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Apropos kafkaesk

Drei Fragen an: Honke RambowDa staun­te Hon­ke Ram­bow, Spre­cher des Bochu­mer Off-Thea­ters Rott­str 5 Thea­ter, nicht schlecht, als er heu­te die Lokal­aus­ga­be der „West­deut­schen All­ge­mei­nen Zei­tung“ auf­schlug!

Ver­zei­hung, da ist mir der Ein­stieg jetzt doch eine Spur zu lokal­jour­na­lis­tisch gera­ten! Hon­ke Ram­bow muss aber tat­säch­lich erstaunt gewe­sen sein, als er in der „WAZ“ ein Kurz­in­ter­view mit sich selbst las – hat­te er der Zei­tung doch gar kei­nes gege­ben.

Er schreibt mir:

Merk­wür­dig dar­an ist, dass die Per­son auf dem Foto ich bin, ich aber nicht mit dem Autor kom­mu­ni­ziert habe, weder tele­fo­nisch, noch per mail.

Er habe ihm ledig­lich im Auf­trag der Fil­me­ma­cher eine Pres­se­mit­tei­lung zuge­sandt – in der dann ziem­lich genau all das steht, was der „WAZ“-Rambow auf die „WAZ“-Fragen ant­wor­tet. Ledig­lich ein paar Recht­schreib­feh­ler habe der zustän­di­ge Redak­teur in den Text ein­ge­baut:

Pres­se­mit­tei­lung
„Inter­view“ in der „WAZ“
Noch nie wur­de ein Text des indisch-bri­ti­schen Autors Sal­man Rush­die ver­filmt. Schon die­se Tat­sa­che macht den Kurz­film DER GOLDENE ZWEIG von Dreh­buch­au­tor und Regis­seur Mat­thi­as Zucker bemer­kens­wert. Noch nie wur­de ein Text des indisch-bri­ti­schen Autors Sal­man Rush­die ver­filmt. Schon die­se Tat­sa­che macht den Kurz­film „Der gol­de­ne Zweig“ beson­ders. Was sind des­sen Bochu­mer Bezü­ge?
Ent­stan­den ist der 25minütige Film als Diplom­ar­beit des Kame­ra­man­nes Eti­en­ne Kor­dys. Pro­du­ziert wur­de er von der Bochu­mer Pro­duk­ti­ons­fir­ma roug­harts mit Unter­stüt­zung der Film und Medi­en Stif­tung NRW und der Fach­hoch­schu­le Dort­mund. Die Dreh­ar­bei­ten fan­den in Dort­mund, Bochum und Essen statt. Ram­bow: Ent­stan­den ist der 25minütige Film des Dreh­buch­au­tos und Regis­seurs Mat­thi­as Zucker als Diplom­ar­beit des Kame­ra­man­nes Eti­en­ne Kor­dys. Pro­du­ziert wur­de er von der BO-Pro­duk­ti­ons­fir­ma Rough Arts, wobei die Dreh­ar­bei­ten in Dort­mund, Bochum und Essen statt­fan­den, unter Betei­li­gung vie­le Bochu­mer Schau­spie­ler wie Roland Rie­be­l­ing, Arne Nobel, Kat­ja Uffel­mann, Andre­as Bittl, Mag­da­le­na Hel­mig oder Mar­tin Bret­schnei­der.
  Wor­um geht es?
DER GOLDENE ZWEIG erzählt nach der gleich­na­mi­gen Short­sto­ry Rush­dies die Geschich­te von David Gular­ski, der ver­zwei­felt einen neu­en Job sucht. Nach mona­te­lan­ger erfolg­lo­ser Suche, wird ihm klar, dass alle Bewer­bungs­ge­sprä­che stets von der glei­chen Per­son geführt wer­den, die offen­sicht­lich nur dazu da ist ihn abzu­leh­nen. Gular­ski ent­schei­det, dass nur noch dras­ti­sche Maß­nah­men hel­fen kön­nen. In der Kurz­ge­schich­te „Der gol­de­ne Zweig“ erzählt Rush­die von David Gular­ski, der einen Job sucht. Nach mona­te­lan­ger erfolg­lo­ser Suche, wird ihm klar, dass alle Bewer­bungs­ge­sprä­che stets von der glei­chen Per­son geführt wer­den, die offen­sicht­lich nur dazu da ist, ihn abzu­leh­nen. Gular­ski ent­schei­det, dass nur noch dras­ti­sche Maß­nah­men hel­fen…
Die Dar­stel­ler die­ser durch­aus kaf­ka­es­ken Sto­ry sind über­wie­gend als Schau­spie­ler der Bochu­mer Thea­ter­sze­ne bekannt und spie­len oder spiel­ten sowohl am Schau­spiel­haus Bochum wie auch am Rottstr5Theater und am Prinz Regent Thea­ter. Allen vor­an Alex­an­der Rit­ter, der die Haupt­rol­le über­nom­men hat. Neben ihm sind unter ande­ren Roland Rie­be­l­ing, Arne Nobel, Kat­ja Uffel­mann, Andre­as Bittl, Mag­da­le­na Hel­mig und Mar­tin Bret­schnei­der zu sehen. Aus Film- und Fern­seh­pro­duk­tio­nen wie „Groß­stadt­re­vier“ und „SOKO Köln“ ist Diet­rich Adam bekannt, Timur Isik spiel­te im Ensem­ble des Münch­ner Volks­thea­ters sowie Kino- und Fern­seh­pro­duk­tio­nen. Die Dar­stel­ler die­ser durch­aus kaf­ka­es­ken Sto­ry sind durch ihre Arbeit am Schau­spiel­haus, am Thea­ter Rott­stra­ße 5 und am Prinz Regent Thea­ter bekannt. Allen vor­an Alex­an­der Rit­ter in der Haupt­rol­le.
  Wann läuft der Film an?
DER GOLDENE ZWEIG
Pre­mie­re Sonn­tag, 22.4., 12 Uhr Metro­po­lis Kino Bochum, Kurt-Schu­ma­cher-Platz 1

Der Vor­ver­kauf beginnt am 1.4.

