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Musik

Verzeihlich

Es scheint ein kom­plett neu­es Musik-Gen­re zu geben: die Metal­li­ca-Cover­ver­si­on.

Müh­ten sich im August noch fünf deut­sche Bands an eini­gen Songs der bekann­tes­ten Metal-Band der Welt ab, kommt die neu­es­te Num­mer aus einer ganz ande­ren Ecke:

Ste­fa­nie Heinz­mann, die Sie­ge­rin von Ste­fan Raabs Cas­ting­show „SSDSDSSWEMUGABRTLAD“, hat ein Cover von „The Unf­or­gi­ven“ auf­ge­nom­men. Mir wäre die­ser Umstand kaum auf­ge­fal­len, aber ich bin ja auch kein gro­ßer Metal­li­ca-Exper­te.

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Vom Ori­gi­nal ist wenig bis fast gar nichts mehr zu erken­nen, dafür groovt es ähn­lich char­mant wie letz­tes Jahr auf Mark Ron­sons „Ver­si­on“, auf dem ja auch jede Men­ge mehr oder weni­ger obsku­re Cover zu hören waren.

Unbe­dingt anse­hen soll­te man sich auch das elec­tro­nic press kit, in dem Fräu­lein Heinz­mann auf Lars Ulrich trifft. Ich kann nicht sagen war­um, aber irgend­wie hat die­se Begeg­nung etwas rüh­ren­des.

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Musik

„Ich hab 29 Jahre dafür gearbeitet“: Interview mit Gregor Meyle

Am Sams­tag spiel­te Gre­gor Meyle, Zweit­plat­zier­ter bei Ste­fan Raabs Cas­ting­show „SSDSDSSWEMUGABRTLAD“, im Bochu­mer Riff. Nach­dem der Sup­port­act, Ste­ve Sava­ge von den sehr emp­feh­lens­wer­ten Beggars For­tu­ne, schon vom Publi­kum begeis­tert gefei­ert wur­de, leg­ten Gre­gor Meyle und Band noch einen drauf und bescher­ten mir – im Ernst – eines der schöns­ten Kon­zer­te ever. Der Zwi­schen­ruf „Bes­ser als kett­car!“ war so abwe­gig nicht.

Dass Gre­gor Meyle nicht nur ein tol­ler Song­schrei­ber und Musi­ker, son­dern auch ein sehr sym­pa­thi­scher Gesprächs­part­ner ist, hat er vor dem Kon­zert bewie­sen, als er uns im Schat­ten des Bahn­damms ein Inter­view gab.

Und das kön­nen Sie jetzt hier sehen:

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Musik Rundfunk

What’s the use in trying /​ All you get is pain

Ich leh­ne Cas­ting-Shows nicht grund­sätz­lich ab. „Germany’s Next Top­mo­del“ schaue ich aus mir selbst nicht ganz nach­voll­zieh­ba­ren Grün­den regel­mä­ßig und „Bul­ly sucht die star­ken Män­ner“ fin­de ich sogar sehr gelun­gen und mit viel Lie­be gemacht, eben­so natür­lich Ste­fan Raabs „SSDSDSSWEMUGABRTLAD“.

„Deutsch­land sucht den Super­star“ aber mei­de ich wie sonst nur Polit­talk­shows und das Tages­pro­gramm der pri­va­ten Fern­seh­sen­der. Die­ter Boh­len ist mir per­sön­lich nicht bekannt, aber ich sehe wenig Grund dar­an zu zwei­feln, dass ich ihn nicht mögen wür­de. Die Art und Wei­se, wie Schü­le­rin­nen und Schü­ler dazu gebracht wer­den sol­len, ihr kom­plet­tes Taschen­geld und die Ein­künf­te aus ihren Feri­en­jobs der nächs­ten drei Som­mer­fe­ri­en für Tele­vo­ting aus­zu­ge­ben, ist mir min­des­tens suspekt. Inso­fern kann ich auch nicht beur­tei­len, wie der Auf­tritt irgend­wel­cher „Superstar“-Kandidaten in ihrer Hei­mat­stadt zu bewer­ten ist.

