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Neue Musik von Travis, The Decemberists, Maro, Ider

Lukas blickt kurz zurück auf den 69. Euro­vi­si­on Song Con­test, wo schon wie­der ein Song gewon­nen hat, den wir in unse­rer ESC-Vor­schau nicht gespielt hat­ten: „The Code“ von Nemo aus der Schweiz.

Dann gibt es neue Songs von Maro, The Decem­be­rists, Amil­li, Ider — und den ers­ten inter­es­san­ten Tra­vis-Song seit lan­ger Zeit.

Alle Songs:

  • Nemo – The Code
  • Maro feat. Nesaya – Life­line
  • Blush Always feat. Brock­hoff – Big­ger Pic­tu­re
  • The Decem­be­rists feat. James Mer­cer – Buri­al Ground
  • Amil­li – Four Days
  • Ider – Girl
  • Tra­vis – Raze The Bar
  • Car­pool – Can We Just Get High?

Show­no­tes:

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Alben des Jahres 2011

Schnell auf „Pau­se“ gedrückt, noch ein­mal kurz zurück­ge­guckt und dann beschlos­sen, dass ich jetzt die defi­ni­ti­ve Lis­te mei­ner Lieb­lings­al­ben 2011 (Stand: 23. Dezem­ber, 13.59.42 Uhr) habe. Die Plät­ze 25 bis 8 sind heiß umkämpft und könn­ten auch eine ganz ande­re Rei­hen­fol­ge haben, die Plät­ze 5 bis 2 auch.

Aber jetzt ist es halt so:

25. Rival Schools – Pedals
Gera­de als der Ein­druck ent­stand, dass Wal­ter Schrei­fels end­gül­tig den Über­blick ver­lie­ren könn­te über all sei­ne Bands und Pro­jek­te, besann sich das Hard­core-Urge­stein auf sei­ne Band Rival Schools, mit der er vor immer­hin zehn Jah­ren mal ein Album auf­ge­nom­men hat­te. „Pedals“ reicht nicht an „United By Fate“ her­an, ist aber ein erfri­schend leben­di­ges Rock­al­bum für Men­schen, die sich unter „Rock“ dann doch noch etwas ande­res vor­stel­len als Nickel­back oder Sun­ri­se Ave­nue.

24. Foo Figh­ters – Was­ting Light
Leu­te, irgend­was stimmt da nicht: Dave Grohl ist (wie Wal­ter Schrei­fels auch) 42 Jah­re alt, was im Rock­busi­ness frü­her mal 90 Jah­ren im Schla­ger­ge­schäft ent­sprach. Und doch müs­sen die­se ver­dien­ten „alten“ Her­ren der Jugend zei­gen, wie man ordent­li­che Rock­mu­sik macht? Den Foo Figh­ters kann man jeden­falls nichts vor­wer­fen, außer, dass sie sich ein biss­chen aufs busi­ness as usu­al ver­legt haben. Aber dann hau­en die so Din­ger wie „Rope“, „White Limo“ und ganz am Ende „Walk“ raus und der Nach­wuchs steht irgend­wo in der Gegend rum und guckt betre­ten zu Boden. Das ist ja, als ob man sich in der ers­ten eige­nen Woh­nung von den Eltern die Ikea-Rega­le auf­bau­en las­sen muss!

23. Oh, Napo­le­on – Year­book
Was habe ich auf die­ses Album gewar­tet! Vor zwei Jah­ren. Doch bis Uni­ver­sal das Debüt end­lich auf den Markt gebracht hat­te, war der Span­nungs­bo­gen in sich zusam­men­ge­fal­len, und dann waren die bes­ten Songs aus­ge­rech­net die, die schon vor zwei Jah­ren auf der selbst­be­ti­tel­ten EP ent­hal­ten waren. Doch von die­sen (klei­nen) Ent­täu­schun­gen ab ist „Year­book“ ein wun­der­ba­res Pop­al­bum gewor­den. „To Have /​ To Lose“ und „A Book Ending“ haben nichts von ihrer erha­be­nen Schön­heit ein­ge­büßt und mit „Save Me“, „I Don’t Mind“ oder „Pick Some Roses“ sind auch genug Per­len unter den „neu­en“ Songs (die die Band seit Jah­ren live spielt). Deutsch­lands bes­te Nach­wuchs­bands kom­men halt nach wie vor vom Nie­der­rhein, aber eine Fra­ge hät­te ich noch: War­um läuft so schö­ne Musik nicht im Radio?

22. The Wom­bats – This Modern Glitch
„Tokyo (Vam­pi­res & Wol­ves)“, die (Weit-)Vorab-Single zum Zweit­werk der Wom­bats, war eine ver­dammt gro­ße Ansa­ge und mein Song des Jah­res 2010. „This Modern Glitch“ löst das Ver­spre­chen der Sin­gle weit­ge­hend ein: Cle­ve­rer Indie­rock mit viel Gele­gen­heit zum Mit­sin­gen und ‑tan­zen, der sich dank aus­ufern­dem Syn­thie-Ein­satz vom schlich­ten Jungs-mit-wil­den-Haa­ren-schau­keln-ihre-Gitar­ren-im-Ach­tel­takt-Gedöns abhebt.

21. The Decem­be­rists – The King Is Dead
Autos, die auf end­lo­sen stau­bi­gen ame­ri­ka­ni­schen High­ways Rich­tung Son­nen­un­ter­gang brau­sen. Jetzt haben Sie zumin­dest ein Bild von den Bil­dern, die „The King Is Dead“ in mir beim Hören aus­löst. Recht coun­try­las­tig ist es gewor­den, das sechs­te Album der Band um Colin Meloy, aber fern­ab des schreck­li­chen Kom­merz-Radio-Coun­try und fern­ab von Truck Stop. Wenn Sie mich jetzt ent­schul­di­gen, ich geh grad mei­nen LKW-Füh­rer­schein machen.

