Kategorien
Musik Digital

Word Gets Around

2010 scheint sich unerfreulicherweise als Jahr des großen Musikersterbens in die Geschichtsbücher brennen zu wollen: Stuart Cable, der frühere Schlagzeuger der Stereophonics, ist tot.

Wie mittlerweile eigentlich üblich, erreichte mich die traurige Nachricht per Facebook.

Ich hätte es aber auch zufällig auf der Startseite von – hold your breathBild.de erfahren können:

Stereophonics:
Ex-Drummer Stuart Cable ist tot

Nicht erfahren hätte ich es hingegen (Stand 14.55 Uhr) auf den “News”-Seiten der Musikzeitschriften “Visions”, “Musikexpress” und “Rolling Stone”. Aber was hätte ich auch da gewollt?

Kategorien
Musik Print

Please brother take a chance

Damit die Oasis-Reunion, die auch Wolfgang Nostradamus Doebeling (ich glaube, den zweiten Vornamen hat er sich ausgedacht) im aktuellen “Rolling Stone” prophezeit (und zwar für den 15. Mai 2011), kommen kann, muss die Band ja erst Mal aufgelöst werden.

Das hat Liam Gallagher jetzt dankenswerterweise in einem Interview mit der “Times” getan. Er wollte eigentlich nur über seine Modelinie “Pretty Green” sprechen, aber dann erklärt er die Band für beendet.

Luke Leitch gelingt es, in dem Artikel ein Bild von Liam Gallagher zu zeichnen, das sehr viel differenzierter ist als das meiste, was man bisher über den jetzt Ex-Oasis-Sänger gelesen hat. Am Ende spricht er sogar davon, außerhalb des Rock’n’Roll-Circus irgendwann seinen Frieden mit Noel zu machen. Eventuell.

Liam Gallagher: a semi-scary, tightly wound wind-up merchant — absolutely. But also serious, sensitive, impassioned and, from the look that flitted across his face at the end there, a man who misses his brother. Furthermore, a producer of rocking clobber for men. Who knew?

Mein Lieblings-Gallagher bleibt trotzdem Noel, so wie mein Lieblings-Beatle Paul McCartney und mein Lieblings-Libertine Carl Barât war. Aber das können Sie jetzt selbst tiefenpsychologisch auswerten.

[via Christian]

Kategorien
Musik

Da prallen Welten aufeinander

Natalie Imbruglia war vor vielen Jahren mal berühmt. Sie hatte einen Hit namens “Torn” und war eine der ersten Frauen, bei denen ich als Teenager dachte “Schau mal an, die sieht aber ganz gut aus …” (die Zweite war Natalie Portman, womit die Natalie-Serie aber auch schon endete).

Ich habe keine Ahnung, was die Australierin in den letzten Jahren gemacht hat (mutmaßlich Alben veröffentlicht, von denen kaum jemand etwas mitbekommen hat), aber heute vermeldet NME.com, sie habe ein neues Album aufgenommen.

Die eigentliche Nachricht ist aber:

Natalie Imbruglia has announced details of her forthcoming new studio album, which features three co-writes with Coldplay.

Die eigentliche Nachricht ist aber:

The album, entitled ‘Come To Life’, will be released on October 5. It will be preceded by a single, ‘Want’, on September 28. The single is a Coldplay co-write, as are album tracks ‘Lukas’ and ‘Fun’.
(Hervorhebung von mir)

Nach all den Jahren, in denen ich mit “Luka” von Suzanne Vega Vorlieb nehmen musste (was ja immerhin ein schöner, wenn auch etwas deprimierender Song war), gibt’s jetzt endlich “Lukas” — und das gleich von Natalie Imbruglia und Coldplay. ((Ich werde demnächst noch einmal ausführlicher über Songnamen, die auf Namen basieren, schreiben. Ich finde es verdammt ungerecht, dass eine Geraldine so einen großartigen Song wie den von Glasvegas verehrt bekommt, eine Lena aber mit BAP und Pur leben muss.))

