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Totes Pferd gefunden

Mil­lio­nen von Men­schen lesen jeden Tag die „Bild“-Zeitung, dar­un­ter vie­le Medi­en­schaf­fen­de und Jour­na­lis­ten. Man­che lachen sich danach ins Fäust­chen und wer­fen die Zei­tung weg – und ande­re set­zen sich danach hin und schrei­ben los.

Ich hab mich dar­an gewöhnt, dass die „Rhei­ni­sche Post“ bzw. „RP Online“ seit eini­ger Zeit wie schwarz-gel­be (die Zei­tungs­far­ben, nicht die Poli­tik) Aus­ga­ben von „Bild“ und „bild.de“ wir­ken – es könn­te damit zusam­men­hän­gen, dass Chef­re­dak­teur Sven Gös­mann und Online-Chef Oli­ver Eckert von der Elbe an den Rhein gewech­selt waren. Zuletzt sah man am Sams­tag, wie das geht: „ARD-Wet­ter­fee ras­tet im TV aus!“ vs. „Vor lau­fen­der Kame­ra: Wet­ter­fee Clau­dia Klei­nert ras­tet aus“.

Dass aber aus­ge­rech­net die von mir hoch­ge­schätz­te (und abon­nier­te) „Süd­deut­sche Zei­tung“ auf ihrer Inter­net­sei­te auch „Bild“-Inhalte recy­celt, ist für mich – mil­de aus­ge­drückt – ein Schock.

Zur Erin­ne­rung: Letz­te Woche hat­te „Bild“ eine angeb­li­che Ex-Freun­din des TV-Komi­kers Oli­ver Pocher samt Fotos aus­ge­gra­ben und kurz dar­auf Pochers aktu­el­le Freun­din samt Fotos vor­ge­stellt. Das ist ja schon unin­ter­es­sant genug, aber sueddeutsche.de nutzt die­se Geschich­te als Auf­hän­ger für etwas, was wir „Desas­ter“ „Offen­ba­rungs­eid“ „Bil­der­stre­cke“ nen­nen wol­len.

Auf elf Ein­zel­sei­ten han­gelt sich die Autorin Michae­la Förs­ter von Pocher und den Damen über Ste­fan Raab, Harald Schmidt und Her­bert Feu­er­stein wie­der zu Pocher zurück und dann noch ein­mal zu Schmidt. Der Text ist banal und dient nur der Betex­t­ung von Fotos, die haupt­säch­lich Oli­ver Pocher zei­gen. Dabei schreckt sie auch vor der neu­es­ten Unsit­te des Online­jour­na­lis­mus nicht zurück und lässt den Text ger­ne auch mal mit­ten im …

… Satz umbre­chen. Das ist in sprach­li­cher und ästhe­ti­scher Hin­sicht min­des­tens unschön und führt neben­bei auch noch schnell zu miss­lun­ge­nen Bild­un­ter­zei­len:

… und diese Riege handhabt die Trennung von Beruf und Privatleben anders.

(Screen­shot: sueddeutsche.de)

Wenn das die „hoch­wer­ti­gen Por­ta­le und Nach­rich­ten im Inter­net“ sei­en sol­len, gegen die Blogs angeb­lich kei­ne Chan­ce haben, dann möch­te ich unter kei­nen Umstän­den min­der­wer­ti­ge Por­ta­le zu Gesicht bekom­men.

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Der doppelte Pfarrer

Eigent­lich woll­te ich nicht mehr so viel über Dins­la­ken blog­gen, aber die The­men lie­gen da im Moment echt auf der Stra­ße

Am Sonn­tag wur­de der Pfar­rer, bei dem ich mei­nen Zivil­dienst abge­leis­tet habe, in den Ruhe­stand ver­ab­schie­det. Ein wich­ti­ges Ereig­nis für sei­ne Gemein­de, ja: für die gan­ze Stadt. Die Bür­ger­meis­te­rin sprach ein Gruß­wort, eben­so die Ver­tre­ter ande­rer Kir­chen­ge­mein­den und diver­ser Ver­ei­ne. Ich war auch da und natür­lich durf­te auch die Lokal­pres­se nicht feh­len. Heu­te konn­te ich dann im Inter­net nach­le­sen (die Print-Ver­sio­nen lie­gen mir noch nicht vor), was ich erlebt hat­te.

