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Musik

Vom Konzert in Ehrenfeld

Travis live (stark verwackelt)

Man will ja nicht ein­fach so über frem­de Men­schen urtei­len, die man nur ein­mal kurz erlebt hat. Viel­leicht haben sie ernst­haf­te Pro­ble­me und Sor­gen oder man ist ihnen in einem sehr ungüns­ti­gen Moment begeg­net.

Trotz­dem: Der Typ, der ges­tern den Ein­lass an der Live Music Hall meh­re­re Minu­ten auf­ge­hal­ten hat, weil er sich nicht von sei­ner fast lee­ren Ein­weg-Was­ser­fla­sche tren­nen woll­te (dar­auf sei er nicht hin­ge­wie­sen wor­den, dies sei ein frei­es Land, ob er mal den Vor­ge­setz­ten spre­chen kön­ne, …), der mach­te schon einen Ein­druck, den man als „merk­wür­dig“ bezeich­nen könn­te. Wir waren gera­de dabei, für sei­ne finan­zi­el­le Ent­schä­di­gung zu sam­meln, als es end­lich wei­ter­ging.

Das anschlie­ßen­de Kon­zert war dann nicht mehr merk­wür­dig, son­dern nur noch toll. The Alex­an­dria Quar­tet waren der pas­sends­te Sup­port seit Ath­le­te vor fünf­ein­halb Jah­ren und Tra­vis sind ja eh (zumin­dest bei mir) über jeden Zwei­fel erha­ben.

Eher über­ra­schend war die Kon­zer­teröff­nung mit dem wie­der aus­ge­gra­be­nen „Blue Flas­hing Light“, danach folg­te ein Grea­test-Hits-Pro­gramm, das fast kei­ne Wün­sche offen ließ. (Klar, mehr gin­ge immer: „Flowers In The Win­dow“, „U16 Girls“, „As You Are“, „Fol­low The Light“, „My Eyes, „Hap­py“, „Batt­le­ships“ oder gar mal wie­der „Tied To The 90’s“ hät­te man alle auch noch dan­kend mit­ge­nom­men.)

Fran Hea­ly ist so unge­fähr der ein­zi­ge Musi­ker auf der Welt, der das Publi­kum zum Mit­klat­schen und Arme wedeln – „If you’­re still fee­ling self-con­fi­dent with your hands in the air: plea­se lea­ve!“ – auf­for­dern darf, ohne dass man sich vor lau­ter Enter­tain­ment-Ekel win­det. Dar­über hin­aus kann der Wahl-Ber­li­ner bei jeder Deutsch­land-Tour einen zusätz­li­chen deut­schen Satz sagen und zitier­te gegen Ende des Kon­zerts noch kurz Ben Folds Five.

Das Publi­kum wird immer hete­ro­ge­ner: süße Indie-Mäd­chen sind natür­lich immer noch da (eine Zeit lang waren Tra­vis neben Slut die Band mit dem hüb­sches­ten Publi­kum), aber die älte­ren Zuschau­er, die in immer grö­ße­rer Stück­zahl vor­han­den sind (ich habe mei­nen frü­he­ren Erd­kun­de­leh­rer ent­deckt), waren nicht nur deren Eltern. Sie alle eint der seli­ge Gesichts­aus­druck, mit dem sie in Rich­tung Büh­ne schau­en, wäh­rend sie mal laut, mal lei­se, mal gar nicht mit­sin­gen. Zuschau­er beob­ach­ten bei Tra­vis-Kon­zer­ten kommt von der Wir­kung her einer mehr­stün­di­gen Medi­ta­ti­on oder einem Wochen­en­de in einer ein­sa­men Wald­hüt­te nahe. Nur den Rhyth­mus hal­ten kön­nen auch sie nicht.

Den Zet­tel, auf dem ich mir die Set­list notiert hat­te (jeder Mensch braucht ein Hob­by), habe ich lei­der unter­wegs ver­lo­ren. Aber viel­leicht stellt sie noch jemand bei setlist.fm online, einem wie ich fin­de sehr sinn­vol­len Por­tal, auf das ich dann an die­ser Stel­le end­lich auch ein­mal ver­linkt hät­te.

Die Über­schrift ist wie üblich geklaut, dies­mal bei Jona.