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Komm, Welt, lass Dich umarmen

Der erste Spieltag der neuen Bundesligasaison ist rum, Gladbach hat 1:0 gegen den 1. FC Köln gewonnen.

Zeit, noch einmal nostalgisch an meine allererste Saison als Fan zurückzudenken und an das Lied, das für mich auf ewig die Gladbacher Torhymne sein wird:

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Falls ich den Song jemals in voller Länge gehört haben sollte, ist das sicher über zwanzig Jahre her. Es ist natürlich ein Song, dessen natürlicher Lebensraum schon bei Uwe Hübner in der “ZDF-Hitparade” liegt, aber man muss diesen ganzen Schlagersängern der 1980er und 1990er gegenüber ja Abbitte leisten, denn so viel schlimmer als das Allermeiste, was aktuell im Radio läuft, war das ja nun wirklich nicht. Und die Stimme ist schon geil, oder? (Sie kommt vielleicht noch ein bisschen besser rüber in diesem Auftritt, der auch noch komplett stilecht von Dieter-Thomas Heck anmoderiert und -gewunken wird.)

Mario Jordan (fragen Sie mich bitte nicht, warum mein Gehirn diesen Namen sofort griffbereit hatte!) hieß, wie ich der Wikipedia entnehme, eigentlich Mario Lehner und ist leider schon vor sieben Jahren gestorben.

Das Lied kennen Sie natürlich auch, wenn Sie nie im Bökelbergstadion waren, denn es war seinerzeit auch der Werbesong einer sympathischen niederrheinischen Brauerei, die damals Trikotsponsor von Borussia Mönchengladbach war — und das Lied vermutlich gleich mitgebracht hat.

(Kurzer Exkurs: Die Brauerei Diebels war bis zum Jahr 2011 auch Getränkepartner des Haldern Pop Festivals, was bedeutete, dass man – sympathisch und niederrheinisch hin oder her – dort lange nur Altbier trinken konnte. Ab 2005 braute Diebels dann auch (wieder) Pils, das aber seit 2010 schon nicht mehr in Fässern angeboten wurde. Die Website des Unternehmens wirkt seltsam verwaist und der aktuellen Berichterstattung entnehme ich, dass der weltgrößte Braukonzern Anheuser-Busch Inbev – “sympathisch” und “niederrheinisch” – die Marke offenbar dringend loswerden will. Wenn also irgendjemand überhaupt nicht vom aktuellen Craftbeer-Trend profitiert hat, dann das Alt-Bier. Und Hausgetränk der sogenannten Alt-Right-Bewegung will man ja auch nicht sein. Exkurs Ende.)

Die legendären Diebels-Werbespots sind übrigens auch der Grund dafür, warum ich “Welch ein Tag” auch jedes Mal im Ohr habe, wenn ich ein Kettenkarussell sehe:

(Ich hatte den Spot übrigens so in Erinnerung, dass da zwei Menschen gemeinsam auf dem Karussell fahren und sich dort zuprosten. Alter Romantiker, ich.)

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Musik

Bernd Begemanns Gewaltphantasien

Ich hatte mich neulich ein wenig über deutschsprachige Gegenwartsmusik empört. Ein paar Wochen später hab ich Kraftklub live gesehen und damit die erste neue Band mit deutschen Texten seit sieben Jahren, die mich gekickt hat. Hopfen und Malz sind also noch nicht ganz verloren.

Bernd Begemann, dessen Musik ich auch eher nur zu Teilen schätze, hat offensichtlich auch ein Problem mit dem, was man dieser Tage so zu hören bekommt:

“Der normale Indierocker hat diese Akustikgitarre, fängt ein Lied in A-Moll an und singt darüber, dass seine Freundin nicht zurückruft, dass er ein bisschen traurig ist, ein bisschen besorgt ist wegen der Welt, weil er so sensibel ist. Meine Güte, diese Typen müsste man alle bei den Ohren packen und auf die Tischkante schlagen.”

