Gut, die Nummer hatten wir schon mal.
Aber damals konnte ich wenigstens auf den ersten Blick erkennen, woher die Karte kam. Diesmal hat’s etwas länger gedauert:
Gut, die Nummer hatten wir schon mal.
Aber damals konnte ich wenigstens auf den ersten Blick erkennen, woher die Karte kam. Diesmal hat’s etwas länger gedauert:
Was hab ich jetzt wieder angestellt?
Andererseits könnte es natürlich auch sein, dass ich nach meinen Sympathiebekundungen für Semino Rossi (und meinem Loblied auf Bata Illic) einfach zur Zielgruppe gehöre.
Liebe PR-Futzis,
wir müssen reden. Habt Ihr eigentlich ‘nen Knall? Seit einigen Monaten erreichen mich Pakete, auf denen kein Absender steht ((Der Satz “Hoffentlich ist keine Bombe drin” von meinem Paketboten ist nur mittelwitzig.)) und in denen sich irgendwelcher Prött befindet. Eure Erwartung ist offenbar, dass ich darüber schreibe, was für einen crazy-verrückten Kram ich da ins Haus bekommen habe, und dass ich dann irgendwann nach Eurer Auflösung auch noch nachtrage, von welcher Firma der Mist kam. Sowas nennt man dann wohl “virales Marketing”, obwohl ich eigentlich immer dachte, Virals seien nicht planbar.
Es ist ja jedem Blogger ((Ich nehme an, Ihr schreibt einfach immer die ersten hundert Blogger an, die Ihr finden könnt.)) selbst überlassen, ob er über sowas schreiben will. Eine kurze Beschäftigung mit diesem Blog dürfte aber zeigen, dass wir hier eher nicht so auf PR stehen. Einzige Ausnahme: Ihr seid die Kilians — aber das wüsste ich.
Natürlich muss man als Blog-Betreiber damit rechnen, unverlangt E-Mails zu bekommen und in Newsletter eingetragen zu werden. Das ist auch nicht richtig höflich, aber okay, wenn es thematisch passt. ((Die Typen, die neulich einen Linktausch zum Thema “Kaffee” anleiern wollten, haben sich dieses Blog sicherlich die vollen anderthalb Sekunden angesehen, die man braucht, um das Impressum zu finden.)) In jedem Fall sind Spam-Mails bedeutend leichter zu entsorgen als Pakete, die wie ein “So trenne ich meinen Müll richtig”-Lernspiel für Grundschüler anmuten.
Im Moment kann ich mich übrigens nicht mal richtig über echte Geschenke von lieben Menschen freuen, da mein 20-m2-Zimmer schon bis zum Rand mit Kram gefüllt ist und mir beim Gedanken an den irgendwann dann doch mal anstehenden Umzug schon regelmäßig der Schweiß ausbricht. “Verbrauchswaren” braucht Ihr mir aber auch nicht zu schicken, denn wer will schon anonym versandte Lebensmittel?
Noch ein bisschen blöder wird so eine Aktion, wenn das Paket ausgerechnet am Samstagmorgen um Zehn nach Neun (lies: Mitten in der Nacht) zugestellt wird. Aber das wäre natürlich noch steigerbar: Wenn ich mit dem Bus nach Altenbochum fahren müsste, um in der Postagentur festzustellen, dass mir jemand ein Päckchen Sondermüll zugeschickt hat, würde ich vermutlich schlichtweg grün anlaufen und erst mal ein paar Autos durch die Gegend werfen.
Nehmt Euch ein Beispiel an den Musik-Promotern, Plattenfirmen und Nachwuchsbands dieses Landes, die in der Regel immer nett nachfragen, bevor sie einem was ins Haus schicken. Das ist schon aus ökonomischem Selbstschutz die tausendmal brillantere Idee und häufig ergeben sich daraus auch nette Kontakte. Als ich vor ein paar Monaten unaufgefordert ein Paket von einem namhaften deutschen Verlag bekam, mit dessen Presseabteilung ich zuvor schon mal zu tun gehabt hatte, war ich erst verwirrt. Aber die Auswahl der Bücher legte nahe, dass sich da jemand sehr genau mit diesem Blog beschäftigt haben muss, und ich war nicht mehr verwirrt, sondern gerührt. Entsprechend schlecht ist mein Gewissen, dass die Bücher noch immer ungelesen sind.
