und poli­ti­schem Kaba­rett plat­ziert wer­den – und zwar, ohne auch nur auf einen Ver­tre­ter der bei­den Gen­res zurück­zu­grei­fen.

Als Mode­ra­tor kann ich mir von den bekann­te­ren Ver­tre­tern ihrer Zunft des­halb eigent­lich nur Die­ter Moor vor­stel­len. Der hat in der Ver­gan­gen­heit mit den bril­lan­ten Sen­dun­gen „Cana­le Gran­de“ (Vox) und „Ex! Was die Nati­on erreg­te“ (SWR/​ARD) bewie­sen, dass er ein sehr fei­nes Gespür für Iro­nie hat und intel­li­gen­te Inter­views füh­ren kann. Ihm wür­de man (nicht zuletzt wegen einer gewis­sen opti­schen Ähn­lich­keit mit Jon Ste­wart) den Anchor­man einer Nach­rich­ten­sen­dung abneh­men. Alter­na­tiv könn­te man es auch mit einem jun­gen, unver­brauch­ten Gesicht ver­su­chen.

Es stellt sich natür­lich die Fra­ge, ob in Deutsch­land über­haupt genug pas­siert, um eine täg­li­che Sati­re­sen­dung an vier Wochen­ta­gen mit Inhal­ten zu ver­sor­gen. In den USA gibt es eini­ge Dut­zend Nach­rich­ten­sen­der, fünf­zig Bun­des­staa­ten, hun­dert Sena­to­ren, 435 Abge­ord­ne­te im Reprä­sen­tan­ten­haus und eine Regie­rung, deren Mit­glie­der bei so ziem­lich jedem öffent­li­chen Auf­tritt so viel sagt (oder nicht sagt), dass man damit meh­re­re „Dai­ly Shows“ fül­len könn­te. Für wöchent­li­che Sati­re­sen­dun­gen wie die WDR-2-„Zuga­be“, den „Wochen­rück­blick“ von Peter Zudeick oder – mit Abstri­chen – „Extra 3“ reicht aber auch das in Deutsch­land ver­zapf­te Mate­ri­al aus, Sati­re­sei­ten im Inter­net wie die „Schand­männ­chen“ oder die der „Tita­nic“ haben sogar täg­lich Mate­ri­al. Die weni­gen guten poli­ti­schen Kaba­ret­tis­ten (also Vol­ker Pis­pers und die, die bei „Neu­es aus der Anstalt“ und den „Mit­ter­nachts­spit­zen“ auf­tre­ten) schaf­fen es auch, noch in jeder Sup­pe, die der Poli­tik dem Volk ain­ge­brockt hat, diver­se Haa­re zu fin­den. Mit­hil­fe eini­ger guter Autoren (also nicht die, die dem­nächst bei „Harald Schmidt“ frei­ge­setzt wer­den) soll­te es mög­lich sein, eine wenigs­tens wöchent­li­che Sen­dung zusam­men­zu­stel­len, die gleich­zei­tig über Hin­ter­grün­de infor­miert und die Aus­sa­gen von Poli­ti­kern und sons­ti­gen „hohen Tie­ren“ aus­ein­an­der­nimmt. Außer­dem haben wir Poli­ti­ker wie Wolf­gang Bos­bach und Gui­do Wes­ter­wel­le (gibt’s den eigent­lich noch?), die mit nahe­zu jeder Äuße­rung um sati­ri­sche Wür­di­gung fle­hen. Und dann gibt es ja auch noch Wolf­gang Schäub­le