Gesagt hat er das in einem Interview mit Radio Dreyeckland und man muss Begemanns leiernden Sprachfluss schon ertragen können, um das 20 Minuten lang auszuhalten. Aber dafür bekommt man ein paar charmante Kollegen-Bashings, Begemanns Unterscheidung zwischen Schlager und Pop, sowie seine etwas eigene Definition des Begriffs “Pop” zu hören, was die zeitliche Investition durchaus rechtfertigt. (Ich wollte erst “mehr rechtfertigt als ein halbes Tim-Bendzko-Album” schreiben, aber diese Aussage wäre ja quasi allgemeingültig.)

Bernd Begemann im Interview

[via taz Popblog]

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Musik

Are we human or are we Freiheit?

Meine Verbundenheit mit der Münchener Freiheit hatte ich ja schon mehrfach thematisiert. Nachdem die Band ca. 15 Jahre völlig von meinem Schirm verschwunden, aber selbstverständlich nie “weg” war, gibt es nun … äh … Nachrichten: Am 1. Oktober erscheint das neue Album, das “Ohne Limit” heißen wird.

Während die Band in den 1980er Jahren ja immer etwas zu Unrecht in die Schlager-Ecke geschoben wurde (eine Erfahrung, die Silbermond oder Philipp Poisel irritierenderweise nicht machen müssen), scheint sie sich jetzt ihrem Schicksal ergeben und die Rolle der alternden Schlagerfuzzies angenommen zu haben. Die TV-Premiere zur neuen Single “Seit der Nacht” war jedenfalls vorletzte Woche im MDR-Fernsehen bei “Musik für Sie”.

Diese Single hat es dann auch gleich in sich, denn sie ist gleichzeitig ein Angriff auf den König des Popschlagers und den guten Geschmack Bands wie The Killers und Scissor Sisters, die meinten, ungestraft im Discofox wildern zu dürfen.

Strecken Sie Ihre Beine durch, drehen Sie ihre PC-Lautsprecher ganz auf und legen Sie eine flotte Sohle aufs Parkett — das Parkett, in dem ich mich kurz verbissen hatte, als ich den Song das erste Mal gehört habe:

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Münchener Freiheit – Seit der nacht – MyVideo

(Bitte beachten Sie auch die “Human”-Keyboardmelodie bei 0:38, falls Sie es so weit geschafft haben.)

Wenn Ihnen danach ist, können Sie auf der Website der Band Ausschnitte aus allen 16 neuen Songs hören. Im Herbst und im kommenden Frühjahr ist die Münchener Freiheit auf großer “30 Jahre”-Jubiläumstour.

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Musik Leben

Post von Semino Rossi

Was hab ich jetzt wieder angestellt?

Post von Semino Rossi

Andererseits könnte es natürlich auch sein, dass ich nach meinen Sympathiebekundungen für Semino Rossi (und meinem Loblied auf Bata Illic) einfach zur Zielgruppe gehöre.

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Rundfunk Digital Musik

Programmhinweis: Ein Liveblog für Moskau

Ein Eisbär schießt Konfetti ins Publikum. Eine riesige digitale MatrjoschkaSie werden es vermutlich noch nicht mitbekommen haben, aber morgen ist wieder die Veranstaltung, die seit einigen Jahren “Eurovision Song Contest” genannt wird und nie “Grand Prix d’Eurovision de la Chanson” hieß.

Im Gegensatz zu den letzten beiden Jahren, als Stefan Niggemeier und ich uns bereits im Vorfeld durch alle Beiträge gekämpft haben, habe ich in diesem Jahr keine Ahnung, was mich beim Finale in Moskau erwartet: Ich habe keines der Halbfinals gesehen und selbst den deutschen Titel habe ich bisher nicht (bewusst) gehört.

