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Leben Gesellschaft

Suggestivfrage, Euer Ehren!

Eine Pressemitteilung der besonderen Art verdanken wir der Polizeidirektion Leipzig:

Ob das eine Frau war?

Ort: Zentrum, Brühl
Zeit: 20.05.2011, 20:00 Uhr – 21.05.2011, 09:15 Uhr

Viel zu tun hatte ein Einbrecher, um alle Sicherungseinrichtungen zu beseitigen. Zunächst hebelte er die Haustür, dann die Zwischentür und schließlich eine Gittertür auf, um in ein Schuhgeschäft zu gelangen. Hier wurde der Kassenbereich durchwühlt und aus der Registrierkasse Bargeld im dreistelligen Bereich entwendet. Schuhe waren dabei offenbar völlig uninteressant, was die Frage nach dem Geschlecht des Einbrechers nahe legt. Die Ermittlungen werden es hoffentlich bald zeigen. Die Kripo hat die Ermittlungen aufgenommen. (FiA)

Verfasserin ist interessanterweise eine Frau. Aber immerhin müsste die inzwischen ehemalige “Bild”-Gerichtsreportagepraktikantin Alice Schwarzer ja wieder genügend Zeit haben, sich darüber ausgiebig aufzuregen.

[via Day]

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Leben

Hinter all diesen Türen

Bei Recherchen stößt man manchmal auf Dinge, die nichts mit dem aktuellen Thema zu tun haben, aber so außergewöhnlich, kurios oder toll sind, dass man sie trotzdem gern mit der Welt teilen möchte.

So wie diese Pressemitteilung der Bremer Polizei:

Unglaublich aber wahr

(9. März 2010) Die Geschichte fing damit an, dass gestern Mittag eine ältere Dame im Buntentorsteinweg ihren Abfall aus dem Haus bringen wollte. Nach Erledigung musste sie aber feststellen, dass ihre Haustür zugefallen und sie keinen Haustürschlüssel mitgenommen hatte. Die Frau wandte sich daraufhin hilfesuchend an ihren Nachbarn, der seine Schutzmannskollegen informierte. Die sehr aufgeregte 88 Jahre alte Frau konnte den uniformierten Helfern lediglich mitteilen, dass ihre Tochter im Besitz eines Ersatzschlüssels sei. Deren Adresse und Telefonnummer fielen ihr in der Aufregung nicht mehr ein. Nachdem diese Lücke schnell durch die Polizeibeamten geschlossen werden konnte, wurde ein Einsatzfahrzeug zur Adresse der Tochter entsandt. Die 55-Jährige wurde auch angetroffen und um Hilfe gebeten. Nach einigen Minuten mussten die Beamten allerdings über Funk ihren Kollegen bei der Mutter mitteilen, dass es mit der Hilfe noch dauern wird, weil der Tochter bei dem Gespräch mit ihnen die Haustür zugefallen sei. Einen Ersatzschlüssel hätte nur die Mutter! Daraufhin orderten die Beamten einen Schlüsseldienst zum Buntentorsteinweg. Als die Tochter sich jetzt auf den Weg machen wollte, um ihren Ersatzschlüssel bei der Mutter abzuholen, fiel ihr siedendheiß ein, dass sie das Mittagessen auf dem Herd hatte. Logische Konsequenz – ihre Haustür wurde jetzt von der eilig informierten Feuerwehr geöffnet. Außer einem leichten Brandgeruch wurden keine weiteren Schäden festgestellt. Nachdem der Schlüsseldienst die Haustür der Mutter geöffnet hatte, wurde auch hier leichter Brandgeruch wahrgenommen. Auch die Mutter hatte ihr Essen auf dem Herd gehabt. Die Mittagessen bei Mutter und Tochter waren nach Angaben der Einsatzkräfte gut durchgekocht.

Eine Verfilmung mit Inge Meysel in der Hauptrolle ist angeblich bereits in Planung.

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Yeaahh! Alle so: “und”

Im BILDblog hatten wir vor einiger Zeit einen Eintrag über den überraschenden Einsatz von Konjunktionen.

Daran musste ich heute denken, als ich bei “RP Online” einen Artikel aus der “Rheinischen Post” las, in dem ein armer Mensch mehrere Polizeimeldungen hatte zusammenfassen müssen und sich dabei ein wenig verheddert hatte.

Der Vorspann ging wie folgt (und ich möchte Sie bitten, auf die überraschende Konjunktion im letzten Drittel zu achten):

In der Nacht zu Samstag gegen 2.40 Uhr wurden Polizeibeamte wegen einer Körperverletzung zu einer Gaststätte an der Friedrichstraße gerufen. Ein unter Alkoholeinwirkung stehender 18-jähriger Duisburger störte die Anzeigenaufnahme so erheblich, dass mehrfach ein Platzverweis ausgesprochen wurde. Und in Dinslaken ist ein 74-Jähriger Opfer eines Trickbetrügers geworden.