Im Online-Ange­bot der NRZ stand:

Der Bet­saal Bruch platz­te am Pfingst­sonn­tag aus allen Näh­ten. So vie­le kamen, um ihren Pfar­rer Karl-Heinz Tacken­berg nach fast 25 Jah­ren in den Ruhe­stand zu ver­ab­schie­den. Got­tes­dienst und Abschieds­fei­er gerie­ten zu einem tages­fül­len­den Pro­gramm. Jugend­lei­te­rin und Mit­ar­bei­ter­pres­by­te­rin Sabi­ne Fischer-Bor­gardts, die mit Pres­by­ter Die­ter Tepel durchs Pro­gramm führ­te, brach­te es auf den Punkt. „Das Pro­gramm dau­ert solan­ge, weil wir uns nicht tren­nen kön­nen.“

Auch die direk­te Kon­kur­renz, die Rhei­ni­sche Post, nähert sich dem Ereig­nis atmo­sphä­risch:

Der Bet­saal Bruch platz­te am Pfingst­sonn­tag aus allen Näh­ten. So vie­le kamen, um ihren Pfar­rer Karl-Heinz Tacken­berg nach fast 25 Jah­ren in den Ruhe­stand zu ver­ab­schie­den. Got­tes­dienst und Abschieds­fei­er gerie­ten zu einem tages­fül­len­den Pro­gramm. Jugend­lei­te­rin und Mit­ar­bei­ter­pres­by­te­rin Sabi­ne Fischer-Bor­gardts, die mit Pres­by­ter Die­ter Tepel durchs Pro­gramm führ­te, brach­te es auf den Punkt. „Das Pro­gramm dau­ert solan­ge, weil wir uns nicht tren­nen kön­nen.“

Erst dach­te ich, ich wäre mög­li­cher­wei­se mit mei­nen zahl­rei­chen Fire­fox-Tabs durch­ein­an­der gekom­men. Dann dach­te ich, ich sei ges­tern ein­fach zu spät ins Bett gegan­gen. Schließ­lich erkann­te ich die unter­schied­li­chen Anfüh­rungs­zei­chen und las wei­ter:

NRZ RP
Super­in­ten­dent Mar­tin Duscha wür­dig­te den viel­fäl­ti­gen Dienst und wies in sei­ner offi­zi­el­len Ent­pflich­tung vom Dienst in der Pfarr­stel­le dar­auf hin, dass nicht alles aus dem Dienst eines Pfar­rers vor Augen liegt, son­dern viel­mehr vie­les im Ver­bor­ge­nen lie­ge. Super­in­ten­dent Mar­tin Duscha wür­dig­te den viel­fäl­ti­gen Dienst und wies in der offi­zi­el­len Ent­pflich­tung Tacken­bergs vom Dienst in der Pfarr­stel­le dar­auf hin, dass nicht alles aus dem Dienst eines Pfar­rers vor Augen, son­dern vie­les im Ver­bor­ge­nen lie­ge.
   
Bür­ger­meis­te­rin Sabi­ne Weiss dank­te Karl-Heinz Tacken­berg für sein Enga­ge­ment im kom­mu­na­len Bereich, beson­ders in der Agen­da­ar­beit. Der katho­li­sche Pas­tor von St. Jako­bus, Gre­gor Wol­ters, sprach Segens­wün­sche aus. Auch die Ver­tre­ter der Ver­ei­ne in der Feld­mark dank­ten für gute Zusam­men­ar­beit. Bür­ger­meis­te­rin Sabi­ne Weiss dank­te Karl-Heinz Tacken­berg für sein Enga­ge­ment im kom­mu­na­len Bereich, beson­ders in der Agen­da­ar­beit. Der katho­li­sche Pas­tor von Sankt Jako­bus, Gre­gor Wol­ters, sprach Segens­wün­sche aus. Auch die Ver­tre­ter der Ver­ei­ne in der Feld­mark dank­ten für die gute Zusam­men­ar­beit.
   

Natür­lich fie­len auch mir die Unter­schie­de gleich ins Auge: Im NRZ-Text könn­te auch der Super­in­ten­dent ent­pflich­tet wor­den sein, in der RP ist es ein­deu­tig der Pfar­rer. Außer­dem ist „Sankt“ bes­ser zu lesen als „St.“ und in der RP steht ein „die“ mehr. Im buch­stäb­lich letz­ten Satz war­tet die RP dann sogar noch mit einer, äh: Über­ra­schung auf:

Als er, beglei­tet von Toch­ter Bet­ti­na, in einem Abschieds­lied zurück und nach vor­ne blick­te, konn­te man­cher der Besu­cher eine weh­mü­ti­ge Trä­ne nicht ver­ber­gen. Als er dann zur Über­ra­schung aller, beglei­tet von Toch­ter Bet­ti­na, in einem Abschieds­lied zurück und nach vor­ne blick­te, konn­te man­cher der zahl­rei­chen Besu­cher eine weh­mü­ti­ge Trä­ne nicht ver­ber­gen.
   