Das sind natürlich die besten Voraussetzungen für einen zünftigen Grand-Prix-Abend mit Käsehäppchen, Metigel und russischem Wodka (auf den ich aus persönlichen Gründen allerdings verzichten werde).

Das große Liveblog startet (wie schon 2007 und 2008) um kurz vor 21 Uhr. Bild und Ton entnehmen Sie bitte dem Programm des Ersten Deutschen Fernsehens oder eurovision.tv.

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Print Leben

Uschi Blum macht Lokalredakteure schwach

Hape Kerkelings neue Komödie “Ein Mann, ein Fjord” läuft am 21. Januar um 20:15 Uhr im ZDF. Für den Film hat der Komiker ein alte Rolle reaktiviert, die auch schon in “Kein Pardon” zu sehen war: die der Schlagersängerin Uschi Blum.

Weil man das eben heutzutage so macht, bekam Uschi Blum eine Art Viralkampagne spendiert. Das ist zwar bei einem kostümierten Prominenten ein wenig albern, aber mit eigenem MySpace-Profil, offizieller und Agentur-Website (vor dem Anklicken die Lautsprecher runterdrehen!) durchaus aufwendig und mit … äh: Liebe zum Detail gemacht.

Natürlich hat man auch an eine fiktive Biographie gedacht und die besagt, dass Uschi Blum als Hildegard Sterczinski in Dinslaken geboren wurde, sie 1978 4. bei der Wahl zur “Miss Dinslaken” war und sie einige Jahre das Hunde-Nagelstudio “Uschi’s Pfötchen-Salon” in der Dinkelgasse in Dinslaken betrieb.

Nun ist es offen gestanden nur so mittelabsurd, ein Schlagersternchen ausgerechnet aus Dinslaken kommen zu lassen, wenn doch schon der König des Popschlagers dort zuhause ist. Aber als inoffizieller Stadtblogger Dinslakens habe ich natürlich trotzdem versucht, über sein Management Kontakt mit Hape Kerkeling aufzunehmen. Dass der im Moment fleißig Promo macht und nicht auf die Anfragen jedes Feld-, Wald- und Wiesenbloggers reagiert, kann ich durchaus verstehen. Offenbar ist es aber auch den Kollegen in der Lokalredaktion der “Rheinischen Post” (für die ich früher geschrieben habe) nicht gelungen, eigene O-Töne des beliebten Komikers zu bekommen, weswegen man dort den Helbseiter, der wohl unbedingt in die Samstagsausgabe sollte, irgendwie anders füllen muss.

Sie können den Artikel gerne selbst mit der offiziellen “Biographie” und den weiteren Promotexten vergleichen, ich hab Ihnen aber die wichtigste Eigenkreation des Autors hier mal kurz rüberkopiert:

Die [Internetseite] von Uschi ist der Hammer.

Nun ist es vielleicht etwas anderes, ob man eine (fiktive) Künstlerbiographie in weiten Teilen für einen redaktionellen Text übernimmt, oder einfach Werbetexte für Unternehmen abschreibt (wie “RP Online” das ja schon mal macht).

Trotzdem hat der Artikel aus der “Rheinischen Post” in meinen Augen wenig mit Journalismus zu tun. Sein Autor Ralf Schreiner versäumt es, auch nur ein Mal auf die Presseinfo hinzuweisen. Nach einer Einleitung, in der Kerkelings Verkleidung erklärt, folgt über sechs Absätze der leicht modifizierte Promotext. Sowas kann man machen, wenn man Konzerte von Bergarbeiterchören oder Nachwuchsbands ankündigen will — aber nicht, wenn man aus eigenem Antrieb ein großes Porträt für die Samstagsausgabe schreibt.