Pre­mie­re ist am Sonn­tag, 22. April, um 12 Uhr im Metro­po­lis Kino im Haupt­bahn­hof. Der Vor­ver­kauf star­tet am 1. April.

Ram­bow erklärt wei­ter, dass er das abge­druck­te Foto tat­säch­lich mal der WAZ zur Ver­fü­gung gestellt habe, „aller­dings in einem völ­lig ande­ren Zusam­men­hang“.

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Musik Gesellschaft

WunderInnen gibt es immer wieder

Pro­mo­ter wäre auch kein Job für mich: Die meis­te Zeit muss man ver­su­chen, Bands, die nie­mand hören will, oder Pro­duk­te, die nie­mand braucht, in der Pres­se zu plat­zie­ren – also: Leu­te ner­ven. Hat man durch einen glück­li­chen Zufall etwas im Port­fo­lio, um das sich die Jour­na­lis­ten prü­geln wür­den (den ange­sag­ten Pop­star, das neu­es­te Smart­phone, den Debüt­ro­man der Toch­ter eines berühm­ten Thea­ter­man­nes), ist man zur Selek­ti­on gezwun­gen – und wie­der has­sen einen die Leu­te.

Im Wust der vie­len News­let­ter, die mich heu­te erreich­ten, war aller­dings einer, der mich auf­hor­chen ließ:

Guten Tag,

Zum ers­ten Mal fin­det in Deutsch­land ein Fes­ti­val statt, des­sen Pro­gramm aus­schließ­lich Musi­ke­rIn­nen prä­sen­tiert!

Von den „Women Of The World“-Konzerten, die im Umfeld der Frank­fur­ter Musik­mes­se über die Büh­ne gehen, wol­len wir zwei her­aus­grei­fen: Gab­by Young & Fri­da Gold am 18. März sowie Jen­ni­fer Ros­tock & Gua­no Apes am 21.März.

Nun kann man sicher dar­über strei­ten, ob aus­ge­rech­net Jen­ni­fer Ros­tock, die Gua­no Apes und Fri­da Gold ((Die Band mit der schreck­li­chen Jury-Frau aus „Unser Star für Baku“.)) dazu geeig­net sind, das Anse­hen von Musi­ke­rin­nen (oder auch nur von Musik) zu stei­gern.

Aber das Pro­blem steckt ganz woan­ders: „ein Fes­ti­val, des­sen Pro­gramm aus­schließ­lich Musi­ke­rIn­nen prä­sen­tiert“?

Das Bin­nen­ma­jus­kel in „Musi­ke­rIn­nen“ steht eigent­lich für „Musi­ke­rin­nen und Musi­ker“ – und das ist, egal wie man es liest, Quatsch:

  • Wer, außer Musi­ke­rin­nen und Musi­kern, soll­te bei so einem Fes­ti­val schon auf­tre­ten? Okay: Inter­se­xu­el­le und Robo­ter viel­leicht. Aber sonst?
  • „Aus­schließ­lich Musi­ke­rin­nen“ tre­ten da auch nicht auf: Fri­da Gold, Jen­ni­fer Ros­tock und die Gua­no Apes haben jeweils ein weib­li­ches Band­mit­glied (die Sän­ge­rin), denen ins­ge­samt zehn männ­li­che gegen­über­ste­hen.
  • Selbst wenn aus­schließ­lich Musi­ke­rin­nen auf der Büh­ne stün­den, wäre das auch nicht „zum ers­ten Mal in Deutsch­land“ der Fall: Es gab und gibt jede Men­ge „Lady­fes­te“, bei denen teil­wei­se nur Frau­en oder wenigs­tens über­wie­gend Frau­en auf der Büh­ne stan­den.

Aber fol­gen Sie mir doch gera­de noch kurz in die Abgrün­de der PR:

Die­se drei Bei­spie­le aus der aktu­el­len deut­schen Musik­sze­ne reprä­sen­tie­ren bei ins­ge­samt 15 (pri­mär inter­na­tio­nal besetz­ten!) Kon­zer­ten stell­ver­tre­tend eine eben­so nahe lie­gen­de wie inno­va­ti­ve Idee: aus­schließ­lich Frau­en­power eine Büh­ne zu bie­ten! Die Ver­an­stal­ter hof­fen, dass die Pre­mie­re der Start­schuss ist, um „Main­hat­tan“ mit­tel­fris­tig als opti­ma­le Platt­form für Shows von Musi­ke­rIn­nen der unter­schied­lichs­ten Gen­res auf einem Fes­ti­val zu eta­blie­ren.

Aber gut: Das „Women of the World“-Festival sei hier­mit ange­kün­digt.

Ich muss wei­ter: Hier ist grad der (tat­säch­lich) ers­te News­let­ter der Mensch­heits­ge­schich­te ange­kom­men, in dem zwar der Name „Die­ter Gor­ny“ steht, das Wort „Krea­tiv­wirt­schaft“ aber fehlt. Und das kann ja nun wirk­lich nicht sein!

