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Enduring Freedom

Auf die Idee muss man erst mal kommen: ausgerechnet eines der widerlichsten, prätentiösesten Lieder deutscher Sprache aus der Gruft der Achtziger-Jahre-Deutschrocker zu schleifen und im Jahr 2008 als Sample einzusetzen.

Der Rapper Curse, der seit langem mit Xavier Naidoo um den Titel als prätentiösester Musiker deutscher Zunge ringt, hat sich also “Freiheit” vorgenommen, Westernhagens besorgniserregenden Pathos-Schlager, dessen auf ewig archivierte Live-Darbietung in der Dortmunder Westfalenhalle den anbiederndsten Moment bundesrepublikanischer Deutschrockgeschichte (“So wie wir heute Abend hier!”) enthält.

Das dabei entstandene Werk hört ebenfalls auf den Namen “Freiheit” und muss wohl als gelungener Versuch betrachtet werden, gleichzeitig Gänsehaut und Brechreiz auszulösen. Man hört dieses Lied und fragt sich, ob native speaker des Englischen eigentlich genauso leiden müssen, wenn sie die Texte von U2 oder Coldplay hören. Vermutlich nicht.

Und weil ich mich jetzt gerade durch diese grauenhafte Nullnummer gequält habe, lade ich Sie herzlich ein, es mir unter diesem Link gleichzutun.

Denken Sie immer daran: Freiheit heißt vor allem, jederzeit auf die Stop-Taste drücken zu können.

[via Visions.de]

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Fernsehen Rundfunk

“Geh in die rechte Ecke und schäm dich!”

Es gibt Situationen, da stehen sich zwei Menschen gegenüber und man weiß gar nicht, wer von den Beiden jetzt unsympathischer ist und die schlechteren Argumente hat. So geht mir das zum Beispiel beim Kleinkrieg zwischen Hartmut Mehdorn (Deutsche Bahn AG) und Manfred Schell (Gewerkschaft der Lokführer). Man wünscht sich immer einen übergroßen Klassenlehrer, der beide am Arm packt, vor die Tür schleift und sie mit ernster Stimme bittet, das unter sich zu klären. “Wie erwachsene Menschen”, würde er klugerweise nicht sagen.

So ähnlich war das gerade beim großen “TV-Eklat”, dem “Rauswurf” von Eva Herman bei Johannes B. Kerner. Kerner hatte sich die frühere NDR-Moderatorin wohl in seine Sendung eingeladen, um ein Exempel in Sachen Reue zu statuieren: Es wäre doch gelacht gewesen, wenn sie sich nicht unter Tränen beim deutschen Volk Zuschauer für ihre “missverständlichen Äußerungen” entschuldigt hätte. Um es vorweg zu nehmen: Sie tat es natürlich nicht und ich habe wirklich keine Ahnung, wer von beiden unsympathischer war.

Es war ein weitgehend würdeloser Eiertanz, der nur deshalb zu ertragen war, weil die großartige Senta Berger ein paar grandiose Oneliner landen konnte und die erstaunlich sympathisch wirkende Margarethe Schreinemakers mit aller gebotenen Unhöflichkeit auf den dort gesprochenen Irrsinn reagierte.

Kerner, der einem fast schon leid tun konnte in seinem Versuch, der Unbelehrbaren Andeutungen von Selbstzweifeln zu entlocken, wurde irgendwann so etwas ähnliches wie sauer und dann passierte – erstmal wieder nichts. Stattdessen redete Eva Herman nun auch noch von “Bändern”, die “unter Verschluss gehalten” würden, und einer “Herausgabe des Materials” und für einen Moment dachte ich mir “Wennse die ma nich übermorgen inner Badewanne finden!” Prof. Wolfgang Wippermann, mit dem Herman zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr sprechen wollte, sprach von “Verschwörungspathologie” und obwohl der Mann Geschichtsprofessor ist, glaubte ich ihm seine Diagnose sofort.

Nach einer schier endlosen Zeit, in der Herman tatsächlich auch noch auf die Autobahnen zu sprechen kam, drohte Senta Berger schließlich damit, die Runde zu verlassen (erste Anzeichen von Altersmilde: früher wäre sie einfach gegangen) und Kerner schickte stattdessen Eva Herman nach hause. Die bedankte sich auch noch artig und lief nicht einmal in einen Gitarrenverstärker, als sie die Show verließ.1

1 Warum ist der Auftritt von Bettina Böttinger in der “Harald Schmidt Show” nicht bei YouTube zu finden?