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Tower Records

Preis­fra­ge: Was ist das?

a) Ein Plat­ten­co­ver von Wil­co.
b) Ein Foto der Mari­na City in Chi­ca­go, IL.
c) Ein Teil einer Bil­der­ga­le­rie bei „RP Online“.
d) Irgend­was mit Elf­ter Sep­tem­ber.

Sie brau­chen gar nicht lan­ge zu grü­beln oder jeman­den anru­fen: Alle vier Ant­wor­ten sind rich­tig.

Aus gege­be­nem kalen­da­ri­schen Anlass haben sich „Rhei­ni­sche Post“ und „RP Online“ des The­mas „Pop­mu­sik seit dem 11. Sep­tem­ber“ ange­nom­men. Autor Sebas­ti­an Peters beginnt bei Enyas Kata­stro­phen­be­gleit­mu­sik „Only Time“, erwähnt Songs („Let’s Roll“ von Neil Young) und Alben („The Rising“ von Bruce Springsteen), die unter den Ein­drü­cken der Ter­ror­an­schlä­ge ent­stan­den sind, und führt dann aus, dass der Pop poli­ti­scher gewor­den sei:

Die lin­ke Pop­kul­tur von Radio­head bis zu den Dixie Chicks wie­der­um hol­te zum Rund­um­schlag gegen Prä­si­dent Bush aus. Und neu­er­dings üben sich Stars von Kid Rock bis Madon­na im Plä­doy­er für Oba­ma und gegen die Repu­bli­ka­ner. Ohne Zwei­fel ist Pop­mu­sik in Ame­ri­ka nach dem 11. Sep­tem­ber poli­ti­scher gewor­den.

Nun pas­sen Radio­head und „Pop­mu­sik in Ame­ri­ka“ nicht unbe­dingt sooo gut zusam­men – noch weni­ger ver­ständ­lich ist aller­dings, wann sich Kid Rock „für Oba­ma“ aus­ge­spro­chen haben soll. Das letz­te, was der Proll­ro­cker zum The­ma Poli­tik gesagt hat, war eigent­lich die Auf­for­de­rung, dass Pro­mi­nen­te im Bezug auf Wahl­emp­feh­lun­gen die Klap­pe hal­ten soll­ten.

Peters schreibt über Pop, der „seit dem 11. Sep­tem­ber auch in Deutsch­land wie­der poli­tisch aufgeladen„sei, und belegt das wie folgt:

Auch die Sport­freun­de Stil­ler sind Stell­ver­tre­ter die­ser x‑ten „Neu­en Deut­schen Wel­le“. Ihr Lied „54, 74, 90, 2006“ sagt laut Ja zur Hei­mat, Sol­che Posi­tio­nen waren zuvor exklu­siv dem Schla­ger vor­be­hal­ten, plötz­lich lan­den sie in der Pop-Mit­te.

Jene Sport­freun­de Stil­ler, die im Jahr 2000 eine Sin­gle namens „Hei­mat­lied“ ver­öf­fent­licht haben?

Noch merk­wür­di­ger als der Text ist aber – immer­hin reden wir hier von „RP Online“ – die dazu­ge­hö­ri­ge Bil­der­ga­le­rie, in der acht Plat­ten­co­ver abge­bil­det und not­dürf­tig mit Titel und Inter­pret ver­se­hen sind (und das manch­mal auch noch feh­ler­haft).

Dort fin­det man:

  • den Sam­pler „Ame­ri­ca: A Tri­bu­te To Heroes“
  • Bruce Springsteens „The Rising“
  • „Are You Pas­sio­na­te?“ von Neil Young
  • „Riot Act“ von Pearl Jam (ver­mut­lich wegen des Songs „Bu$hleaguer“)
  • „Gold“ von Ryan Adams (ver­mut­lich, weil das Video zur Sin­gle „New York, New York“ am 7. Sep­tem­ber 2001 gedreht wur­de und das noch intak­te World Trade Cen­ter zeigt)
  • den Sam­pler „Love Songs From New York“ (kei­ne Ahnung, was das sein soll, Goog­le kennt’s nicht)
  • „Kid A“ von Radio­head
  • das oben gezeig­te „Yan­kee Hotel Fox­t­rot“ von Wil­co.