Jede Website bemüht sich heutzutage um personalisierte Werbung, die möglichst präzise auf die Interessen des einzelnen Besuchers zugeschnitten ist, aber Ihr ballert mit Schrotflinten auf Pfennigstücke. Genauso gut könnten Eure Kunden Geldscheine in die Luft werfen und was oben bleibt, ist gut investiert.
Überhaupt, liebe Firmen: Findet Ihr das eigentlich gut, diese Belästigung im Namen des Marketings? Einfach Leute anzurufen ist verboten, aber ihnen Krempel ins Haus zu schicken ist okay? Wisst Ihr, was Eure vermutlich überbezahlten PR-Strategen da machen? Habt Ihr das so in Auftrag gegeben? Und wenn Ihr diesen Text hier in Eurer Pressemappe findet (weil any PR ja bekanntlich good PR ist), habt Ihr dann nicht das Gefühl, dass da irgendwas irgendwo gewaltig schief gelaufen sein könnte?
Es ist das derbste PR-Klischee, aber solche Aktionen fallen einem doch nicht im nüchternen Zustand ein, oder? Die Krise ist erst eine, wenn sie auch bei den Hamburger und Düsseldorfer Koksdealern angekommen ist. Und mal ehrlich: Wer auf die Idee kommt, in einem Werbespot ausgerechnet den Titelsong von “Wir Kinder vom Bahnhof Zoo” zur Vermittlung eines positiven Lebensgefühls einzusetzen (wie gestern gesehen), der muss sich doch wohl ein eher legeres Verhältnis zu Betäubungsmitteln nachsagen lassen.
Genug der kalten Wut. Ich denke, es ist deutlich geworden, dass ich von weiteren Care-Paketen aus der Werbehölle verschont werden möchte. Ich wäre glücklich, wenn Ihr Euch daran hieltet.
Mit freundlichen Grüßen und Dank im Voraus,
Lukas Heinser
So langsam dürfte der Kleinkrieg, den sich die Post- und Paketzusteller mit mir liefern, als das durchgehen, was in manchen Kreisen gerne “Kult” genannt wird.
Andererseits bin ich auch nur noch 42 Jahre vom derzeitigen Renteneintrittsalter entfernt und habe “Nationalität: deutsch” in meinem Ausweis stehen, von daher denke ich, es ist der richtige Zeitpunkt für mein erstes handgeschriebenes Schild im Treppenhaus:
Nachtrag, 29. November: Irgendjemand hat den Zettel heute abgerissen und in den Papierkorb geworfen.
Nachtrag, 1. Dezember: Erste Erfolge werden sichtbar: Mein Mitbewohner hatte heute eine Benachrichtigungskarte mit dem Vermerk “12:00 Uhr geklingelt!” im Briefkasten. Ich nehme mal an, er hat zu der Zeit noch geschlafen. Ich war jedenfalls nicht da.
Beim Grünenparteitag in der Messe Erfurt ist eine ganze Halle für “Sponsoren und Aussteller” (und das Catering) reserviert. Die Liste der Sponsoren und Aussteller ist lang — und sie beinhaltet Firmen und Organisationen, die man auf einem Parteitag der Grünen nicht unbedingt erwartet hätte:
Aber schauen wir uns in Halle 2 doch einmal etwas genauer um:
Ich muss irgendwann einmal versehentlich den Erzengel Gabriel verärgert haben, denn anders lässt sich die Art und Weise, in der Post- und Paketzusteller mich behandeln, kaum noch erklären. Oder, um es freundlicher auszudrücken: Es ist in der Menschheitsgeschichte schon aus nichtigeren Gründen als der Nicht-Zustellung dringend erwarteter Pakete zu langjährigen kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen.