20. Yuck – Yuck
Die Neun­zi­ger sind zurück und mit ihnen die Shoe­ga­ze-Bands mit unschein­ba­ren Front­män­nern und Jeans­hem­den. „Yuck“ ent­hält zwölf char­man­te Pop­songs, die sich ein biss­chen hin­ter ver­zerr­ten Gitar­ren ver­ste­cken, und sich des­halb viel­leicht nicht immer sofort ent­fal­ten.

19. Fink – Per­fect Dark­ness
Ich habe nie eine Lis­te im Kopf gehabt, was wohl die bes­ten Kon­zer­te gewe­sen sein könn­ten, die ich in mei­nem Leben besucht habe. Dann habe ich Fink im Okto­ber in der Bochu­mer Zeche gese­hen und war mir sicher, dass er es gera­de min­des­tens in die bis­her nicht vor­han­de­ne Top 5 geschafft hat­te. Was für ein kla­rer Sound, was für gran­dio­se Songs, wie per­fekt dar­ge­bo­ten von Fin Green­all und sei­ner Band. Ich habe „Per­fect Dark­ness“ viel zu sel­ten gehört, weil es mir von der Stim­mung her meis­tens nicht pass­te, aber es ist ein sehr, sehr gutes Album, so viel ist klar.

18. Jack’s Man­ne­quin – Peo­p­le And Things
„The Glass Pas­sen­ger“, das zwei­te Album von Jack’s Man­ne­quin, war für mich per­sön­lich das wich­tigs­te Album der letz­ten fünf Jah­re, viel­leicht habe ich in mei­nem gan­zen Leben kein Album so oft gehört wie die­ses. Der Nach­fol­ger muss­te also gegen schier über­mensch­li­che Erwar­tun­gen ankämp­fen und konn­te nur ver­lie­ren. Tat­säch­lich waren die ers­ten fünf, sechs Durch­gän­ge eine Ent­täu­schung, ich war schon kurz davor, „Peo­p­le And Things“ ein­fach im Regal ver­schwin­den zu las­sen. Aber so lang­sam habe ich mich dann doch in die Songs rein­ge­hört. Sie sind zwar ins­ge­samt schon arg glatt gera­ten, aber ich kann Andrew McMa­hon ein­fach nicht wider­ste­hen, wenn er von den Her­aus­for­de­run­gen und Rück­schlä­gen des Lebens singt, die es zu meis­tern und zu über­win­den gilt. Das kann man alles ganz, ganz schreck­lich fin­den, aber ich fin­de es wun­der­bar.

17. Delay Trees – Delay Trees
„Kun­den, denen Band Of Hor­ses gefiel, kauf­ten auch Delay Trees“. Steht da merk­wür­di­ger­wei­se nicht, wür­de aber stim­men. Ich ken­ne das Debüt der fin­ni­schen Indie­band erst seit weni­gen Wochen, des­we­gen bin ich womög­lich ein biss­chen zu vor­sich­tig mit mei­nem Lob, aber allein der Ope­ner „Gold“ ist mit sei­ner ste­ti­gen Stei­ge­rung ein wah­res Meis­ter­werk. Die­se Mischung aus Melan­cho­lie und Eupho­rie hält an und lässt das gan­ze Album klin­gen wie den Sound­track zu dem Moment, in dem man sich nach einer durch­fei­er­ten Nacht und nach Son­nen­auf­gang ins Bett fal­len lässt.

16. Cold War Kids – Mine Is Yours
Manch­mal ist die Musik­welt schon rät­sel­haft: Wäh­rend die Kings Of Leon inzwi­schen rie­si­ge Are­nen fül­len, tre­ten die Cold War Kids nach wie vor in klei­nen Clubs auf. Dafür haben sie kei­nen Song über sexu­ell über­trag­ba­re Krank­hei­ten, der dank Dau­er­pe­ne­tra­ti­on in Clubs, Radi­os und Fuß­ball­sta­di­en inzwi­schen unhör­bar gewor­den ist, son­dern leicht ange­schmutz­te Rock­hym­nen wie den Titel­song oder „Lou­der Than Ever“.

15. R.E.M. – Col­lap­se Into Now
Das war es dann also, das letz­te Album die­ser leben­den Legen­den aus Athens, GA. Und alle kamen noch mal vor­bei, um ihre Auf­war­tung zu machen: Pat­ti Smith und Len­ny Kaye, Eddie Ved­der, Pea­ches und Joel Gibb von den Hid­den Came­ras. Es war ein wür­de­vol­ler Abschied, der nur einen Nach­teil hat­te: „Col­lap­se Into Now“ war bereits das fünf­zehn­te Album einer Band, die so vie­le Klas­si­ker geschaf­fen hat­te, dass jeder neue Song ein biss­chen sinn­los und unnö­tig wirk­te. Aber, mein Gott: Das ist Jam­mern auf aller­höchs­tem Niveau.

14. Jupi­ter Jones – Jupi­ter Jones
Kei­ner Band der Welt hab ich ihren spä­ten Erfolg so sehr gegönnt wie Jupi­ter Jones: Jah­re­lang hat sich die Trup­pe den Arsch abge­spielt, jetzt dür­fen sie end­lich den Lohn der Arbeit ein­fah­ren. Dass nach „Still“, im Früh­jahr die meist­ge­spiel­te deutsch­spra­chi­ge Sin­gle im Radio, jetzt auch Revol­ver­held-Hörer zu Hun­der­ten in die Kon­zer­te strö­men, ist völ­lig okay: Ers­tens ist das ein­fach ein groß­ar­ti­ger Song und zwei­tens ent­schä­digt die Fas­sungs­lo­sig­keit, die sich ein­stellt, wenn Jupi­ter Jones Songs aus ihrem Punk-Früh­werk aus­pa­cken, für alles. Den höhe­ren Preis eines erfolg­rei­chen Major-Acts muss die Band im Janu­ar zah­len, wenn „Jupi­ter Jones“ als „Delu­xe Edi­ti­on“ erneut auf den Markt geschmis­sen wird.