Zu mög­li­chen Par­al­le­len von „Kid A“ und den Ereig­nis­sen vom 11. Sep­tem­ber gibt es eine recht span­nen­de Abhand­lung von Chuck Klos­ter­man in sei­nem Buch „Kil­ling Yours­elf To Live“, aber das wird kaum der Grund sein, wes­halb die­ses, im Okto­ber 2000 erschie­ne­ne Album in der Bil­der­ga­le­rie auf­taucht. Immer­hin wer­den Radio­head ja im Text erwähnt, ganz anders als Wil­co.

Für deren Auf­tau­chen suche ich noch nach der rich­ti­gen Erklä­rung:

a) Weil „Yan­kee Hotel Fox­t­rot“ ursprüng­lich am 11. Sep­tem­ber 2001 ver­öf­fent­licht wer­den soll­te, was sich wegen eines Label­wech­sels aber bis April 2002 ver­zö­ger­te.
b) Weil sich auf dem Album ein Song namens „Ashes Of Ame­ri­can Flags“ befin­det, der sich aber (s. das geplan­te Ver­öf­fent­li­chungs­da­tum) nicht auf den 11. Sep­tem­ber bezieht.
c) Weil das Cover die Zwil­lings­tür­me eines Hoch­hau­ses zeigt, das – im Gegen­satz zum World Trade Cen­ter – auch heu­te noch steht.
d) Wie­so Erklä­rung? Da steht’s doch: „RP Online“.

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Bundesblinden Song Contest

Eigent­lich woll­te ich gar nichts über den „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ schrei­ben. Der Pop­kul­tur­jun­kie hat ein ganz wun­der­ba­res Live­blog geführt, in dem er unter ande­rem die bes­te und wahrs­te Ein­schät­zung zu den Sport­freun­den Stil­ler ablie­fer­te, die ich seit lan­gem gele­sen habe:

Es ist ja ein biss­chen scha­de, aber ich fin­de, die Sport­freun­de soll­ten sich auf­lö­sen. Oder nur noch live spie­len ohne neue Songs auf­zu­neh­men. Die Band dreht sich seit Jah­ren im Kreis, kei­ne ein­zi­ge neue Idee. Auch wenn sie sym­pa­thisch sind und eine groß­ar­ti­ge Live­band und über­haupt. Aber das hier ist ja wohl unglaub­lich mit­tel­mä­ßig.

Aber dar­um soll es gar nicht gehen: Der Pop­kul­tur­jun­kie ist auch ein Sta­tis­tik­freak und hat des­halb gleich ges­tern noch ein wenig rum­ge­rech­net:

Platz 1: Bran­den­burg, Platz 2: Thü­rin­gen, Platz 3: Sach­sen-Anhalt, Platz 5: Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Aber um die even­tu­el­len Ost-Ver­schwö­rungs­theo­rien gleich mal zu ent­kräf­ten: Ohne die fünf spä­ter hin­zu­ge­kom­me­nen Län­der hät­te die Rei­hen­fol­ge auf Platz 1 und 2 genau­so aus­ge­se­hen, nur Platz 3 wäre an Nie­der­sach­sen gegan­gen.

Das darf man natür­lich nicht ganz wört­lich neh­men, denn ohne die „neu­en Bun­des­län­der“ wäre ja weder Bran­den­burg noch Thü­rin­gen dabei dabei­ge­we­sen. Aber das ist Haar­spal­te­rei, denn auf die Punk­te aus den neu­en Bun­des­län­dern kam es bei den bei­den Erst­plat­zier­ten nicht an, wie er heu­te in einem wei­te­ren Bei­trag vor­rech­net:

Tat­säch­li­ches Ergeb­nis:

01 Bran­den­burg: Sub­way to Sal­ly – “auf kiel” (147 Punk­te)
02 Thü­rin­gen: Clue­so – “kei­nen zen­ti­me­ter” (146)
03 Sach­sen-Anhalt: Down Below – “sand in mei­ner hand” (96)
04 Nie­der­sach­sen: Madsen – “nacht­ba­den” (94)
05 Meck­len­berg-Vorp.: Jen­ni­fer Ros­tock – “kopf oder zahl” (79)
06 Schles­wig Hol­stein: Panik – “was wür­dest du tun?” (75)

