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Lucky & Fred: Episode 1

Weil uns der Jahresrückblick so viel Spaß gemacht hat, haben Friedrich Küppersbusch und ich beschlossen, so was jetzt öfter zu machen, auch wenn das Jahr noch gar nicht vorbei ist.

In der ersten Folge unseres neuen Podcasts erklären wir also, wie man in Berlin den Taxischein macht, wie man fast das Grimme-Institut zerstört und was Joachim Gauck von Horst Köhler unterscheidet. Außerdem werfen wir einen Blick auf Alice Schwarzer, Jörg Kachelmann und der Schurkenstaat Schweiz, wünschen uns ein Deutschland in den Grenzen von Konrad Adenauer und klären, was der ADAC mit Tina Turner und Herbert Grönemeyer zu tun hat:

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Wir haben uns für die Erbsensuppe entschieden

Die gelernte Naturwissenschaftlerin Merkel wird diese Art Beweisführung zulassen müssen: Um ein unbekanntes Element zu erforschen, kann es hilfreich sein, die Daranheftenden und Drumherumschwirrenden zu definieren. Wenn sie zum stets in ihrer Nähe schleichenden Pofalla blickt, nickt er meist sofort. Oder schüttelt den Kopf. Was halt gerade gewünscht wird. Seine Größe ist allein durch Unterwerfung bedingt.

Der Typus Pofalla wird nicht abgestoßen von Merkel, anders als widerständigere Charaktere.

Benjamin von Stuckrad-Barre, das vergisst man gerne, hat ja nur einen Roman und eine Handvoll fiktionaler Texte veröffentlicht. Den Großteil seines Werks machen journalistische Arbeiten aus, besonders Reportagen.

Und die kann der Mann, der kürzlich vom Magazin “Cicero” sehr schön porträtiert wurde, auch immer noch schreiben — man kriegt davon nur nichts mit, weil sie in Zeitungen wie der “Welt am Sonntag” veröffentlicht werden.

Dass es über Merkel, je länger sie regiert, immer weniger Witze gibt, ist auch merkwürdig. Wenn Opposition, Herausforderer und Kommentatoren ihr mangelnde Greifbarkeit vorhalten und quecksilbrige Positionen, klingt das hilflos. Wenn aber den Witzemachern zu ihr nichts mehr einfällt, müssen wir das vielleicht ernst nehmen.

Seine Reportage über eine Zugfahrt mit Angela Merkel kann ich Ihnen nur wärmstens empfehlen, nicht zuletzt wegen des sagenhaften Nicht-Interviews, aus dem man mehr über die Kanzlerin erfährt als aus vier Jahren Regierungsverantwortung:

Wenn Sie aus dem Zug schauen, was für ein Land sehen Sie?

Ich sehe ein ziemlich intaktes Land, im Vergleich zu anderen Ländern, in denen man schon so war.

(Man! Länder, in denen man schon so war! Das erste, was einem ein Psychotherapeut beibringt: Sagen Sie nicht „man“, sagen Sie „ich“. Das erste, was man als Profipolitiker wahrscheinlich lernt: öfter mal „man“ sagen, dann kann nichts groß passieren.)

“Wie war die Wurst?” von Benjamin von Stuckrad-Barre bei welt.de.

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Experten

Nun, da wir uns alle einmal über den Mann mit dem albernen Bart und dem unpassenden Namen erregt haben und dieser in einem offenen Brief an den Zentralrat der Juden in Deutschland um Entschuldigung gebeten hat, können wir uns einer wichtigen Frage widmen: Wer ist dieser Hans-Werner Sinn überhaupt?

Vermutlich habe ich in den Nachrichten schon hundertfach von seinem Ifo-Institut gehört und als ich in der Wikipedia vom Ifo-Geschäftsklimaindex las, klingelte es tatsächlich. Aber davon mal ab: Wer ist dieser Mann und was sollte mich dazu bringen, seinen Ausführungen (wenn sie nicht gerade von verfolgten Managern handeln) Glauben zu schenken?

