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Endlich: Das große Comeback!

Hier in Oslo erhal­te ich täg­lich neue Ein­bli­cke ins TV- und Musik­ge­schäft. Eine beson­de­re Erkennt­nis ver­dan­ke ich aller­dings einer Mel­dung aus der Hei­mat:

Nach einer lan­gen Pau­se mel­den sich die Kili­ans zurück.

preist das Label den Arbeits­be­ginn am drit­ten Album an.

Eine „lan­ge Pau­se“ ent­spricht im schnell­le­bi­gen Musik­biz von heu­te also wahl­wei­se vier­zehn oder gleich vier­ein­halb Mona­ten.

Wie Ver­ti­go FM das ange­deu­te­te neue Album von Public Image Ltd. ankün­di­gen wür­de, mag man sich ange­sichts einer 18-jäh­ri­gen Pau­se kaum aus­ma­len.

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Some Kind Of Bad Idea

Metallteil mit der Aufschrift \"Heavy Metal\"

In Sachen Pro­mo­ti­on las­sen sich Plat­ten­fir­men ger­ne aus­ge­fal­le­ne Sachen ein­fal­len. Je grö­ßer die Ver­zweif­lung, des­to krea­ti­ver ist meist ihr Vor­ge­hen. Musik­re­dak­teu­re erin­nern sich ger­ne an den Eimer Kunst­blut, der einst bei der Pro­mo-CD irgend­ei­ner Metal­band mit­ge­lie­fert wur­de, und auch die Idee, im Herbst 2001 – auf dem Höhe­punkt der Anthrax-Panik – mit wei­ßem Pul­ver befüll­te Brief­um­schlä­ge zu ver­schi­cken, ist (nicht nur wegen der dar­aus resul­tie­ren­den rie­si­gen Saue­rei in den Redak­tio­nen) unver­ges­sen. Im Gegen­satz übri­gens zu der Band, die damit bewor­ben wer­den soll­te.

Ich bin kein gro­ßer Metal­li­ca-Fan. Irgend­wie fehl­te mir dafür immer der älte­re Bru­der und auch zum Gitar­re­spie­len hat mich nicht Kirk Ham­mett gebracht, son­dern Andy Dun­lop von Tra­vis. Wenn es um ame­ri­ka­ni­sche Rock­mons­ter geht, grei­fe ich lie­ber zu Guns N‘ Roses, und am Bes­ten gefällt mir von Metal­li­ca immer noch das Album „Load“, das von ech­ten Fans soweit ich weiß nicht sehr gemocht wird. Aber im Fern­se­hen sehe ich mir Metal­li­ca ger­ne mal an, sei es bei „Rock am Ring“ oder in der unglaub­lich beein­dru­cken­den Doku­men­ta­ti­on „Some Kind Of Mons­ter“, die einem die Band aller­dings nicht unbe­dingt wei­ter sym­pa­thisch macht.

Zur Vor­ab-Pro­mo­ti­on des neu­en Metal­li­ca-Albums „Death Magne­tic“ (es gibt nicht vie­le Bands, die im Jahr 2008 ihr Album ernst­haft so nen­nen dür­fen) hat sich Ver­ti­go FM, unter des­sen Label nach etli­chen Umstruk­tu­rie­run­gen bei Uni­ver­sal Music „Death Magne­tic“ offen­bar in Deutsch­land erschei­nen wird, dazu ent­schie­den, ein „Ger­man Tri­bu­te To Metal­li­ca“ auf­zu­le­gen, bei der fünf deut­sche Bands aus dem Ver­ti­go-Lager alte Metal­li­ca-Hits covern. Bereits an die­ser Stel­le wäre wohl die Fra­ge berech­tigt, ob James Het­field und vor allem Lars Ulrich eigent­lich wis­sen, auf was für kran­ke Ideen ihr deut­sches Label so kommt, denn Metal­li­ca sind ja nun nicht unbe­dingt die Band, die man dem Publi­kum noch mit cra­zy Aktio­nen vor­stel­len müss­te.