Die “Neue Rhein Zeitung”, das andere Blatt mit Dinslakener Lokalredaktion, hat am Samstag ebenfalls einen großen Artikel über Uschi Blum gebracht — der allerdings im Super-Duper-Onlineportal Der Westen nicht zu finden ist. Dort steht im Wesentlichen das Selbe drin (Dinslaken, “Miss Dinslaken”, “Uschi’s Pfötchen-Salon”), aber wesentlich kürzer und sogar anmoderiert:

Außerdem hat Uschi im Internet ihren lesenswerten Lebenslauf veröffentlicht. Daraus:

Auch dass die “NRZ” bei der Kontaktaufnahme mit Kerkeling gescheitert ist, erfährt der Leser. Verpackt in einen Infokasten, der zumindest eine nähere Auseinandersetzung mit dem Gegenstand nahelegt:

Warum ausgerechnet Dinslaken? Im vergangenen Jahr ließen ein Ehepaar, das sich mit einem anderen aus Dinslaken ein Hotelzimmer teilen musste und dafür Rabatt bekam (Cartoon "Hippenstocks Strategen", Süddeutsche Zeitung), ein weiterer Cartoon und eine Äußerung von Roger Willemsen die Frage aufkommen: Warum ausgerechnet Dinslaken? Hat Dinslaken einen lustigen Klang? Steht Dinslaken für etwas Besonderes? Für das Nirgendwo? Das Kleinstädtische? Das Geheimnisvolle? Oder für das Ende der Welt? Zumindest Hape Kerkeling konnte es uns nicht beantworten. Er sei bis Ende 2010 zu ausgebucht, um derartigen Anfragen nachzukommen, teilte sein Büro mit.

Ich glaube, ich sollte mich bei Roger Willemsen entschuldigen

Mit Dank auch an Michael M. für den Hinweis und an meine Mutter für den Scan!

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Musik Digital

Auswärtsspiel: Der große Grand-Prix-Führer 2008

Wir wissen auch nicht mehr warum, aber Stefan Niggemeier und ich, wir haben uns sämtliche 43 Titel, die dieses Jahr in zwei Halbfinals und einem Finale am Grand Prix teilnehmen, angehört. Mehrmals. Und darüber geschrieben. Nämlich hier.

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Musik

“Ich hab 29 Jahre dafür gearbeitet”: Interview mit Gregor Meyle

Am Samstag spielte Gregor Meyle, Zweitplatzierter bei Stefan Raabs Castingshow “SSDSDSSWEMUGABRTLAD”, im Bochumer Riff. Nachdem der Supportact, Steve Savage von den sehr empfehlenswerten Beggars Fortune, schon vom Publikum begeistert gefeiert wurde, legten Gregor Meyle und Band noch einen drauf und bescherten mir – im Ernst – eines der schönsten Konzerte ever. Der Zwischenruf “Besser als kettcar!” war so abwegig nicht.

Dass Gregor Meyle nicht nur ein toller Songschreiber und Musiker, sondern auch ein sehr sympathischer Gesprächspartner ist, hat er vor dem Konzert bewiesen, als er uns im Schatten des Bahndamms ein Interview gab.

Und das können Sie jetzt hier sehen:

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Fernsehen Rundfunk

Bata Man

Gestern hab ich mal wieder “Das perfekte Promi-Dinner” geguckt. Ich tue das sehr gerne, besonders, wenn ich währenddessen essen kann. Plötzlich kam ein älterer Herr ins Bild und ich dachte “Ach, guck mal da!” Dann erst stellte ich fest, dass ich Bata Illic streng genommen gar nicht kenne, also jedenfalls nicht in einem Maße, das eine solche Freude und Überraschung gerechtfertigt hätte.

