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Sonst ist der bitt’re Frost mein Tod

Als ich noch kein Kind hat­te, fand ich die Fra­ge „Haben Sie selbst Kin­der?“ in einer Dis­kus­si­on immer etwas unver­schämt – so, als ob einem das Schick­sal der Welt und der Men­schen weni­ger wich­tig wäre, nur weil man sich noch nicht erfolg­reich fort­ge­pflanzt hat. Stellt sich raus: Es ändert sich tat­säch­lich wahn­sin­nig viel und plötz­lich steht man am Mor­gen nach einer US-Prä­si­dent­schafts­wahl wei­nend unter der Dusche, weil man lang­sam echt Angst bekommt, in was für einer kran­ken Welt das Kind und sei­ne Freun­de eigent­lich auf­wach­sen sol­len.

Die neue Sicht auf die Welt ist aber nicht aus­schließ­lich apo­ka­lyp­tisch – im Gegen­teil: Die Geschich­te von St. Mar­tin hat mich als Kind nie ernst­haft beschäf­tigt. Klar: Bett­ler, Man­tel, Hei­li­ger. Jedes Jahr gab es in Dins­la­ken einen Gro­ßen Mar­tins­zug mit Pferd und Feu­er, danach gab es Stu­ten­kerle, aber das alles war nur das Vor­pro­gramm für die Mar­ti­ni­kir­mes, über die wir anschlie­ßend mit Omas Kir­mes­geld in der Tasche zie­hen durf­ten – und deren Name uns auch erst sehr viel spä­ter irgend­wie mehr­deu­tig und lus­tig erschien. Letz­tes Jahr aber, als wir das ers­te Mal mit dem Kind beim Mar­tins­zug waren und die Flücht­lings­kri­se gera­de auf dem Höhe­punkt war, da erschien mir die Geschich­te des römi­schen Sol­da­ten, der sich um einen Obdach­lo­sen vor den Stadt­to­ren küm­mert, plötz­lich wahn­sin­nig wich­tig und aktu­ell. Da hät­te der Pfar­rer bei sei­ner Rezi­ta­ti­on der Mar­tins­ge­schich­te gar nicht mehr den Bogen in die Gegen­wart schla­gen müs­sen.

Je län­ger ich dar­über nach­den­ke, des­to mehr habe ich das Gefühl, dass das Mar­tins­fest der viel­leicht wich­tigs­te – sicher­lich aber: greif­bars­te – christ­li­che Fei­er­tag sein könn­te. Geburt oder Auf­er­ste­hung eines Hei­lands, Hei­li­ger Geist und Was­ge­nauf­ei­ert­man­noch­mal­an­Fron­leich­nam? sind von der Lebens­wirk­lich­keit der Men­schen dann doch eher weit ent­fernt, Hilfs­be­reit­schaft und Nächs­ten­lie­be ver­ste­hen die meis­ten noch. Da braucht es dann auch gar nicht unbe­dingt noch die Schluss­poin­te und die fünf­te Stro­phe des Mar­tins­lieds, wo Jesus Chris­tus auf­taucht und erklärt, dass der gute Mar­tin jetzt für ihn, Chris­tus, den Man­tel gege­ben hät­te.

Nach­dem Ange­la Mer­kel mit ihrem Auf­ruf, Lie­der­zet­tel zu kopie­ren und Block­flö­tis­ten zu Rate zu zie­hen, mal wie­der für gro­ßes Hal­lo auf dem Gebiet gesorgt hat­te, das die meis­ten Deut­schen immer noch für Sati­re hal­ten, ver­öf­fent­lich­te der WDR in sei­ner Sen­dung „WDR aktu­ell“ einen Bei­trag aus dem WDR-Lehr­buch „WDR-Bei­trä­ge, die wie WDR-Bei­trä­ge aus­se­hen“: Erst san­gen nor­ma­le Men­schen auf der Stra­ße Weih­nachts­lie­der in Kame­ra und Mikro­fon, dann gab es Schnitt­bil­der von der Kanz­le­rin, schließ­lich kamen ein paar ein­ord­nen­de O‑Ton-Geber zu Wort. Der stell­ver­tre­ten­de CDU-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de im Düs­sel­dor­fer Stadt­rat, Andre­as Hart­nigk, erklärt:

Wir sind hier in einer christ­lich-abend­län­di­schen Kul­tur groß gewor­den, wir leben die­se Kul­tur auch, und da sin­gen wir kei­ne Son­ne-Mond-und-Ster­ne-Lie­der, son­dern wir sin­gen St.-Martins-Lieder und das Ding heißt auch St.-Martins-Umzug. Und das muss auch so blei­ben und jeder, der das nicht will, kann sich einen andern Lebens­raum suchen, wenn er das nicht akzep­tiert, oder er hält sich vor­nehm zurück.

Ich habe ein paar Stun­den gebraucht, bis mir die­ser O‑Ton rich­tig übel auf­stieß. Mal davon ab, dass „Later­ne, Later­ne, Son­ne, Mond und Ster­ne“ nun seit Jahr­zehn­ten zum Reper­toire eines Mar­tins­zugs gehö­ren dürf­te, klopft hier ein ganz ande­res Pro­blem an: Wäre es nicht irgend­wie sinn­vol­ler, sich dafür zu inter­es­sie­ren, was die Bot­schaft hin­ter dem Fest und dem Umzug ist, und nicht, wie ande­re Leu­te das Ding nen­nen?