Ich weiß nicht, wie vie­le Dins­la­ke­ner bei­de Lokal­zei­tun­gen (die zumin­dest frü­her auch mal die unter­schied­li­chen poli­ti­schen Lager reprä­sen­tier­ten) lesen – und wie vie­le von denen die­se etwas merk­wür­dig anmu­ten­de Dop­pe­lung bemerkt haben wer­den. Wie vie­le dann noch Lust dar­auf hat­ten, einen pol­tern­den Leser­brief (natür­lich zwei­mal den glei­chen!) an die Lokal­re­dak­tio­nen zu schi­cken, kann ich im Moment nur raten. Selt­sam fin­den kann ich es aber jetzt schon.

Der Autor des Tex­tes der Tex­te ist übri­gens selbst Dins­la­ke­ner Pfar­rer und hät­te des­halb durch­aus einen guten Grund, sei­nem lang­jäh­ri­gen Kol­le­gen und Weg­ge­fähr­ten gleich zwei­mal öffent­lich Tri­but zu zol­len. Die­se Tat­sa­che kann man in der NRZ, für die er des öfte­ren schreibt, aber allen­falls aus dem Autoren­kür­zel, in der Rhei­ni­schen Post (zumin­dest in der Online­aus­ga­be) gar nicht ent­neh­men. Außer­dem muss man sich in der Lokal­re­dak­ti­on der Rhei­ni­schen Post jetzt natür­lich die Fra­ge gefal­len las­sen, ob man kei­nen eige­nen Autor hat­te, der ähn­lich kom­pe­tent, aber viel­leicht aus einem ande­ren Blick­win­kel, über die Ver­ab­schie­dung hät­te berich­ten kön­nen.

Ich bin es inzwi­schen gewohnt, dass rei­ne Nach­rich­ten in den aller­meis­ten Tages­zei­tun­gen und auf Inter­net­sei­ten direkt aus Agen­tur­mel­dun­gen über­nom­men wer­den. Ich bin gewohnt, dass Ver­an­stal­tungs­an­kün­di­gun­gen in Lokal­zei­tun­gen oft genug iden­tisch sind – iden­tisch auch mit den Pres­se­mit­tei­lun­gen der Ver­an­stal­ter. Dass aber die Nach­be­richt­erstat­tung, also die Beschrei­bung eines Ereig­nis­ses, bei dem der Leser ent­we­der dabei war oder von dem er wis­sen will, wie es war; dass also die­se Nach­be­richt­erstat­tung auch nahe­zu iden­tisch ist, sehe ich mit sehr ungu­ten Gefüh­len. Denn gera­de im loka­len Bereich haben die Bürger/​Leser nicht vie­le Quel­len, um sich über Ereig­nis­se zu infor­mie­ren. Wenn in bei­den Zei­tun­gen (fast) das Glei­che steht, ver­lie­ren die­se ihre Unter­schei­dungs­merk­ma­le und über kurz oder lang droht min­des­tens eine von ihnen über­flüs­sig zu wer­den.

Nun ist ein dop­pel­ter Arti­kel über die Ver­ab­schie­dung eines Pfar­rers natür­lich noch nicht gleich der Unter­gang einer plu­ra­lis­ti­schen Pres­se. Jeder Jour­na­list, der dar­über hät­te berich­ten sol­len, hät­te über die ver­schie­de­nen Pro­gramm­punk­te geschrie­ben und die Ver­diens­te des Neu-Pen­sio­närs gewür­digt. Ich bin aber gera­de des­halb der Mei­nung, dass man zwei unter­schied­li­che Tex­te dar­über hät­te schrei­ben sol­len: Wie sieht das denn aus, wenn man mit einer Art Seri­en­brief in den Ruhe­stand ver­ab­schie­det wird?

Die dazu­ge­hö­ri­gen Fotos sind – das sei nicht uner­wähnt gelas­sen – von zwei ver­schie­de­nen Foto­gra­fen zu zwei ver­schie­de­nen Zeit­punk­ten geschos­sen wor­den. Dass die RP-Bild­un­ter­schrift nicht so direkt mit dem Motiv über­ein­stimmt, ist jetzt auch egal.