Weil mich der DHL-Zusteller ja grundsätzlich nicht zuhause antrifft (auch oder gerade wenn ich den ganzen Tag in meiner Wohnung hocke), habe ich mir den Ratschlag meiner Beraterkommission zu Herzen genommen und mich für eine sogenannte Packstation angemeldet. Packstationen sind im Grunde die völlige Negation des Postwesens, weil man sich plötzlich selbst darum kümmern muss, wie man das Paket in sein Haus bekommt. Dafür haben sie rund um die Uhr geöffnet und befinden sich nicht wie die Postagenturen, aus denen man seine Sendungen wochentags zwischen Zwölf und Mittag abholen kann, am Arsch der Heide. Und wenn man tagsüber nicht zuhause ist (oder man den selben Zusteller hat wie ich), sind sie die einzige Möglichkeit, Pakete zu empfangen.
Ich meldete mich also im Internet für die Packstation an und bekam kurz darauf ein Anschreiben mit einer goldenen Kundenkarte. Die kriegt (anders als bei Kredit- oder Bonusmeilenkarten) jeder Kunde, damit er denkt, es sei etwas ganz besonderes, den Job des Postboten selbst übernehmen zu dürfen. In dem Anschreiben stand, meine “PostPin”, mit der ich die Packstation dann auch öffnen kann, werde mir “in wenigen Tagen” per Einschreiben zugehen.
Die Tage kamen und gingen und überschritten meine persönliche Definition von “wenige” erheblich. Ich nutzte also wider besseres Wissen das Kontaktformular auf der Internetseite von DHL, um mich nach dem Verbleib meiner “PostPin” zu erkundigen. Es war die Mühe ausformulierter Sätze nicht wert, denn das Kontaktformular von DHL ist ein toter Briefkasten. Selbst die Zeit, die man bräuchte, knackige Beleidigungen in die Tastatur zu hacken, wäre verschenkt: ich bin mittlerweile davon überzeugt, dass die Kontaktversuche nicht nur nicht gelesen werden — sie werden vermutlich nicht einmal verschickt. Jedes Stoßgebet wirkt besser als eine E-Mail an DHL.
Ein paar Tage später rief ich bei der kostenpflichtigen Packstations-Hotline an und trug mein Anliegen vor. Nachdem sie sich meine Geschichte bis zum Schluss angehört hatte, erklärte mir die Callcenter-Agentin mit angsterfüllter Stimme, die Server seien leider alle ausgefallen und sie könne meine Daten jetzt nicht nachgucken. Ich möge es doch bitte später noch einmal versuchen.
Ich ließ DHL also eine Woche Zeit, die Server zu reparieren, und beschloss dann, erneut Geld an der Hotline zu verballern. Diesmal klappten die Server, aber der freundliche Mann am anderen Ende konnte sich trotzdem nicht erklären, wo mein Einschreiben abgeblieben sein könnte. Er versprach, sich darum zu kümmern. Und in der Tat bekam ich zwei Tage später Post von DHL: ein Anschreiben mit einer goldenen Kundenkarte. In dem Anschreiben stand, meine “PostPin” werde mir “in wenigen Tagen” per Einschreiben zugehen.
Weitere zwei Tage später schaute ich abends, als ich mich nach einem Tag in der Wohnung ins Bochumer Nachtleben stürzen wollte, in meinen Briefkasten und fand dort – ich weiß, es ist weder überraschend noch witzig – eine Benachrichtigungskarte der Deutschen Post. Ein Einschreiben für mich habe nicht zugestellt werden können, erklärte mir da mein Briefträger, den ich erst vor wenigen Wochen auf der Straße abgefangen und leider nicht zur Sau gemacht hatte, nachdem er mir eine Benachrichtigungskarte in den Briefkasten geworfen hatte, während ich zuhause hockte. Meine Theorie, dass er die Sendungen einfach direkt auf der Post liegen ließe und nur bereits ausgefüllte Benachrichtigungskarten austrüge, hatte sich da im Übrigen nicht bestätigt: er hatte das Päckchen in seinem Schiebewägelchen und händigte es mir auch sofort aus.