Die Panik, dass unse­re schö­nen christ­li­chen Fes­te umbe­nannt wer­den, treibt Kon­ser­va­ti­ve und Neu­rech­te seit Jah­ren um und sorgt immer wie­der für besorg­te Falsch­mel­dun­gen. (Klar: Nichts trans­por­tiert die Weih­nachts­bot­schaft bes­ser als ein soge­nann­ter Weih­nachts­markt, auf dem sich erwach­se­ne Men­schen nach Fei­er­abend mit min­der­wer­ti­ger Plör­re betrin­ken. Den soll­te man auf kei­nen Fall in „Win­ter­markt“ umbe­nen­nen!) In denen meis­ten Fäl­len geht es ihnen dabei gar nicht um den Anlass eines sol­chen Fei­er­tags, son­dern um die rei­ne Exis­tenz die­ses Fei­er­tags, abge­kop­pelt von sei­ner Geschich­te. Der Ursprung des Zitats, Tra­di­ti­on sei nicht das Bewah­ren der Asche, son­dern die Wei­ter­ga­be des Feu­ers, ist eini­ger­ma­ßen unklar, aber man soll­te die­se Wor­te mal ein biss­chen in Hirn und Herz bewe­gen.

Als Alex­an­der Gau­land von der AfD im Gespräch mit FAZ-Repor­tern sei­nen berüch­tig­ten Jérô­me-Boat­eng-Nach­barn-Satz äußer­te, sag­te er auch, unter den Anhän­gern sei­ner Par­tei gebe es die Sor­ge, „dass eine uns frem­de Reli­gi­on sehr viel prä­gen­der ist als unse­re abend­län­di­sche Tra­di­ti­on“. Die Wort­wahl war auf­fäl­lig, weil er nicht wie ande­re Kon­ser­va­ti­ve von einer „christ­lich-abend­län­di­schen“ Kul­tur oder Tra­di­ti­on sprach – die christ­li­chen Kir­chen hat­ten zu die­sem Zeit­punkt die AfD näm­lich schon mit­un­ter deut­lich kri­ti­siert. Wenn es ernst­haft um christ­li­che Wer­te gin­ge, hät­te ja auch die CSU ein völ­lig ande­res Par­tei­pro­gramm.

Der musi­ka­li­sche Lei­ter des Schau­spiel­hau­ses Dort­mund, Tom­my Fin­ke, ein guter Freund von mir, sagt dann auch den ent­schei­den­den Satz in die­sem WDR-Bei­trag:

Vie­le unse­rer christ­li­chen Wer­te sind ja eigent­lich huma­nis­ti­sche Wer­te, das heißt, sie sind nicht unbe­dingt der christ­li­chen Reli­gi­on allein zuzu­schrei­ben.

Ich bin Kind einer Misch­ehe, evan­ge­lisch getauft, habe aber von mei­ner Oma die vol­le Palet­te der katho­li­schen Schutz­hei­li­gen mit­be­kom­men. Wenn sie in ihrem Haus­halt etwas nicht wie­der­fin­det, zün­det sie eine Ker­ze für den Hei­li­gen Anto­ni­us an, in der Hoff­nung, dass der „Klün­gel­tün­nes“ ihr hilft. (Mei­ne Oma sagt aber auch immer: „Ein Haus ver­liert nichts“, was die Ver­ant­wor­tung ein biss­chen von den Schul­tern des Hei­li­gen nimmt.) Das ist harm­lo­se, lebens­na­he Reli­gi­ons­aus­übung, das Gegen­teil von Kreuz­zü­gen und Hei­li­gem Krieg. Ich selbst habe mir das Got­tes­bild aus dem Kin­der­got­tes­dienst bewahrt und sehe es prag­ma­tisch: Da man die Nicht­exis­tenz eines höhe­ren Wesens nicht bewei­sen kann, kann man auch dran glau­ben, wenn es einem selbst wei­ter­hilft und man ande­ren damit nicht zur Last fällt. Ich find’s aber auch total in Ord­nung, wenn jemand sagt, er glau­be nicht an Gott – das ist ja das Wesen von „Glau­ben“. (Wenn jemand behaup­tet, er wis­se, dass Gott exis­tie­re – oder, dass der nicht exis­tie­re – wird’s schwie­rig: Bei­des. Ist. Wis­sen­schaft­lich. Nicht. Beweis­bar.)

Nächs­ten­lie­be und Hilfs­be­reit­schaft fin­de ich gut, unab­hän­gig davon, ob man jetzt aus reli­giö­sen oder huma­nis­ti­schen Grün­den han­delt. Aber man kann ja schlecht immer den Unter­gang der „christ­li­chen Wer­te“ bewei­nen, wenn man sie sel­ber nicht lebt. Und das mein­te die Kanz­le­rin ja auch mit ihren Aus­füh­run­gen zu Block­flö­te und Weih­nachts­lie­dern: Eine Reli­gi­on geht ja nicht dadurch unter, dass plötz­lich (im Sin­ne von: seit über fünf­zig Jah­ren) Men­schen einer ande­ren Reli­gi­on in einem Land leben, son­dern dadurch, dass sie nicht mehr bzw. nur als see­len­lo­se Tra­di­ti­on prak­ti­ziert wird. Und ein sprich­wört­li­cher fuß­ball­spie­len­der Sene­ga­le­se wird vom Gene­ral­se­kre­tär einer soge­nann­ten christ­li­chen Par­tei auch noch dafür geschol­ten, dass er minis­triert, weil man ihn dann nicht mehr abschie­ben kön­ne. Da hat sich die Logik ja schon auf hal­ber Stre­cke selbst ans Kreuz gena­gelt.

Wie war ich da jetzt hin­ge­kom­men und wie krie­ge ich die­sen Text zu Ende, ohne auch noch Schlen­ker über Donald Trump, die Geschich­te der römisch-katho­li­schen Kir­che und die Songs des ges­tern ver­stor­be­nen Leo­nard Cohen zu neh­men?

Ich wün­sche Ihnen und vor allem Ihren Kin­dern einen schö­nen St.-Martins-Tag und schau­en Sie heu­te viel­leicht mal ein biss­chen genau­er hin, ob jemand in Ihrer Umge­bung Hil­fe gebrau­chen könn­te!