13. Dra­ke – Take Care
Es ist ein biss­chen trau­rig, dass in Rezen­sio­nen immer wie­der dar­auf hin­ge­wie­sen wer­den muss, dass es auch intel­li­gen­ten Hip-Hop gibt – zumal das dann gleich an den lang­wei­li­gen deut­schen „Stu­den­ten­rap“ erin­nert. Las­sen Sie es mich also so sagen: „Take Care“ ist ein sehr lan­ges, sehr zurück­ge­lehn­tes Album, das so unge­fähr das Gegen­teil von all dem Protz- und Blingbling-Rap dar­stellt, den man sonst (mut­maß­lich) im Musik­fern­se­hen sieht. Wenn Dra­ke über „bit­ches“ und sex („four times this week“) rappt, dann selbst­re­fle­xiv und ‑kri­tisch. Das Album ist ein acht­zig­mi­nü­ti­ger Emo-Kater, nach dem man alles wer­den möch­te, nur nicht erfolg­rei­cher Rap­per. Ande­rer­seits: Wenn dabei so gran­dio­se Musik her­um­kommt …

12. The Low Anthem – Smart Fle­sh
Beim Hald­ern 2010 stand ich mit offe­nem Mund im Spie­gel­zelt und konn­te mich nicht ent­schei­den, ob ich jetzt Gän­se­haut krie­gen, los­heu­len oder vor lau­ter Schön­heit ein­fach tot umfal­len soll­te. 2011 spiel­ten The Low Anthem dann auf der gro­ßen Büh­ne, aber das Publi­kum war fast stil­ler als im letz­ten Jahr. Was für ein berüh­ren­des, groß­ar­ti­ges Folk-Album!

11. The Moun­tain Goats – All Eter­nals Deck
Über Jah­re waren die Moun­tain Goats immer nur via Rock­ma­ga­zin-Sam­pler am Ran­de mei­ner Wahr­neh­mung auf­ge­taucht, bis mir eine Freun­din die­ses Jahr (genau genom­men: vor zwei Wochen) „Never Quite Free“ vor­spiel­te. Nach­dem ich den Song etwa zwei Dut­zend Mal auf You­Tube gehört hat­te, woll­te ich mehr und „All Eter­nals Deck“ hält viel davon bereit: Vom hin­ge­rotz­ten „Estate Sale Sign“ bis zu dunk­len Bal­la­den wie „The Age Of Kings“. Und natür­lich immer wie­der „Never Quite Free“.

10. Ade­le – 21
Über Wochen hat­te ich „Rol­ling In The Deep“ im Radio gehört und für „ganz gut“ befun­den, dann stand ich wäh­rend der Pro­ben zur Echo-Ver­lei­hung irgend­wo hin­ter der Büh­ne, guck­te auf einen der Kon­troll­mo­ni­to­re und dach­te „Wow!“ Trotz­dem brauch­te es noch acht Mona­te und gefühl­te zwan­zig Sin­gle­aus­kopp­lun­gen, bis ich mir „21“ end­lich gekauft habe. Was für ein tol­les Album das ist und wie unka­putt­bar die Songs selbst bei maxi­ma­ler Radio­ro­ta­ti­on sind! Mit Unter­stüt­zung von unter ande­rem Rick Rubin und Dan Wil­son (Semiso­nic) hat Frau Adkins hier ein Album geschaf­fen, das sicher in eini­gen Jah­ren als Klas­si­ker gel­ten wird. Und wer „Someone Like You“ unge­rührt über­steht, soll­te viel­leicht mal beim Arzt fest­stel­len las­sen, ob er nicht viel­leicht einen Eis­klotz im Brust­korb spa­zie­ren trägt.

9. Noah And The Wha­le – Last Night On Earth
Noah And The Wha­le waren für mich so eine typi­sche Hald­ern-Band: Hun­dert­mal auf Pla­ka­ten und im Pro­gramm­heft gele­sen, aber nie bewusst gese­hen. Dann habe ich „L.I.F.E.G.O.E.S.O.N.“ gehört, die­ses eben­so dreis­te wie gelun­ge­ne Bei­na­he-Kinks-Cover. Und was soll ich sagen? Auch das Album lohnt sich: Makel­lo­ser Indiepop mit schö­nen Melo­dien und durch­dach­ten Arran­ge­ments, der irgend­wie direkt in die Eupho­rie­steue­rung mei­nes Gehirns ein­greift.

8. Exam­p­le – Play­ing In The Shadows
Hip-Hop, House, Grime, Dub­step, Indie – alles, was heut­zu­ta­ge mehr oder weni­ger ange­sagt ist, ist in der Musik von Elli­ot Glea­ve ali­as Exam­p­le ent­hal­ten. Vom stamp­fen­den „Chan­ged The Way You Kissed Me“, das jedem Auto­scoo­ter gut zu Gesicht stün­de, über das fast brit­pop­pi­ge „Micro­pho­ne“ bis hin zum dra­ma­ti­schen „Lying To Yours­elf“: Exam­p­le rappt und singt sich durch die ver­schie­dens­ten Sti­le und schafft damit ein abwechs­lungs­rei­ches, aber in sich völ­lig schlüs­si­ges Album, das irgend­wie all das abdeckt, was ich im Moment gern hören möch­te.