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Digital Gesellschaft

I love you, you pay my rant

Lie­be PR-Futzis,

wir müs­sen reden. Habt Ihr eigent­lich ’nen Knall? Seit eini­gen Mona­ten errei­chen mich Pake­te, auf denen kein Absen­der steht ((Der Satz „Hof­fent­lich ist kei­ne Bom­be drin“ von mei­nem Paket­bo­ten ist nur mit­tel­wit­zig.)) und in denen sich irgend­wel­cher Prött befin­det. Eure Erwar­tung ist offen­bar, dass ich dar­über schrei­be, was für einen cra­zy-ver­rück­ten Kram ich da ins Haus bekom­men habe, und dass ich dann irgend­wann nach Eurer Auf­lö­sung auch noch nach­tra­ge, von wel­cher Fir­ma der Mist kam. Sowas nennt man dann wohl „vira­les Mar­ke­ting“, obwohl ich eigent­lich immer dach­te, Virals sei­en nicht plan­bar.

Es ist ja jedem Blog­ger ((Ich neh­me an, Ihr schreibt ein­fach immer die ers­ten hun­dert Blog­ger an, die Ihr fin­den könnt.)) selbst über­las­sen, ob er über sowas schrei­ben will. Eine kur­ze Beschäf­ti­gung mit die­sem Blog dürf­te aber zei­gen, dass wir hier eher nicht so auf PR ste­hen. Ein­zi­ge Aus­nah­me: Ihr seid die Kili­ans – aber das wüss­te ich.

Natür­lich muss man als Blog-Betrei­ber damit rech­nen, unver­langt E‑Mails zu bekom­men und in News­let­ter ein­ge­tra­gen zu wer­den. Das ist auch nicht rich­tig höf­lich, aber okay, wenn es the­ma­tisch passt. ((Die Typen, die neu­lich einen Linktausch zum The­ma „Kaf­fee“ anlei­ern woll­ten, haben sich die­ses Blog sicher­lich die vol­len andert­halb Sekun­den ange­se­hen, die man braucht, um das Impres­sum zu fin­den.)) In jedem Fall sind Spam-Mails bedeu­tend leich­ter zu ent­sor­gen als Pake­te, die wie ein „So tren­ne ich mei­nen Müll richtig“-Lernspiel für Grund­schü­ler anmu­ten.

Im Moment kann ich mich übri­gens nicht mal rich­tig über ech­te Geschen­ke von lie­ben Men­schen freu­en, da mein 20‑m2-Zim­mer schon bis zum Rand mit Kram gefüllt ist und mir beim Gedan­ken an den irgend­wann dann doch mal anste­hen­den Umzug schon regel­mä­ßig der Schweiß aus­bricht. „Ver­brauchs­wa­ren“ braucht Ihr mir aber auch nicht zu schi­cken, denn wer will schon anonym ver­sand­te Lebens­mit­tel?

Noch ein biss­chen blö­der wird so eine Akti­on, wenn das Paket aus­ge­rech­net am Sams­tag­mor­gen um Zehn nach Neun (lies: Mit­ten in der Nacht) zuge­stellt wird. Aber das wäre natür­lich noch stei­ger­bar: Wenn ich mit dem Bus nach Alten­bo­chum fah­ren müss­te, um in der Post­agen­tur fest­zu­stel­len, dass mir jemand ein Päck­chen Son­der­müll zuge­schickt hat, wür­de ich ver­mut­lich schlicht­weg grün anlau­fen und erst mal ein paar Autos durch die Gegend wer­fen.

Nehmt Euch ein Bei­spiel an den Musik-Pro­mo­tern, Plat­ten­fir­men und Nach­wuchs­bands die­ses Lan­des, die in der Regel immer nett nach­fra­gen, bevor sie einem was ins Haus schi­cken. Das ist schon aus öko­no­mi­schem Selbst­schutz die tau­send­mal bril­lan­te­re Idee und häu­fig erge­ben sich dar­aus auch net­te Kon­tak­te. Als ich vor ein paar Mona­ten unauf­ge­for­dert ein Paket von einem nam­haf­ten deut­schen Ver­lag bekam, mit des­sen Pres­se­ab­tei­lung ich zuvor schon mal zu tun gehabt hat­te, war ich erst ver­wirrt. Aber die Aus­wahl der Bücher leg­te nahe, dass sich da jemand sehr genau mit die­sem Blog beschäf­tigt haben muss, und ich war nicht mehr ver­wirrt, son­dern gerührt. Ent­spre­chend schlecht ist mein Gewis­sen, dass die Bücher noch immer unge­le­sen sind.

Jede Web­site bemüht sich heut­zu­ta­ge um per­so­na­li­sier­te Wer­bung, die mög­lichst prä­zi­se auf die Inter­es­sen des ein­zel­nen Besu­chers zuge­schnit­ten ist, aber Ihr bal­lert mit Schrot­flin­ten auf Pfen­nig­stü­cke. Genau­so gut könn­ten Eure Kun­den Geld­schei­ne in die Luft wer­fen und was oben bleibt, ist gut inves­tiert.

Über­haupt, lie­be Fir­men: Fin­det Ihr das eigent­lich gut, die­se Beläs­ti­gung im Namen des Mar­ke­tings? Ein­fach Leu­te anzu­ru­fen ist ver­bo­ten, aber ihnen Krem­pel ins Haus zu schi­cken ist okay? Wisst Ihr, was Eure ver­mut­lich über­be­zahl­ten PR-Stra­te­gen da machen? Habt Ihr das so in Auf­trag gege­ben? Und wenn Ihr die­sen Text hier in Eurer Pres­se­map­pe fin­det (weil any PR ja bekannt­lich good PR ist), habt Ihr dann nicht das Gefühl, dass da irgend­was irgend­wo gewal­tig schief gelau­fen sein könn­te?