Nach­trag, 16.28 Uhr: Nach Ver­öf­fent­li­chung die­ses Arti­kels habe ich gele­sen, dass der St.-Martins-Umzug eines Kin­der­gar­tens in Fürth abge­sagt bzw. ver­legt wer­den muss­te, weil zur glei­chen Zeit am glei­chen Ort Pegi­da unter dem Mot­to „Sankt Mar­tin und sei­ne heu­ti­ge Bedeu­tung“ demons­triert.

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Cinema And Beer: „Junges Licht“

Ein Som­mer im Ruhr­ge­biet: In den 1960er Jah­ren eine hei­ße, mehr­wö­chi­ge Pha­se, in der Her­an­wach­sen­de nicht wuss­ten, wie sie die Zeit tot­schla­gen soll­ten und was mit ihnen und um sie her­um pas­siert; im Jahr 2016 ein ein­zel­ner schö­ner Abend vor einer Knei­pe im Bochu­mer Ehren­feld.

Letz­te­res reicht aber aus, um ers­te­res zu bespre­chen, und so wid­men sich Tom The­len und Lukas Hein­ser in ihrer belieb­ten Pod­cast­rei­he dem Film „Jun­ges Licht“ von Adolf Win­kel­mann und auch dem Ruhr­ge­biet an sich. Beglei­tet natür­lich von einem küh­len Getränk aus Bochum (und aus Lie­be).

Junges Licht (Offizielles Filmplakat)

Cine­ma And Beer: „Jun­ges Licht“
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2010 — Der Jahresrückblick (Teil 2)

In der zwei­ten Fol­ge unse­res Jah­res­rück­blicks spre­chen Herr Fin­ke, Herr Rede­lings und ich über Musik, Fuß­ball und Poli­tik, sowie über ande­re Kata­stro­phen:

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2010 — Der Jahresrückblick (Teil 1)

Das Jahr 2010 ist zwar gera­de erst zu elf Zwölf­teln vor­bei, aber die Jah­res­rück­bli­cke gehö­ren zur Advents­zeit wie Spe­ku­la­ti­us und Leb­ku­chen. Da wol­len auch wir nicht län­ger war­ten und gehen – als Ers­te – in die Vol­len:

Tom­my Fin­ke, Ben Rede­lings und ich bli­cken zurück auf die Fuß­ball-WM, den Sieg Lena Mey­er-Land­ruts beim Euro­vi­si­on Song Con­test, das Kul­tur­haupt­stadt-Jahr und vie­les mehr. Nur hier, im Inter­net!

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Leben

Out Of Time

Ich war vor­hin mit Tom­my Fin­ke beim Zoll­amt Bochum, um die gemein­sam bestell­ten Son­der­edi­tio­nen des neu­en Ben-Folds-Albums abzu­ho­len. Schon beim Betre­ten des Gebäu­des merk­ten wir, dass etwas nicht stimm­te: Die Zeit, die ja bekannt­lich rela­tiv ist, begann, sich gen Unend­lich­keit zu deh­nen. Alles. Wur­de. Lang­sa­mer.

Ein Mann, der auf­grund sei­nes Arbeits­plat­zes wohl als Zoll­be­am­ter inter­pre­tiert wer­den darf, schlurf­te zu uns her­an und beweg­te sei­nen Mund. Wer ganz auf­merk­sam war, konn­te Lau­te erken­nen, die das mensch­li­che Gehirn, in der­lei Auf­ga­ben geschult, zu ein­zel­nen Wor­ten und gan­zen Sät­zen zusam­men­set­zen konn­te. Ich reich­te ihm das Anschrei­ben, das mich dar­über in Kennt­nis gesetzt hat­te, dass die von mir bestell­ten Ton­trä­ger in jenem klei­nen Haus kurz vor dem Rand der Erd­schei­be abzu­ho­len sei­en, und der Mann ver­schwand in einem Raum, in dem ver­mut­lich meh­re­re Ton­nen Elfen­bein, Koka­in und Anthrax-Viren seit vie­len, vie­len Jah­ren ihrer Abho­lung har­ren.

Ich dreht mich zu Tom­my – eine Bewe­gung, die für die Men­schen in die­ser Zeit­bla­se wie der Flü­gel­schlag eines Koli­bris gewirkt haben muss – um „Hier sieht’s genau­so aus, wie ich es mir vor­ge­stellt habe“ zu sagen, doch da hat­te Tom­my schon „Hier sieht’s genau­so aus, wie ich es mir vor­ge­stellt habe“ gesagt. An der Pinn­wand hin­gen foto­ko­pier­te Hin­wei­se aus einer Zeit, als die Olym­pia ES 200 gera­de frisch auf den Markt gekom­men war, auf einem Schreib­tisch stand ein Wim­pel des FC Schal­ke 04, auf den Fens­ter­bän­ken: Büro­be­gleit­grün.

Der Zoll­be­am­te kehr­te mit einem Paket zurück, das uns sag­te, dass es eine gute Idee gewe­sen war, mit dem Bul­li vor­bei­zu­kom­men. Umständ­lich hol­te er ein Tep­pich­mes­ser, mit dem ich das Paket öff­nen durf­te. „Tep­pich­mes­ser“, dach­te ich, „haben damit nicht die Atten­tä­ter des 11. Sept…“ Wei­ter kam ich nicht: In der unfass­bar ruhi­gen Atmo­sphä­re des Zoll­amts war mein Gehirn ein­fach ein­ge­schla­fen.