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Leben Unterwegs

Dieser Weg ist steinig und schwer

Es ist Pfings­ten, man­che wis­sen auch wie­so, ich lie­ge brä­sig auf der Ter­ras­se habe den bis­he­ri­gen Tag mit gesell­schaft­li­chen Auf­ga­ben ver­bracht und möch­te jetzt die­se all­ge­mei­ne fest­li­che Stil­le mit zwei Geschich­ten durch­bre­chen. Die eine ist hei­ter, die ande­re beun­ru­hi­gend, und es ist jedem selbst über­las­sen, wel­che wel­che ist:

Als ich am Frei­tag mit dem Regio­nal­ex­press durchs Ruhr­ge­biet reis­te (mein Leben also in vol­len Zügen genoss), fuhr ich einen Teil der Stre­cke mit einer Pfad­fin­der­grup­pe. Erst nach­dem der Zug in den Duis­bur­ger Haupt­bahn­hof ein­ge­fah­ren war, bemerk­ten die Anfüh­rer der Grup­pe, dass sie die letz­ten fünf Minu­ten vor einem Schild gestan­den hat­ten, auf dem „Tür defekt“ stand. Und so dreh­ten sich die etwa zwan­zig Pfad­fin­der, die sich über die gesam­te Wagen­län­ge im Mit­tel­gang gestaut hat­ten, um und gin­gen zur Tür am ande­ren Ende des Wagens hin­aus. Sie gin­gen nicht etwa durch die Tür, die zwei Meter neben der defek­ten im nächs­ten Wagen lag und offen stand.

Als ich Dins­la­ken, die Stadt mei­ner Kind­heit, erreicht hat­te und zu Fuß zu mei­nen Eltern ging, stell­te ich fest, dass die all­jähr­li­chen Stra­ßen­pflas­ter-Fest­wo­chen offen­bar wie­der in vol­lem Gan­ge waren. Anders als im Osten der Repu­blik, wo man am nächs­ten Wochen­en­de den vier­zigs­ten Jah­res­tag des Schah­be­suchs mit gro­ßen Trach­ten­pa­ra­den bege­hen will, haben die Dins­la­ke­ner Stra­ßen­pflas­ter-Fest­wo­chen wenig mit Gewalt, aber viel mit Ver­kehrs­be­hin­de­rung zu tun. Denn jedes Jahr im Früh­som­mer wird das Pflas­ter der Haupt­stra­ße auf­ge­bro­chen, die Stei­ne wer­den gewen­det, ein neu­es Sand­bett wird gelegt und dann wird die Stra­ße wie­der zuge­pflas­tert. Lei­der lie­fert die offi­zi­el­le Web­site der Stadt kei­ner­lei Infor­ma­tio­nen zu die­sem schö­nen Brauch­tum, aber ich möch­te jeden herz­lich ein­la­den, sich die­se beson­de­re Tief­bau­pro­zes­si­on nicht ent­ge­hen zu las­sen.

So viel für den Augen­blick, mehr Con­tent gibt’s, wenn mehr pas­siert.

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Digital Leben

Getrennt, geschrieben

Heu­te, lie­be Kin­der, erklärt Euch das Cof­fee-And-TV-Lehr­per­so­nal mal, war­um eini­ge Regeln der deut­schen Recht­schrei­bung der Zwei­deu­tig­keit Tür und Tor öff­nen. Als Bei­spiel haben wir uns die Getrennt­schrei­bung von zusam­men­ge­setz­ten Ver­ben aus­ge­sucht. RP Online schreibt in einem Arti­kel über Fla­vio Bria­to­re, der mög­li­cher­wei­se gar nicht der Vater von Hei­di Klums ers­tem Kind ist, fol­gen­des:

Der For­mel-Eins-Mana­ger und das Top­mo­del waren 2003 zusam­men gekom­men und trenn­ten sich kurz vor Lenis Geburt im Mai 2004.

Und obwohl die­ser Satz laut Duden (§34) vor­bild­lich zusam­men­ge­stellt wur­de, kann ich doch nicht ver­heh­len, an einer Stel­le herz­haft und puber­tär auf­ge­lacht zu haben. Kann aber auch am Kon­text lie­gen …

PS: Bria­to­re sagt, nicht er, „son­dern eine pro­mi­nen­te Per­sön­lich­keit, die Mil­lio­nen aus dem Fern­se­hen ken­nen“ sol­le der Vater sein. Sei­en wir also gespannt, wie schnell Prinz Fré­dé­ric von Anhalt dies­mal vor die Mikro­fo­ne der Welt­öf­fent­lich­keit hech­tet, um sich als Erzeu­ger ins Gespräch zu brin­gen.