Für seinen Podcast Kanal 14 hat mich Sebastian Keil nach meiner Meinung zum neuen Musikportal Roccatune gefragt. Mit dabei sind Roccatune-Chef Constantin Thyssen, Thomas Knüwer und Djure Meinen.
Hören und/oder herunterladen kann man das Ganze hier.
Für seinen Podcast Kanal 14 hat mich Sebastian Keil nach meiner Meinung zum neuen Musikportal Roccatune gefragt. Mit dabei sind Roccatune-Chef Constantin Thyssen, Thomas Knüwer und Djure Meinen.
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Am Freitag wird das verliehen, was die Deutsche Phono-Akademie immer wieder “einen der wichtigsten Musikpreise der Welt” nennt: der Echo. Es wird wieder eine krampfhaft lockere Nabelschau mit diversen großen und kleinen Peinlichkeiten werden, dafür sorgen schon die bekannten Musikjournalisten Oliver Geißen und Nazan Eckes, die durch den Abend führen werden. Und da geteiltes Leid halbes Leid ist, werden wir, also Sie und ich, diesen Abend gemeinsam verbringen – wenn Sie wollen:
Liveblog Echo 2008
am Freitag, 15. Februar 2008
ab 20:00 Uhr
bei coffeeandtv.de
Die Nominierten (in Gottseidank nur 24 Kategorien, wir sind ja nicht bei den Grammies) entnehmen Sie bitte dieser Seite. Ich habe das Verfahren, nach dem die Nominierten und Preisträger bestimmt werden, bis heute nicht verstanden und kenne auch wieder maximal die Hälfte, was aber die denkbar besten Voraussetzungen für einen Abend voller Überraschungen sein dürften.
Heute war ein historischer Tag: Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben einen Podcast unterwegs gehört. Dabei handelte es sich um die zwei aktuellsten Episoden von “All Songs Considered”, der überaus empfehlenswerten Musiksendung auf NPR. In den Sendungen, die man sich hier und hier noch einmal anhören kann (am Besten sollte man natürlich gleich den ganzen Podcast abonnieren), wurden fast ausschließlich Bands und Künstler gespielt, die Hörer als “ihre” Band vorgestellt hatten. Also nicht im Sinne von “das ist die Band, in der ich Mitglied bin”, sondern “ich liebe diese Band über alles und kann nicht verstehen, wieso sie sonst keiner kennt”.
So habe ich während einer entspannten Zugfahrt in die tiefstehende Nachmittagssonne neue Musik von Blanche, Thrift Store Cowboys, Neutral Milk Hotel und How I Became The Bomb kennengelernt. Bands, mit denen ich mich näher befassen sollte.
Die Aktion ist übrigens noch nicht abgeschlossen, im Blog zur Sendung kann man weiter eigene Vorschläge einreichen. Bevor ich dort Hotel Lights vorschlage, sollte ich die Band aber vielleicht mal endlich hier im Blog vorstellen.
Und wem das alles zu viele unbekannte Bands sind: R.E.M. haben seit Mittwoch ihre neue Single “Supernatural Superserious” online. Wie angekündigt klingt die Band wieder rockiger und es gibt nach “Sympathy For The Devil” endlich mal wieder einen Song einer international respektierten Band, in dem der weibliche Vorname “Gisela” vorkommt.
Haben Sie sich auch schon mal gefragt, wer eigentlich immer mit Scheinwerfern hinter großen Ereignissen geht, damit die ihre Schatten vorauswerfen können?
Nein? Oh, schade.
Jedenfalls: Das Jahr neigt sich dem Ende und überall werden Elf-Monats-Rückblicke ausgestrahlt, peinliche “Award-Zeremonien” abgehalten und Leser, Zuschauer oder Hörer zum Zurückblicken aufgerufen. Da will Coffee And TV natürlich nicht hinten anstehen:
Sie haben gleich die Gelegenheit, in 19 Kategorien die besten Irgendwasse des Jahres 2007 zu bestimmen – Songs und Alben sogar in Hornby’schen Top-Five-Listen. Vorher muss ich aber noch kurz den Frank Elstner geben und die Spielregeln erläutern:
Jeder Leser darf einmal abstimmen. Überlegen Sie sich also vorher gut, wen und was Sie zu wählen gedenken.