Bis vor einem Monat wusste ich von Bata Illic gerade mal, dass er vor vielen Jahren einen Hit namens “Michaela” gehabt hatte, dass er aussah wie Franz Josef Wagner, und dass er nicht an der Schuhfirma Bata beteiligt war. ((Danach hatte ihn Roger Willemsen vor fast ebenso vielen Jahren bei “Willemsens Woche” mal gefragt.)) In der Zwischenzeit aber war Bata Illic ins RTL-Dschungelcamp eingezogen und war dort bis zum letzten Tag verblieben. War er dort anfangs kaum aufgefallen, hatte er mit seiner ersten Dschungelprüfung, bei der er mit Ratten sprach und diese von seinen friedvollen Absichten zu überzeugen versuchte, die Herzen der Zuschauer erobert. Ich habe von jungen Damen gehört, die ihn am liebsten als Opi mitgenommen hätten.

Überhaupt: “Ich bin ein Star, holt mich hier raus” dürfte sich für die RTL-Redakteure zum Super-GAU entwickelt haben. Statt sich anzukeifen und in Grabenkämpfe zu verfallen, konnte man den Prominenten ((Ich finde es so unfair, die Dschungel-Camper als “Prominente” mit Anführungszeichen zu bezeichnen. Zumindest einem Teil der Bevölkerung dürfte jeder Einzelne bekannt gewesen sein und wenn man “Prominenter” mal mit “jemand, von dem sich Menschen gemeinsame Handyfotos wünschen” übersetzt, sollten alle zehn als Prominente durchgehen. Außerdem bin ich neulich versehentlich in eine Autogrammstunde von Martin Stosch hineingeraten, bei der es für die zahlreichen Besucherinnen zwei “Abendessen” (mit Anführungszeichen) mit dem Star zu gewinnen gab.)) bei Selbstfindung und Gruppenkuscheln zusehen. Ross Antony und Michaela Schaffrath waren mir vorher unbekannt bis egal gewesen, aber es war schon ein Erlebnis, dem anfangs völlig hysterischen Ross bei der Überwindung seiner Ängste zuzusehen oder eine Frau zu erleben, die mit ihrer inneren Ruhe und Güte die ganze Truppe zusammenhielt und so gar nicht dem Klischee des überall apostrophierten Ex-Pornostars entsprach. Diese Staffel entwickelte sich dann auch versehentlich zum Gegenentwurf aller Castingshows, wo innerhalb weniger Wochen aus Nobodies Stars gemacht werden: Plötzlich saßen da Stars, die viele nicht kannten, im Dschungel, redeten auf eine ganz eigenartig poetische Art belangloses Zeug und machten sich bei übertriebenen Kindergeburtstagsspielen zum Affen. Der Unterschied zu “Zimmer frei!” bestand teilweise nur noch in den Moderatoren und der Reaktion der Öffentlichkeit.

Und während mich das Format “Reality TV” normalerweise überhaupt nicht interessiert, weil ich schon nicht wissen will, wie falsch sich meine Nachbarn ernähren oder wie grauenhaft sie ihre Wohnung eingerichtet haben, finde ich die Prominenten-Ableger davon meistens ganz großartig. Es gibt kaum einen besseren Weg, Leute etwas über Leute zu erfahren, als ihnen beim Dschungel-Bewohnen oder Essen zuzusehen. Danach braucht man keine Paparazzi mehr.