Es ist das derbs­te PR-Kli­schee, aber sol­che Aktio­nen fal­len einem doch nicht im nüch­ter­nen Zustand ein, oder? Die Kri­se ist erst eine, wenn sie auch bei den Ham­bur­ger und Düs­sel­dor­fer Koks­dea­lern ange­kom­men ist. Und mal ehr­lich: Wer auf die Idee kommt, in einem Wer­be­spot aus­ge­rech­net den Titel­song von „Wir Kin­der vom Bahn­hof Zoo“ zur Ver­mitt­lung eines posi­ti­ven Lebens­ge­fühls ein­zu­set­zen (wie ges­tern gese­hen), der muss sich doch wohl ein eher lege­res Ver­hält­nis zu Betäu­bungs­mit­teln nach­sa­gen las­sen.

Genug der kal­ten Wut. Ich den­ke, es ist deut­lich gewor­den, dass ich von wei­te­ren Care-Pake­ten aus der Wer­be­höl­le ver­schont wer­den möch­te. Ich wäre glück­lich, wenn Ihr Euch dar­an hiel­tet.

Mit freund­li­chen Grü­ßen und Dank im Vor­aus,

Lukas Hein­ser

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Print Gesellschaft

Was unternehmen für Unternehmen

Anschreiben der Jungen Presse NRW und Broschüre zum Wettbewerb "Enterprize"

Die „Initia­ti­ve Neue Sozia­le Markt­wirt­schaft“ (INSM) ist eine Lob­by­or­ga­ni­sa­ti­on, die vom Arbeit­ge­ber­ver­band Gesamt­me­tall betrie­ben wird. Ihr Name ist ziem­lich irre­füh­rend, denn ihre Posi­tio­nen las­sen sich gut unter dem Rubrum „Wirt­schafts­li­be­ra­lis­mus“ zusam­men­fas­sen: So tritt sie für eine Redu­zie­rung des Sozi­al­staats ein, for­dert „fle­xi­ble­re“ Löh­ne, „mehr Effi­zi­enz und mehr Tem­po“ in der Bil­dungs­po­li­tik und Steu­er­sen­kun­gen.

Bis hier­hin könn­te man noch von einem ganz nor­ma­len Inter­es­sen­ver­band spre­chen, der die Inter­es­sen sei­ner Mit­glie­der (eben der Arbeit­ge­ber) ver­tritt. Aber auch vie­le Poli­ti­ker gehö­ren zum „Bera­ter­kreis“ oder zum För­der­ver­ein der INSM, der von der INSM ent­wor­fe­ne Slo­gan „Sozi­al ist, was Arbeit schafft“ war auch schon Wahl­kampf­mot­to von CDU/​CSU und FDP. Es kann durch­aus schon mal vor­kom­men, dass in einer Fern­seh­talk­show die Hälf­te der Gäs­te die­sem Ver­ein nahe­ste­hen und sei­ne Posi­tio­nen ver­tre­ten. Der Zuschau­er erfährt von alle­dem nichts.

Das Pro­blem sind ja nicht pri­mär Orga­ni­sa­tio­nen, die bestimm­te Posi­tio­nen ver­tre­ten und PR-Fach­leu­te zur Ver­brei­tung ein­set­zen – das Pro­blem sind die Medi­en, die die­se Posi­tio­nen nicht kri­tisch hin­ter­fra­gen, ihre Leser und Zuschau­er nicht über die Hin­ter­grün­de auf­klä­ren oder gleich gemein­sa­me Sache mit sol­chen Orga­ni­sa­tio­nen machen. Und das gelingt der INSM meis­ter­haft: laut Wiki­pe­dia gab es bis­her „Medi­en­part­ner­schaf­ten“ mit der „Finan­cial Times Deutsch­land“, „Wirt­schafts­wo­che“, der „Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Sonn­tags­zei­tung“, „Focus“, „Han­dels­blatt“ und der „Ful­da­er Zei­tung“. Mit der „FAS“ zeich­net die INSM ein­mal im Jahr den „Refor­mer des Jah­res“ aus, im Jahr 2003 gab es sogar den „Blo­ckie­rer des Jah­res“ – zufäl­li­ger­wei­se den Chef der IG Metall, Jür­gen Peters. (Noch mal zum Mit­schrei­ben: der Arbeit­ge­ber­ver­band Gesamt­me­tall ver­leiht über Ban­de einen Schmäh­preis an den Arbeit­nehm­er­füh­rer der Metall­in­dus­trie und die Pres­se schreibt das völ­lig kri­tik­los auf.)

Vor mehr als drei Jah­ren berich­te­te der „Frei­tag“ (für des­sen neu­en Inter­net­auf­tritt ich arbei­te) in einem mitt­ler­wei­le zum Klas­si­ker avan­cier­ten Arti­kel, wie die INSM kri­ti­sche Jour­na­lis­ten in Miss­kre­dit zu brin­gen ver­sucht, und auch die­ser etwa gleich alte Bei­trag von „Zapp“ (Tran­skript hier) lie­fert einen ganz guten Über­blick über die Arbeit der „Initia­ti­ve“. Es gibt also genü­gend Grün­de, die­sem Ver­ein kri­tisch gegen­über zu ste­hen.

Ent­spre­chend … äh: „über­rascht“ war ich, als ich von der Jun­gen Pres­se NRW, bei der ich seit knapp fünf Jah­ren Mit­glied bin, Unter­la­gen zu einem „Wett­be­werb für jun­ge Redak­teu­re“ geschickt bekam, der von der INSM und dem Jugend­me­di­en­zen­trum Deutsch­land ver­an­stal­tet wird.

