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Ich bin nur zugezogen, holt mich hier raus!

Die pein­li­che Absa­ge der Love­pa­ra­de, die die­ses Jahr eigent­lich in Bochum statt­fin­den soll­te, bestimmt in den letz­ten Tagen die Lokal­pres­se:

Nein, von einem Image­scha­den kön­ne kei­ne Rede sein, gab Stadt­rat Paul Aschen­bren­ner (SPD) zu Pro­to­koll. „Weil wir eine ver­ant­wor­tungs­be­wuss­te Ent­schei­dung getrof­fen haben.“

(„Ruhr­nach­rich­ten“)

Gut, dass Bochum kein Image hat, was zu Scha­den kom­men könn­te. Und wen inter­es­sie­ren schon jun­ge Men­schen, die Krach hören und Rausch­gift kon­su­mie­ren?

Die SPD jeden­falls nicht:

So hat­te etwa der SPD-Orts­ver­ein Bochum-Ham­me, der schon Wolf­gang Cle­ment poli­tisch weit­ge­hend über die Klin­ge sprin­gen ließ, einen Antrag für den Rat vor­be­rei­tet, wegen dro­hen­der Ver­mül­lung der Anlie­ger­stra­ßen vom Raver-Tanz­ver­gnü­gen ganz abzu­las­sen.

In dem Antrag vom 31. Juli 2008 heißt es wört­lich: „Der SPD-Orts­ver­ein Bochum-Ham­me sieht in der Aus­rich­tung der Love­pa­ra­de 2009 in Bochum kei­nen kul­tu­rel­len bzw. nach­hal­ti­gen Bei­trag zur Ver­bes­se­rung des Images des Ruhr­ge­bie­tes bzw. für das Kul­tur­haupt­stadt­jahr 2010. Die im Rah­men der Orga­ni­sa­ti­on ent­ste­hen­den Kos­ten und Nach­fol­ge­schä­den ste­hen in kei­nem Ver­hält­nis zum Nut­zen die­ser Ver­an­stal­tung und sind öffent­lich nicht ver­tret­bar.” Bochum sol­le des­halb die Ver­an­stal­tung zurück­ge­ben.

(„WAZ“)

Aber die sehr end­li­che Kom­pe­tenz der SPD mani­fes­tiert sich bis ins kleins­te Detail:

Im Som­mer 2008 ver­ab­schie­de­te der Orts­ver­ein den Antrag an den Rat, die Love­pa­ra­de in Bochum abzu­bla­sen, wegen Gefahr der Ver­mül­lung und ande­rer Schä­den. Zwar wur­de der Antrag nie abge­schickt, doch in den SPD-Gre­mi­en wie Rats­frak­ti­on und Unter­be­zirks­par­tei­tag sicker­te die Ableh­nung gleich­wohl durch.

(Noch mal die „WAZ“)

Ent­spre­chend gut lässt sich die­ser Eier­tanz kom­men­tie­ren:

Wie eine Nach­ge­burt kom­men nun Ein­schät­zun­gen zu Tage, die dar­auf hin­wei­sen, dass die Macher der Bochu­mer Poli­tik mit der Love­pa­ra­de wenig am Hut hat­ten. Statt­des­sen ging die Sor­ge um, das The­ma spal­te und kön­ne im Super­wahl­jahr 2009 Wäh­ler­stim­men kos­ten.

Das aller­dings ist nicht von der Hand zu wei­sen. Zu auf­fäl­lig, wie ein­drucks­voll und wort­mäch­tig sich Bochu­mer Poli­ti­ker über Kon­zert­haus­bau, Cross-Bor­der-Deal und Gott und die Welt ver­brei­tet haben, das The­ma Love­pa­ra­de aber fast gänz­lich mie­den. […]

Und dann die Kos­ten: 130 000 Euro allein durch den Ein­satz der Feu­er­wehr und Ret­tungs­diens­te. Ganz zu schwei­gen von hun­der-ten Extrabus­sen. Und der befürch­te­ten Ver­mül­lung. Das wirkt doch sehr wie ein run­des bestell­tes Gut­ach­ten. Von Leu­ten, die nicht wirk­lich wol­len.

(Kom­men­tar in der „WAZ“)

Ins­ge­heim dürf­ten spä­tes­tens seit dem Erfolg der Love­pa­ra­de in Essen klar gewe­sen sein: Bochum ist dem nicht gewach­sen. Da das nie­mand sagen will, fehl­te nur ein Grund für die Absa­ge.

Zum Glück gibt es die Gleis­bau­ar­bei­ten der Bahn.

(Kom­men­tar in den „Ruhr Nach­rich­ten“)

Der publi­zis­ti­sche Todes­stoß kam aller­dings aus der alten Hei­mat der Love­pa­ra­de. Ein Pro­vinz­por­trät in zwei­ein­halb Sät­zen:

Her­bert Grö­ne­mey­er hat Bochum groß gemacht, aber nicht groß genug. Die Love­pa­ra­de – Älte­re wer­den sich erin­nern – kann dort in die­sem Jahr man­gels Kapa­zi­tät nicht statt­fin­den: Bahn­hof zu klein, Miet­toi­let­ten aus­ge­bucht, zu wenig Papier­kör­be, so etwa.

(„Der Tages­spie­gel“)

Der SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de im Bochu­mer Stadt­rat wird von der „WAZ“ übri­gens wie folgt zitiert:

Es wur­de der Ein­druck erweckt, als wären nur Dep­pen am Werk.

Wie jetzt? „Ein­druck“? „als“?