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Musik

Listenpanik 03/​08

Das hat ja lan­ge genug gedau­ert: Bevor es Mai wird und ich zwei Lis­ten in Rück­stand gera­te, habe ich ein­fach ein biss­chen gewür­felt, was im März in den Top-Five-Lis­ten lan­den soll. Die Ergeb­nis­se sind wie immer streng sub­jek­tiv und wer­den schon mor­gen wie­der bereut. Trotz­dem viel Spaß damit!

Alben
1. Lightspeed Cham­pi­on – Fal­ling Off The Laven­der Bridge
Auf der Lis­te der unwahr­schein­lichs­ten Acts recht weit vor­ne: ein Bri­te, der frü­her bei den Test Ici­c­les, einer der außer­ge­wöhn­lichs­ten Bands die­ses Jahr­zehnts, gespielt hat, nimmt mit Indie-Folk-Erfolg­pro­du­zent Mike Mogis (Bright Eyes, Cur­si­ve, Riol Kiley, …) eine Indie-Rock-Folk-Coun­try-Alter­na­ti­ve-Plat­te auf. Noch dazu eine ganz wun­der­ba­re, die nach ame­ri­ka­ni­scher Prä­rie und ver­las­se­nen Klein­städ­ten klingt. Das kann man sich alles kaum vor­stel­len, das muss man sich anhö­ren.

2. R.E.M. – Acce­le­ra­te
Ja ja, R.E.M. gehen zurück zu ihren Wur­zeln, erfin­den sich neu, rha­bar­ber­rha­bar­ber. R.E.M. klin­gen natür­lich immer nach R.E.M., egal, wie lang die Songs und wie hoch die BPM-Zahl ist – dafür sorgt schon Micha­el Sti­pe, der sich auch dies­mal wie­der viel Mühe gibt, den ohne­hin kryp­ti­schen Tex­ten durch geziel­te Ver­nu­sche­lung noch eine wei­te­re Bedeu­tungs­ebe­ne zu geben. Bei R.E.M. bin ich so unkri­tisch und so sehr Fan wie bei kaum einer ande­ren Band (neben Oasis, Tra­vis und Manics), von daher fin­de ich „Acce­le­ra­te“ eh toll. Natür­lich wie­der­holt man sich nach 28 Jah­ren Band­ge­schich­te das eine oder ande­re Mal in Gitar­ren­läu­fen und Melo­die­bö­gen, aber auch in „wie­der rockig“ sind R.E.M. gut und mög­li­cher­wei­se sogar immer noch rele­vant.

3. Fet­tes Brot – Strom Und Drang
Mein ers­tes ech­tes deutsch­spra­chi­ges Hip-Hop-Album (Fan­ta 4 unplug­ged zählt ja nicht so rich­tig). Es ist laut, es ist heiß, es ist Sams­tag­nacht. „Strom Und Drang“ ist ein klu­ges, gewitz­tes Album mit gro­ßen Hym­nen und klei­nen Mör­der­bal­la­den. Wenn Beden­ken­trä­ger beim Wort Hip-Hop mal an Fet­tes Brot statt an Bushi­do den­ken wür­den, wäre schon viel gewon­nen.

4. Gre­gor Meyle – So Soll Es Sein
Man muss Ste­fan Raab dank­bar sein, dass er sei­ne klei­ne, fei­ne Cas­ting­show „SSDSDSSWEMUGABRTLAD“ gestar­tet hat. Die Musik von Gre­gor Meyle, der dort den zwei­ten Platz beleg­te, muss­te an die Öffent­lich­keit, hät­te das aber (und das zeigt, wie belie­big das Musik­ge­schäft mit­un­ter ist) aus eige­ner Kraft viel­leicht nie geschafft. Musi­ka­lisch liegt „So Soll Es Sein“ ganz nah bei Howie Day, Cary Brot­hers oder John May­er und auch text­lich ste­hen die sehr per­sön­li­chen Songs ihren US-Vor­bil­dern in nichts nach – auf deutsch klingt es halt nur schnell mal schla­ge­resk. Trotz­dem ist „So Soll Es Sein“ ein sehr schö­nes Album, mit dem Gre­gor Meyle die Lücke beset­zen dürf­te, die im Spek­trum deutsch­spra­chi­ger Musik zwi­schen Tom Liwa und Her­bert Grö­ne­mey­er klafft.