Wenn ein Medium zeigen will, was mit unserer Umwelt passiert oder wie man Energie sparen kann, werden O-Töne von Claudia Kemfert herangeschafft, wenn’s etwas seriöser sein soll Mojib Latif. Tun Jugendliche irgendwo das, was Jugendliche mindestens seit Kain und Abel tun, nämlich zuschlagen, steht das Telefon von Christian Pfeiffer nicht mehr still, und bis vor kurzem konnten Sie sicher sein, Ihre Ernährungstipps von Hademar Bankhofer zu bekommen — egal, welches Medium Sie nutzten.

Braucht ein Journalist ein Statement zum Thema Blogs oder Internet, wendet er sich an Stefan Niggemeier. Der darf auch beim Thema “Medien allgemein” ran, aber nur, solange seine Meinung nicht der Linie des Journalisten zu widersprechen droht – sonst ist Jo Groebel dran. Selbst im Fußball, zu dem nun wirklich jeder Deutsche eine Meinung hat, muss bei jeder Fernsehübertragung ein Experte bereitstehen und erklären, was wir gerade gesehen, aber nur bedingt verstanden haben. Und Henryk M. Broder darf seine Meinung sowieso zu jedem Thema verbreiten.

Der einfache Bürger weiß ja gar nicht, wer diese Menschen sind, die ihm da immer als Experten vorgesetzt werden. Woher kommen sie, was haben sie gelernt, welche eigenen Interessen verfolgen sie gegebenenfalls? (Es soll ja ganze Talkshow-Runden geben, die nur mit Mitgliedern der “Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft” besetzt sind, einer Lobby-Vereinigung des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall.) Selbst von möglicherweise honorigen Professoren kennt man nur ihre Drei-Satz-Erklärungen aus dem Boulevardfernsehen (“Explosiv”, “Brisant”, “Anne Will”) und wenn man sie nur oft genug gesehen hat, kann man sie sowieso nicht mehr ertragen.

Dabei wäre es ja eigentlich nur wünschenswert, wenn sich tatsächlich die verdientesten und klügsten Leute zu Themen äußern und nicht etwa Ronald Pofalla. Es gibt eher zu wenige Denker in der Öffentlichkeit als zu viele. Die Zeiten, in denen sich der Weimarer Hof mit den weisesten Herren der damaligen Welt schmückte, sind lange vorbei. Fachleute werden von der Politik zwar noch herangekarrt, aber sofort wieder fallen gelassen, wenn ihr Fachwissen sich als unpopulär herausstellen könnte. Fragen Sie mal Paul Kirchhof, den “Professor aus Heidelberg”. (Es geht natürlich noch perfider: Hartz will heute ja nun wirklich niemand heißen.)

Der Grund, warum Medien diese Experten brauchen, ist natürlich klar: Zum einen braucht jedes Thema ein Gesicht, weswegen Hip-Hop ja auch aussieht wie Eminem und Indierock wie Pete Doherty. Zum anderen braucht man jemanden, der Ahnung von einem Thema hat, mit dem man sich gerade zum ersten Mal beschäftigt: Wer morgens in der Redaktionskonferenz die Bekanntgabe des “Vogels des Jahres” aufs Auge gedrückt bekommt, kann nicht bis zur Abgabe noch eine Ornithologie-Studium abschließen.

Vor einiger Zeit behelligte ich einen Geschichtsprofessor mit der Frage, ob er mir für eine Reportage (die immer noch zu schreiben ist) einige Einstiegsfragen beantworten könne. Er teilte mir höflich, aber bestimmt mit, dass Professoren entgegen der weitläufigen Annahme von Journalisten keine Auskunfteien seien, für solche Zwecke gebe es Fachliteratur. Der Mann hat wissenschaftlich natürlich vollkommen recht, aber kein Journalist wird im Tagesgeschäft mal eben ein, zwei, drei Fachbücher lesen können — und der Professor hat sich freilich selbst um eine Karriere als vielzitierter (weil ungelesener) Experte gebracht.

Mehr zum Thema in diesem Beitrag von “Zapp” aus dem letzten Jahr.