Ergeb­nis ohne Wer­tun­gen aus den “neu­en Bun­des­län­dern”:

01 Bran­den­burg: Sub­way to Sal­ly – “auf kiel” (99 Punk­te)
02 Thü­rin­gen: Clue­so – “kei­nen zen­ti­me­ter” (96)
03 Nie­der­sach­sen: Madsen – “nacht­ba­den” (67)
04 Sach­sen-Anhalt: Down Below – “sand in mei­ner hand” (56)
05 Schles­wig Hol­stein: Panik – “was wür­dest du tun?” (54)

09 Meck­len­berg-Vorp.: Jen­ni­fer Ros­tock – “kopf oder zahl” (41)

„Wo kämen wir hin, wenn wir uns von Fak­ten eine schö­ne, vor­ein­ge­nom­me­ne Bericht­erstat­tung kaputt machen lie­ßen?“, wird sich Sebas­ti­an Wie­schow­ski gedacht haben, als er sei­nen lau­ni­gen schlecht gelaun­ten Arti­kel für „Spie­gel Online“ schrieb:

In die­ser Nacht war Deutsch­land kei­ne Bun­des­re­pu­blik – son­dern ein irr­wit­zi­ger Hau­fen aus 16 Klein­staa­ten, die sich bekämp­fen, pein­li­che Alli­an­zen gegen­ein­an­der schmie­den. Ergeb­nis: Der Osten putscht sich zum Sieg bei Ste­fan Raabs „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“.

heißt es schon im Vor­spann und eigent­lich hat man da ja schon kei­nen Bock mehr zu lesen. „16 Klein­staa­ten“, wo erlebt man sowas schon – außer im Bun­des­rat, der Schul­po­li­tik oder der Radio­land­schaft?

Und als wäre das Gere­de von der „Ost­block-Mafia“ beim Grand Prix nicht hin­rei­chend wider­legt, pol­tert Wie­schow­ski wei­ter:

Und was ehe­ma­li­ge Ost­block­re­pu­bli­ken beim ech­ten Grand Prix schaf­fen, ist für die neu­en Bun­des­län­der eine leich­te Übung – die stat­ten näm­lich mit Lie­be ihre Nach­barn punk­te­mä­ßig aus. Bran­den­burg schiebt sie­ben Punk­te nach Meck­len­burg-Vor­pom­mern, acht nach Ber­lin, zehn nach Thü­rin­gen und zwölf in die eige­ne Tasche.

Auf die Idee, dass die Leu­te Clue­so (Thü­rin­gen) und Sub­way To Sal­ly (Bran­den­burg) ein­fach gut fan­den, und die bei­den Acts des­halb auch nahe­zu durch­ge­hend 8 bzw. 10 Punk­te aus allen Bun­des­län­dern beka­men, ist der Autor offen­bar gar nicht erst gekom­men. Auch nicht dar­auf, dass es in der Sum­me exakt kei­ne Aus­wir­kun­gen hat, wenn sich jeder sei­ne zwölf Punk­te selbst zuschiebt. Ein­zig NRW hat es mal wie­der nicht geschafft, sich selbst die zwölf Punk­te zu geben, was zwar dafür gesorgt hat, dass Clue­so am Ende nur einen Punkt Rück­stand auf Sub­way To Sal­ly hat­te, aber letzt­lich weder ent­schei­dend war, was zwar letzt­lich ent­schei­dend war (Kor­rek­tur von 19:30 Uhr), aber kaum als „Ost­kun­ge­lei“ ange­se­hen wer­den kann.

Aber man kann das natür­lich auch dra­ma­ti­scher for­mu­lie­ren:

Die deutsch­land­weit gül­ti­ge Faust­re­gel lau­tet: In ers­ter Linie liebt man sich selbst.