Damit sind wir aber noch nicht bei der spannendsten Kollaboration des Musikherbstes, denn die kommt wohl aus einem anderen land down under, aus Neuseeland. Neil Finn (Ex-Split Enz, Ex- und Wieder-Crowded House, Finn Brothers) hat letztes Jahr Weihnachten einen ganzen Haufen Musiker um sich geschart, um unter dem Projektnamen 7 Worlds Collide ein paar Songs ((Also ein Doppelalbum.)) für einen guten Zweck aufzunehmen.

Die Liste der Mitwirkenden beinhaltet unter anderem Johnny Marr (Modest Mouse, Ex-The Smiths), Phil Selway und Ed O’Brien (beide Radiohead), Jeff Tweedy, John Stirratt, Glenn Kotche und Pat Sansone (alle Wilco), KT Tunstall, Bic Runga, Tim Finn, Liam Finn, Lisa Germano und Sebastian Steinberg (Soul Coughing). Die Songs wurden in den wüstesten Kombinationen geschrieben und eingespielt und wie man den Videos auf der MySpace-Seite des Projekts entnehmen kann, hat das alles wohl richtig viel Spaß gemacht. Erste Höreindrücke gibt es dort auch schon.

Kategorien
Musik

Menschlich

The Killers, die ich persönliche für eine der besten Bands der Welt halte, seit ich sie live gesehen habe, werden Ende November ihr drittes reguläres Album veröffentlichen. Gestern haben sie schon mal das Video zur ersten Single “Human” vorgestellt.

Kathrin meint, der Song klinge wie Michael Wendler. Man hätte aus dem Song noch mehr rausholen können, aber ich höre ihn gerade immer und immer wieder und mit jedem Mal wird er größer. Diese Harmonien, die sind so … uplifting.

Brandon Flowers hat den Bart ab, im Video gibt es einen Tiger zu sehen und im Refrain stellt die Band die existenziellste aller Grundsatzfragen: “Are we human? Or are we dancer?” Was will man mehr?

rollingstone.com stellt das Video vor und wenn Sie genau hinsehen, werden Sie entdecken, dass es jemand mit einer Digitalkamera von einem Bildschirm abgefilmt zu haben scheint. Das würde auch kein deutsches Medium machen.

Nachtrag, 01:34 Uhr: So schnell kann’s gehen: Das Video ist weg. Hören können Sie den Song aber schon mal ganz legal bei last.fm.

Kategorien
Musik

“Spalter!”

Ja, ja, das neue Radiohead-Album. Jetzt ist es also bald eine Woche draußen und fast alle haben darüber geschrieben: der “NME”, der “Rolling Stone”, “Pitchfork Media”, aber auch bei laut.de, alternativenation.de war man schnell mit den Besprechungen, intro.de hatte immerhin ein Forum zum Sammeln der ersten Höreindrücke eingerichtet.

Die Rezension bei “Spiegel Online” vereint mal wieder alles, was ich am Musikjournalismus nicht ausstehen kann:

Dabei ist “In Rainbows” kein Enigma, kein Vexierbild und keine Kippfigur, sondern die zugänglichste Platte, die Radiohead seit “OK Computer” veröffentlicht haben. Wer hier noch ernsthaft von “sperrig” spricht, verdient 48 Stunden Dauerbeschallung mit Muse und Placebo, angekettet.

Und bei “Plattentests Online” erklärt man via Newsletter, warum es auch fünf Tage nach der Veröffentlichung des Albums im Internet noch keine Rezension in diesem Internet-Medium gibt:

Einen halben Tag, teils sogar nur wenige Stunden nach dem Download-Start veröffentlichten einige Online-Magazine stolz ihre Rezensionen und fühlten sich als Sieger, nur weil sie die ersten waren. Sie hatten das Album zwei-, vielleicht dreimal unter Zeitdruck gehört. Und sie sehen das als Grundlage, den Wert eines Albums zu beurteilen, das jeden Hörer über Monate herausfordern, beschäftigen und in neue Zweifel stürzen wird.