Die “Promidinner”-Redakteure hatten dann auch eine an “Lost” erinnernde Akribie bei der Zusammensetzung der gestrigen Köche an den Tag gelegt: Neben Bata Illic waren John Jürgens, Sohn der Schlagerlegende Udo Jürgens; Kriemhild Jahn, Sopranistin und Ehefrau von Schlagerproduzentenlegende Ralph Siegel, sowie Heydi Núñez Gómez vertreten, die auch schon mal im RTL-Dschungel war und mit Ralph Siegel eine Platte aufgenommen hatte. Und während sich die anderen Kandidaten mit exquisiten und exotischen Gerichten zu übertrumpfen versuchten, servierte Bata Illic eine Rohkostplatte mit literweise Mayonnaise, frittierte Schnitzel nach einem Rezept seiner “Schwiegermama” und eine Rumtorte, deren Zuckerguss noch vor dem Fernseher Zahnschmerzen verursachte. Las er auf den Menü-Karten der anderen Karten etwas, was seiner Frau Olga gefallen könnte, wollte er gleich eine doggy bag für sie ordern, und immer, wenn er für die Kochkünste der Anderen Punkte verteilen sollte, tat er das mit den Worten “Ich freue mich, ihm/ihr zehn Punkte geben zu dürfen”, und man glaubte ihm diese Freude genauso wie jedes einzelne “wunderschön”. ((Dass er sich strikt weigerte, mit dem Essen zu beginnen, bevor die Gastgeberin Platz genommen hatte, und er den Damen jedesmal, wenn sie sich hinsetzen wollten, umständlich den Stuhl ranschieben wollte, zeigt, dass sein Kommentar im Dschungel zu (ich glaube) DJ Tomekk “Wir zwei sind Gentlemen” zumindest zur Hälfte vollkommen richtig war.))

Noch mehr als im Dschungel oder am Esstisch erfährt man über Menschen nur, wenn man sieht, wie sie leben. Bata Illic und seine Olga leben in einem Haus, das mit seinen terracottafarbenen Wänden, runden Türzargen, selbst geschriebenen Ikonen, barocken Kommoden und englischen Clubsesseln wie ein wüst, aber liebevoll zusammengestelltes Museum wirkt. Wer die beiden miteinander reden sieht, wird dem Mann jedes Wort jedes Schlagertextes abnehmen. Bei Kriemhild Jahn und Ralph Siegel zuhause gibt es einen gläsernen Fahrstuhl, die Küche liegt (wenn ich das richtig verstanden habe) im Keller und der Esstisch steht in einem Raum, der aussieht wie die Lobby eines Hotels in Las Vegas.

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Musik

Die Quotenfrau

Mir ist entgegen aller statistischen Wahrscheinlichkeit niemand bekannt, von dem ich weiß, daß er (oder sie) eine Andrea-Berg-CD besitzt. Dabei scheint diese pseudoverruchte Schlagerverbreitungsunwesentlichkeit doch mit elf Mal Gold und fünf Mal Platin in jedem zweiten deutschen CD-Schrank zu stehen – und damit die deutsche Plattenindustrie im Alleingang zu retten. Dann meldet der Musikmarkt auch noch, daß diese Frau einen ganz neuen Chartsrekord aufgestellt hat:

Etwas mehr als sechs Jahre nach der Veröffentlichung bricht Schlagerstar Andrea Berg mit ihrem Album “Best Of” einen historischen Rekord und setzt sich mit 313 Wochen Verweildauer in den deutschen Album-Charts an die Spitze der langlebigsten Alben der Chartgeschichte.

Respekt. Denn damit hat ausgerechnet Frau Berg geschafft, was die Forderungen der unsäglichen Deutschquotenanhänger endgültig fürs Klo qualifiziert: Deutsche Musik findet auch ohne Quoten statt. Dumm nur, daß damit die eigentlich sehr vorzeigbare Langlebigkeitsbilanz der deutschen Chartsgeschichte eher beschmutzt als verschönert wird:

Sie verweist damit den bisherigen Spitzenreiter, Pink Floyds “Wish You Were Here” (312 Wochen), auf Platz zwei. Es folgen die Beatles mit den beiden Alben “1962-1966” (297 Wochen) und “1967-1970” (285 Wochen) sowie das “Greatest Hits”-Album von Simon & Garfunkel (242 Wochen), die allesamt in den Siebziger Jahren in die Charts einstiegen.

Früher war alles besser. Oder so.

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Musik Print

Schlagerzeilen

So, jetzt hab ich mir doch mal (zum ersten Mal seit der Entdeckung Amerikas, vermutlich) den “Spiegel” gekauft. Noch nicht mal primär, weil da das sagenumwobene Schäuble-Interview drin ist, sondern wegen … Michael Wendler!