Kein Wort zum gran­dio­sen Schei­tern der Top-Favo­ri­ten Sport­freun­de Stil­ler (Bay­ern) und Cul­cha Can­de­la (Ber­lin), nichts dar­über, dass der „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ und „TV Total“ so ziem­lich die letz­ten Sen­dun­gen im deut­schen Fern­se­hen sind, an denen man sol­che Bands über­haupt noch sehen und live hören kann, seit Sarah Kutt­ners Sen­dung vor andert­halb Jah­ren ein­ge­stellt wur­de.

Statt­des­sen gerüt­tel­ter Unfug wie:

Deutsch­land, einig Vater­land, das war ges­tern – es lebe die wie­der­ge­bo­re­ne Klein­staa­te­rei. Und schuld ist Ste­fan Raab.

Ach, und der Euro­vi­si­ons-Wett­be­werb ist dann ein Angriff auf das ver­ein­te Euro­pa oder was will uns der Autor damit sagen?

Schön natür­lich auch, dass selbst so ver­ab­scheu­ungs­wür­di­ge Ereig­nis­se wie so ein „Song Con­test“ für „Spie­gel Online“ immer noch gut genug sind, mit klick-gene­rie­ren­den Bil­der­ga­le­rien gewür­digt zu wer­den.

Die Begleit­tex­te dazu sind mal sinn­los

Sie­ger beim vier­ten Bun­des­vi­si­on Song Con­test – obwohl sie schon seit 15 Jah­ren Musik machen: Mit­tel­al­ter-Folk­ro­cker Sub­way to Sal­ly aus Bran­den­burg

mal falsch

Ber­li­ner Buben: Cul­cha Can­de­la woll­ten den letzt­jäh­ri­gen Erfolg von See­ed wie­der­ho­len – und schei­ter­ten am Mit­tel­al­ter-Folk ihrer Nach­barn.

Ja, Leu­te, wenn See­ed letz­tes Jahr gewon­nen hät­ten, war­um fand der Wett­be­werb die­ses Jahr dann in Nie­der­sach­sen statt? Viel­leicht, weil die Vor­jah­res­sie­ger Oomph! hie­ßen?

Ich soll­te „Spie­gel Online“ end­lich mal aus dem Feed­rea­der schmei­ßen …

Nach­trag 13:29 Uhr: … und sueddeutsche.de gleich mit:

Einen gut vor­be­rei­te­ten Ein­druck mach­ten die Nie­der­sach­sen, bestehend aus der drei­köp­fi­gen Rock-Band Madsen, […] Auch dem Bei­trag von Rhein­land Pfalz – dar­ge­bo­ten von der Gir­lie-Grup­pe Sis­ters – fehl­te es an effekt­vol­len Ein­fäl­len oder stimm­li­cher Qua­li­tät.

(Madsen sind zu fünft, Sis­ters für Nord­rhein-West­fa­len.)

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Das schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht

Am Don­ners­tag wur­de in der Welt­stadt Bochum die „Eins Live Kro­ne“, der “größ­te deut­sche Radio­preis” ver­lie­hen. Weil die Kili­ans als bes­te New­co­mer nomi­niert waren, fühl­te ich mich genö­tigt, mir das Spek­ta­kel anzu­hö­ren.

Da die Ver­lei­hung zwar live im Radio lief, im Fern­se­hen aber erst mit 25-stün­di­ger Verpä­tung, muss­te Max von Malot­ki das Gesche­hen für die Hörer beschrei­ben. Das führ­te oft zu dezen­tem Cha­os, wenn zu zwei bis drei Stim­men noch der Kom­men­tar dazu­kam – mal davon ab, dass es schon ein biss­chen, äh: wirr ist, bei der Ver­lei­hung eines Radioprei­ses im Radio stän­dig zu hören: „Ja, das könnt Ihr jetzt nicht sehen, dann müsst Ihr mor­gen Fern­se­hen gucken!“

Der Preis für den bes­ten New­co­mer war zum Glück der Drit­te. Viel län­ger hät­te ich das Elend von schlecht geschrie­be­nen und durch Mir­ja Boes und Olli Briesch noch schlech­ter vor­ge­tra­ge­nen Mode­ra­ti­ons­tex­ten und die unsicht­ba­ren Video­ein­spie­ler (Radio!) auch nicht ertra­gen. Dass der Preis aus­ge­rech­net an Boundzound ging, des­sen Sin­gle „Lou­der“ ich bekannt­lich für einen der schlech­tes­ten Songs des Gen­res „nerv­tö­ten­de, repe­ti­ti­ve Par­tymu­cke“ hal­te, hob mei­ne Lau­ne nicht gera­de und so war ich froh, das Radio aus­schal­ten zu kön­nen.