Eine Putz­frau wir­bel­te um uns her­um in einem Tem­po, in dem ich für mei­ne eige­ne Woh­nung zwar zwei Tage bräuch­te, das in die­sem Hau­se aber als hek­tisch emp­fun­den wer­den muss­te. „Sie machen ja alles nass“, sag­te der Zoll­be­am­te, wobei sein mono­to­ner Ton­fall offen ließ, ob es sich dabei um einen Vor­wurf oder nur um eine Fest­stel­lung han­del­te. Er bat uns in einen Neben­raum und riet uns, auf dem feuch­ten Unter­grund vor­sich­tig zu gehen – nicht aus­zu­ma­len, wenn sich einer von uns auf die Fres­se gelegt hät­te.

Wäh­rend ich eini­ge Zet­tel unter­schrei­ben muss­te, durch­brach Tom­my die Gra­bes­stil­le mit einem Small­talk­ver­such:

Fin­ke: „Das ist aber ganz schön ruhig hier bei Ihnen …“
Zoll­be­am­ter: „Das täuscht.“
Fin­ke: „Ah. Vor Weih­nach­ten ist wahr­schein­lich am meis­ten los, ne?“
Zoll­be­am­ter: „Seit eBay. Seit­dem ist hier die Höl­le los. Frü­her war’s ruhig.“

Tom­my und ich sahen uns an und sogleich wie­der weg. Jetzt bit­te nicht los­brül­len vor Geläch­ter. Ruhig blei­ben! Kein Pro­blem an einem Ort, gegen den in einem Zen-Tem­pel ein Tru­bel wie in der Grand Cen­tral Sta­ti­on herrscht. Ich bezahl­te die Mehr­wert­steu­er und bekam mein Wech­sel­geld wie­der, kurz bevor es auf­grund der nor­ma­len Infla­ti­ons­ent­wick­lung völ­lig wert­los gewor­den war. Wir durf­ten gehen.

„Dann wün­sche ich Ihnen noch einen geruh­sa­men Arbeits­tag“, sag­te Tom­my zu unse­rem Sach­be­ar­bei­ter und rief zum Abschied ein auf­mun­tern­des „Gehen Sie ver­ant­wor­tungs­voll mit unse­ren Steu­er­gel­dern um!“ in das fas­sungs­lo­se Groß­raum­bü­ro. Ein Mann blick­te kaum merk­lich von sei­nem Com­pu­ter­bild­schirm auf und hob miss­bil­li­gend die Augen­braue.

Die­ser Text ist eine Ergän­zung zu mei­ner “Ämter”-Trilogie (bestehend aus dem Sing­spiel “Kreis­wehr­ersatz­amt”, dem klas­si­schen Dra­ma “Finanz­amt” und dem absur­den Frag­ment “Arbeits­amt”).

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Und wieder mal besiegt

Nach der desas­trö­sen letz­ten Sai­son und dem Abstieg aus der 1. Bun­des­li­ga muss sich eini­ges ändern beim VfL Bochum. Des­halb kam es zur Grün­dung der Initia­ti­ve „Wir sind VfL“, die es sich zum Ziel gesetzt hat, „die bestehen­den Ver­eins­struk­tu­ren und die sport­li­che Zukunft des VfL Bochum nicht nur kri­tisch zu hin­ter­fra­gen, son­dern kon­struk­tiv und offen­siv mit­zu­ge­stal­ten“.

Zur Unter­stüt­zung und Unter­ma­lung die­ser Akti­on hat mein Kum­pel Tom­my Fin­ke ein Lied über den VfL auf­ge­nom­men:

„Wir sind VfL (Jetzt erst recht!)“ kann man sich auf Tom­mys Web­site kos­ten­los her­un­ter­la­den.

Nach „Das hier ist Fuß­ball“ von Thees Uhl­mann über den FC St. Pau­li fehlt mir jetzt eigent­lich nur noch ein Borus­sia-Mön­chen­glad­bach-Song von Simon den Har­tog in mei­ner Samm­lung.

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Musik

Melodien für Vuvuzelen

Falls Ihnen beim Deutsch­land-Spiel aus dem einen oder ande­ren Grund lang­wei­lig wird:

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Das Gegenteil von Stadion

Ver­gan­ge­ne Woche hat das sehr emp­feh­lens­wer­te Inter­net­mu­sik­ma­ga­zin getaddicted.org im min­des­tens eben­so emp­feh­lens­wer­ten Frei­beu­ter einen Akus­tik-Cover-Abend ver­an­stal­tet. Es spiel­ten und san­gen Nicho­las Mül­ler von Jupi­ter Jones, die mir bis­her unbe­kann­te Band Ten­go Hambre Pero No Ten­go Dine­ro und mein Kum­pel Tom­my Fin­ke, der Laden war voll und die Stim­mung hehr.

Tommy Finke im Freibeuter

Die Aus­wahl der geco­ver­ten Songs war min­des­tens eklek­tisch zu nen­nen und beinhal­te­te Leo­nard Cohens „Hal­le­lu­jah“ eben­so wie „Can You Feel The Love Tonight“ von Elton John, Ingrid Micha­el­sons „Be Ok“ eben­so wie „With Or Wit­hout You“ von U2.

War­um erzäh­le ich Ihnen das alles? Die net­ten Men­schen von getaddicted.org haben ange­fan­gen, Vide­os von dem Abend online zu stel­len. Und so kön­nen Sie jetzt noch ein­mal mit­er­le­ben, wie Nicho­las Mül­ler „Tims­hel“ von Mum­ford & Sons singt, oder Tom­my Fin­ke mit „Won­der­wall“ (Ori­gi­nal­in­ter­pret bekannt) den gan­zen Laden zum Mit­sin­gen bringt.

Mein per­sön­li­ches High­light aber … Ach, sehen Sie selbst!

(Weil die Vide­os auto­ma­tisch star­ten, hab ich sie hier nicht ein­ge­baut.)