Gerade war ich bei der Post (zum Glück im Hauptpostamt am Hauptbahnhof und nicht am Arsch der Heide) und habe das Einschreiben abgeholt. Als ich kurz erzählte, dass ich trotz Anwesenheit eine Benachrichtigungskarte bekommen habe, und die Frage des fast besorgniserregend freundlichen Schalterbeamten, ob ich weit oben wohnen würde, mit “Ja” beantwortet hatte, meinte dieser zu mir, ich hätte offensichtlich einen “faulen Briefträger”, dem ich mal “in den Hintern treten” solle. Ich werde mich bei Gelegenheit gerne auf ihn berufen.
Ansonsten bin ich natürlich gespannt, was die Deutsche Post und DHL als nächstes unternehmen wollen, um mich zu ärgern. Falls Sie irgendwann in der Zeitung von einer Packstation lesen sollten, die von Globalisierungsgegnern/Psychopathen/Außerirdischen in die Luft gesprengt wurde: das war dann sicher meine.
Auf eine ersehnte Paket-Lieferung zu warten dürfte das Ermüdendste sein, was auf diesem Planeten möglich ist: Man sitzt zuhause und wartet, dass es endlich klingelt. Mit irgendwelchen Arbeiten traut man sich nicht zu beginnen, denn es könnte ja jederzeit soweit sein und dann will man das Paket natürlich sofort in Empfang nehmen, auspacken und dem Inhalt seine volle Aufmerksamkeit widmen. Es ist wieder wie früher in der Zeit zwischen Hausaufgaben fertig haben und drei Uhr, wenn die Freunde endlich zum Spielen kommen; wie der Nachmittag des 24. Dezember, nur ohne Michael Schanze. Irgendwann traut man sich nicht mehr auf die Toilette und steht dafür sofort am Fenster, wenn man ein Auto anhalten hört. Auf dem Parkplatz unseres Wohnheims halten sehr viele Autos an.
Nicht besser wird das alles, wenn man im Internet nachverfolgen kann, wo das Paket gerade ist. So weiß man, dass es geschlagene 76 Stunden irgendwo in Köln gelagert hat. So lange Köln – das wünscht man kaum seinem ärgsten Feind, außerdem hätte man selbst in dieser Zeit mit einem Auto nach Köln fahren und vermutlich sogar wieder herausfinden können. Und dann ist es in der Nacht nach Apeldoorn in die Niederlande gebracht worden, was etwa drei Mal so weit weg von Köln ist wie der Zielort Bochum – aber immerhin in einer ähnlichen Himmelsrichtung. Man lernt, dass “Unterwegs” auch in einem abstrakten, eher philosophischen Sinn gemeint sein kann: in einem Schwebezustand zwischen den Orten, auf einem Weg, der das Ziel ist.
In der Zwischenzeit liest man von den Schicksalsschlägen anderer Menschen, deren Sendungen im australischen Versandwesen einfach so … Entschuldigung: versanden. Das hebt nicht gerade die Hoffnung, in den nächsten Tagen noch was zu Essen zu bekommen, denn zum Supermarkt wegtrauen kann man sich auf keinen Fall, da der Zusteller ja nur auf diesen Moment wartet. Bleibt man aber zuhause, bleibt er natürlich einfach weg.
Das Warten auf eine Lieferung ist für Männer das, was das Warten auf einen Rückruf für (heranwachsende) Frauen ist. Vermutlich hat die Natur diese Institution als Generalprobe geplant: um zu überprüfen, ob der Mann den seelischen Belastungen einer herannahenden Geburt gewachsen wäre. Man stellt fest, dass man es nicht wäre und verwirft alle Pläne aufs Kinderkriegen – zeugen könnte man sie eh nicht, weil man sich ja auf die Türklingel konzentrieren muss. Man versucht zu lesen, aber jede Bewegung des Fahrstuhls lenkt einen wieder ab: Hält er in meiner Etage? Entsteigt ihm der Bote des Glücks?