Die TV-Aus­strah­lung ges­tern (wir erin­nern uns: „High­lights“, “Mehr­wert der Bil­der”) war dann in man­cher Hin­sicht erhel­lend. So war die Bild­re­gie zum Bei­spiel exakt so, wie man sie von einer Radio­sen­dung erwar­ten wür­de: Die Bochu­mer Jahr­hun­dert­hal­le wirk­te abwech­selnd wie ein schwar­zes Loch und wie ein völ­lig über­füll­tes Tan­ten-Café; stän­dig sah man, wie sich Mode­ra­to­ren, die sich längst im Off wähn­ten, über ihre feh­ler­frei­en Ansa­gen freu­ten, und bei den Nomi­nier­ten …

Nun ist man eigent­lich von jeder Feld‑, Wald- und Wie­sen­ga­la gewohnt, dass bei der Vor­stel­lung der Nomi­nier­ten, meis­tens sogar beim Auf­ruf der Gewin­ner, die­se auch im Bild sind. Ent­we­der hat­te der WDR kei­ne fünf Hand­ka­me­ras zur Ver­fü­gung, die man auf die Gäs­te hät­te rich­ten kön­nen, oder man hielt es ernst­haft für anspre­chen­der und auf­schluss­rei­cher, Bal­ken­dia­gram­me zu zei­gen, deren Aus­sa­ge­kraft ich im Übri­gen hef­tig bezweif­le ((Lei­der gibt es (bis­her) kei­ne Zah­len zu den Hörer-Abstim­mun­gen, aber wenn die Ärz­te 72.000 Stim­men für „Jun­ge“ bekom­men haben und das wirk­lich so viel mehr als für die ande­ren Nomi­nier­ten war, dann hät­te ihr Bal­ken ja auch deut­lich län­ger sein müs­sen.)), und dann in eine schlecht aus­ge­leuch­te­te Tota­le zu wech­seln und zu hof­fen, dass der oder die Gewin­ner schon irgend­wo im Bild sein wür­den. Falls letz­te­res der Plan war, fragt man sich aller­dings, wozu es Licht­dou­bles bei den Pro­ben gebraucht hat. Dass die Sport­freun­de Stil­ler fünf mal so lang wie jede ande­re Band im Bild waren, ist ein sub­jek­ti­ver Ein­druck, den ich nicht mit Mes­sun­gen bele­gen kann. Viel­leicht waren die auch nur immer in den Sze­nen zu sehen, die man beim WDR für die „High­lights“ hielt.

Doch hal­ten wir uns nicht an sol­chen Äußer­lich­kei­ten auf: Die teil­wei­se recht auf­wän­dig pro­du­zier­ten Video­ein­spie­ler waren durch­aus nett gemeint und manch­mal sogar unter­halt­sam. Auch die Idee, „Let’s Dance“-Juror Joa­chim Llam­bi zwi­schen­durch Wer­tungs­tä­fel­chen hoch­hal­ten zu las­sen, war wit­zig. Wohl­ge­merkt: die Idee, nicht ihre Umset­zung. Dass man für beson­ders gelun­ge­ne Mode­ra­ti­ons­übergän­ge (Haha, Sie ver­ste­hen …) Bruce Dar­nell das Mikro wei­ter­rei­chen ließ (Radio!!!1) kom­plet­tier­te dann mei­nen Ein­druck, dass man die Pla­nungs­kon­fe­renz nach dem ers­ten „ein­fach mal drauf los“-Brainstorming been­det und die dort vor­ge­tra­ge­nen Ideen zu Pro­gramm­punk­ten erklärt hat­te. Ich kann lei­der nicht schrei­ben, dass mei­ne eige­ne offi­zi­el­le Abi­fei­er lus­ti­ger gewe­sen sei, denn das wäre eine furcht­ba­re Lüge.