Eröff­net wird der Rei­gen – und jetzt wird’s fatal – aus­ge­rech­net mit mei­nem Metal­li­ca-Lieb­lings­song „Hero Of The Day“, geco­vert aus­ge­rech­net von mei­nen guten Freun­den, den Kili­ans. Und das ist, bei aller Freund­schaft, wirk­lich gewöh­nungs­be­dürf­tig: Die Stro­phen sind so nah am Ori­gi­nal, dass sich der direk­te Ver­gleich mit aller Bru­ta­li­tät auf­drängt – und da hat Simon den Har­togs im Ver­gleich zu James Het­field ein­fach noch zu wenig Jah­re auf dem Buckel und zu wenig Whis­key in der Keh­le. Im Refrain wagt die Band dann mehr, setzt auf ihren eige­nen Sound und schafft es mit etwas gutem Wil­len immer­hin noch bis zum Qua­li­täts­ur­teil „nett“. Trotz­dem bleibt es ein Fall für die Kate­go­rie „Obskur, aber unnö­tig“.

Wenn aller­dings schon die sonst so guten Kili­ans an Metal­li­ca schei­tern, bin ich mal gespant, was bei den ande­ren Bands her­um­kom­men soll. Die wer­den im Moment noch geheim­ge­hal­ten, aber von den anony­mi­sier­ten Fotos auf der Web­site wür­de ich mal davon aus­ge­hen, dass Muff Pot­ter auf alle Fäl­le auch noch mit dabei sind. Viel­leicht klappt’s ja bei denen.

Unter tribute-to-metallica.de muss man sich für ein paar News­let­ter anmel­den, dann kann man „Hero Of The Day“ von den Kili­ans und alle zukünf­ti­gen Songs kos­ten­los her­un­ter­la­den.

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Hype aus deutschen Landen: die Kilians klopfen an

Wenn man mich in einer fer­nen oder auch nähe­ren Zukunft ein­mal bäte, Deutsch­land am Oster­wo­chen­en­de 2007 zusam­men­zu­fas­sen, so wären mei­ne Wor­te wohl: „Alte Män­ner sag­ten dum­me Din­ge, mein Lieb­lings­ver­ein stand mal wie­der kurz vor dem Abstieg (ich hof­fe aber immer noch, den Halb­satz „der aber mal wie­der in letz­ter Sekun­de abge­wen­det wer­den konn­te“ nach­schie­ben zu kön­nen) und die wich­tigs­te Per­son im gan­zen Land war ein jun­ger Eis­bär. Aber ich war den­noch guter Din­ge, denn ich hör­te Musik, die mich sehr glück­lich mach­te.“

Die Musik ist die „Fight The Start“-EP der Kili­ans, die man hier bereits jetzt (und damit zwei Wochen vor ihrer Ver­öf­fent­li­chung) hören kann.

Die Geschich­te dazu geht so: Vor ziem­lich genau andert­halb Jah­ren sag­te mein klei­ner Bru­der zu mir: „Hör Dir das mal an, das sind Freun­de von mir …“ Ich hör­te mir ein paar MP3s an und was ich hör­te, mach­te mich schlicht und ergrei­fend sprach­los. Die sechs Songs klan­gen, als kämen sie direkt aus einem schimm­li­gen Pro­be­raum in Lon­don oder New York, jeden­falls über­haupt gar nicht nach einer Schü­ler­band aus Dins­la­ken. Aber genau das war es.

Ein paar Wochen spä­ter hat­te sich die Band end­lich auf einen Namen geei­nigt: The Kili­ans. Bei CT das radio beka­men sie mit „Jea­lous Lover“ ihren ers­ten Air­play und wur­den zur Abstim­mung für die Cam­puscharts vor­ge­schla­gen. 2006 begann mit Platz Vier in eben jenen Cam­puscharts und einem ein­sei­ti­gen Arti­kel im Dins­la­ke­ner Lokal­teil der „Rhei­ni­schen Post“. Eine Woche spä­ter ging der Song auf Platz 3 (hin­ter Franz Fer­di­nand und Tom­te) und drei Wochen spä­ter hat­te Thees Uhl­mann das Demo gehört und für gut befun­den. Für so gut, dass er sei­ne Band­kol­le­gen über­zeug­te, die fünf Jungs (ein­mal, ein ein­zi­ges Mal darf man eine Band als „Jungs“ bezeich­nen – zumin­dest, wenn der jüngs­te gera­de erst 18 ist), die er noch nie zuvor auf der Büh­ne gese­hen oder auch nur getrof­fen hat­te, für sie­ben Aben­de im Vor­pro­gramm mit­zu­neh­men.