So verbringt man ganze Tage mit Warten. Der Hass auf das Transportunternehmen droht auch auf das verschickte Objekt abzufärben. Man erwischt sich dabei, wie man auf dem Boden liegt und die Zeiger der Wanduhr anstarrt, als seien sie vom Aussterben bedrohte Tiere, die im heimischen Garten den Arterhalt versuchen. Jetzt bloß nicht stören, sonst ist alles kaputt.
Irgendwann steht auf der Website nicht mehr “Unterwegs”, sondern “Ausnahme: Interne Aktion”, was für einen Moment den Anschein des Besonderen, Auserwählten hat. Dann begreift man, dass man wieder mal Pech gehabt hat mit einem dieser Unternehmen und dass die Auswahl jetzt immer geringer wird und man bald Ein-Euro-Kräfte mit der Abholung erwünschter Dinge an ihrem Produktionsort beauftragen muss. Oder warum nicht gleich selbst nach China reisen? Da reisen doch jetzt alle hin und es soll so spannend sein. Andererseits sind da natürlich Tibet, die Menschenrechte und die Pressefreiheit, die es einem schwer machen, in das Land zu reisen, in dem die sehnsüchtig erwarteten Waren produziert werden.
Tage kommen und gehen und irgendwann kommt man auf dumme Gedanken:
Was ich eigentlich nur sagen wollte: seit gestern Abend ist mein MacBook da!
Es tut mir leid, dass dieses Blog gerade etwas zur Abladehalde lustiger Fundstücke wird.
Aber:
Ob das wohl eine feststehende Option in den Post-Computern ist?
Die im folgenden geschilderte Geschichte ist natürlich nur ein Einzelfall.
So wie der, der mir im letzten Jahr passiert ist, oder der, den Anke Gröner vor zwei Wochen beschrieben hat.
12. Mai
Ich bestelle ein Buch bei Amazon.
13. Mai
Amazon teilt mir per E-Mail mit, dass das Buch abgeschickt wurde:
Lieferung voraussichtlich: 15-Mai-2008
14. Mai
Nachdem ich den ganzen Tag zuhause war, stelle ich am Nachmittag fest, dass der DHL-Bote eine Benachrichtigungskarte in meinen Briefkasten geworfen hat, ohne auch nur geklingelt zu haben.
15. Mai
Über das Kontaktformular der DHL-Website schreibe ich eine Reklamationsnachricht, in der ich mich über das Verhalten des DHL-Boten beschwere und um eine Neuzustellung bitte.
17. Mai
Da DHL bisher (wie erwartet) nicht auf meinen Kontaktversuch reagiert hat, kreuze ich auf der Benachrichtigungskarte “Wiederholung des Zustellversuchs” an und wünsche mir eine Zustellung am 21. Mai. Die Karte werfe ich (leider keine Marke zur Hand) in den nächsten Briefkasten.
21. Mai
Es klingelt zwei Mal an der Haustüre, ich betätige zwei Mal den Türöffner. Da niemand zu meiner Wohnung kommt, gehe ich davon aus, dass es der Postbote war, der ins Haus wollte, um die hinter der Haustür befindlichen Briefkästen zu befüllen.
Als ich das Haus verlasse, sehe ich außen an die Haustür geklebt meine Benachrichtigungskarte mit dem Hinweis “2. Zust. ERFOLGLOS”.
Nachdem meine Halsschlagader wieder abgeschwollen ist, wende ich mich mit folgenden Fragen an die Pressestelle von DHL:
1. Hat sich der Zusteller bei den beiden Zustellversuchen gemäß der Firmenphilosophie verhalten? Wäre er zu einer Zustellung an der Wohnungstür (4. Stock, Fahrstuhl) verpflichtet, oder ist der Zustellversuch an der Haustür (ohne Gegensprechanlage) ausreichend?