Das dürf­te ja wohl eine der cle­vers­ten Riff-Ampu­ta­tio­nen in einem Cover­song seit Cat Powers „Satis­fac­tion“ sein!

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Gesammelte Platten Januar 2010

Die­ser Ein­trag ist Teil 1 von bis­her 8 in der Serie Gesam­mel­te Plat­ten

Nach gut drei Jah­ren Cof­fee And TV dach­ten wir, es sei mal an der Zeit, irgend­was anders zu machen. Nach­dem die Kate­go­rie „Lis­ten­pa­nik“ (deren Titel sich übri­gens exakt nie­mand mehr erklä­ren kann) im ver­gan­ge­nen Jahr von ihrer Rang­lis­ten­haf­tig­keit befreit wor­den war, haben wir sie jetzt end­gül­tig in die Ton­ne getre­ten. Und durch etwas – wie wir fin­den – viel Bes­se­res ersetzt:

Ab jetzt wird nicht mehr Herr Hein­ser allei­ne erzäh­len, wel­che neu­en Plat­ten sei­nen „schon arg main­strea­mi­gen Geschmack“ (O‑Ton gute Freun­din) getrof­fen haben – Nein: Das gan­ze Team darf ran.

Es wird wei­ter­hin grob nach Ver­öf­fent­li­chungs­ter­mi­nen gestaf­felt (wes­we­gen wir über­ra­schen­der­wei­se mit den emp­feh­lens­wer­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen des Monats Janu­ar begin­nen) und dann ein­fach alpha­be­tisch sor­tiert.

Beach House – Teen Dream
Beach House sind angeb­lich Dream Pop, was auch immer das sein mag. Ihre letz­te Plat­te „Devo­ti­on“ kann­te ich nur, weil ich mich nach ihrem Erschei­nen ein paar­mal dazu gezwun­gen hat­te, sie neben­her lau­fen zu las­sen, wenn ich gera­de den Abwasch mach­te oder staub­saug­te. Irgend­wann muss sie dann aber doch hän­gen­ge­blie­ben sein, denn als ich davon hör­te, dass es einen Nach­fol­ger geben wür­de, stie­gen unge­kann­te Affekt­a­tio­nen für die­se Band in mir her­auf, und seit­her freue ich mich über die­se Plat­te wie ein klei­nes Kind, das sich wahr­schein­lich über etwas ande­res freut als eine Plat­te. Ver­träumt ist sie ja nun auch schon, aber das als kon­sti­tu­ie­ren­des Merk­mal zu bezeich­nen, wür­de ich viel­leicht unter­las­sen ange­sichts der durch­aus auch tonal inno­va­ti­ven Songs, die sich nur auf den ers­ten Blick wie Scha­blo­nen­pop zei­gen. (MS)

Eels – End Times
Das letz­te Eels-Album „Hombre Lobo“ ist gera­de ein hal­bes Jahr alt, da kommt auch schon der Nach­fol­ger. Die rich­tig rum­peln­den Songs sind dies­mal nicht dabei, E hat min­des­tens einen Gang zurück­ge­schal­tet, so unge­fähr „Dai­sies Of The Gala­xy“ mit weni­ger Zucker­guss. „End Times“ erin­nert mal wie­der an eine The­ra­pie­sit­zung, Dra­ma­tik und Humor prü­geln sich um die Vor­herr­schaft und am Ende sagt die ers­te Stro­phe von „A Line In The Dirt“ wahr­schein­lich alles: „She locked hers­elf in the bath­room again /​ So I am pis­sing in the yard /​ I have to laugh when I think how far it’s gone /​ But things are­n’t fun­ny any more“. Man möch­te Mark Oli­ver Ever­ett am liebs­ten in den Arm neh­men – um ihn zu trös­ten und sich zu bedan­ken. (LH)

Tom­my Fin­ke – Poet der Affen/​Poet Of The Apes
Natür­lich kann man es etwas über­am­bi­tio­niert fin­den, ein Dop­pel­al­bum zu ver­öf­fent­li­chen, bei dem jeder Song ein­mal auf Deutsch und ein­mal auf Eng­lisch ent­hal­ten sind. Und tat­säch­lich wäre „Poet der Affen“ ohne eng­li­sche Zuga­be schon eine run­de Sache gewe­sen – aber man muss ja nicht bei­de Sei­ten hören. Aber zwei CDs zum Preis von einer sind ers­tens was net­tes (Nicht wahr, Axl Rose und Con­nor Oberst?) und zwei­tens ent­wi­ckeln Songs wie das famo­se „Bor­der­line Bet­ty“, die wun­der­ba­re Sin­gle „Halt‘ alle Uhren an“ (die irri­tie­ren­der­wei­se jetzt in bei­den Ver­sio­nen „Stop The Clocks“ heißt) oder das schwer trau­ri­ge „Die Tie­re suchen Fut­ter“ noch ein­mal eine ganz ande­re Bedeu­tung, wenn man auch ihre eng­lisch­spra­chi­gen Geschwis­ter hin­zu­zieht. „Poet der Affen“ hat das an Gefühl, was dem letz­ten kett­car-Album fehl­te. (LH, Rezen­si­ons­exem­plar)