5. Get Cape. Wear Cape. Fly – Sear­ching For The Hows And Whys
Gut ein Jahr, nach­dem das groß­ar­ti­ge Debüt in Deutsch­land erschien, kommt schon der Nach­fol­ger. Sam Duck­worth ist nicht mehr ganz so allei­ne mit sei­ner Akus­tik­gi­tar­re und sei­nem Drum­com­pu­ter, die Arran­ge­ments klin­gen mit Band sat­ter und pop­pi­ger, ansons­ten bleibt alles beim Alten: wun­der­schö­ne Songs mit klu­gen Tex­ten, gro­ße Ges­ten und klei­ne Über­ra­schun­gen. Ob „Sear­ching For The Hows And Whys“ mit „The Chro­nic­les Of A Bohe­mi­an Teen­ager“ mit­hal­ten kann, wird erst der Lang­zeit­ein­satz im MP3-Play­er zei­gen. Im Moment deu­tet aber vie­les dar­auf hin.

Songs
1. The Ting Tings – Gre­at DJ
Ein Mann, eine Frau, eine Gitar­re, ein Schlag­zeug. Nicht ori­gi­nell, sagen Sie? Na ja, ers­tens ist die Auf­tei­lung bei den Ting Tings genau anders­rum als bei den White Stripes, zwei­tens kom­men die Bei­den aus Eng­land und drit­tens hei­ßen die musi­ka­li­schen Ein­flüs­se bei ihnen Dis­co, Post­punk und was­wei­ßich­noch. „Gre­at DJ“ ist ein sym­pa­thi­scher Ham­mer von Tanz­bo­den­fül­ler und steht auf der vor­läu­fi­gen Lis­te mei­ner Hits des Jah­res sehr weit oben.

2. Fet­tes Brot – Lie­ber Ver­bren­nen Als Erfrie­ren
Will man von Mitt­drei­ßi­gern wirk­lich hören, wie es ist, jung und frei zu sein? Wenn es Fet­tes Brot sind und so klingt: Auf jeden, Alter! Die Rave-Hip-Hop-Vari­an­te von „Live Fore­ver“ ist eine über­le­bens­gro­ße Hym­ne, für deren stan­des­ge­mä­ße Wie­der­ga­be man sogar kurz über den Erwerb eines Cabri­os mit Rie­sen-Sound­sys­tem nach­den­ken soll­te.

3. Lüt­zen­kir­chen – 3 Tage Wach
Darf man einen Track, der bei „Poly­lux“ gespielt wird, über­haupt noch gut fin­den? Ist es dann nicht defi­ni­tiv zu spät? „3 Tage Wach“ könn­te das „D.A.N.C.E.“ des Jah­res 2008 wer­den, der Kon­sens-Elek­tro-Par­ty-Schla­ger. Die Pha­se, in der man den Song nicht mehr „doof“ und noch nicht „lang­wei­lig“ fin­det, könn­te kurz sein, aber, hey: druff, druff, druff, druff, druff!

4. Gre­gor Meyle – Irgend­wann
Die Qua­li­tä­ten des Albums „So Soll Es Sein“ hat­te ich ja wei­ter oben schon zusam­men­ge­fasst. Kon­zen­triert kann man das alles in „Irgend­wann“ hören, einem Lied, das ich mir als gro­ßen Hit für einen hof­fent­lich schö­nen Som­mer wün­sche.

5. The Last Shadow Pup­pets – The Age Of The Under­state­ment
Alex Tur­ner (Arc­tic Mon­keys) und Miles Kane (The Ras­cals) woll­ten mal unab­hän­gig von ihren Haupt­bands musi­zie­ren und grün­de­ten The Last Shadow Pup­pets. „The Age of The Under­state­ment“ ist eine wahn­wit­zi­ge Kom­bi­na­ti­on aus Spa­ghet­ti-Wes­tern-Musik und Schwarz­meer-Kosa­ken-Chö­ren. Oft kann man sich sowas auch nicht anhö­ren, aber schön isses schon.

[Lis­ten­pa­nik – Die Serie]