In der Bro­schü­re wird der Wett­be­werb „Enter­pri­ze“ wie folgt beschrie­ben:

Hast Du schon mal in Dei­nen Schulbüchern das Kapi­tel über Unter­neh­mer­tum gefun­den? Wir auch nicht! In den meis­ten deut­schen Schulbüchern kom­men Unter­neh­men prak­tisch nicht vor. Dabei spie­len sie in unse­rem All­tag eine wich­ti­ge Rol­le: Vor allem den klei­nen und mit­tel­stän­di­schen Unter­neh­men ist es zu ver­dan­ken, dass die Arbeits­lo­sig­keit zuletzt so stark gesun­ken ist. Daher ist es wich­tig, sich näher mit der Bedeu­tung von Unter­neh­men und deren Arbeit zu beschäf­ti­gen.

Hier setzt der Wett­be­werb des Jugend­me­di­en­zen­trums Deutsch­land e.V. und der Initia­ti­ve Neue Sozia­le Markt­wirt­schaft (INSM) an. Ziel ist es, Dich als jun­gen Redak­teur für die Arbeit von Unter­neh­men zu inter­es­sie­ren. Tag für Tag ent­wi­ckeln sie neue Pro­duk­te, bie­ten inno­va­ti­ve Dienst­leis­tun­gen an und schaf­fen dabei viel­leicht auch Dei­nen zukünftigen Arbeits­platz. Was genau sie tun, sollst Du her­aus­fin­den! Was treibt die Unter­neh­mer an? Was ärgert sie, was freut sie?

Ja, was ärgert die­se inno­va­ti­ven Unter­neh­mer, die die Arbeits­lo­sig­keit so toll gesenkt haben?

Mög­li­che Ant­wor­ten bekommt man viel­leicht, wenn man die „mög­li­chen Leit­fra­gen“ aus der Bro­schü­re stellt:

  • Beschrei­be das Unter­neh­men (Grö­ße, Bran­che, Pro­dukt etc.).
  • Schil­de­re die Existenzgründung (Moti­va­ti­on des Unter­neh­mers, Idee, Ver­lauf der Gründung, För­de­rung etc.).
  • Stel­le dar, wie das Unter­neh­men sei­ne Wett­be­werbs­fä­hig­keit in der Zukunft sichern möch­te (Aus-/Fort­bil­dung, Kon­zen­tra­ti­on auf Markt­ni­schen etc.).
  • Erklä­re, was dem Unter­neh­mer an sei­ner Selbst­stän­dig­keit gefällt und was nicht.
  • Fra­ge, wel­che wirt­schafts­po­li­ti­sche Ver­än­de­rung dem Unter­neh­men am meis­ten hel­fen würde.

Für alle, die nicht nach­fra­gen wol­len, um wel­che „wirt­schafts­po­li­ti­schen Ver­än­de­run­gen“ es sich han­deln könn­te: Ich hät­te da so eine Idee

Es soll an die­ser Stel­le nicht ver­schwie­gen wer­den, dass die Bro­schü­re der Ziel­grup­pe („bun­des­weit für Schü­ler­zei­tungs­re­dak­teu­re aus­ge­schrie­ben“) kei­nes­wegs ver­schweigt, wer die­sen Wett­be­werb aus­rich­tet. Ob die Infor­ma­tio­nen aller­dings wirk­lich hilf­reich sind, steht auf einem ande­ren Blatt (das dem Info­ma­te­ri­al nicht bei­liegt):

Die Initia­ti­ve Neue Sozia­le Markt­wirt­schaft ist eine überparteiliche Bewe­gung von Bürgern, Unter­neh­men und Ver­bän­den für markt­wirt­schaft­li­che Refor­men. Getra­gen wird sie von den Arbeit­ge­ber­ver­bän­den der Metall- und Elek­tro-Indus­trie.

Nun weiß ich nicht, ob ich da viel­leicht etwas über­emp­find­lich bin, aber ich hal­te es für grenz­wer­tig, wenn ein Jour­na­lis­ten­ver­band gemein­sam mit einer Lob­by-Grup­pe einen Schreib­wett­be­werb ver­an­stal­tet – erst recht, wenn sich dar­an jun­ge Schrei­ber betei­li­gen sol­len. Vie­le von ihnen wer­den sich gar nicht groß mit dem Co-Aus­rich­ter befas­sen (was man ihnen – anders als ihren gro­ßen Kol­le­gen – auch nicht wirk­lich vor­wer­fen kann), den Namen INSM aber als etwas dif­fus Posi­ti­ves in ihrem Unter­be­wusst­sein abspei­chern. Und das ist ja Sinn und Zweck der Akti­on.

Ich habe bei der Jun­gen Pres­se und beim Jugend­me­di­en­zen­trum (die übri­gens bei­de unter der sel­ben Esse­ner Adres­se zu errei­chen sind) nach­ge­fragt, ob man dort mei­ne Bauch­schmer­zen teilt.

Felix Winnands, Vor­sit­zen­der der Jun­gen Pres­se NRW, schrieb mir, man sei dort „auf die Zusam­men­ar­beit mit Part­nern ange­wie­sen“, um die Leis­tun­gen und Ver­an­stal­tun­gen finan­zie­ren zu kön­nen.

Zum kon­kre­ten Fall schrieb er:

Sicher ist die INSM nicht unum­strit­ten, dies trifft jedoch auch auf ande­re Part­ner der Jun­ge Pres­se zu. Aus die­sem Grund regen wir zu unab­hän­gi­ger Bericht­erstat­tung an und las­sen natür­lich auch kri­ti­sche Bei­trä­ge zu unse­ren Part­nern zu (beim VISA Nach­wuchs­jour­na­lis­ten­preis „Eine bar­geld­lo­se Welt“ haben in der Aus­wahl der unab­hän­gi­gen Jury auch kri­ti­sche Bei­trä­ge gewon­nen und dar­auf legen wir erhöh­ten Wert).