7. Cold­play – Mylo Xylo­to
Es scheint unter Jour­na­lis­ten und ande­ren Indi­en­a­zis inzwi­schen zum guten Ton zu gehö­ren, Cold­play schei­ße zu fin­den. „Iiiih, sie sind erfolg­reich, ihre Kon­zer­te machen Band und Publi­kum Spaß und über­haupt: Ist das nicht U2?“, lau­tet der Tenor und tat­säch­lich kann ich vie­le Kri­tik­punk­te ver­ste­hen, aber nicht nach­voll­zie­hen. Auf „Mylo Xylo­to“ sind Cold­play so unge­stüm unter­wegs wie noch nie, ihre Songs sind über­dreht und uplif­ting und zwi­schen­durch schlie­ßen sie mit ruhi­gen Akus­tik­num­mern den Kreis zu ihrem ers­ten Album „Parach­u­tes“ aus dem Jahr 2000. Seit „A Rush Of Blood To The Head“ hat mich kein Album von Cold­play mehr so begeis­tert und womög­lich sind die vier Eng­län­der tat­säch­lich die letz­te gro­ße Band. Kaum eine ande­re Band schafft es, ihren Sound mit jedem Album so zu ver­än­dern und sich doch immer treu zu blei­ben. Wenn sie jetzt auf einem Album Alex Chris­ten­sen und Sigur Rós samplen und ein Duett mit Rihan­na sin­gen, dann ist das so kon­se­quent zu Ende gedach­te Pop­mu­sik, wie sie außer Lady Gaga kaum jemand hin­be­kommt. Und wenn das jetzt alle hören, soll­te man das fei­ern – es gibt ja nun wirk­lich Schlim­me­res.

6. Bright Eyes – The People’s Key
So rich­tig hohe Erwar­tun­gen hat­te wohl nie­mand mehr an die Bright Eyes. Zu egal waren Con­nor Obersts letz­te Lebens­zei­chen gewe­sen. Und dann kommt er ein­fach und haut ein Indierock­al­bum raus, zu dem man sogar tan­zen kann. Gut: Die Pas­sa­gen mit gespro­che­nem Text und Welt­raums­ounds muss man natür­lich aus­hal­ten, aber dafür bekommt man ein merk­wür­dig opti­mis­ti­sches Gesamt­werk und mit „Shell Games“ einen fast per­fek­ten Pop­song.

5. James Bla­ke – James Bla­ke
Nie in mei­nem Leben habe ich hef­ti­ge­re Bäs­se in mei­nem Kör­per vibrie­ren spü­ren als bei James Blakes Auf­tritt auf dem Hald­ern Pop. Es reg­ne­te leicht und die­se Sin­ger/­Song­wri­ter-Post-Dub­step-Songs zogen über das Publi­kum wie sehr gefähr­li­che Gewit­ter­wol­ken. Die­se düs­te­re und anstren­gen­de Musik ist nicht für die Beschal­lung von Din­ner­par­tys geeig­net, aber sie ist ver­dammt bril­lant.

4. The Pains Of Being Pure At Heart – Belong
Die Neun­zi­ger sind, wie gesagt, zurück und The Pains Of Being Pure At Heart haben ihr Shoe­ga­ze-Erfolgs­re­zept von vor zwei Jah­ren um mini­ma­le Grunge-Ein­spreng­sel erwei­tert. Das ist auf Plat­te eben­so schön wie live und beglei­tet mich jetzt seit Mai.

3. Jona­than Jere­mi­ah – A Soli­ta­ry Man
Auf dem Hald­ern Pop Fes­ti­val war ich so weit, dass ich dem nächs­ten Jun­gen mit Akus­tik­gi­tar­re sel­bi­ge über den Schä­del zie­hen woll­te. Dann hör­te ich „Hap­pi­ness“ von Jona­than Jere­mi­ah im Radio und war begeis­tert. Der Mann packt die See­le zurück in Soul – und alles Ande­re hab ich ja schon im August geschrie­ben.

2. Ed Sheeran – +
Na so was: Noch ein Jun­ge mit Gitar­re! Ed Sheeran war wäh­rend mei­nes Schott­land-Urlaubs im Sep­tem­ber das Hype-The­ma auf der Insel und er ist so etwas wie das feh­len­de Bin­de­glied zwi­schen Dami­en Rice und Jason Mraz, zwi­schen Get Cape. Wear Cape. Fly und Niz­lo­pi. Die ruhi­gen Songs sind erschre­ckend anrüh­rend, ohne jemals Gefahr zu lau­fen, kit­schig zu wer­den, und bei den schnel­le­ren Stü­cken kann der 21-Jäh­ri­ge (fuck it, I’m old) bewei­sen, dass er genau­so gut rap­pen wie sin­gen kann. „+“ ist ein phan­tas­ti­sches Album, das ich gar nicht oft genug hören kann. In Deutsch­land kommt es im neu­en Jahr raus.

1. Bon Iver – Bon Iver
Noch ein Jun­ge mit Gitar­re. Und noch zwei Gitar­ren. Und ein Bass. Syn­the­si­zer. Eine Blä­ser­sek­ti­on. Und nicht einer, son­dern gleich zwei Schlag­zeu­ger. Jus­tin Ver­non hat gut dar­an getan, sei­ne als Ein-Mann-Pro­jekt gestar­te­te Band zur Big­band aus­zu­bau­en, und einen deut­lich opu­len­te­ren Sound zu wäh­len als bei „For Emma, Fore­ver Ago“. So las­sen sich Debüt und Zweit­werk kaum ver­glei­chen und „Bon Iver“ kann ganz für sich selbst ste­hen mit sei­nen Tracks, die teil­wei­se eher Klang­räu­me sind als Songs, und die trotz­dem ganz natür­lich und kein Stück kal­ku­liert wir­ken. Vom anfäng­li­chen Zir­pen des Ope­ners „Perth“ bis zu den letz­ten Echos des viel dis­ku­tier­ten Schluss­songs „Beth/​Rest“ ist „Bon Iver“ ein Meis­ter­werk, an dem 2011 nichts und nie­mand vor­bei­kam.