Noch weni­ger als „Deutsch­land sucht den Super­star“ schaue ich „Ame­ri­can Idol“, was haupt­säch­lich dar­an liegt, dass ich hier in Deutsch­land kein Fox emp­fan­ge. Aller­dings wür­de ich es wohl selbst dann nicht schau­en, wenn ich tech­nisch dazu in der Lage wäre.

Wer will schon der­art desas­trö­se Dar­bie­tun­gen von „I’m A Belie­ver“ hören?

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Die hoff­nungs­vol­le Sän­ge­rin heißt übri­gens Broo­ke White, aber Sie brau­chen sich die­sen Namen nicht zu mer­ken: sie ist in der letz­ten Sen­dung raus­ge­flo­gen.

[via All Songs Con­side­red blog]

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Musik Rundfunk Fernsehen

Raabenvater

01:42 Uhr in der Nacht von Don­ners­tag auf Frei­tag ist viel­leicht nicht unbe­dingt der gla­mou­rö­ses­te Zeit­punkt, um eine Pop-Kar­rie­re zu star­ten. So spät war es heu­te früh, als bei Ste­fan Raabs klei­nem Talent­wett­be­werb die Sie­ge­rin fest­stand: die acht­zehn­jäh­ri­ge Ste­fa­nie Heinz­mann aus Eyholz in der Schweiz. Die Sen­dung und vor allem die Kan­di­da­ten hät­ten einen weit bes­se­ren Sen­de­platz ver­dient gehabt als den im Anschluss an Sonya Kraus‘ Trash-Para­de „Sim­ply The Best“.

Doch wor­um ging es eigent­lich? Im April des letz­ten Jah­res stieg Max Bus­kohl frei­wil­lig bei „Deutsch­land sucht den Super­star“ aus, weil er lie­ber mit sei­ner Band Emp­ty Trash musi­zie­ren woll­te. Wegen bestehen­der Ver­trä­ge durf­te er aber zunächst nir­gend­wo mehr auf­tre­ten, auch nicht bei „TV Total“, wohin Ste­fan Raab ihn sofort ein­ge­la­den hat­te. Raab zet­tel­te erst einen „TV-Skan­dal“ („Bild“) an, indem er Bus­kohl als RTL-„Geisel“ insze­nier­te, dann kün­dig­te er ein­fach sei­ne eige­ne Cas­ting­show an: „Ste­fan sucht den Super­star, der sin­gen soll was er möch­te und ger­ne auch bei RTL auf­tre­ten darf“ („kurz“: SSDSDSSWEMUGABRTLAD).

Raab hat­te Erfah­rung mit Cas­ting­shows: Im Jahr 2004 hat­te er mit „Ste­fan sucht den Super-Grand-Prix-Star“ („SSDSGPS“) den letz­ten ernst zuneh­men­den Ver­such sabo­tiert, aus dem deut­schen Vor­ent­scheid zum Schla­ger-Grand-Prix doch noch eine zeit­ge­mä­ße Ver­an­stal­tung zu machen. Dafür ver­half er dem Sän­ger Max Mutz­ke über Nacht zum Num­mer-Eins-Hit, hol­te mit ihm in Istan­bul den bis heu­te letz­ten deut­schen Top-Ten-Platz beim Grand Prix und bekam für all das auch noch den Grim­me­preis. Dann hat­te Raab genug vom Grand Prix und rief den „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ ins Leben, der sich aus dem Stand her­aus zu einer der wich­tigs­ten Ver­an­stal­tun­gen der deut­schen Musik­sze­ne ent­wi­ckel­te. Raab selbst mut­maß­te in einem „Behind the scenes“-Special zum aktu­el­len Wett­be­werb, es hät­ten sich des­halb so vie­le inter­es­san­te Musi­ker bewor­ben, die nie in eine regu­lä­re Cas­ting­show gegan­gen wären, weil sie sich bei ihm und sei­nem Team sicher sein konn­ten, ernst genom­men zu wer­den und sie selbst blei­ben zu dür­fen.