Zu die­sen „nicht unum­strit­te­nen“ Part­nern gehört auch die GEMA, die letz­tes Jahr beim von der Jun­gen Pres­se ver­an­stal­te­ten Jugend­me­di­en­event eini­ge „GEMA-Scouts“ unter die Teil­neh­mer gemischt hat­te. Till Achin­ger, der wie ich Refe­rent beim Jugend­me­di­en­event war, hat­te damals recht aus­führ­lich dar­über gebloggt.

Das Jugend­me­di­en­zen­trum, das den Wett­be­werb gemein­sam mit der INSM aus­rich­tet und dem ich eben­falls die Mög­lich­keit einer Stel­lung­nah­me geben woll­te, hat auch nach mehr als einer Woche nicht auf mei­ne E‑Mail reagiert. Genau­so wenig wie das Jury-Mit­glied Ralf-Die­ter Bru­now­sky, Vor­sit­zen­der der Köl­ner Jour­na­lis­ten­schu­le für Poli­tik und Wirt­schaft.

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Print Gesellschaft

Seinen oder nicht Seinen

Wir müs­sen noch mal auf die Num­mer mit der gemein­sa­men Wer­be­ak­ti­on von Tchi­bo und Esso unter dem Slo­gan „Jedem den Sei­nen“ zurück­kom­men. Zwar hat sie es nicht auf die Titel­sei­te von „Bild“ geschafft, aber die media­le Auf­merk­sam­keit, die die „Frank­fur­ter Rund­schau“ in bes­ter „Bild“-Manier selbst gene­riert hat­te, hat mich dann doch ein wenig über­rascht.

Beson­ders inter­es­sant fand ich die Ansich­ten, mit denen sich Vol­ker Nickel, der Spre­cher des Deut­schen Wer­be­rats, von der „taz“ zitie­ren lässt:

„Offen­sicht­lich haben alle Fil­ter ver­sagt, weil kein Wis­sen vor­han­den war, dass dahin­ter irgend­et­was ande­res ste­cken könn­te.“ Er glaubt, dass die fehl­ge­lei­te­te Kaf­fee­kam­pa­gne nur ein Sym­ptom für die gesell­schaft­li­che Ent­wick­lung ist. „In 40 Jah­ren wis­sen wahr­schein­lich noch weni­ger Men­schen über die Bedeu­tung sol­cher Sät­ze Bescheid“, sagt er. „Des­we­gen ist es Auf­ga­be der Schu­len und Medi­en, dass die Ereig­nis­se wäh­rend des Natio­nal­so­zia­lis­mus in unse­ren Köp­fen wach blei­ben.“

Herr Nickel ver­tritt damit die gegen­tei­li­ge Posi­ti­on der Mei­nung, die hier in den Kom­men­ta­ren vor­herrsch­te, und wünscht sich offen­sicht­lich eine schwar­ze Lis­te der Sät­ze und Wör­ter, die seit 1945 und für alle Zeit nicht mehr ver­wend­bar sind. (Oder, wie der gro­ße Nazi-Wör­ter-Exper­te Johan­nes B. Ker­ner sagen wür­de: die „nicht gehen“. Gar nicht.)

Der groß­ar­ti­ge und oft über­se­he­ne Song­wri­ter Dan Bern hat 2002 die „Swas­tika EP“ ver­öf­fent­licht, auf der sich auch der Song „My Litt­le Swas­tika“ („Mein klei­nes Haken­kreuz“) befin­det. Im Text heißt es unter ande­rem:

the chi­ne­se had it for 20,000 years
the nazis took it and made it spell tears
still has power to hurt a litt­le bit
but now I’m deco­ra­ting my house with it

Dan Bern darf das: er ist Jude (sei­ne Begleit­band heißt The Inter­na­tio­nal Jewish Ban­king Con­spi­ra­cy), sei­ne Eltern haben den Holo­caust knapp über­lebt. In einem Inter­view erklär­te er aus­führ­lich, war­um er das Haken­kreuz als Sym­bol umdeu­ten will und wie dies gesche­hen soll.

Nun liegt Berns Posi­ti­on unge­fähr in der Mit­te zwi­schen „from­mer Wunsch“ und „etwas welt­fremd“ und lässt sich auch schlecht ver­all­ge­mei­nern: Natür­lich wären die Irri­ta­tio­nen berech­tigt, die die Bun­des­agen­tur für Arbeit aus­lö­sen wür­de, wenn sie mor­gen „Arbeit macht frei“ zu ihrem Slo­gan erwähl­te. Und wenn Ange­la Mer­kel ein­mal kei­ne Lust mehr auf ihre unge­bro­che­ne Popu­la­ri­tät bei den deut­schen Wäh­lern haben soll­te, müss­te sie nur dar­auf bestehen, fort­an als „Füh­re­rin“ ange­spro­chen zu wer­den.

Der grund­sätz­li­che Gedan­ke, dass man sich bestimm­te Berei­che des All­tags nicht von irgend­wel­chen Arsch­lö­chern weg­neh­men las­sen soll­te, ist aber ein klu­ger. Wer sich ernst­haft an Wor­ten wie „Füh­rer­schein“ reibt, der bewahrt damit nicht das Andenken der Opfer, son­dern der ver­hilft der Nazi-Ban­de von damals zum post­hu­men letz­ten Sieg – mal ganz davon ab, dass das Ver­bot oder die Selbst­zen­sur bei bestimm­ten Begrif­fen inhalt­lich sehr viel näher am Drit­ten Reich dran wäre als die Ver­wen­dung der Begrif­fe selbst.