Den hatten wir hier schon mal kennengelernt, als ich Dinslaken zur zukünftigen Musikhauptstadt Deutschlands erklärte. Ganz so weit ist man beim “Spiegel” noch nicht, aber der Artikel von Thomas Schulz zählt zum Unterhaltsamsten, was ich in den letzten Monaten gelesen habe (und man sollte es beim “Spiegel” kaum für möglich halten: das scheint sogar beabsichtigt gewesen zu sein).

“Der Wendler wird eine Hysterie auslösen.” Sagt der Wendler. “Der Wendler ist einfach geil.” Sagt der Wendler. “Wenn ich nicht selbst der Wendler wäre, ich würd’ mir die ganze Zeit zu meinen Konzerten hinterherfahren.”
Der Wendler, das ist Michael Wendler, 35, gelernter Speditionskaufmann aus Dinslaken, Beruf: Schlagerstar. Obwohl der Wendler das so nie sagen würde, genau wie er nie “der Michael” sagt und selten “ich”, sondern immer nur “der Wendler”. Er würde sagen: König des Pop-Schlagers. So steht es auf seinen Plakaten, seinem Fan-Magazin, seinen Platten. Er hat sich den Begriff markenrechtlich schützen lassen.

Ich gebe zu, ich hätte den Artikel nicht an der U-Bahn-Station lesen sollen, man wird ja doch immer schief angeguckt, wenn man sich in der Öffentlichkeit kaputtlacht. Schon in der Einleitung steht “Ein Besuch in einer Parallelwelt”, und genau das ist es: Schulz macht sich nicht über sein Thema lustig, er beschreibt es nur mit dem dezent ungläubigen Blick, den man wohl draufhaben sollte, wenn man im Auftrag eines Hamburger Nachrichtenmagazins Festzelte, Dorfdiscos und den “Ballermann” auf Mallorca aufsuchen muss:

Es dauert nicht lange, dann schlappt ein Mann heran in knallroten Lederhosen und abgeschnittener Jeansjacke, er setzt sich an den Tisch, einfach so, und stellt sich vor: “Gestatten: Drews, Schlagerstar, alternd”.

Die Schlagerbranche, so der Tenor der Reportage, erlebt gerade mal wieder ein Revival – aber diesmal ohne die Helden von vorgestern und abseits der Öffentlichkeit:

Deswegen ist Andrea Berg wohl auch der unbekannteste Star im Land. Ihr “Best of”-Album hielt sich 290 Wochen in den Charts. Ihr aktuelles Album war die meistverkaufte Platte des Musikriesen Sony BMG in Deutschland im vergangenen Jahr. Sie kann inzwischen bis zu 30 000 Euro pro Auftritt nehmen. Aber das hat RTL nicht davon abgehalten, ihren Auftritt bei der Verleihung des Deutschen Musikpreises Echo fast komplett herauszuschneiden.

Es lohnt sich, den Artikel zu lesen, und es lohnt sich anscheinend auch, sich mal so ein Michael-Wendler-Konzert aus der Nähe anzuschauen:

“Bei meinen Auftritten sind die Leute so rallig, die knallen sich auf den Toiletten.”

Nachtrag 20:25 Uhr: Wie mir meine Mutter soeben per E-Mail mitteilt, ist der Artikel auch online verfügbar. Das war er heute Nachmittag, als ich zum Kiosk ging, noch nicht …

Nachtrag, 20. Juli: Jetzt ist der Artikel natürlich wieder offline bzw. kostenpflichtig. Können die sich mal entscheiden?

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Musik Rundfunk

Grand-Prix-Liveblog

Weil die Vorberichterstattung in der ARD mich ein wenig irre gemacht hat, kam mir die Idee, doch noch ein ganz spontanes Grand-Prix-Liveblog zu starten. Wenn alles gutgeht, gibt’s also hier gleich die halbherzige Nebenberichterstattung.