Die Tour wur­de ein Erfolgs­zug son­der­glei­chen. Publi­kum und Haupt­band schlos­sen die Frisch­lin­ge, die zuvor gera­de eine Hand­voll Kon­zer­te im wei­te­ren Bekann­ten­kreis gespielt hat­ten, sofort in ihre Her­zen. Die am hei­mi­schen PC gebrann­ten EPs gin­gen noch vor der Hälf­te des Wegs aus und muss­ten im Tour­bus und noch in der Kon­zert­hal­le auf zusam­men­ge­lie­he­nen Lap­tops nach­ge­brannt wer­den. Am Ende einer Woche waren über 700 Stück ver­kauft, was bei einer Media-Con­trol-Erfas­sung locker für die deut­schen Sin­gle­charts gereicht hät­te. Und Thees Uhl­mann ließ kaum noch eine Gele­gen­heit aus, sei­nen neu­en Freun­de über den grü­nen Klee zu loben.

Mit­te Juni, noch ehe Simon, Domi­nic, Arne, Gor­di­an und Micka das ein­jäh­ri­ge Band­ju­bi­lä­um fei­ern konn­ten, hat­ten sie Kon­zer­te in den Epi­zen­tren Ham­burg und Ber­lin gespielt, eine Erwäh­nung im Musik­ex­press erhal­ten und waren mit ihrer EP „Demo des Monats“ in der Visi­ons. Zwei Mona­te spä­ter waren sie in einem von Red Bull umge­spritz­ten alten Schul­bus kreuz und quer durch Deutsch­land unter­wegs, stell­ten ihr Gefährt auf den Zelt­plät­zen der wich­tigs­ten Musik­fes­ti­vals ab und spiel­ten auf dem Dach klei­ne, umfei­er­te Gue­ril­la­kon­zer­te – sofern die Poli­zei ihnen nicht gera­de den Strom abge­stellt hat­te.

Im Herbst ging es dann zu Swen Mey­er, der zuvor schon die Grand-Hotel-van-Cleef-Klas­si­ker von kett­car, Tom­te und Marr auf­ge­nom­men hat­te, ins Ham­bur­ger Stu­dio. Die ers­ten Früch­te die­ser Arbeit sind jetzt auf der EP „Fight The Start“ zu hören, die am 20. April über Ver­ti­go Ber­lin, Grand Hotel van Cleef und Uni­ver­sal in den Han­del kom­men wird – und vor­ab auf der (obli­ga­to­ri­schen) MySpace-Sei­te der Band, die sich inzwi­schen vom Arti­kel im Band­na­men getrennt hat, durch­ge­hört wer­den kann.

Die Tee­nies ras­ten aus, als hät­ten die Arc­tic Mon­keys und Tokio Hotel unehe­li­che Kin­der gezeugt, die dann auch noch sofort der Puber­tät ent­sprun­gen sind, und die Indi­en­a­zis in den ein­schlä­gi­gen Foren meckern: „unglaub­lich öde“, „Unta­len­tier­te, und vor allem iden­ti­täts­lo­se, Gören­kom­bo!“, „Für eine deut­sche Band, die ver­sucht eng­lisch zu klin­gen, viel­leicht ganz nett. Aber mehr auch nicht.“

Der Vor­wurf, dass deut­sche Künst­ler (also sol­che, die zufäl­li­ger­wei­se auf dem Stück Land gebo­ren wur­de, auf dem in Erd­kun­de­at­lan­ten immer „Deutsch­land“ steht), gefäl­ligst auch danach zu klin­gen haben (wie auch immer man sich das vor­zu­stel­len hat), schaff­te es bis in eine Arc­tic-Mon­keys-Kon­zert­kri­tik bei intro.de: „Ich hat­te schon vor­her Stoß­ge­be­te in den Him­mel geschickt: ‚Bit­te nicht schon wie­der eine Dins­la­ke­ner Band, die sich ein­bil­det in Cam­den zu woh­nen!‘ “ Ande­rer­seits auch ein ziem­lich coo­ler Satz, der zeigt, dass die Kili­ans in den Köp­fen der Kri­ti­ker ange­kom­men sind – und impli­ziert, dass Dins­la­ken noch mehr zu bie­ten hat.