Es ist schwer zu über­bie­ten­der Zynis­mus, eine anti­ke Gerech­tig­keits­for­mel auf das Tor eines Kon­zen­tra­ti­ons­la­gers zu schrei­ben – die Losung aber des­halb zum unzi­tier­ba­ren bösen Wort ernen­nen zu wol­len, ist unge­fähr so däm­lich, wie ein Ver­bot von Toten­köp­fen, schwar­zen Leder­män­teln und Pech­fa­ckeln zu for­dern.

Situa­tio­nen wie die­se erfor­dern etwas, was dem deut­schen Volk (hihihi) seit jeher fehlt: Fin­ger­spit­zen­ge­fühl. Es muss etwas geben zwi­schen dem „Schluss­strich“, den man­che for­dern, und der abso­lu­ten Empö­rung, die noch immer irgend­je­mand emp­fin­det, wenn ihn ein Jour­na­list anruft und um eine Stel­lung­nah­me zu die­sem oder jenem „Nazi-Skan­dal“ bit­tet, von dem der Empör­te oft genug in die­sem Moment zum ers­ten Mal hört.

Und damit sind wir wie­der bei „Jedem den Sei­nen“: Eine selt­sam alter­tüm­li­che For­mu­lie­rung, fin­den Sie nicht?

Ich fin­de es viel merk­wür­di­ger als sonst etwas, dass ein solch sper­ri­ger Slo­gan im Jahr 2009 an Tank­stel­len für Kaf­fee wer­ben soll. Mich wür­de wirk­lich inter­es­sie­ren, wie die­se Kam­pa­gne aus­ge­se­hen hat, was sich die Macher dabei gedacht haben und was mit dem Spruch über­haupt gemeint war. Aber im Inter­net fin­de ich nir­gends ein Foto von den Pla­kat­mo­ti­ven, fast alle Arti­kel zu dem The­ma sind mit dem Tor aus Buchen­wald bebil­dert. Mir fehlt der Kon­text um zu ent­schei­den, ob die Kam­pa­gne nun wirk­lich eine „nicht zu über­bie­ten­de Geschmack­lo­sig­keit“ war, wie Salo­mon Korn sie (natür­lich nur bis zur nächs­ten, nicht zu über­bie­ten­den Geschmack­lo­sig­keit) nann­te, ob dahin­ter eine ori­gi­nel­le Idee steck­te, oder ob sie ein­fach nur banal und doof war. Und die Frei­heit, sol­che Urtei­le selbst fäl­len zu dür­fen, hät­te ich als mün­di­ger Bür­ger eigent­lich schon ganz ger­ne.

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Zuschlagender Erfolg

Bei „Switch Rel­oa­ded“ wur­de Mar­cel Reich-Rani­cki ges­tern Abend von Elke Hei­den­reich mit dem „Fern­seh­le­xi­kon“ nie­der­ge­streckt:

Die Idee ist gut, das Pro­duct Pla­ce­ment dahin­ter aber nicht ganz neu:


(Cof­fee And TV am 10. Juli 2008)


(Cof­fee And TV am 3. Mai 2008)


(Cof­fee And TV am 26. Sep­tem­ber 2007)

Na gut: Bei mir war es das Ori­gi­nal, nicht so ein schö­ner Nach­bau

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Zum Skandal aufgeblasen

Im Online­jour­na­lis­mus gibt es eine Faust­re­gel: Wo „Skan­dal“ drü­ber steht, ist mit hoher Wahr­schein­lich­keit irgend­et­was faul. Was also erwar­ten Sie, lie­be Leser, bei die­ser Über­schrift von derwesten.de?

Skandal: Ryanair will Passagieren Sex-Angebote machen. Düsseldorf. Michael O\'Leary, Vorstandschef von Europas größter Billigfluglinie Ryanair, sorgte auf einer Pressekonferenz in Düsseldorf für einen handfesten Skandal.

Auf der Pres­se­kon­fe­renz hat­te Ryan­air Flü­ge in die USA für 10 Euro in der Eco­no­my Class in Aus­sicht gestellt.

In der Busi­ness-Klas­se kün­dig­te O’Lea­ry dann einen ganz beson­de­ren Ser­vice an. „Da wird es dann noch ‚Bet­ten und Blo­wjobs‘ extra für die Flug­gäs­te geben.“

Wie „hand­fest“ ((Hihihi.)) der „Skan­dal“ ist, lässt sich viel­leicht schon dar­an able­sen, dass Goog­le News zur Stun­de kei­ne ein­zi­ge Mel­dung dar­über fin­det. ((Dass derwesten.de auch ein hal­bes Jahr nach sei­nem Start noch nicht für die Nach­rich­ten-Suche von Goog­le indi­ziert ist, ist eine ande­re Geschich­te, für die bei der WAZ-Grup­pe eigent­lich ein paar Köp­fe rol­len müss­ten. Wenn es denn dort mal jemand bemerk­te.))

Beim Ramsch-Nach­rich­ten­ag­gre­ga­tor shortnews.de, wo man die Mel­dung von derwesten.de auf­ge­grif­fen hat­te, schrieb dann auch ein Kom­men­ta­tor:

„Bed and Blo­wjob“ ist umgangs­sprach­lich und bedeu­tet soviel wie Spit­zen­kom­fort. Er hät­te auch sagen kön­nen man wird in den Schlaf gewiegt oder es wird einem eine Gute­nacht­Ge­schich­te vor­ge­le­sen.