First Aid Kit – The Big Black And The Blue
Es war mit Sicher­heit eines der außer­ge­wöhn­lichs­ten Kon­zer­te des Jah­res, als die­se zwei jun­gen schwe­di­schen Schwes­tern da letz­tes Jahr am hel­lich­ten Tag in einem Zelt auf einem zen­tra­len Oslo­er Platz spiel­ten und die Kie­fer der Zuschau­er rei­hen­wei­se run­ter­klapp­ten: First Aid Kit hat­ten das by:larm im Sturm erobert. Jetzt ist ihr Debüt­al­bum erschie­nen, das ohne Fleet-Foxes-Cover­ver­sio­nen aus­kom­men muss, aber trotz­dem wun­der­voll gewor­den ist. Kla­ra und Johan­na Söder­berg sin­gen immer noch über The­men, von denen sie alters­be­dingt eigent­lich gar kei­ne Ahnung haben dürf­ten, und sie tun das nach wie vor ger­ne zwei­stim­mig und Gän­se­haut ver­ur­sa­chend. Den spar­sa­men Folk-Arran­ge­ments ame­ri­ka­ni­scher Prä­gung merkt man nicht an, dass sie in Euro­pas Pop-Nati­on Num­mer 2 ent­stan­den sind – das klingt schon sehr nach wei­ter Prä­rie und schnee­be­deck­ten Ber­gen. Aber letz­te­re hat man ja im Moment sowie­so über­all. (LH)

Owen Pal­lett – Heart­land
War­um Owen Pal­lett nun auch offi­zi­ell Owen Pal­lett heißt und nicht mehr Final Fan­ta­sy, könn­te vie­ler­lei Grün­de haben. Gehen wir davon aus, dass man als erwach­se­ner Mann nicht mit einer eher mit­tel­mä­ßi­gen Video­spiel­rei­he ver­wech­selt wer­den will, dar­auf immer­hin kön­nen wir uns sicher eini­gen, alles ande­re wäre auch Spe­ku­la­ti­on und außer­dem der kla­ren Sicht auf das Hör­ergeb­nis völ­lig im Weg. Das ist näm­lich ziem­lich schön, mei­nes Erach­tens im Gegen­satz zu älte­ren Final-Fan­ta­sy-Pro­duk­ten, bei denen ich mich meis­tens nach der Hälf­te nur noch beim unwill­kür­li­chen Durch­skip­pen erwisch­te. Hier aller­dings wur­de gut gespielt, gut arran­giert und mit Span­nung gear­bei­tet. Das Durch­hö­ren eines Albums, ohne weg­schal­ten zu müs­sen, ist zwar im Nor­mal­fall kein hoch­gra­dig qua­li­ta­ti­ves Merk­mal, aber weil mir das bei dem jun­gen Mann hier zum ers­ten Mal pas­siert, las­sen Sie mir doch bit­te die Freu­de das abzu­fei­ern und Herrn Pal­lett schul­ter­klop­fend gra­tu­lie­ren zu wol­len. (MS)

Sur­fer Blood – Astro Coast
Her­vor­ra­gen­des Album, dem man es (natür­lich auf Auto­sug­ges­ti­on begrün­det) durch­aus anhö­ren kann, dass es nicht in einem Stu­dio, son­dern kom­plett in einem Stock­bett­schlaf­zim­mer auf­ge­nom­men wor­den ist. Dass ver­stärk­te Gitar­ren und ein ech­tes Schlag­zeug invol­viert waren, min­dert den meter­ho­hen Stoß Ruhe­stö­rungs­be­schwer­den der Nach­barn an den zustän­di­gen Uni­ver­si­täts­de­kan sicher­lich nicht. Ver­hal­ten­heit und schlech­tes Gewis­sen hört man hier aber trotz­dem äußerst sel­ten. (MS)

Toco­tro­nic – Schall & Wahn
Um Toco­tro­nic zu ver­ste­hen sind mut­maß­lich bedeu­tend mehr Semes­ter Ger­ma­nis­tik von­nö­ten, als ich jemals aus­ge­hal­ten hät­te. So kann ich sie also nur hören, was aber auch wie üblich ein Erleb­nis ist: So laut und gitar­ren­be­tont klang schon lan­ge kein Toco­tro­nic-Album mehr. So düs­ter aller­dings auch nicht – bei den ers­ten vier Songs deu­ten schon die Titel an, wohin die Rei­se geht: „Eure Lie­be tötet mich“, „Ein lei­ser Hauch von Ter­ror“, „Die Fol­ter endet nie“, „Das Blut an mei­nen Hän­den“. Aber spä­tes­tens wenn Graf Mac­beth zur Halb­zeit mit „Bit­te oszil­lie­ren Sie“ den größ­ten Toco-Unter­hal­tungs­schla­ger seit unge­fähr „Die Welt kann mich nicht mehr ver­ste­hen“ anstimmt und Jour­na­lis­ten den Text im Inter­view sehr ernst­haft zu ent­schlüs­seln ver­su­chen, klopft die Fra­ge an, wie viel die Band eigent­lich noch ernst meint und wie viel Spaß am Vor­füh­ren von Feuil­le­to­nis­ten dabei ist. Die Ant­wort könn­te aller­dings auch total egal sein, denn man kann Toco­tro­nic ja auch ganz wun­der­bar hören ohne sie ver­ste­hen zu wol­len. (LH)

Mit­ar­beit an die­ser Aus­ga­be:
LH: Lukas Hein­ser
MS: Mar­kus Steidl

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Musik

Listenpanik: Reste 2009

Das Jahr ist bald zu Ende, Mar­kus hat sei­ne Bes­ten­lis­te schon raus­ge­hau­en, aber ich muss ja für nächs­te Woche erst mal das Jahr 2008 abfrüh­stü­cken, ehe ich mich dop­pelt und drei­fach dem Rück­blick auf das aktu­el­le Jahr wid­men kann.