Hin­weis: Bit­te hal­ten Sie sich beim Kom­men­tie­ren an die Regeln.

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You should have known by now you were on my list

Nach­dem Lukas nun seit Wochen schon erheb­li­che Stü­cke sei­ner Zeit dafür auf­bringt, die letz­ten zehn Jah­re nach den musi­ka­li­schen Häfen sei­nes Lebens zu durch­fors­ten, ((Für den Strauß Stil­blü­ten, der in den nächs­ten Zei­len sicher noch dicker wer­den wird, darf man sich dann am Schluss bei mir bedan­ken.)) macht sich mitt­ler­wei­le ange­sichts des mit Pfer­den und Streit­wa­gen her­an­brau­sen­den Jah­res­en­des auch bei mir der Zug­zwang bemerk­bar, zumin­dest die letz­ten zwölf Mona­te die­ses über­durch­schnitt­lich guten Plat­ten­jah­res in eine gewis­se, zumin­dest für mich gül­ti­ge Ord­nung zu brin­gen.

Wenn ich mei­nen last.fm-Statistiken Glau­ben schen­ken darf, und das ist auf­grund eini­ger über das ers­te Quar­tal 2009 ver­teil­ten Kom­plett­ab­stür­ze mei­nes alten Rech­ners, denen regel­mä­ßig eine eher spo­ra­di­sche Neu­in­stal­la­ti­on irgend­wel­cher Sta­tis­tik-Plug­ins folg­te, höchst frag­wür­dig, dann beginnt das Jahr und beginnt die­se Rang­lis­te mit bedenk­lich hoher Rota­ti­on des Albums „Noble Beast“ von Andrew Bird, der mich schon mit der 2007 erschie­ne­nen Plat­te „Arm­chair Apo­crypha“ an mei­ner despek­tier­li­chen Hal­tung gegen­über Sport­mu­sik und Muckertum hat­te zwei­feln las­sen. Ent­ge­gen der sta­tis­ti­schen Hin­wei­se kann ich mich aller­dings selt­sa­mer­wei­se kaum dar­an erin­nern, Birds jüngs­tes Werk ein­ge­hend unter die Lupe genom­men zu haben, im Gegen­teil erin­ne­re ich mich nur noch dar­an, dass im Ope­ner „Oh No!“ an einer Stel­le von einem Gefäng­nis die Rede ist. Den Rest der Songs fin­de ich in der Rück­schau ent­we­der gar nicht mehr, oder ziem­lich bedeu­tungs­los. Den­noch steht der Mann hier, weil mich die rela­ti­ve Ent­täu­schung über „Noble Beast“ dazu ver­lei­tet hat, „Arm­chair Apo­crypha“ wie­der zu hören, wenn nicht gera­de der ver­ma­le­dei­te Com­pu­ter wie­der im Abrau­chen begrif­fen war. Daher gibt es hier jetzt also für die­ses nicht 2009 erschie­ne­ne Album von mir Platz 10 des Jah­res 2009. Schö­ne Dop­pel­stan­dards habe ich ja.

Auf Lis­ten­platz 9 lan­det eine Schei­be, bei der ich mir zum Zeit­punkt ihres Erschei­nens, also im März, noch unum­stöß­lich sicher war, dass nichts und nie­mand mehr dazu in der Lage sein wür­de, mich davon abzu­brin­gen, es schon aus der hier seman­tisch über­aus schief ver­wen­de­ten ex-ante-Per­spek­ti­ve zum Album des Jah­res zu erklä­ren. „Hazards Of Love“ von The Decem­be­rists ist im posi­ti­ven Sin­ne ein Kon­zept­al­bum ((Wenn ich im Zusam­men­hang mit Kon­zept­al­ben von posi­ti­vem Sinn spre­che, mei­ne ich das durch­aus als tie­fe Wür­di­gung des Künst­lers. Das letz­te „Kon­zept­al­bum“, das mir von Freun­den als hör­bar nahe­ge­legt wor­den ist, war irgend­was von Dream Thea­ter und kann mitt­ler­wei­le nach­hal­tig dazu ver­wen­det wer­den, mich in rasen­der Geschwin­dig­keit aus der Woh­nung zu jagen. Ob ich kom­plett ange­klei­det bin oder nicht.)) über so eine Art Lie­bes­ge­schich­te. Aller­dings wer­den da wohl auch Prot­ago­nis­ten von wil­den Vögeln ent­führt und ins heu­ti­ge Russ­land depor­tiert (ganz habe ich das noch nicht ver­stan­den, viel­leicht kommt das noch). Jeden­falls ist das ein wun­der­ba­res Album von einer eben­so wun­der­ba­ren Band, die wun­der­ba­rer­wei­se am lau­fen­den Band Auf­nah­men ver­öf­fent­licht, ohne dass das nervt. War­um „Hazards Of Love“ hier also nicht an der Pole Posi­ti­on steht, ((Zu Ihrem Stil­blü­ten­strauß haben Sie nun noch eine beson­ders präch­ti­ge Rose dazu­ge­schenkt bekom­men.)) lässt sich wohl nur dadurch erklä­ren, dass irgend­wann fol­gen­de Din­ge pas­siert sind:

