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Rundfunk Fernsehen

In memoriam Roger Willemsen

Elf Jahre sind nicht das Alter, in dem ich meinen Sohn abendliche Talkshows sehen lassen würde, aber so alt war ich, als “Willemsens Woche” auf Sendung ging, und ich war von Anfang an dabei — warum auch immer. Ich weiß, dass ich an jenem Wochenende bei meiner Oma übernachtet habe und wir die erste Ausgabe gemeinsam gesehen haben. Die meisten weiteren habe ich dann mit meinen Eltern geschaut oder auch alleine. Merkwürdiges Kind, das ich war.

Die Sendung hat wie wenige andere meine Erwartungshaltung an gutes Fernsehen geprägt und ganz stark dazu beigetragen, dass ich auch “was mit Medien” machen wollte. Roger Willemsen hatte Menschen zu Gast, die noch etwas zu erzählen hatten, und er wusste, wie man sie erzählen lässt. Sein Interview mit Helmut Markwort mag man heute eitel oder gar etwas bösartig finden, aber es zeigt, was ein Moderator mit einer Haltung ist, und sollte Standardwerk an Journalistenschulen sein. Nicht minder legendär: Wie Willemsen und Friedrich Küppersbusch, ein Mann, der meine Vorstellung von gutem Fernsehen ebenso mitbestimmt hat und den ich inzwischen meinen Freund nennen darf, die letzte Ausgabe von Friedrichs ARD-Magazin “Privatfernsehen” so lange eigenmächtig verlängerten, bis die zentrale Sendeleitung entnervt den Stecker zog.

Ich bin Roger Willemsen zwei Mal bei der Aufzeichnung seiner (natürlich auch nicht sehr erfolgreichen) WDR-Sendung “Nachtkultur” begegnet (Anlässe, bei denen ich auf Wim Wenders und Tom Tykwer traf — die ganz normale Freizeitbeschäftigung 16-jähriger Adoleszenten) und habe ein paar Mal mit ihm gemailt. Einmal ging es um einen Beitrag fürs BILDblog, einmal um den sehr komplizierten und heute nur noch schwer nachvollziehbaren Vorgang der Pressestelle der Stadt Dinslaken, die es irgendwie geschafft hatte, O-Töne von Willemsen, Jörg Kachelmann, Stefan Niggemeier und mir zu einem Potpourri der Kleinstadt-PR zu remixen (fragen Sie nicht).

Es endete jedenfalls mit diesem Kommentar Willemsens in Stefans Blog:

Wissen Sie, ich bin erleichtert, dass es jetzt raus ist. Schon jahrelang laufe ich mit der Schuld durch die Welt, Sandra Schwarzhaupt gefragt zu haben, warum sie in NY und nicht in Dinslaken wohne. Dieser unreife und ehrabschneidende Kommentar zum Weltzentrum der Selbstironie hat mit freier Meinungsäußerung nichts zu tun, er ist schädlich und dumm, bietet er doch der Pressestelle der Stadt Dinslaken die feige Möglichkeit, sich zu blamieren. Es soll wieder vorkommen.

Das Zitat schaffte es 2008 noch einmal in den Jahresrückblick der Lokalausgabe der “Rheinischen Post” und “Es soll wieder vorkommen” ist seitdem fester Bestandteil meines rhetorischen Werkzeugkastens.

Im letzten Jahr hat Roger Willemsen wegen einer Krebserkrankung alle Termine abgesagt. Ich weiß, dass Krebs der “größte Wichser im ganzen Land” (Thees Uhlmann) ist, aber aus der Ferne hatte ich einfach gehofft, dass Roger Willemsen das überstehen werde. In kindlicher Naivität hatte ich mir sogar ausgemalt, dass wir ihn nach seiner Genesung bei Lucky & Fred zu Gast haben würden. Es schmerzt mich, dass dieser egoistische Wunsch jetzt nicht in Erfüllung gehen wird, aber noch mehr schmerzt es mich, dass Roger Willemsen nun im Alter von gerade einmal 60 Jahren gestorben ist. Menschen wie ihn könnten wir dieser Tage mehr denn je gebrauchen.

Erheben Sie sich also bitte mit mir für den (immer noch unfassbar geilen) Titelsong von “Willemsens Woche”:

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