Wir möchten jetzt niemanden dissen oder über Kollegen herziehen, aber unter Seriosität verstehen wir was anderes. Und unterwerfen uns mit http://www.plattentests.de/ nicht diesem von falschen Geltungsdrang getriebenen Wettbewerb. Wenn wir gewollt hätten, hätten wir Euch locker nach fünf Stunden – oder wenigstens jetzt, nach fünf Tagen – eine Rezension raushauen können. Und natürlich ist auch unsere Vergangenheit nicht frei von überstürzten, zu voreiligen Rezensionen. Doch gerade ein Radiohead-Album braucht mehr Zeit, um sich zu entfalten, weswegen wir Euch aufs nächste Update vertrösten müssen

Und was sag ich?

Ich finde nach wie vor, dass das Album gut ist, aber es ist wie mit so manchem “guten” Buch oder so manchem “guten” Wein: Ich erkenne, dass das Werk von einer hohen Qualität sein muss, aber es sagt mir persönlich nichts. Wie alle anderen Radiohead-Alben nach “Kid A” auch, lässt mich “In Rainbows” weitgehend kalt. Ich habe nicht das Gefühl, dass es meinem Leben oder dem Gesamtwerk der Band irgendetwas hinzufügt, und ob ich es höre oder nicht, macht für mich keinen Unterschied. Mit “15 Step” kann ich ebenso wenig anfangen wie mit Thom Yorkes Soloalbum und von den zehn Songs ist “Videotape” der einzige, der mich persönlich anspricht.

Und damit stehe ich vor einem Dilemma, denn es scheint fast, als müsse man “In Rainbows” unbedingt in den Himmel loben. Schreiben, es sei das zugänglichste Album seit “OK Computer” (“In Rainbows” ist zugänglich, aber “OK Computer” ist für mich zum Beispiel so zugänglich wie Haruki-Murakami-Bücher, also: gar nicht). Erzählen, dass man Frau und Kinder verlassen habe, um sich ganz der Rezeption dieses Albums zu widmen.

Radiohead stehen – wie sonst eigentlich nur R.E.M., Bob Dylan, Johnny Cash und Joni Mitchell – eh schon über allem, mit der Veröffentlichungstaktik ihres neuen Albums scheinen sie sich völlig unangreifbar gemacht zu haben. Oder zumindest scheinen die Leute zu denken, dass Radiohead jetzt unangreifbar sind. Ich wüsste gerne, wie viele Musikjournalisten verzweifelt vor ihrem Computer saßen und dachten: “Aha. Und?”. Und dann schrieben sie, es sei ein Meilenstein, ein Meisterwerk, die Musikwerdung des Herrn.

Ich habe so viele CDs im Regal, so viele MP3s auf dem Computer, da höre ich lieber Musik, die mich anspricht, die mir persönlich etwas “gibt”. Und überlasse “In Rainbows” denen, die auch sonst zu Architektur tanzen.

Kategorien
Print Musik

Falls ich in Ungnade bei Wolfgang fallen sollte

Zeichen und Wunder und so. Da lese ich unbedarft im deutschen Rolling Stone, und plötzlich entdecke ich eine Aussage des notorischen Dylan- und Stones-Apologeten Wolfgang Doebeling, der sich gefälligst ein jeder vollinhaltlich anzuschließen hat. Gab’s das schon mal? Vermutlich: nicht.

Aber worum ging es eigentlich? Das anbetungswürdige “Fairytale of New York” von The Pogues mit der viel zu früh verstorbenen Kirsty MacColl, wird da auf Seite 113 der April-Ausgabe im “Vinyl”-Kasten behauptet, sei der “großartigste aller Xmas-Tracks”. Nicht nur in Zeiten, in denen die Temperaturen in Deutschland zu Ostern so sind wie sonst auf Malle in der Hochsaison, ist das mal die definitive Wahrheit. Und nicht mal die grundgute Coverversion der grundguten Stars, die man als B-Seite von “Your ex-lover is dead” im City-Slang-Store käuflich erwerben kann, wird daran etwas ändern. Und Doebelings Fauxpas, der Song hieße “Fairytale in New York”, schon mal gar nicht. Das alles muß etwas zu bedeuten haben. Vermutlich: nichts.

“Fairytale of New York” – Video bei Youtube
Herrlich derangierte Livefassung vom St. Patrick’s Day 1988, ebenfalls bei YouTube