2. Gibt es eine Regelung, nach der Päckchen nicht mehr (wie früher üblich) bei den Nachbarn abgegeben werden sollen oder obliegt die Entscheidung darüber dem Zusteller?
3. Wie lange dauert üblicherweise die Beantwortung eines Kontaktversuchs über die Internetseite von DHL?
4. DHL wirbt auf der Homepage mit dem Siegel als “Computer-Bild Testsieger”. Entspricht das Verhalten des Zustellers dem Ruf des Unternehmens?
5. Wie kann ich sichergehen, dass mir Päckchen auch wirklich zugestellt werden, und ich nicht erst eine Woche warten und dann noch zu einer abgelegenen Postagentur fahren muss?
22. Mai
Feiertag in NRW.
23. Mai
Unter Einsatz von Bussen ((Der Bus, der einmal pro Stunde verkehrt, kommt fünf Minuten zu spät, bei seiner Ankunft steigt der Busfahrer aus, um eine Zigarettenpause zu machen.)) und Straßenbahnen (man kennt seine Heimatstadt ja sowieso immer viel zu wenig) fahre ich zur “Postagentur”, die in einem Bekleidungsgeschäft in Altenbochum untergebracht ist.
Nach längerer Suche bekomme ich mein Päckchen, der Mann am Schalter bedauert meine Unannehmlichkeiten, für die er selbst ja gar nichts kann. Das ganze Vorhaben kostet mich eine Stunde meines Lebens.
26. Mai
Immer noch keine Reaktion von der DHL-Pressestelle. Teile meiner Fragen kann ich mir aber mithilfe der “Allgemeine Geschäftsbedingungen der DHL PAKET/ EXPRESS NATIONAL” auch selbst beantworten:
Ist der Zustellversuch an der Haustür ausreichend?
4 Leistungen der DHL
(1) DHL befördert die Sendungen zum Bestimmungsort und liefert sie an den Empfänger unter der vom Absender genannten Anschrift ab. DHL unternimmt dabei zwar alle zumutbaren Anstrengungen, um die Sendung innerhalb der Zeitfenster entsprechend ihren eigenen Qualitätszielen (Regellaufzeiten) abzuliefern.
Gibt es eine Regelung, nach der Päckchen nicht mehr (wie früher üblich) bei den Nachbarn abgegeben werden sollen?
(3) DHL darf Sendungen, die nicht in der in Absatz 2 genannten Weise abgeliefert werden können, einem Ersatzempfänger aushändigen. […]
Ersatzempfänger sind
1. Angehörige des Empfängers oder des Ehegatten, oder
2. andere, in den Räumen des Empfängers anwesende Personen, sowie dessen Hausbewohner und Nachbarn, sofern den Umständen nach angenommen werden kann, dass sie zur Annahme der Sendungen berechtigt sind; EXPRESS BRIEFE werden nicht an Hausbewohner und Nachbarn ausgehändigt.
28. Mai (Nachtrag)
In meinem Briefkasten finde ich einen Brief von DHL, datiert vom 26. Mai. Was drin steht, steht hier.
Sie wissen, dass Sie besser ins Bett gehen sollten, wenn Sie sich nach der Lektüre der Überschrift “Kuranyi schlägt Porto” beinahe eine Sekunde lang fragen, warum ein Fußballer körperliche Gewalt gegen Postwertzeichen anwenden sollte …
Ich will gar nicht groß darüber schreiben, um welche Band es geht. Nachher würde man Coffee And TV wegen eher gelegentlicher Erwähnung noch einen Hype nachsagen. Es ist aber auch nur Zufall, daß es ausgerechnet um besagte Jungspunde ging. Halt also endlich das Maul, Ding, und komm zur Sache!
