Jedes Jahr stellt sich die Musikindustrie kurz vor der Sommersaison hin und knobelt aus, welche Band das Zeug dazu hat, den Sommerhit des Jahres abzuliefern. Und jedes Jahr wieder schlage ich die Hände über dem Kopf zusammen, dass es unbedingt wieder eine Band wie Marquess sein muss, mit der man in den Sommermonaten berieselt wird. Wo es doch so viele andere wunderbare Künstler gäbe, die das sommerliche Radioprogramm besser machen könnten.
Auch dieses Jahr gibt es mal wieder so einen Künstler, der mit dem, was er macht, verdient hätte, die Sommersaison zu beschallen. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch an “The Remedy”, mit dem Jason Mraz vor rund 4 Jahren einen veritablen Radioerfolg hatte. Danach wurde es aber vergleichsweise still um ihn, sein zweites Album erschien gar nicht in Deutschland (wurde allerdings dieses Frühjahr, 3 Jahre nach Erscheinungsdatum, doch noch auf den deutschen Markt geworfen).
Mit “We Sing. We Dance. We Steal Things.” könnte alles anders werden. Es ist tanzbar, funky, und zaubert gute Laune überall dort, wo es gehört wird. Stiltechnisch schwankt das Album irgendwo zwischen Mainstream-Jack-Johnson-Sound, Funk und opulenten, aufwändig arrangierten Popsongs. Und Mraz singt in so verschiedenen Stimmen, dass man sich manchmal fragt, ob das wirklich alles er singt. Stellenweise fühle ich mich an Größen wie Michael Bublé, James Dean Bradfield oder auch den bereits genannten Jack Johnson erinnert. Was auf den Leser wie ein krudes Wirrwarr aus nicht zusammenpassenden Musikstilen wirkt, klingt für die Ohren überraschenderweise wie aus einem Guss. Es klingt so, als könne dieses Album nur so und nicht anders funktionieren. Und es ist die Mischung, die dieses Album so wunderbar und einzigartig macht.
Auch wenn es bei so einem Gesamtwerk an sich unsinnig ist, lasse ich es mir natürlich nicht nehmen, einzelne Songs zu empfehlen. Der eine oder andere kennt schon die Single “I’m Yours”, die mich im Geiste direkt an den Strand versetzt. Sehr hübsch auch “Butterfly”, das trotz zum Einsatz kommenden Orchester an keiner Stelle übertrieben wirkt. Von Anfang an einer meiner Lieblinge des Albums war übrigens “The Dynamo Of Volition”, vielleicht gerade aus dem Grund, weil mit seinen Raps so heraussticht aus dem Gesamtbild. Zwei prominente Gäste hat Mraz auch an Land ziehen können: So singen James Morrison und Colbie Caillat bei jeweils einem Song mit.
Ich habe lange kein Album mehr gehabt, das von Anfang bis Ende so gut ist. Das von Anfang an begeistert, und auch nach zahlreichen Durchläufen immer noch nichts von seinem Charme und seiner Wirkung verliert. Was jetzt schon bei mir einen Platz in den Toplisten diesen Jahres sicher hat. Was den flächendeckenderen Erfolg angeht, wird “We Sing. We Dance. We Steal Things.” vermutlich keine Marquess-eske Verbreitung zuteil. Trotzdem bleibt zu hoffen, dass möglichst viele von der Qualität dieses Machwerks erfahren. Jason Mraz hätte es verdient.
Jason Mraz – We Sing. We Dance. We Steal Things.
VÖ: 20.06.2008
Label: Atlantic
Vertrieb: Warner