Und in der Tat: Was da an Kan­di­da­ten in den ers­ten Ent­schei­dungs­shows auf­lief, hät­te jeden RTL-„Superstar“ in Grund und Boden sin­gen kön­nen. Dar­un­ter jede Men­ge ech­te Typen, die man nicht nur wegen ihres Exo­ten-Fak­tors mit rein­ge­nom­men hat­te. Die von Anfang an hohe Qua­li­tät mach­te die Jury-Urtei­le von Raab, Bus­kohl-Papa Carl Carl­ton und wech­seln­den Gäs­ten wie Ange Engel­ke, Sasha oder ges­tern Universal‑A&R Jochen Schus­ter dann natür­lich ein biss­chen lang­wei­lig, wie Chris­toph Caden­bach bei „Spie­gel Online“ bemerkt:

Da wünsch­te man sich, so trau­rig das scheint, eine Leder­haut wie Die­ter Boh­len her­bei, der die Kan­di­da­ten mal so rich­tig vor den Kame­ras scharf­rich­tet.

Wer sich dar­über wun­dert, dass aus­ge­rech­net dem immer noch als „Groß­maul“ ver­schrie­nen Ste­fan Raab eine kusch­li­ge Cas­ting­show und damit die ver­meint­li­che Qua­dra­tur des Krei­ses gelun­gen ist, hat die Ent­wick­lung der letz­ten Jah­re ver­passt: Raab hat aus Schnaps­ideen Groß­ereig­nis­se wie die „Wok-WM“ ent­wi­ckelt, er hat mit „Schlag den Raab“ die gro­ße (und ewig lan­ge) Sams­tag­abend­show wie­der zum Leben erweckt und dürf­te in der Retro­spek­ti­ve irgend­wann als einer der wich­tigs­ten Fern­seh­ma­cher der Nuller Jah­re gese­hen wer­den. Und wenn sei­ne Autoren ihm nicht jedes­mal, wenn das The­ma Frau­en­fuß­ball zur Spra­che kommt, gänz­lich unsäg­li­che Les­ben­wit­ze aus der unters­ten Schub­la­de kra­men wür­den, hät­te er viel­leicht auch einen all­ge­mein bes­se­ren Ruf.

Doch zurück zum gest­ri­gen Fina­le, bei dem vier mehr oder weni­ger unwahr­schein­li­che poten­ti­el­le Pop­stars zur Wahl stan­den: Mario, ein zwan­zig­jäh­ri­ger Cow­boy, der aus­schließ­lich Coun­try-Songs gesun­gen und es damit immer wie­der in die nächs­te Run­de geschafft hat­te; Stef­fi, eine sym­pa­thi­sche Frän­kin, die über­all sonst das Label „Rocker­braut“ ver­passt bekom­men hät­te, wenn sie mit 32 über­haupt noch hät­te teil­neh­men dür­fen; Gre­gor, der ab der zwei­ten Show mit selbst geschrie­be­nen, deutsch­spra­chi­gen Bal­la­den ange­tre­ten war, und Ste­fa­nie, eine acht­zehn­jäh­ri­ge Schwei­ze­rin, die anspruchs­vol­le und mit­un­ter abwe­gi­ge Soul- und Funk­songs schmet­ter­te, als habe sie nie etwas ande­res gemacht, und die sich selbst immer am meis­ten über ihr Wei­ter­kom­men zu wun­dern schien. Die­se Kan­di­da­ten hat­ten bis ges­tern alle kei­ne Nach­na­men, kei­ne Fami­lie, die in Ein­spiel­fil­men erzäh­len muss­te, dass die Kin­der ja noch „total auf dem Boden geblie­ben“ sei­en, und kein Pri­vat­le­ben, das in der „Bild am Sonn­tag“ aus­ge­brei­tet wur­de. Die Kan­di­da­ten und ihre Songs reich­ten völ­lig aus, was im Gegen­zug lei­der auch hieß, dass der Wett­be­werb fast unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit statt­fand – und ich hab ja auch bis­her nie dar­über geschrie­ben.

Dass Ste­fa­nie schließ­lich vor Gre­gor und Stef­fi das Fina­le gewin­nen wür­de (Mario war bereits nach dem ers­ten von zwei Songs aus­ge­schie­den), zeich­ne­te sich schon an den Zuschau­er­re­ak­tio­nen ab: das Stu­dio­pu­bli­kum hör­te kaum noch auf zu toben, nach­dem sie „Only So Much Oil In The Ground“ von Tower Of Power zum Bes­ten gege­ben hat­te. Lei­der ist „My Man Is A Mean Man“, das ihr die schwe­di­schen Autoren Mar­kus Sepehr­ma­nesh, Tom­my Tysper und Gus­tav Jons­son geschrie­ben haben, nicht so span­nend gera­ten – schon gar nicht in der Stu­dio­ver­si­on.