Auch wenn das Inter­es­se an „intel­li­gen­ter Unter­hal­tung“ immer wie­der bezwei­felt wird, ich den­ke, die Ziel­grup­pe wäre nicht ein­mal gering: Es gibt genug Leu­te, die die „Tita­nic“ lesen; genug, die sich für Sati­re inter­es­sie­ren, aber Berüh­rungs­ängs­te vor dem Leh­rer-in-Leder­wes­ten-Kaba­rett beim „Schei­ben­wi­scher“ haben. In den USA ist die „Dai­ly Show“ für vie­le (gera­de jün­ge­re) Zuschau­er inzwi­schen ein Haupt­lie­fe­rant für Nach­rich­ten gewor­den – obwohl die Macher immer wie­der beto­nen, Unter­hal­tung und kei­ne ernst­haf­ten Nach­rich­ten zu pro­du­zie­ren. Dass eine Unter­su­chung der India­na Uni­ver­si­ty den­noch zu dem Ergeb­nis kam, dass der Nach­rich­ten­ge­halt in der „Dai­ly Show“ im gro­ßen und gan­zen mit dem in „rich­ti­gen“ Nach­rich­ten­sen­dun­gen ver­gleich­bar ist, spricht eine deut­li­che Spra­che im Bezug auf die Main­stream-Nach­rich­ten, denen vie­le US-Bür­ger aus­ge­setzt sind. Dazu pas­sen aber die Ein­schalt­quo­ten im deut­schen Fern­se­hen, bei denen „RTL Aktu­ell“ immer öfter vor der „Tages­schau“ liegt.

Bleibt natür­lich die Fra­ge, wel­cher Sen­der so eine Sen­dung aus­strah­len wür­de. Wer hät­te die Eier, nicht nach drei Wochen mit nicht ganz so guten Quo­ten (denn viel­leicht irre ich mich und die rund 5.000 User, die sich die „Dai­ly Show“ online angu­cken, haben gar kei­nen Bock mehr auf das Uralt-Medi­um Fern­se­hen oder inter­es­sie­ren sich gar nicht für deut­sche Poli­tik) die gan­ze Show gleich wie­der zu kip­pen? Wer könn­te die vie­len Redak­teu­re und Autoren, die eine sol­che Sen­dung selbst mit dem bes­ten Mode­ra­tor nun mal bräuch­te, bezah­len? Hält man sich die (sicher­lich preis­güns­ti­ge­ren) Test­bal­lons vor Augen, die der WDR im ver­gan­ge­nen Som­mer in sei­nem Spät­abend­pro­gramm los­ge­las­sen hat, scheint zumin­dest etwas Expe­ri­men­tier­freu­de und Geld vor­han­den zu sein. Viel­leicht wagt es sogar ein Pri­vat­sen­der wie Vox, der ja mit hohem Anspruch gestar­tet war und sich in den letz­ten Jah­ren als erfolg­reichs­ter Fern­seh­sen­der der zwei­ten Rei­he eta­blie­ren konn­te. Ich wür­de mich freu­en und immer ein­schal­ten!

Nach­trag 29.05.: Auf mei­ne Anfra­ge (die ich bereits eini­ge Tage vor die­sem Ein­trag hier gestellt hat­te) bestä­tig­te man mir beim deut­schen Come­dy Cen­tral, dass wei­ter­hin an einer Inte­gra­ti­on der jeweils aktu­ells­ten „Dai­ly Show“ ins Fern­seh­pro­gramm gear­bei­tet wer­de. Plä­ne, eine ähn­li­che Show für Deutsch­land zu pro­du­zie­ren, gebe es bis­her aber nicht.

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Rundfunk Radio

I’m A Yesterday Man

Am Don­ners­tag star­te­te in den deut­schen Kinos „Robert Altman’s Last Radio Show“ (was – ange­denk der Tat­sa­che, dass Regis­seur Robert Alt­man inzwi­schen ver­stor­ben ist – ein über­ra­schend pas­sen­der „deut­scher“ Titel für „A Prai­rie Home Com­pa­n­ion“ ist). In dem höchst ver­gnüg­li­chen Revue­film mit Star­be­set­zung geht es um eine tra­di­ti­ons­rei­che ame­ri­ka­ni­sche Radio­show, die nach vie­len Jah­ren ein­ge­stellt wer­den soll.