Ich freun­de­te mich mit Ani­mal Coll­ec­ti­ve an, was schon allein dadurch etwas Beson­de­res ist, weil ich ein paar Jah­re vor­her noch jedem ver­gif­te­te Bli­cke zuge­wor­fen hat­te, der mir deren vor­letz­tes Album „Feels“ nahe­le­gen woll­te. Für mich war die­se Band und alles mit ihr Zusam­men­hän­gen­de ein vager Abklatsch von längst ver­bli­che­nen Idol­fi­gu­ren wie Cir­cu­la­to­ry Sys­tem, Oli­via Tre­mor Con­trol und so wei­ter, mit dem Unter­schied, dass Ani­mal Coll­ec­ti­ve es für mei­nen Geschmack ein wenig über­trie­ben mit der Psy­che­de­li­tät. Und nun die­se Plat­te! „Mer­ri­wea­ther Post Pavil­li­on“ ist einer der für mich (und ver­mut­lich jeden ande­ren auch) sel­te­nen Fäl­le, die sofort mit vol­ler Wucht ein­schla­gen und danach trotz­dem immer noch bes­ser und aber vor allen Din­gen nicht lang­wei­lig wer­den. Die­ses Album ver­ur­sacht in mir ein nicht mehr weg­zu­leug­nen­des Bedürf­nis zu tan­zen, ((Liegt auf mei­ner per­sön­li­chen Wert­schät­zungs­ska­la nur knapp ober­halb von Kon­zept­al­ben, dies­mal aber eher aus voll­kom­men per­sön­li­chen Grün­den.)) wo es mög­lich ist und ist auch sonst ein­fach ziem­lich per­fekt. Lei­der habe ich es erst sehr spät ken­nen­ge­lernt (lies: vor knapp ein­ein­halb Mona­ten) und kann es des­halb lei­der noch nicht guten Gewis­sens höher ein­stu­fen als auf Platz 8. Aber fra­gen Sie mich nächs­tes Jahr noch­mal, wie ich retro­spek­tiv ent­schei­den wür­de!

Ich sprin­ge chro­no­lo­gisch. Sie haben das viel­leicht schon geahnt. Wenn ich mir also den Juni die­ses Jah­res so auf last.fm angu­cke, erschleicht mich ein Pein­lich­keits­ge­fühl und noch dazu eine Mah­nung an so etwas wie eine Pflicht­schul­dig­keit, näm­lich dahin­ge­hend, dass es ja eigent­lich nicht sein kann, dass man über vier Wochen hin­weg nicht nur einen ein­zi­gen Künst­ler, son­dern tat­säch­lich immer ein- und das­sel­be Album des glei­chen Künst­lers hört, wie­der und wie­der. Die­ses Delik­tes habe ich mich schul­dig gemacht, und das auch noch mit schmie­rigs­tem eng­li­schen Indie­rock, den man drü­ben beim NME in der Jah­res­end­lis­te ver­mut­lich auch irgend­wo auf­ge­führt hat, aber fra­gen Sie mich nicht, ich habe kei­ne Ahnung vom NME, die Charts dort ver­fol­ge ich qua­si nicht. Ich ver­mu­te ein­fach, dass die da eine Gre­at-Bri­tain-Quo­te haben, die ihnen ver­bie­tet, mehr als fünf­zig Pro­zent der jewei­li­gen Charts von Nicht-Bri­ten ein­neh­men zu las­sen, andern­falls wird wohl ein­fach irgend­was ein­ge­fügt, das ent­fernt nach Franz Fer­di­nand klingt. Aber ich schwei­fe ab: Die­ses schlei­mi­ge, auf Hoch­glanz polier­te und viel zu pathe­ti­sche Album, das mich aus Grün­den der inne­ren Kohä­renz und der Gefühls­ge­walt so umge­wor­fen hat, dass ich wage, ihm eine bes­se­re Stel­le als den Decem­be­rists zukom­men zu las­sen, ist „Wall Of Arms“ von The Mac­ca­bees. Man kann heut­zu­ta­ge kei­nen toten Fisch wer­fen, ohne jeman­den zu tref­fen, der genau­so klingt, ich weiß, aber den­noch: Sehr schö­nes Ding. Emp­feh­lens­wert ist hier ins­be­son­de­re der Song „Wil­liam Powers“. Platz 7 für die Mac­ca­bees und „Wall Of Arms“.

Irgend­wann im Sep­tem­ber stol­per­te ich über eine Band namens Tap Tap, von der ich abso­lut gar nichts weiß, außer, dass sie dem Akzent des Sän­gers nach eben­falls aus dem Ver­ei­nig­ten König­reich stammt und ein Album namens „On My Way“ her­aus­ge­bracht hat­te. Es pas­siert mir indes nicht oft, dass mich eine Plat­te so über­zeugt wie die­se hier, ohne dass ich auch nur den gerings­ten Schim­mer habe, wer eigent­lich dahin­ter steckt. Ver­mut­lich hängt das mit der Mini­mal­men­ge Fan­boy-Tum zusam­men, die einen dazu bringt, erst­mal anhim­meln kön­nen zu wol­len, ehe man ent­schei­det, das Pro­dukt auch „objek­tiv“ gut zu fin­den. Aber hier! So ein­fa­che, eigent­lich so sehr nach Sche­ma F kom­po­nier­te Songs, dass man sofort wie­der Pearl Jam hören dür­fen will, und den­noch so ori­gi­nell und Ver­trau­ens­vor­schuss hei­schend, dass es mir schon arg Weh tun wür­de, müss­te ich irgend­wann her­aus­fin­den, dass Tap Tap eine Band von poli­tisch am rech­ten Rand sich tum­meln­den Sau­er­kraut­stamp­fern wären, die wochen­tags ger­ne Vor­schul­kin­dern die Base­ball­müt­zen vom Kopf schie­ßen oder sowas. Aber ich glau­be auch nicht, dass es so weit kom­men muss. Platz 6 over here!