Die Kategorien sollten eigentlich selbsterklärend sein. Die Bezeichnung “… des Jahres” legt nahe, dass es sich bei Ihrer Wahl um Veröffentlichung und Ereignisse handeln sollte, die zwischen dem 1. Januar und dem 31. Dezember 2007 stattgefunden haben. Dabei bin ich mal so tollkühn und beschränke das nicht auf den deutschen Markt. Bei Büchern und Filmen, die in Deutschland erschienen sind, sollte trotzdem der deutsche Titel notiert werden, bei hierzulande unveröffentlichten Kulturprodukten der jeweilige Originaltitel. Wir werden sehen, wo das endet …
Da ich zu faul war, mich um eine elektronische Auswertung zu kümmern, muss ich die Ergebnisse per Hand und Papier zählen. Ich hoffe auf ein bisschen Mitleid und bitte um Verständnis, falls die Auswertung bei überwältigender Teilnahme etwas dauern sollte. Irgendwann muss ich schließlich auch noch schlafen.
[Nachtrag 23:56 Uhr: Nachdem ich gerade mit der Auswertung begonnen habe, möchte ich Sie bitten, der Einfachheit, Übersichtlichkeit und Bequemlichkeit halber bei den Alben, Songs, Videos und Büchern nach dem Prinzip “$Künstler – $Titel” zu verfahren. Vielen Dank!]
Zu gewinnen gibt es auch was:
1. Preise
Je ein Grand-Hotel-van-Cleef-Fanpaket, bestehend aus einem Fest-van-Cleef-Shirt und den Singles “Ich sang die ganze Zeit von Dir” (Tomte), “Baby Melancholie” (Hansen Band) und “Deiche” (kettcar). Einmal für Damen (Girlie-Shirt in M) und einmal für Herren (T-Shirt in M).
Diese Preise wurden freundlicherweise vom Grand Hotel van Cleef zur Verfügung gestellt.
2. Preis
Eine Kassettenmädchenkassette mit den besten Songs 2007. Zusammengestellt vom legendärsten Kassettenmädchenkassettenkompilierer, den das Dinslakener Theodor-Heuss-Gymnasium je gesehen hat.
3. Preis
Die streng limitierte Single “Young Boy” von Occident.
Ich glaube, jetzt sind alle Klarheiten beseitigt und Sie können zur Tat schreiten:
Man kann nicht immer alles gut finden und abfeiern. Selbst wenn an einem Tag zwei Platten erscheinen, auf die ich mich freue wie als Kind auf Weihnachten, so kommen am gleichen Tag doch mindestens genausoviele Platten, die auf deutlich andere Käufer hoffen müssen. Auch im Radio kommen auf einen guten Song mindestens drei okay und eine richtige Nervensäge (das ist jetzt nur geschätzt, ich bin aber fast bereit, Feldversuche durchzuführen) – und das fernab von Tokio Hotel, Xavier Naidoo und Silbermond.
Deswegen jetzt und hier: Die “Darum tret’ ich Dein Radio ein”-Charts – total subjektiv und krass polemisch.
05. Snow Patrol – Shut Your Eyes
Snow Patrol sind eine recht ordentliche Band. Man kann jedes Mal betonen, dass “Final Straw”, das Album vor dem Durchbruch, deutlich besser war als das Durchbruchsalbum “Eyes Open” selbst. “Chasing Cars” war eine Mörderhymne, aber “Shut Your Eyes” hat zu wenig Melodie, zu wenig Spannung, zu wenig Song. Einfach nur öde.
04. Incubus – Love Hurts
Ich hab Incubus immer schon für eine schwache Red-Hot-Chili-Peppers-Tribute-Band gehalten und diese Single bestätigt mich in meinem Glauben. Green Days “Boulevard Of Broken Dreams” auf Valium.