Mir wurde jedenfalls Anfang der Woche von einer netten Medienpartnerin ein heißerwartetes (nicht heiß erwartet, ich erwarte Tonträger eher in Raumtemperatur) Album angekündigt. Ich durfte also am nächsten Tag voller Erwartung in die Leere meines Briefkastens greifen. Und dieses freudige Erlebnis am Tag drauf noch einmal wiederholt, weil’s ja so schön war. Tag drei brachte dann gleich zwei Erkenntnisse: a) das erwartete Album, über welches von noch berufenerem Mund hier demnächst zu lesen sein wird, und b) eine Ahnung, warum ich gleich zwei Mal ins Leere greifen durfte.
Auf dem von der Medienpartnerin handschriftlich festgehaltenen Adresse auf dem Umschlag klebte so ein lustiger Computerausdruck. “Adressangabe unvollständig oder unzutreffend”, stand da und “Ermittelte Anschrift”. Die Post hatte dabei durchaus profund recherchiert und meine Adresse herausgefunden. Daumen hoch, dafür. Mein vorlauter Investigationstrieb sorgte dann recht schnell dafür, daß der hübsche Adressaufkleber entfernt war. Und überraschenderweise stand dort, wo eben noch der Aufkleber prangte, in hübsch lesbarer Damenhandschrift – na, was wohl? – meine Adresse.
Spontan verwarf ich die beiden Optionen “unvollständig” und “unzutreffend” und dachte lieber an ein Erlebnis aus derart grauer Vorzeit, daß es in einem ganz anderem Medium dokumentiert wurde. Ja, ja, die Post – wie wäre es damit, passenderweise einfach mal z.B. aus Obst hergestellte Getränke zu verticken statt überteuerter Transportdienstleistungen?
Nachdem die lustigen Dilettanten von DHL auch nach einer Woche noch nicht reagiert hatten und ich wenig Lust hatte, mein Buch erstmal wieder zurückgehen zu lassen, hab ich mich dann heute doch mal dazu durchgerungen, es in der Postagentur abzuholen.
Angestachelt durch tagelanges Tour-de-France-Gucken schwang ich mich auf meinen Drahtesel und machte mich auf den 2,4 Kilometer langen Weg. Anders als sonst üblich fing es nicht an zu regnen, als ich aus der Haustür trat – das tat es nämlich schon länger. Nach 200 Metern und noch bevor ich mich den ersten Hang runtergestürzt hatte (ja: Bochum ist hier wirklich hügelig, mindestens Kategorie 3 oder so), stellte ich fest, dass irgendein sehr armer Studentenwohnheimsbewohner meine sechs Jahre alten und nur noch halbwegs funktionierenden Batterieleuchten abgeschraubt haben muss. War ich also zum zweiten Mal in diesem Jahr Opfer eines Diebstahls geworden.
Die Postagentur war gar nicht mehr, wie noch bei meinem letzten Besuch, ein Reisebüro, sondern eine Boutique für recht groteske Mode. Am Tresen (nennt man die Theke den Tisch in Beinahe-Postämtern auch Tresen?) stand ein Philatelist, der sich durch einen Stapel frischer Briefmarkenheftchen wühlte und zu seiner großen Freude wertvolle Fehldrucke gleich im Dutzend fand. Nicht ganz so schnell fand der Beinahe-Postbeamte mein Päckchen – es lag ja schon seit einer Woche im Lager, vermutlich ganz unten in einem riesigen Stapel. Er fand es, es war doppelt so groß wie das eigentliche Buch, aber ich hatte es immerhin.
Der Rückweg führte mich wieder einen Berg hinab und einen hinauf und ich hatte noch ein bisschen mehr Respekt vor den Radfahrern, die gerade die Pyrenäen durchfahren. Ich hätte ja schon für die Straße hinter meinem Haus fast Jan Ullrichs Hausapotheke gebraucht.
Die ausführliche Besprechung zu “Chuck Klosterman IV” (das Amazon nach meiner Bestellung noch mal um zwei Euro heruntergesetzt hat, wie ich gerade feststelle) gibt es dann, wenn ich das Buch durchhabe. Die Uhr läuft ab jetzt.