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Back to the Futur II

Es ist (gera­de bei Lokal­zei­tun­gen) nicht gänz­lich unüb­lich, über kul­tu­rel­le Ver­an­stal­tun­gen, deren Ablauf man sich leicht aus­ma­len kann, zu schrei­ben ohne selbst vor Ort gewe­sen zu sein. Dabei muss man natür­lich hof­fen, dass kei­ne unvor­her­ge­se­he­nen Ereig­nis­se gesche­hen (z.B. das Fort­blei­ben eines Hits oder des gan­zen Head­liners) – und dass man nicht ver­se­hent­lich über Ereig­nis­se berich­tet, die noch gar nicht statt­ge­fun­den haben.

Die­se rei­fe Leis­tung voll­brach­te die Lokal­re­dak­ti­on der „Neu­en Rhein Zei­tung“ („NRZ“) in Dins­la­ken ((Wo sonst?)) die­se Woche. Am Diens­tag, 18. Dezem­ber druck­te sie ein (nicht als sol­ches gekenn­zeich­ne­tes) Archiv­fo­to der Dins­la­ke­ner Band Kukala­ka und schrieb dar­un­ter fol­gen­den Text, den jeder halb­wegs Infor­mier­te als lee­res Norm­ge­schwa­fel erken­nen konn­te:

Die Post ging ab beim Jugend-Musik­fes­ti­val von Stadt Dins­la­ken und Din-Town am Frei­tag­abend in der Kath­rin-Türks-Hal­le. Auf zwei Büh­nen brach­ten 14 loka­le Bands die Hal­le und ihre Fans zum Kochen. Von Hip-Hop bis Rock reich­te die Palet­te des dar­ge­bo­te­nen Pro­gramms. Bis weit in die Nacht hin­ein rock­ten und fei­er­ten die jugend­li­chen Besu­cher, was das Zeug hielt, und der fre­ne­ti­sche Jubel war wohl der schöns­te Dank an die Bands.

Fehlt eigent­lich nur noch der „Höhe­punkt des bun­ten Trei­bens“, für den man frei­lich wis­sen müss­te, wer denn da so gespielt hat – oder eben noch spie­len soll, denn das „Jugend-Musik­fes­ti­val“, das natür­lich auch einen Namen hat, fin­det frei­lich erst am mor­gi­gen Frei­tag, 21. Dezem­ber statt.

Jetzt lau­tet die ers­te Fra­ge natür­lich: Ist das schlimm, wur­de damit die jour­na­lis­ti­sche Sorg­falts­pflicht ver­letzt? Die Ant­wort ist kom­pli­ziert und führt uns hin­ein in den Kanin­chen­bau des Jour­na­lis­mus: Der kon­kre­te Fall, in dem ein Kon­zert beschrie­ben wur­de, bei dem kein Mit­ar­bei­ter gewe­sen sein kann, weil es ja noch gar nicht statt­ge­fun­den hat, ist viel­leicht nicht son­der­lich tra­gisch, er ist bei­na­he lus­tig. Aber er wirft zum Bei­spiel die Fra­ge auf, wie gewis­sen­haft Jour­na­lis­ten, die ein jugend­kul­tu­rel­les Groß­ereig­nis im Kalen­der nicht wie­der­fin­den, bei ande­ren The­men wie Kom­mu­nal­po­li­tik oder Kri­mi­na­li­tät arbei­ten.

Auch ist das Vor­ge­hen nicht ganz klar: War­um ver­wen­det man am Diens­tag ein Archiv­fo­to und einen sol­chen Blind­text, um ein (ver­meint­li­ches) Ereig­nis vom Frei­tag zu beschrei­ben? In der Sams­tags­aus­ga­be ergä­be eine sol­che Pseu­do-Aktua­li­tät ja noch einen Sinn, aber drei Tage spä­ter? Neh­men wir an, man ging in der Redak­ti­on von vor­ne her­ein davon aus, dass das Kon­zert am 14. Dezem­ber sei, und hat dafür kei­ne Mit­ar­bei­ter gefun­den: War­um berich­tet man dann trotz­dem über ein Ereig­nis, das einem so egal ist, dass man sei­nen Ter­min ((In der Regel fand das „School’s Out“ – daher auch der Name – immer am letz­ten Frei­tag vor Weih­nach­ten statt.)) ver­gisst? Nun, viel­leicht kam da einem Redak­teur der übli­che Lokal­zei­tungs-Gedan­ke, wonach die Objek­te der Bericht­erstat­tung ja zumeist auch Abon­nen­ten sind (wes­we­gen man auch nie von miss­lun­ge­nen Kon­zer­ten loka­ler Schul­chö­re, Musik­schu­len oder eben Bands lesen wird) und die­se ja bestimmt ger­ne etwas über sich oder ihre Ver­an­stal­tung in der Zei­tung lesen wür­den.

Irgend­wie ist der „NRZ“ der Feh­ler aber dann doch noch auf­ge­fal­len (oder sie wur­de dar­auf hin­ge­wie­sen), denn ges­tern fand sich in der für bun­te Mel­dun­gen reser­vier­ten „7. Spal­te“ fol­gen­de Bot­schaft:

Da waren wir ein wenig vor­aus­ei­lend. Doch wir hof­fen, dass das Musik­fes­ti­val der Jugend­li­chen beim School’s out am Frei­tag, 21. Dezem­ber, ein wirk­li­cher Erfolg wird. 14 loka­le Bands wer­den auf zwei Büh­nen ab 17.30 Uhr alles von Hip-Hop bis Rock spie­len. Die Tickets kos­ten an der Abend­kas­se 5 Euro, im Vor­ver­kauf (Bür­ger­bü­ros) gibt’s 60 Cent Rabatt. Rein kom­men nur Kids ab 14 Jah­re. Bit­te Aus­weis vor­zei­gen.

Nun ja, was sol­len die Redak­teu­re machen? In Sack und Asche zu Kreu­ze krie­chen und sich „Wir schrei­ben über alles – auch über nie pas­sier­tes“ in die Stirn rit­zen wäre viel­leicht ein wenig zu viel des Guten und offen­bar gibt es in der gan­zen Mit­ar­bei­ter-Kar­tei ja wirk­lich nie­man­den, der sich mit so einem Jugend­the­ma befasst und der städ­ti­schen Pres­se­mit­tei­lung noch etwas hin­zu­fü­gen könn­te. Nur, mal ehr­lich: Wer eine so deut­li­che Scheiß­egal-Hal­tung an den Tag legt, der soll­te sich nicht wun­dern, wenn ihm die letz­ten Leser in drei­ßig Jah­ren weg­ge­stor­ben sind.

[via mei­ne Mut­ter, mal wie­der]

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Musik

Fast Times At Dropout High

Da „lied abschluss­fei­er“ (oder Art­ver­wand­tes) in den letz­ten Tagen auf­fal­lend oft in den Such­an­fra­gen auf­ge­taucht ist, sehe ich das als Auf­ruf ori­en­tie­rungs­lo­ser Abitu­ri­en­ten, die drin­gend ein Mot­to­lied für ihren Schul­ab­schluss suchen, das nicht „(I’ve Had) The Time Of My Life“, „Sum­mer Of ‚69“ oder „Gei­le Zeit“ heißt.

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