03. Razorlight – Before I Fall To Pieces
Razorlight sind ein weiches Ziel, noch extremer als Keane: kein Musikjournalist würde je öffentlich zugeben, die Band um den Fünf-Minuten-Libertines-Bassisten Johnny Borrell auch nur ansatzweise gut zu finden – trotzdem war “America” ein netter Popsong. “Before I Fall To Pieces” ist jetzt aber eine sterbenslangweilige Rock’n’Roll-Parodie, die selbst gegen Neunzigjährige nicht ankommt.
02. Dendemann – Endlich Nichtschwimmer
Bis hierher waren die Songs nur öde, jetzt werden sie nervig – und das richtig schnell und ganz doll. Der “Bluessänger auf Abwegen” Dendemann rappt sich durch Uraltbeats und Dicke-Hose-Strophen und krönt den Track mit einem der nervigsten Refrains ever.
01. Boundzound – Louder
Wenn das eigentlich sehr gute Musikerkollektiv Seeed mal gerade Betriebsferien hat, machen die diversen Mitglieder was anderes. Ob es unbedingt Musik sein muss, ist zumindest im Fall von Sänger Demba Nabé eine berechtigte Frage, denn die erste Single seines Projekts Boundzound ist nervtötender als vier Stunden Nachbars Alarmanlage hören – aber ähnlich repetitiv und melodiös. Selten reagiere ich körperlich auf unliebsame Musik, hier stehe ich kurz vor Schüttelkrämpfen. Das Lied ist so doof, dass ich mir sogar den unglaublichen Wortwitz von wegen Leiserdrehen spare.
Am Donnerstag startete in den deutschen Kinos “Robert Altman’s Last Radio Show” (was – angedenk der Tatsache, dass Regisseur Robert Altman inzwischen verstorben ist – ein überraschend passender “deutscher” Titel für “A Prairie Home Companion” ist). In dem höchst vergnüglichen Revuefilm mit Starbesetzung geht es um eine traditionsreiche amerikanische Radioshow, die nach vielen Jahren eingestellt werden soll.
Radio ist heute ein sog. Nebenbeimedium, d.h. die Radiomacher sind der Ansicht, ihre Hörer hörten ihnen sowieso nicht zu, weswegen sie ihr Programm so gestalten, dass ihnen auch wirklich niemand mehr zuhören will: Überdrehte Gute-Laune-Maschinen aus dem Privatradio, die eine Hektik verbreiten wie ein Hamster, der ein Kilo Ecstasy gefuttert hat, könnte ich nicht mal “nebenbei” ertragen, und die ehemaligen Qualitätssendungen der öffentlich-rechtlichen Sender sind inzwischen auch im “Formatprogramm” angekommen (zwei beliebige Popsongs; ein Studiogespräch, das auf keinen Fall länger als anderthalb Minuten dauern darf und mit einem nervigen “Musikbett” unterlegt ist; zwei beliebige Popsongs; eine kurze, pointenlose Zwischenmoderation; zwei beliebige Popsongs; Werbung – dazu alle drei Minuten der Hinweis, welchen Sender man gerade noch mal eingeschaltet hatte).
Da grenzt es fast an ein Wunder, dass es auch im deutschen Radio noch eine richtige Radioshow im besten, im klassischen Sinne gibt: sie heißt “Yesterday”, läuft seit 1995 auf WDR 2 und wird von ihrem Erfinder Roger Handt moderiert. Früher hieß sie “Yesterday – Die Oldie-Show” und genau das ist sie eigentlich auch: In der ersten Stunde der dreistündigen Sendung werden Hörerwünsche erfüllt (als “Oldie” gilt ein Song, der vor mehr als zehn Jahren erschienen ist, d.h. spätestens Ende dieses Jahres können wir mit “Angels” von Robbie Williams rechnen), in den zwei darauffolgenden Stunden findet das “Yesterday-Quiz” statt, bei dem je zwei Hörer in zwei Runden und einem Finale gegeneinander antreten.