Vor­her sol­len aber schon die Alben und Songs genannt wer­den, die die­ses Jahr für mich mit­be­stimmt haben, aber bis­her auf kei­ner Lis­ten­pa­nik-Lis­te genannt sind. Dass ich immer noch jede Men­ge über­se­hen habe, dürf­te klar sein. Aber wenigs­tens das hier ist schon mal nicht ver­ges­sen:

Alben
Kid Cudi – Man On The Moon – The End Of Day
Wie gesagt: Ich höre mich gera­de erst ein in die­ses Gen­re, das sie Hip-Hop oder Rap nen­nen. Ich bin also noch nicht sehr gut im Zuord­nen (wor­auf die Zei­le „I got nine­ty-nine pro­blems and they all bit­ches“ anspielt, ist mir trotz­dem auf­ge­fal­len), aber wer die­ses Album hört, muss sofort erken­nen, dass da jemand klu­ges Musik macht. Beats, Samples und Instru­men­te wer­den da zu anspruchs­vol­len Play­backs auf­ge­türmt, über die der 25-jäh­ri­ge Scott Ramon Segu­ro Mes­cu­di dann rappt wie ein Mann, der schon alles gese­hen hat. Die meis­ten Songs sind eher laid back und düs­ter und ins­ge­samt ist das Album, an dem auch Bands wie MGMT und Rata­tat mit­ge­wirkt haben, weit ent­fernt vom Arsch-und-Tit­ten-Hip-Hop, den man sonst im Musik­fern­se­hen sieht, falls gera­de mal Vide­os lau­fen. Ach ja: Lady Gaga wird auch noch gesam­pelt.

Jay‑Z – The Blue­print 3
Noch mal Hip-Hop, noch mal klug und anspruchs­voll. Genau­er kann ich das gar nicht beschrei­ben, aber es fühlt sich gut an, die­ses Album zu hören. Und wer sich „Fore­ver Young“ von Alpha­ville vor­nimmt, hat bei mir qua­si immer gewon­nen (vgl. Die Gol­de­nen Zitro­nen, Youth Group, Bushi­do feat. Karel Gott).

White Lies – To Lose My Life
Irgend­wann bin ich nicht mehr mit­ge­kom­men mit die­sen Joy-Divi­si­on-Bands. Sind White Lies über­haupt eine? Jeden­falls kom­bi­nie­ren sie trei­ben­de Rhyth­men, Gitar­ren­ge­schram­mel, Key­board­flä­chen und lei­den­schaft­li­chen Gesang. Und obwohl mir das in vier von fünf Fäl­len unglaub­lich auf die Ket­ten geht, gefällt es mir hier.

Tom Liwa – Eine Lie­be aus­schließ­lich
Nach Eso­te­rik-Pro­jek­ten und einer Flower­porn­oes-Reuni­on hat Tom Liwa mal wie­der ein rich­ti­ges Solo­al­bum auf­ge­nom­men: nur er und eine Gitar­re. Eröff­net wird „Eine Lie­be aus­schließ­lich“ von einer Gän­se­haut-Ver­si­on von „Cha­sing Cars“ (ja, das von Snow Pat­rol), hin­ter­her gibt’s auch noch mal Dylan („Idi­ot Wind“), dazwi­schen ganz viel Liwa. Man kann nur ahnen, was für Dra­men sich abge­spielt haben müs­sen, soll­ten die Tex­te alle­samt auto­bio­gra­phisch sein. Es ist Liwas bes­te Plat­te seit „St. Amour“ vor neun Jah­ren und erin­nert in ihrer Reduk­ti­on und Direkt­heit mit­un­ter sogar an die „Ame­ri­can Recor­dings“ von John­ny Cash – die mit­un­ter gewag­ten Über­steue­run­gen inklu­si­ve.

Songs
Kid Cudi – Up Up & Away
Da lobe ich ein Hip-Hop-Album und hebe dann den einen Song her­vor, in dem vor allem Gitar­ren zu hören sind. Aber, Ent­schul­di­gung, „Up Up & Away“ ist ein­fach ein Ham­mer von einem Song. Text­lich eine wun­der­ba­re Unab­hän­gig­keits­er­klä­rung, musi­ka­lisch eine der eupho­riestei­gernds­ten Num­mern des Jah­res. Und dann die­ser Slo­gan für T‑Shirts und Unter­arm-Täto­wie­run­gen: „They go judge me any­way, so: wha­te­ver?“

Glas­ve­gas – Geral­di­ne
Glas­ve­gas live zu sehen war eine schlech­te Idee für den ers­ten Ein­druck, denn ihr Auf­tritt hat mir die Band schon arg ver­lei­det. So bedurf­te es aus­ge­rech­net einer Lager­feu­er­ver­si­on von Thees Uhl­mann und Simon den Har­tog, damit ich erkann­te, was für ein tol­ler Song „Geral­di­ne“ ist. So unge­fähr der ein­zi­ge rich­tig tol­le auf dem selbst­be­ti­tel­ten Debüt-Album der Schot­ten, aber dafür eben ein wirk­lich rich­tig tol­ler. Als Lin­gu­ist ist man erstaunt, wie vie­le Voka­le in Zei­len wie „My name is Geral­di­ne, I’m your social worker“ offen­sicht­lich über­flüs­sig sind und ganz ein­fach weg­ge­las­sen wer­den kön­nen.

Jay‑Z – Empire Sta­te Of Mind
Er sei der neue Sina­tra, rappt Jay‑Z in sei­nem „New York“-Pendant. Und wahr­schein­lich hat er damit nicht mal unrecht. Dazu Strei­cher, Kla­vier, Chö­re und Ali­cia Keys. Einen Song die­ser Grö­ße hat die Stadt ver­dient („und umge­kehrt“, falls das Sinn ergibt), so wie Ber­lin „Schwarz zu Blau“ von Peter Fox.

Tom­my Fin­ke – Halt‘ alle Uhren an
Tom­my Fin­ke hat mir jetzt schon mehr­fach zu erklä­ren ver­sucht, was das für ein Sound ist, der da das Riff spielt. Inzwi­schen habe ich die Hoff­nung auf­ge­ge­ben, es zu ver­ste­hen, aber es ist auch egal. Ein schö­ner Sound, ein ein­gän­gi­ges Riff und ein wun­der­ba­rer Song. Das Album kommt im Janu­ar 2010, die Sin­gle ist jetzt schon drau­ßen und weil ich gemein­sam mit den Jungs von Get Addic­ted mit dem Künst­ler eine Wet­te über Chart­plat­zie­run­gen lau­fen habe, täten Sie uns allen einen Gefal­len (sich selbst natür­lich sowie­so), wenn Sie das Lied käuf­lich erwür­ben.