Aber, hey: Der WDR ist ja immer­hin auch der Sen­der, der für „Schmidt & Pocher“ ((„Schmidt & Pocher“ waren übri­gens in der Kate­go­rie „Bes­te Come­dy“ nomi­niert, was auch schon des­halb erstaun­lich ist, da die Nomi­nie­run­gen am 28. Sep­tem­ber bekannt gege­ben wur­den – vier Wochen vor der ers­ten Sen­dung.)) ver­ant­wort­lich ist, inso­fern muss man davon aus­ge­hen, dass das dor­ti­ge Unter­hal­tungs­res­sort, äh: nicht exis­tiert. Dass man den Toten Hosen, die den Preis für ihr Lebens­werk beka­men, anschei­nend die hal­be Lau­da­tio (durch Jan Wei­ler) und die hal­be Dan­kes­re­de weg­ge­schnib­belt hat, lag sicher dar­an, dass es sich dabei nicht um die „High­lights“ han­del­te – dazu gehör­te ja schon die Come­dy (im schlimms­ten Wort­sin­ne) „Lukas‘ Tage­buch“.

Es war ja trotz­dem nicht alles schlecht bei der „Kro­ne“: Der Auf­tritt von Cul­cha Can­de­la mit der WDR Big Band war zum Bei­spiel wirk­lich gelun­gen, obwohl ich „Ham­ma“ nach wie vor für die zweit­däm­lichs­te Sin­gle des Jah­res hal­te. Kate Nash spiel­te sehr char­mant und ver­huscht ihren Hit „Foun­da­ti­ons“ und klang dabei wie auf Plat­te. Wir Sind Hel­den gaben „Kaputt“ akus­tisch zum Bes­ten. Die Toten Hosen haben sich sehr ehr­lich und auf­rich­tig gefreut und ihr Auf­tritt mit „Wort zum Sonn­tag“ war auch ange­mes­sen. ((Wobei Cam­pi­no natür­lich inzwi­schen schon irgend­wie nah an der Sech­zig ist.)) Dar­über hin­aus bleibt noch die Fest­stel­lung, dass die Eins-Live-Mode­ra­to­rin­nen und ‑Mode­ra­to­ren gar nicht mal so schlecht aus­se­hen, wie man es bei Radio­leu­ten erwar­ten wür­de ((Ich darf das sagen, ich habe schließ­lich sel­ber mal Radio gemacht.)) und man die Ver­an­stal­tung mit einem bes­se­ren Buch und ande­ren Mode­ra­to­ren sicher­lich schon geschau­kelt gekriegt hät­te.

Fürs nächs­te Jahr wün­sche ich mir dann mehr Klar­heit, ob es sich um eine Radio- oder eine TV-Ver­an­stal­tung han­deln soll. Viel­leicht klappt das ja mal mit einer Live-Aus­strah­lung im WDR Fern­se­hen.

Und wenn Sie jetzt der Mei­nung sind, ich sei irgend­wie sehr klein­lich und mie­se­pe­trig an die Ver­an­stal­tung ran­ge­gan­gen: Die Wie­der­ho­lung der „Eins Live Kro­ne“ kann man sich heu­te Abend um 23:00 Uhr im WDR Fern­se­hen anse­hen. Dann angeb­lich sogar eine Vier­tel­stun­de län­ger als ges­tern.

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Radio Musik Rundfunk

Die Beatles? Wer sind die Beatles?