Radio ist heu­te ein sog. Neben­bei­me­di­um, d.h. die Radio­ma­cher sind der Ansicht, ihre Hörer hör­ten ihnen sowie­so nicht zu, wes­we­gen sie ihr Pro­gramm so gestal­ten, dass ihnen auch wirk­lich nie­mand mehr zuhö­ren will: Über­dreh­te Gute-Lau­ne-Maschi­nen aus dem Pri­vat­ra­dio, die eine Hek­tik ver­brei­ten wie ein Hams­ter, der ein Kilo Ecsta­sy gefut­tert hat, könn­te ich nicht mal „neben­bei“ ertra­gen, und die ehe­ma­li­gen Qua­li­täts­sen­dun­gen der öffent­lich-recht­li­chen Sen­der sind inzwi­schen auch im „For­mat­pro­gramm“ ange­kom­men (zwei belie­bi­ge Pop­songs; ein Stu­dio­ge­spräch, das auf kei­nen Fall län­ger als andert­halb Minu­ten dau­ern darf und mit einem ner­vi­gen „Musik­bett“ unter­legt ist; zwei belie­bi­ge Pop­songs; eine kur­ze, poin­ten­lo­se Zwi­schen­mo­de­ra­ti­on; zwei belie­bi­ge Pop­songs; Wer­bung – dazu alle drei Minu­ten der Hin­weis, wel­chen Sen­der man gera­de noch mal ein­ge­schal­tet hat­te).

Da grenzt es fast an ein Wun­der, dass es auch im deut­schen Radio noch eine rich­ti­ge Radio­show im bes­ten, im klas­si­schen Sin­ne gibt: sie heißt „Yes­ter­day“, läuft seit 1995 auf WDR 2 und wird von ihrem Erfin­der Roger Handt mode­riert. Frü­her hieß sie „Yes­ter­day – Die Oldie-Show“ und genau das ist sie eigent­lich auch: In der ers­ten Stun­de der drei­stün­di­gen Sen­dung wer­den Hörer­wün­sche erfüllt (als „Oldie“ gilt ein Song, der vor mehr als zehn Jah­ren erschie­nen ist, d.h. spä­tes­tens Ende die­ses Jah­res kön­nen wir mit „Angels“ von Rob­bie Wil­liams rech­nen), in den zwei dar­auf­fol­gen­den Stun­den fin­det das „Yes­ter­day-Quiz“ statt, bei dem je zwei Hörer in zwei Run­den und einem Fina­le gegen­ein­an­der antre­ten.

Die Kan­di­da­ten, meist 55jährige Leh­rer aus Essen, müs­sen (manch­mal recht simp­le, manch­mal wirk­lich kniff­li­ge) Fra­gen zu einem bestimm­ten Jahr­zehnt beant­wor­ten, dazwi­schen gibt es vie­le Musik­ti­tel, die – auch das ist im Radio inzwi­schen eine Sel­ten­heit – fast immer aus­ge­spielt wer­den. Als es im Janu­ar um die Neun­zi­ger Jah­re (des zwan­zigs­ten Jahr­hun­derts) ging, fühl­te ich mich plötz­lich sehr, sehr alt. Ein­mal im Monat fin­det die Sen­dung vor einem Liv­e­pu­bli­kum statt, das mit­un­ter meh­re­re Jah­re auf sei­ne Ein­tritts­kar­ten war­ten muss­te, und was „Yes­ter­day“ (neben der vie­len Musik, die heu­te kaum noch im Radio gespielt wird, und den durch­aus inter­es­san­ten Quiz­run­den) so beson­ders macht, ist die Art, mit der Roger Handt sie mode­riert: es gibt kei­nen strik­ten Sen­de­plan, kei­ne Andert­halb-Minu­ten-Rege­lun­gen, kei­ner­lei Hek­tik.