Jetzt wird es ernst. Bei allem, was jetzt kommt, muss­te ich für die fina­le Rei­hen­fol­ge der­art grü­beln, dass sich an mei­nen Schlä­fen nun tat­säch­li­che Grü­bel­gru­ben gebil­det haben, aus denen man dann ger­ne mal kol­lek­tiv Zwie­bel­dip abs­tip­pen darf, soll­te ich der­einst als Tisch in einem mexi­ka­ni­schen Restau­rant ange­stellt sein. Es muss daher jetzt auch ver­gleichs­wei­se schnell gehen, weil ich mir das mit dem Grü­beln nicht so rich­tig abge­wöh­nen konn­te und nun, ein­mal ent­schlos­sen, lie­ber mit geschlos­se­nen Augen durch die Wand fah­re, als mich wie­der in end­lo­sen Abwä­gun­gen wie­der zu fin­den.

Platz 5 die­ser mit nie­man­dem abge­spro­che­nen und über­aus sub­jek­ti­ven Album­chart­lis­te des ver­gan­ge­nen Jah­res geht an eine klei­ne, fei­ne Band namens Clues, die aller­dings inso­fern hoch­ka­rä­tig ist, als in ihr sowohl ein ehe­ma­li­ges Mit­glied der Uni­corns als auch ein Prä-Fun­e­ral-Mit­mu­si­ker von The Arca­de Fire ihr zwei­fels­oh­ne ernst gemein­tes Blut-Schweiß-Trä­nen-Hand­werk tun. Im Mai ver­öf­fent­lich­ten sie ihr selbst­be­ti­tel­tes Debut, bei dem es sich um den sprich­wört­li­chen Wahn­sinn han­delt. Der Grund, war­um die­ses Album fünf Plät­ze fal­len muss­te und des­halb nicht auf dem ers­ten Platz liegt, ist ein in der Mit­te des Albums ver­or­te­ter Song namens „You Have My Eyes Now“, bei dem ich über­haupt kei­nen Zugang fand, und der mei­nes Erach­tens auch kohä­renz­mä­ßig über­haupt nicht auf die­ses Album passt. Natür­lich will ich nicht behaup­ten, dass ich die minu­ti­ös geplan­te Lied­ab­fol­ge solch einer guten Plat­te bes­ser ver­ste­he als die betref­fen­de Band selbst, aber in die­sem Fall hat sich immer eine sehr inter­es­san­te Rei­se in mei­nem Kopf auf­ge­baut, ehe die­ser Track eine Ver­wir­rung bei mir aus­löst, die mich lei­der zum sofor­ti­gen Wei­ter­skip­pen zwingt.

Platz 4 geht an „The Con­for­mist“ von Dove­man, einem jun­gen Mann, der mir als Tour­po­sau­nist der fan­tas­ti­schen New Yor­ker Band The Natio­nal bekannt wur­de. „The Con­for­mist“ ist eine sehr ruhi­ge und bestän­dig trau­ri­ge, aber natür­lich auch aus ande­ren Grün­den schö­ne Plat­te, die unter ande­rem mit Bryce und Aaron Dess­ner von The Natio­nal auf­ge­nom­men und pro­du­ziert wur­de. Ab und an, zum Bei­spiel im Song „Angel’s Share“ hört man gar Matt Ber­nin­ger als zwei­te Stim­me mit­grum­meln, was für jeman­den, der wie ich eine durch­aus irra­tio­na­le Lie­be zu The Natio­nal pflegt, eine ver­mut­lich eben­so irra­tio­na­le Ver­klä­rung aller Musik, in der die drin hän­gen, bedeu­tet. Aber das ist ja dann auch wie­der egal, wenn das Pro­dukt so schön klingt. Super Sache! ((Eine eben­so super Sache ist außer­dem, dass wei­te­re Back­ing Vocals von einer gewis­sen Norah Jones gesun­gen wur­den, zu der man ver­mut­lich auch nur eine höchst irra­tio­na­le Lie­be haben kann, was im vor­lie­gen­den Fall aber auch so ist.))

Roy­al Bangs aus Knox­ville grei­fen für ihr zwei­tes Album „Let It Beep“ den drit­ten Platz ab. Es gibt ja immer sol­che Schei­ben, an denen alles stimmt. Die letz­te die­ser Art, die nicht aus 2009 stammt und an die ich mich ohne Hil­fe erin­nern kann, ist „Recon­s­truc­tion Site“ von The Wea­k­erthans. ((Musik, Lyrics und Art­work waren so umwer­fend, dass ich schon beim drit­ten oder vier­ten Hören wuss­te, dass hier jemand mal eben ein Meis­ter­werk abge­lie­fert haben muss­te, schein­bar ohne beson­ders exal­tiert mit irgend­wel­chen Wim­pern zu zucken.)) Die­ses Jahr gibt es für mich immer­hin zwei die­ser Art. Eine davon ist die eben Genann­te der Roy­al Bangs, die ich mir ein­zig und allein wegen des Covers zuleg­te und dann zwei Wochen am Stück hören muss­te, wo ich ging und stand (eine Aus­drucks­wei­se, die vom Erschaf­fer der­sel­ben ver­mut­lich wohl doch eher aus­schließ­lich für das Prä­sens gedacht war). Inner­halb die­ser zwei Wochen gab es dann auch noch über­ra­schend ein Kon­zert im Kreuz­ber­ger „West­ger­ma­ny“, was natür­lich kein Zufall sein konn­te. Elek­tro-Rock ohne alles, was das Wort „Elek­tro-Rock“ zu einem so wir­kungs­vol­len Brech­mit­tel machen kann. Die Her­ren lan­den aus Grün­den der lei­der nicht ver­schwin­dend gerin­gen „Tot-Hör­bar­keit“, aber auch des­halb auf dem drit­ten Platz, weil ich ihnen dank oben erwähn­ten Kon­zer­tes einen gewis­sen Malus ein­räu­men muss: Sel­ten habe ich eine Band, die ihre Songs so gut vor­trägt, so lust­los erlebt, mut­maß­lich auf­grund der viel­leicht zwan­zig anwe­sen­den Gäs­te. Das Kon­zert selbst war super, aber es hät­te wegen der sie­ben Tage Regen­wet­ter, die in den Band­ge­sich­tern statt­fan­den, mit geschlos­se­nen Augen höchst­wahr­schein­lich viel bes­ser gefal­len. Nur mäßig ent­schuld­ba­res Ver­hal­ten, lei­der.