Obi­ge Fra­ge ist natür­lich an dem Tag, an dem alle in Gedan­ken gen Grace­land rei­sen, eher abwe­gig. Aber da ich eh in einem Beat­les-Haus­halt auf­ge­wach­sen bin (mein ers­tes pop­kul­tu­rell ver­tret­ba­res Groß­kon­zert war dann eben auch auf der ’89er-Tour von Paul McCart­ney), sei dies ver­zie­hen. Viel wich­ti­ger ist eh das Hör­erleb­nis von eben, kurz nach neun: Ein hübsch rup­pi­ger Gitar­ren­st­ak­ka­to-Beat, wie ihn Tom­te, Toco­tro­nic oder Blum­feld (RIP) so drauf haben, legt los. Ein Typ mit dezent alpi­nem Genu­schel sprech­singt dazu irgend­was, und schnell denkt man: „Das ist also die neue von den Sport­freun­den? Das könn­te man ja glatt gut­fin­den.“ Und dann sagt Eins­li­ve-Wuschel Ingo Schmoll etwas von Jonas Gold­baum und – und hier kommt der an herr­lich lan­gen Haa­ren her­bei­ge­zo­ge­ne Bezug zum Auf­hän­ger – „Yeah, yeah, yeah“. Plötz­lich hat aus­ge­rech­net Öster­reich eine tol­le Band.

Ach ja: Jonas Gold­baum sind beim Köl­ner Club­gig der viel­leicht immer noch guten Jim­my Eat World Sup­port (21.8., also kom­men­den Diens­tag) und ver­öf­fent­li­chen ihr Debüt Ende Okto­ber bei den Sen­si­bel­chen von Road­run­ner.

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Musik

Lieder für die Ewigkeit: Sportfreunde Stiller – Ein Kompliment

In allen vier Ecken soll Liebe drin stecken

Gera­de habe ich bei MTV (bei MTV!!!!1) zum ers­ten Mal das Video zur neu­en Sport­freun­de-Stil­ler-Sin­gle „Alles Roger“ gese­hen. Ich bin mir rela­tiv sicher: bei denen geht nicht mehr viel. End­gül­tig vor­bei scheint die Zeit, in der die sym­pa­thi­schen Bay­ern intel­li­gen­te, gewitz­te Tex­te mit char­man­ten Melo­dien zusam­men­pack­ten und dabei Songs wie „Ein Kom­pli­ment“ aus dem Ärmel schüt­tel­ten.

Man greift sicher nicht zu hoch, wenn man die dama­li­ge Vor­ab­sin­gle zum zwei­ten Sport­freun­de-Album „Die gute Sei­te“ zu den bes­ten deutsch­spra­chi­gen Lie­bes­lie­dern aller Zei­ten (also inkl. Roman­tik und Stur­m’n’­Drang) zählt. Die unum­wun­de­ne Sym­pa­thie­be­kun­dung, die bei vie­len ande­ren Künst­lern in schlimms­tem Schla­ger­kitsch hät­te ver­sin­ken kön­nen, kam bei den Sport­freun­den Stil­ler sym­pa­thisch und authen­tisch rüber. Ja, so ist das halt, wenn man ver­liebt ist: die Ange­be­te­te wird zum „Ziel einer lan­gen Rei­se“, zur „Schaum­kro­ne der Woge der Begeis­te­rung“, kurz­um zum „größ­ten für mich“.

Man kann nur ver­mu­ten, auf wie vie­len Kas­set­ten­mäd­chen­kas­set­ten „Ein Kom­pli­ment“ in den letz­ten fünf­ein­halb Jah­ren gelan­det ist. Wer ein Mix­tape mit die­sem Song dar­auf ver­schenkt und dar­auf kei­ne Ant­wort in der einen oder ande­ren Rich­tung bekommt, soll­te sich ein neu­es Ziel aus­su­chen (hät­te mir das damals mal jemand gesagt …). All das, was man sich als Teen­ager (und dar­über hin­aus) nie zu sagen getraut hat, kann man ein gan­zes Stück ein­fa­cher trotz­dem aus­drü­cken (las­sen).

Aber auch fern­ab die­ses Dienst­leis­tungs­ge­dan­kens ist und bleibt „Eine Kom­pli­ment“ ein wun­der­ba­res Lied: emo­tio­nal, eupho­risch, aber immer noch mit einem soge­nann­ten Augen­zwin­kern. Das ist das Schlacht­schiff „Pathos“ mit dem Ret­tungs­boot „Iro­nie“, die neun­und­neun­zig­kom­ma­neun­pro­zen­ti­ge Hin­ga­be. Ein sol­ches Lied kann man einer Band gar nicht hoch genug anrech­nen.