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Spotlight

In einer Zeit des Pres­se-Ster­bens und der „Lügenpresse“-Schreihälse singt „Spot­light“ ein klei­nes Lob­lied auf den inves­ti­ga­ti­ven Jour­na­lis­mus. Anfang der 2000er, als das Modell Tages­zei­tung noch nicht völ­lig im Ster­ben liegt, deckt ein Recher­che-Team des „Bos­ton Glo­be“ die sys­te­ma­ti­sche Ver­tu­schung von Kin­des­miss­brauch in der katho­li­schen Kir­che auf.

Die Jour­na­lis­ten, die uns „Spot­light“ zeigt, wer­den aber nicht zu über­gro­ßen Hel­den sti­li­siert, son­dern sind halt ein­fach Leu­te, die ihre Arbeit machen. Ihr Recher­che­pro­zess wird nicht glo­ri­fi­ziert, son­dern in klei­ne, teil­wei­se wirk­lich extrem unspek­ta­ku­lä­re aber eben not­wen­di­ge Schrit­te zer­legt, zum Bei­spiel wenn meter­wei­se Jahr­bü­cher durch­kämmt und in Excel-Tabel­len über­tra­gen wer­den, um die Mus­ter der Ver­tu­schung nach­wei­sen zu kön­nen. Auch die Ver­feh­lun­gen der Jour­na­lis­ten wer­den ange­spro­chen, wenn Opfer bekla­gen, dass sie schon vor Jah­ren Hin­wei­se auf die Grö­ße der Geschich­te gelie­fert hät­ten, aber im All­tags­ge­schäft unter­ge­gan­gen sind.

Das Script umschifft dabei erfreu­li­cher­wei­se diver­se typi­sche Hol­ly­wood-Fal­len. Vie­le Dreh­buch­schrei­ber wären sicher­lich der Ver­su­chung erle­gen, das Team auf weni­ger Leu­te run­ter zu bre­chen – und denen idea­ler­wei­se noch eine Love­sto­ry anzu­dich­ten. Statt­des­sen wird „Spot­light“ schon fast eher zu einem Ensem­ble-Film, der sehr vie­le Cha­rak­te­re unter einen Hut bekommt. Viel­leicht ist das auch einer der Grün­de, war­um nie­mand aus dem Cast eine Oscar-Nomi­nie­rung für eine Haupt­rol­le erhal­ten hat, weil die­se eher schwie­rig aus­zu­ma­chen ist.

Das Dreh­buch bleibt über die guten zwei Stun­den Lauf­zeit strikt fokus­siert, kaum wird auf Neben­kriegs­schau­plät­ze wie die Finan­zie­rungs­si­tua­ti­on des Inves­ti­vativ-Teams ein­ge­gan­gen.*
Regis­seur Tom McCar­thy insze­niert im Diens­te des fak­ten­las­ti­gen Script ohne gro­ßen Pomp. Eine der inten­sivs­ten Momen­te des Films zeigt schlicht drei Leu­te, die um ein Tele­fon ver­sam­melt sit­zen. Optisch alles ande­re als bom­bas­tisch, hat die­ser Moment doch gewal­ti­ge Schlag­kraft, weil sich hier die schie­re Grö­ße des Skan­dals ent­fal­tet.

Nor­ma­ler­wei­se bin ich kein gro­ßer Fan von den typi­schen „Was danach geschah“-Texttafeln, die qua­si obli­ga­to­risch am Ende jedes „Based on real events“-Film ste­hen. Hier zeigt die­ses Stil­mit­tel aber sei­ne vol­le Wucht, wenn zum Schluss nicht das Schick­sal der Film­cha­rak­te­re the­ma­ti­siert wird, son­dern schlicht eine nicht enden wol­len­de Lis­te der Städ­te durch­läuft, in denen Miss­brauchs­fäl­le in der Kir­che auf­ge­deckt wur­den.

*) Auch wenn die Fra­ge, wo in Zukunft inves­ti­ga­ti­ver Jour­na­lis­mus statt­fin­den soll, ein inter­es­san­ter Neben­aspekt des Films ist. Nicht umsonst trom­melt das sehr unter­stüt­zens­wer­te Recher­che-Netz­werk correctiv.org gera­de inten­siv für die­sen Film.