Platz zwei erhält ein­deu­tig „Eski­mo Snow“ von WHY?. Ein fan­tas­ti­sches Album aus Folk­songs von Hip­hop-Musi­kern, die schon mit ihrer letz­ten Ver­öf­fent­li­chung „Alo­pe­cia“ etwas her­aus­ge­bracht hat­ten, was nir­gends ein­zu­ord­nen war und den­noch – nicht: „gera­de des­halb“ ((Ein­fach weil der Stil­blü­ten­strauß wohl sonst am Pack­li­mit ange­kom­men und bei Über­tre­tung der Gewichts­gren­ze nur noch als Sperr­gut zu trans­por­tie­ren wäre.)) – ein­gän­gig und nach­hal­tig erhei­ternd. „Eski­mo Snow“ ist nun etwas ganz ande­res als alle Vor­gän­ger­al­ben, viel­leicht dadurch auch gewöh­nungs­be­dürf­tig, aber ich bit­te Sie: Hören Sie es durch. Viel­leicht vier­mal, viel­leicht hun­dert­mal. Sie wer­den es lie­ben, allein für Tex­te wie „And when a thing starts finis­hing around me, I faint or fake a mousta­che, an accent, or flee, in fear my expi­red licen­se be pul­led by sheer pro­xi­mi­ty“, aber wahr­schein­lich auch für das gan­ze Drum­her­um. ((Mei­ne Damen und Her­ren, der Stil­blü­ten­strauß ist soeben an Adi­po­si­tas ver­en­det und lässt sich nun auch nicht mehr durch ein bei­läu­fig ein­ge­wor­fe­nes „Bit­te eine Packung gute Lau­ne mit­brin­gen!“ ins Leben zurück­ho­len. Das haben wir nun davon!))

So nun, zu Platz 1. Ich mache es kurz und schmerz­los: „Vecka­ti­mest“ von Grizz­ly Bear. Nein, ich möch­te gar nicht hypen. Unter allen Umstän­den will ich das ver­mei­den. Man soll­te viel­leicht den­ken, dass es nach allen Lob­hu­de­lei­en auf die­se Plat­te lang­sam ein­mal genug wäre, aber: Nein, ist es nicht. Dies ist eines der bei­den Alben, bei denen in die­sem Jahr für mich schon beim ers­ten Hören der Musik und Sehen des Art­works nichts auch nur vage unan­ge­nehm auf­stößt, son­dern mit jedem Blick und Hin­hö­ren, so flüch­tig bei­des auch sein mag, nur wächst und wächst. Das hier ist aber schon des­halb weit groß­ar­ti­ger, weil es min­des­tens zehn­fa­ches Anhö­ren der gesam­ten CD braucht, um es über­haupt auch nur in Tei­len so weit ver­stan­den zu haben, dass man es ohne Vor­ur­tei­le gegen­über einer Pseu­do-Prog-Rock-Hal­tung, die Grizz­ly Bear von ande­ren schon nach­ge­sagt wor­den ist, gut fin­den kann. Hat man sich aller­dings dar­auf ein­ge­las­sen, ist es mei­ner Ansicht nach völ­lig unmög­lich, das Gefal­len an die­sem Album zu ver­lie­ren, im Gegen­teil ist man bis auf Wei­te­res dazu ver­ur­teilt, es nach jedem Durch­hö­ren um ein Viel­fa­ches mehr zu mögen als vor­her, sofern das über­haupt mög­lich ist. Auf Schul­tern klop­fen und „Sehr gut gemacht!“ sagen möch­te man hier.

So. Ich freue mich, der­glei­chen mit Ihnen allen geteilt zu haben! Aller­dings kann ich, wie bereits gesagt, nicht garan­tie­ren, dass ich in einer leicht ande­ren Tages­form die ers­ten fünf Plät­ze nicht voll­kom­men anders geord­net hät­te. Ich hof­fe, Sie ver­zei­hen mir das. Außer­dem soll­te noch gesagt wer­den, dass es die­ses Jahr auch eini­ge sehr schö­ne Plat­ten gab, die nicht zu mei­nen zehn Favo­ri­ten gehö­ren, bei­spiels­wei­se „Bit­te Orca“ von den Dir­ty Pro­jec­tors, die ich noch vor Kur­zem intern auf Platz 2 geführt habe. Aber die­se Din­ge ändern sich schnell, und inso­fern ist es viel­leicht gut, wenn ich wie jedes Jahr nicht möch­te, dass sich irgend­ein Album ärgert oder trau­rig ist. Des­halb, und weil zehn Ord­nungs­plät­ze ein­fach rei­chen, ran­gie­ren alle übri­gen Ver­öf­fent­li­chun­gen, von denen ich die­ses Jahr wohl­wol­lend Kennt­nis genom­men habe, gleich­ran­gig auf Platz 11. Hof­fent­lich gibt das kein Gedrän­ge da unten!