Denn bereits heu­te kann man eine Sin­gle kau­fen, auf der prak­ti­scher­wei­se alle vier Fina­lis­ten mit ihren neu­en Songs ver­tre­ten sind – bei iTu­nes zum Bei­spiel schon seit Ende der Sen­dung. Und da wol­len wir doch noch mal ganz kurz rein­hö­ren:

Ste­fa­nie Heinz­mann – My Man Is A Mean Man (Live­vi­deo aus der Sen­dung)
Eine gefäl­li­ge Soul­pop-Num­mer, die ein wenig an Joss Stone, die neue­ren Chris­ti­na-Agui­lera-Sachen oder die Supre­mes erin­nert. Nett, aber bei der Stim­me wäre viel mehr drin gewe­sen.

Gre­gor Meyle – Nie­mand (Live­vi­deo)
Gre­gor ist der Ein­zi­ge der Fina­lis­ten, der sei­nen Song selbst geschrie­ben hat. „Nie­mand“ hat­te er schon wäh­rend der Ent­schei­dungs­shows im Dezem­ber gespielt und es ist für­wahr ein erstaun­lich guter Song. Zwar ist das Gere­de von Carl­ton und Raab, man habe den bes­ten deutsch­spra­chi­gen Song­wri­ter seit Jah­ren ent­deckt, schon ziem­lich über­trie­ben, ander­seits stellt man sich natür­lich auch die Fra­ge, wel­che neu­en deutsch­spra­chi­gen Song­wri­ter es in den letz­ten Jah­ren denn wohl über­haupt so gab – zumin­dest kei­nen, der der­art lyrisch und den­noch unpein­lich über die ganz gro­ßen Gefüh­le gesun­gen hät­te. Mit der U2-Instru­men­tie­rung ist das dann schon recht gro­ßer Sport. Nach den ande­ren Eigen­kom­po­si­tio­nen, die der Mann in der Show gespielt hat, kann man da ein erstaun­li­ches Album erwar­ten.

Stef­fi List – Break The Silence (Live­vi­deo)
Das Lied, das in der Stu­dio­ver­si­on am sat­tes­ten gera­ten ist. Die klang­li­che Nähe zu K’s Choice liegt vor allem dar­an, dass Stef­fis Stim­me ordent­lich nach der von Sarah Bet­tens klingt. Der Song könn­te sonst aber auch von Hea­ther Nova, Sophie B. Haw­kins oder Sheryl Crow sein – was ich jetzt merk­wür­di­ger­wei­se als Kom­pli­ment mei­ne.

Mario Stroh­schänk – Don’t Feel Sor­ry For Me (Live­vi­deo)
Na, das höre ich ja schon bei WDR2 rauf und run­ter lau­fen. Klingt wie die Songs, die Gregg Alex­an­der für Ronan Kea­ting geschrie­ben hat, oder das Come­back-Album von Take That: Schon ein wenig arg glatt und main­strea­mig, aber doch grad noch so, dass man es eher als „ein­gän­gig“ denn als „chee­sy“ bezeich­nen wür­de. Raab hat schon recht, wenn er meint, dass man Mario den Süd­staa­ten-Ame­ri­ka­ner glatt abneh­men wür­de.

Kurz­um: Die Sin­gle ist Pop im bes­ten Sin­ne. Ob Ste­fan Raab bei sei­ner Suche nun wirk­lich einen „Super­star“ gefun­den hat, wird sich (wie bei jeder Cas­ting­show) noch zei­gen. Die Vor­aus­set­zun­gen (Talent und eine Ziel­grup­pe, die mög­li­cher­wei­se loya­ler ist als die Hor­den krei­schen­der Tee­nies, die jedes Jahr für ein ande­res One-Hit-Won­der jubeln) sind jeden­falls gut. Man soll­te RTL sehr dank­bar sein, dass sie Max Bus­kohl unter Ver­schluss gehal­ten haben.