Zuge­ge­ben: das wäre mir auch mit mei­nem Abschluss in Anglis­tik nicht bekannt gewe­sen. Ers­te Umfra­gen im Bekann­ten­kreis erga­ben auch, dass „umgangs­sprach­lich“ wohl ein wenig über­trie­ben sein könn­te.

Das „Urban Dic­tion­a­ry“ erklärt „Bed & Blo­wjob“ so:

A see­dy hotel. The kind of place that may even rent rooms by the hour. A place you take a chick to sole­ly for sex.

Einig sind sich aber alle Quel­len dar­über, dass die Aus­sa­ge des für sei­ne kra­wal­li­gen Pro­mo-Auf­trit­te und sei­nen absei­ti­gen Humor bekann­ten Ryan­air-Chefs wohl auf kei­nen Fall wört­lich zu neh­men sei­en.

Mög­li­cher­wei­se ist die „Skandal“-Offensive bei derwesten.de und die anschlie­ßen­de Medi­ta­ti­on über den Begriff „Blo­wjob“ aber auch Teil des Angriffs auf „RP Online“, zu dem Bodo Hom­bach, Geschäfts­füh­rer der WAZ-Medi­en­grup­pe, kürz­lich gebla­sen ((Hihi­hihi.)) hat­te.

Nach­trag, 18. Juni 00:25 Uhr: derwesten.de hat was geän­dert. Aus der 14-zei­li­gen Mel­dung ist ein gan­zer Arti­kel gewor­den, den Sie heu­te wohl auch in der gedruck­ten „WAZ“ lesen kön­nen, und die Über­schrift sieht auch ganz anders aus:

Billigflieger: O\'Leary – der Flegel der Lüfte

Die Kom­men­ta­re dar­un­ter bezie­hen sich natür­lich noch auf die alte Mel­dung, was aber auch rela­tiv egal ist, da der Autor Wolf­gang Pott auch in sei­nem neu­en Lang­text die Aus­sa­gen von Micha­el O’Lea­ry nur all­zu wört­lich nimmt:

Die­se Flü­ge wür­den inklu­si­ve Sex zwi­schen 4000 und 5000 Euro kos­ten, sagt O’Lea­ry.

Der Umstand, dass weder „Bild“ noch „Express“ (bis­her) über die­sen „Skan­dal“ berich­ten und sich selbst das Bou­le­vard­blatt „Rhei­ni­sche Post“ zu dem The­ma aus­schweigt, soll­te der „WAZ“ zu den­ken geben.

Jens weist übri­gens im Pott­blog dar­auf hin, dass derwesten.de ent­ge­gen mei­ner Aus­sa­gen „sehr wohl“ bei Goog­le News auf­tau­che. Eine kur­ze Stich­pro­be mei­ner­seits mit den Such­be­grif­fen „Ryan­air“, „Dins­la­ken“, „Bochum“ und „Ulrich Reitz“ (Chef­re­dak­teur der „WAZ“) erbrach­te exakt drei Tref­fer von derwesten.de in den letz­ten zwölf Stun­den (alle drei bei „Bochum“). Das wür­de ich in einem Moment gro­ßer Güte und Gelas­sen­heit als „aus­bau­fä­hig“ bezeich­nen.

Nach­trag, 18. Juni 16:10 Uhr: oe24.at (es sind meis­tens die Öster­rei­cher) hat­te die Mel­dung ursprüng­lich unter dem Titel „Ryan­air bie­tet bald Über­see-Flü­ge inklu­si­ve Sex“ auf­ge­grif­fen. Der Arti­kel klingt nun ganz anders und heißt jetzt „Über­see-Flü­ge inklu­si­ve Sex nur Scherz“.

Noch span­nen­der ist aller­dings, dass es bei derwesten.de einen wei­te­ren Arti­kel zum The­ma gibt – aller­dings aus der „NRZ“ und nicht aus der „WAZ“. Dort heißt es:

Und in der Busi­ness-Klas­se wer­de es einen Extra-Ser­vice für rei­che Rei­sen­de geben: „Bet­ten und Blo­wjobs”. – Der Ryan­air-Chef grinst über sei­nen ver­meint­li­chen Scherz zu sei­nen US-Flug­plä­nen so breit, wie sich die Gol­den Gate Bridge über die Bucht von San Fran­cis­co spannt.

Ein „ver­meint­li­cher Scherz“, aha. (Und die Gol­den Gate Bridge über­spannt natür­lich nicht wirk­lich die San Fran­cis­co Bay, son­dern die namens­ge­ben­de Meer­enge, die zwi­schen Bay und Pazi­fik liegt.)

Nach­trag, 18. Juni 23:50 Uhr: Es ist wohl end­lich ein Jour­na­list auf die Idee gekom­men, mal bei Ryan­air nach­zu­fra­gen. Die öster­rei­chi­sche „Kro­nen­zei­tung“ war’s:

„Das kann ich nicht bestä­ti­gen, das sind defi­ni­tiv nicht die Plä­ne von Herrn O’Lea­ry“, sag­te eine Ryan­air-Pres­se­spre­che­rin am Mitt­woch auf Anfra­ge. Es habe sich schlicht um einen Witz gehan­delt.

Einen schö­nen Gruß nach Essen gab’s auch noch:

„Vie­le Leu­te haben dar­über gelacht“, sag­te die Pres­se­spre­che­rin. Doch offen­bar haben nicht alle den Witz als Witz ver­stan­den.

Auch shortnews.de stell­te dar­auf­hin rich­tig – natür­lich ohne Hin­weis in der Ursprungs­mel­dung.