Und in der Tat: für knapp 72.000 Ein­woh­ner hat Dins­la­ken eine gera­de­zu blü­hen­de Musik­sze­ne. Mit Leo Can Dive (vgl. Miles, Che­wy, Jim­my Eat World) und The Rumours (vgl. Arc­tic Mon­keys, The Liber­ti­nes, Black Rebel Motor­cy­cle Club) ste­hen gleich die nächs­ten Indie­bands zum gro­ßen Sprung bereit. Die Dorf­ju­gend enga­giert sich in Ver­ei­nen zur Sze­ne­för­de­rung und tut sich gegen­über den Kili­ans dann doch vor allem mit Neid und fast aggres­si­ver Ableh­nung her­vor. Es geht ja auch nicht an, dass man Bands, die seit dem letz­ten Jahr­tau­send vor sich hin­mu­cken, plötz­lich rechts über­holt – und das mit einer Pro­fes­sio­na­li­tät und Cool­ness, die für die Punk- und Emo­kid­dies in Erman­ge­lung eines grö­ße­ren Wort­schat­zes natür­lich nur eines sein kann: „Arro­ganz“.

Genau­so ver­hält es sich mit der Beschrei­bung der Musik: Wer den Kili­ans vor­wirft, sie mach­ten „Sound, Auf­tre­ten und Song­wri­ting“ der Strokes nach, der macht sich ver­däch­tig, außer den Strokes nicht all­zu vie­le ande­re Bands zu ken­nen. Natür­lich klin­gen die Kili­ans auch nach The Strokes, aber eben auch nach min­des­tens zwei Dut­zend ande­ren Bands der letz­ten vier­zig Jah­re. Das reg­ga­ein­spi­rier­te „Insi­de Out­side“ könn­te auch von The Liber­ti­nes (oder wenigs­tens den Dir­ty Pret­ty Things) sein, „Take A Look“ ist Blues, mit Mit­teln des Ruhr­ge­biets nach­emp­fun­den, und wo „Fool To Fool“ eigent­lich her­kommt, könn­ten wohl höchs­tens The Kooks oder – *Tadaa!* – The Beat­les erklä­ren. Und dann klingt es noch nach Franz Fer­di­nand, Oasis, Man­do Diao und diver­sen wei­te­ren Bands, aber eben immer auch ein­deu­tig nach den Kili­ans, was nicht zuletzt der beein­dru­cken­den Stim­me von Simon den Har­tog („singt als hät­te er schon alles erlebt“, Thees Uhl­mann) lie­gen dürf­te.

Ja, das ist eine Geschich­te wie aus einem Mär­chen oder wenigs­tens aus dem Mut­ter­land des Pop – und sie hat gera­de erst ange­fan­gen. Wie die Kili­ans letzt­end­lich ein­schla­gen wer­den, wird sich eben­so zei­gen wie was die Fach­pres­se davon hält. Aber schon jetzt steht fest: das ist kei­ne all­täg­li­che Geschich­te aus einem Land, in dem sich die sozi­al­de­mo­kra­ti­sche Par­tei einen „Pop­be­auf­trag­ten“ leis­te­te und in dem die gro­ßen Sta­di­en seit min­des­tens 15 Jah­ren von den immer­glei­chen Künst­lern gefüllt wer­den.

Was man den sym­pa­thi­schen und krea­ti­ven jun­gen Män­nern jetzt nur noch wün­schen kann ist (neben dem ganz gro­ßen Durch­bruch, der eigent­lich nur eine Fra­ge der Zeit sein soll­te), dass die Leu­te ler­nen, den Band­na­men rich­tig zu schrei­ben: ohne „The“ und mit einem L.

Kilians - Fight The Start

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