Die Kandidaten, meist 55jährige Lehrer aus Essen, müssen (manchmal recht simple, manchmal wirklich knifflige) Fragen zu einem bestimmten Jahrzehnt beantworten, dazwischen gibt es viele Musiktitel, die – auch das ist im Radio inzwischen eine Seltenheit – fast immer ausgespielt werden. Als es im Januar um die Neunziger Jahre (des zwanzigsten Jahrhunderts) ging, fühlte ich mich plötzlich sehr, sehr alt. Einmal im Monat findet die Sendung vor einem Livepublikum statt, das mitunter mehrere Jahre auf seine Eintrittskarten warten musste, und was “Yesterday” (neben der vielen Musik, die heute kaum noch im Radio gespielt wird, und den durchaus interessanten Quizrunden) so besonders macht, ist die Art, mit der Roger Handt sie moderiert: es gibt keinen strikten Sendeplan, keine Anderthalb-Minuten-Regelungen, keinerlei Hektik.
Die Vorstellung der Kandidaten nimmt so viel Zeit in Anspruch, wie andere Sendungen gerade mal einem Starinterview (inkl. Musiktitel) einräumen würden. Handt kann sich minutenlang mit einem kaufmännischen Angestellten aus dem Siegerland über den Ein- und Verkauf von Schrauben (“für den Trockenbau, für Holz”) unterhalten oder sich von einer Hausfrau aus Köln über ihre Kinder berichten lassen, ohne dass es auch nur ansatzweise langweilig wird. Er interessiert sich für seine Anrufer (und wohl für alle seine Hörer) und die freuen sich, “endlich mal durchgekommen” zu sein – ob sie hinterher etwas gewinnen (es geht um CDs und Konzertkarten), ist den meisten fast egal. Handt ist locker im positiven Sinn, ohne dabei ins Joviale (s. Thomas Gottschalk) oder Überdrehte (s. Frühstücksmoderatoren auf jedem verdammten Sender) abzurutschen, und er sagt Sachen wie “Schon komisch, dass so ein Franz Beckenbauer mal Platten eingesungen hat. Obwohl: Marius Müller-Westernhagen singt ja auch …”
Die Sendung läuft Samstagabends ab 19 Uhr und sorgt damit regelmäßig dafür, dass man sich beim Abendessen festhört und das abendliche Fernsehprogramm einfach ignoriert. Roger Handt kennt jeden Song, den er spielt, und weiß, wer ihn wann (wahrscheinlich auch wo) geschrieben, und wer ihn Jahre später auf der B-Seite welcher Single gecovert hat – und wer dabei die Leadgitarre spielte, obwohl er gar nicht in den Liner Notes auftauchte. Sollte er sich doch mal einen groben Schnitzer erlauben, weist er hinterher ganz zerknirscht darauf hin.
Roger Handt ist kein deutscher John Peel. Der legendäre englische Radio-DJ entdeckte bis zu seinem plötzlichen und viel zu frühen Tod 2004 noch wöchentlich neue Platten und feierte Musiker, die seine Enkelkinder hätten sein können. Handt, der 1945 und damit sechs Jahre nach Peel geboren wurde, sagt heute in Interviews Sätze wie
Ich muss mich nur noch für das interessieren, was mich interessiert.
und dass Freddy Quinn ein paar geistreichere Sachen gesungen habe als Xavier Naidoo. Das ist sein gutes Recht, und gerade bei solchen Vergleichen wagt man – schon wegen mangelnder Werkkenntnis beider Künstler – kaum zu widersprechen.
“Yesterday” ist echte Radiounterhaltung. Man kann sich irre jung (“Das war Karl Schiller, Bundeswirtschaftsminister von 1966 bis 1972.”) und wahnsinnig alt (“Und als nächstes hören wir Hanson mit ‘MMMbop’!”) fühlen. Bei mir erzeugt die Sendung das, was schon lange keine Fernsehshow mehr erreicht: das Gefühl der Geborgenheit, so wie vor vielen Jahrzehnten die Illies’sche Badewanne vor “Wetten dass …?”