Vir­gi­nia Jetzt! – Die­ses Ende wird ein Anfang sein
Vir­gi­nia Jetzt! hat­te ich irgend­wann nach dem zwei­ten Album aus den Augen ver­lo­ren. Kürz­lich war ich bei einem ihrer Kon­zer­te (eigent­lich nur, um mir Oh, Napo­le­on im Vor­pro­gramm anzu­se­hen) und ich war wirk­lich schwer begeis­tert. So sehr, dass ich mir ihr aktu­el­les Album gekauft habe. Was live super funk­tio­nier­te, ist auf Plat­te mit­un­ter arg hart an der Gren­ze (wobei die Idee, Ste­fan Zau­ner von der Mün­che­ner Frei­heit Back­ground-Chö­re sin­gen zu las­sen, natür­lich schon gigan­tisch ist), aber „Die­ses Ende wird ein Anfang sein“, die­se char­man­te Up-Tem­po-Num­mer mit Blä­sern, die ist schon sehr gut gewor­den.

White Lies – To Lose My Life
„Let’s grow old tog­e­ther and die at the same time“ ist eigent­lich auch nichts groß ande­res als das, was John Len­non 1980 in „Grow Old With Me“ aus­drü­cken woll­te – und trotz­dem natür­lich irre roman­tisch. Dazu ein trei­ben­der Refrain mit einem Key­board, das so sen­sa­tio­nell ner­vig rein dröhnt, dass man sich die Ohren zuhal­ten müss­te – wenn das beim Tan­zen nicht total beknackt aus­sä­he. Ein schö­ner Song.

Lady Gaga – Papa­raz­zi
„Ernst­haft?“ Ernst­haft! Was für coo­le Sounds, was für ein gelun­ge­ner Refrain! Außer­dem dach­te ich am Anfang, als ich nur die Stro­phe gehört habe, das sei eine neu­er Song von The Kni­fe.

[Lis­ten­pa­nik, die Serie]

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Musik

Uhr-Instinkt

Den Bochu­mer Lie­der­ma­cher ((Falls sich jemand fin­det, der ein zeit­ge­mä­ßes Syn­onym zur Hand hat, das nicht so sehr nach Leder­wes­te und selbst­ge­dreh­ten Ziga­ret­ten klingt, möge er es bit­te in den Kom­men­ta­ren abstel­len.)) Tom­my Fin­ke hat­te ich hier ja schon mehr­fach lobend am Ran­de erwähnt.

Dem­nächst erscheint sein neu­es Album „Poet der Affen/​Poet of the Apes“ und ent­spre­chend gibt es vor­her eine Sin­gle:

[„Halt‘ alle Uhren an“]

Ich mag beson­ders die losen Oasis-Refe­ren­zen im Refrain und die­sen komi­schen Flö­ten­sound ((Der mut­maß­lich alles, nur kein Flö­ten­sound ist.)) vor den Stro­phen. Als Wasch­zet­tel­tex­ter wür­de ich jetzt sowas schrei­ben wie: „Jugend­li­cher als Kett­car, zugäng­li­cher als Gis­bert zu Knyphau­sen und – natür­lich sowie­so – bes­ser als Revol­ver­held.“ Es erin­nert aber auch ein biss­chen an Ath­le­te, fin­de ich.

Jeden­falls ken­ne ich nicht vie­le deutsch­spra­chi­ge Musi­ker, die so knie­tief im Pop ste­hen und dabei so weit von jedem Schla­ger­vor­wurf ent­fernt sind. Spä­tes­tens beim drit­ten Hören nis­tet sich der Song in den Gehör­gän­gen ein, aber kau­fen kann man ihn lei­der erst im Okto­ber.

Und wenn Sie par­tout kei­ne deutsch­spra­chi­ge Musik mögen, hören Sie sich eben die eng­li­sche Ver­si­on des Songs an.

Dis­clo­sure: Ich habe mit Tom­my Fin­ke mal ein Bier getrun­ken getrun­ken, es aber selbst bezahlt.

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Musik Unterwegs

Bochum Total 2009

In den letz­ten Tagen war Bochum mal wie­der der Mit­tel­punkt irgend­ei­ner Welt – mut­maß­lich der Musik­welt Nord­rhein-West­fa­lens. Jeden­falls war Bochum Total und aus mir selbst nicht ganz nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den woll­te ich mög­lichst viel davon mit­krie­gen.

Ort der Gegensätze: Bochum Total

Vier Tage, 60 Bands, hun­dert­tau­sen­de Liter Bier und noch ein biss­chen mehr Regen­was­ser – eine per­sön­li­che Doku­men­ta­ti­on:

Don­ners­tag, 2. Juli

Man kann nicht behaup­ten, ich sei schlecht vor­be­rei­tet gewe­sen: Cen­ti­me­ter­dick hat­te ich Son­nen­creme auf­ge­tra­gen, um eine zer­fetz­te Nase wie nach mei­nem Nord­see-Urlaub zu ver­mei­den. Ich hat­te eine Son­nen­bril­le auf, die nicht nur unge­fähr­de­tes fas­sungs­lo­ses Anstar­ren bizarr geklei­de­ter Men­schen ermög­lich­te, son­dern auch derbs­te Gewit­ter­tier­chen-Schwär­me davon abhielt, mir in die Augen zu flie­gen. War­um das alles nur halb­gut vor­be­rei­tet war, lesen Sie gleich …