Die Vor­stel­lung der Kan­di­da­ten nimmt so viel Zeit in Anspruch, wie ande­re Sen­dun­gen gera­de mal einem Star­in­ter­view (inkl. Musik­ti­tel) ein­räu­men wür­den. Handt kann sich minu­ten­lang mit einem kauf­män­ni­schen Ange­stell­ten aus dem Sie­ger­land über den Ein- und Ver­kauf von Schrau­ben („für den Tro­cken­bau, für Holz“) unter­hal­ten oder sich von einer Haus­frau aus Köln über ihre Kin­der berich­ten las­sen, ohne dass es auch nur ansatz­wei­se lang­wei­lig wird. Er inter­es­siert sich für sei­ne Anru­fer (und wohl für alle sei­ne Hörer) und die freu­en sich, „end­lich mal durch­ge­kom­men“ zu sein – ob sie hin­ter­her etwas gewin­nen (es geht um CDs und Kon­zert­kar­ten), ist den meis­ten fast egal. Handt ist locker im posi­ti­ven Sinn, ohne dabei ins Jovia­le (s. Tho­mas Gott­schalk) oder Über­dreh­te (s. Früh­stücks­mo­de­ra­to­ren auf jedem ver­damm­ten Sen­der) abzu­rut­schen, und er sagt Sachen wie „Schon komisch, dass so ein Franz Becken­bau­er mal Plat­ten ein­ge­sun­gen hat. Obwohl: Mari­us Mül­ler-Wes­tern­ha­gen singt ja auch …“

Die Sen­dung läuft Sams­tag­abends ab 19 Uhr und sorgt damit regel­mä­ßig dafür, dass man sich beim Abend­essen fest­hört und das abend­li­che Fern­seh­pro­gramm ein­fach igno­riert. Roger Handt kennt jeden Song, den er spielt, und weiß, wer ihn wann (wahr­schein­lich auch wo) geschrie­ben, und wer ihn Jah­re spä­ter auf der B‑Seite wel­cher Sin­gle geco­vert hat – und wer dabei die Lead­gi­tar­re spiel­te, obwohl er gar nicht in den Liner Notes auf­tauch­te. Soll­te er sich doch mal einen gro­ben Schnit­zer erlau­ben, weist er hin­ter­her ganz zer­knirscht dar­auf hin.

Roger Handt ist kein deut­scher John Peel. Der legen­dä­re eng­li­sche Radio-DJ ent­deck­te bis zu sei­nem plötz­li­chen und viel zu frü­hen Tod 2004 noch wöchent­lich neue Plat­ten und fei­er­te Musi­ker, die sei­ne Enkel­kin­der hät­ten sein kön­nen. Handt, der 1945 und damit sechs Jah­re nach Peel gebo­ren wur­de, sagt heu­te in Inter­views Sät­ze wie

Ich muss mich nur noch für das inter­es­sie­ren, was mich inter­es­siert.

und dass Fred­dy Quinn ein paar geist­rei­che­re Sachen gesun­gen habe als Xavier Naidoo. Das ist sein gutes Recht, und gera­de bei sol­chen Ver­glei­chen wagt man – schon wegen man­geln­der Werk­kennt­nis bei­der Künst­ler – kaum zu wider­spre­chen.

„Yes­ter­day“ ist ech­te Radio­un­ter­hal­tung. Man kann sich irre jung („Das war Karl Schil­ler, Bun­des­wirt­schafts­mi­nis­ter von 1966 bis 1972.“) und wahn­sin­nig alt („Und als nächs­tes hören wir Han­son mit ‚MMM­bop‘!“) füh­len. Bei mir erzeugt die Sen­dung das, was schon lan­ge kei­ne Fern­seh­show mehr erreicht: das Gefühl der Gebor­gen­heit, so wie vor vie­len Jahr­zehn­ten die Illies’sche Bade­wan­ne vor „Wet­ten dass …?“