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Digital Leben

Von hinten durch die Brust ins Auge

In diesen ganzen modernen Krimi- und Arztserien gibt es ja immer aufwendige Animationen, um zu zeigen, was bei einem Mord oder im Körper eines Patienten geschehen ist.

So etwas hätte ich mir bei dieser Meldung aus Duisburg auch gewünscht:

Das Projektil traf den Mann zunächst in den Kopf und durchschlug anschließend die Hand des 49-jährigen Beamten, ehe es die 32-jährige Polizistin in den Oberkörper traf.

Das deckt sich mit der Pressemitteilung der Polizei.

Bei der DPA hat die Vorstellungskraft offenbar auch nicht mehr ausgereicht, weswegen die Vorgänge dort etwas vager geschildert werden:

Der Schuss löste sich nach Polizeiangaben, als der Mann vor den Beamten flüchtete und zu Boden stürzte. Das Projektil habe ihn am Kopf getroffen. Anschließend seien zwei Polizisten schwer verletzt worden.

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Politik Gesellschaft

Mein Protest-Problem

Um das Verhältnis der Ruhr-Uni Bochum zu Studentenprotesten zu verstehen, muss man wissen, dass es in Bochum eher die Ausnahme ist, wenn gerade mal nicht irgendwo wofür oder wogegen demonstriert wird. Als vor drei Jahren das damals leerstehende Querforum West (erst Übergangsmensa für die Zeit des Mensaumbaus, heute Tutorienzentrum und für diese Funktion denkbar ungeeignet) besetzt wurde, belauerten sich Uni-Verwaltung und Besetzer etwa acht Monate lang, bis das Gebäude dann doch von der Polizei geräumt wurde.

Studentenvertretung und Protestkomitee – ein Wort, bei dem ich im Geiste immer “Kölner Karneval” ergänzen will – schaffen es grundsätzlich nicht, der riesigen Mehrheit der Studentenschaft ihre Anliegen zu erklären. Auf den spärlich besuchten Vollversammlungen springen die Redner oft binnen weniger Sätze von der Kritik am Bildungssystem zur Abschaffung des Kapitalismus und dem Krieg in Afghanistan. Während an anderen Unis die Professoren und Dozenten ihre Studenten zur Teilnahme am Bildungsstreik ermutigen, haben in Bochum selbst die engagiertesten Professoren keine Lust mehr, sich mit Protesten auseinanderzusetzen, und fragen, ob es nicht geeignetere Methoden gäbe, die durchaus berechtigte Kritik an der desaströsen Bildungspolitik der schwarz-gelben Landesregierung zu artikulieren.

Heute Morgen dann wurde die Uni-Brücke belagert. Die Protestler flehten die heranströmenden Studenten fast schon an, sich doch ihre Argumente und Ziele anzuhören. Aber irgendwie war die Idee, die Leute über und unter Absperrungen klettern zu lassen, nicht geeignet, die gewünscht Botschaft zu vermitteln. Die Studenten waren genervt und machten Witze. Vor dem Zelt des Proteskomitees saßen Menschen, für deren Besetzung als Studentenvertreter in einem Fernsehfilm man den zuständigen Castingdirektor wegen Klischeelastigkeit entlassen hätte. Und als schließlich etwa achtzig Protestler die Hörsäle stürmten und “Solidarisieren, Mitmarschieren!” skandierten, wusste ich plötzlich wieder ganz genau, warum mir das alles nicht gefällt: Ich mag einfach kein Gebrüll und kein Marschieren.

Vor drei Jahren war ich für CT das radio bei einer Demonstration gegen Studiengebühren in Düsseldorf und dieser Tag hat mein Verhältnis zu Protestaktionen nachhaltig gestört: Während am Straßenrand Passanten standen und sich angesichts der doch recht allgemein gehaltenen Transparente und Sprechchöre fragten, worum es eigentlich ginge, kam ein Teil der Menge auf die Idee, zur Melodie von “Einer geht noch, einer geht noch rein” immer wieder “Ohne Bildung wer’n wir Polizist” zu grölen, was ich auch rückblickend noch als empörenswerten Ausbruch von Arroganz und Menschenverachtung empfinde.

Kaum waren die Absperrungen entlang der Bannmeile um den Landtag erreicht, hielt es ein Teil der Demonstranten offenbar für geboten, diese als erstes zu Überspringen, was die Polizei zum Heranstürmen veranlasste. Ich floh derweil mit einem Redaktionsnachweis in der einen und meinem Jugendpresseausweis in der anderen Hand hinter die Polizeilinien und telefonierte aufgeregt in die Livesendung, während ein paar Meter weiter Chinaböller in Richtung von Kindern und alten Frauen flogen, die sich bizarrerweise im Park um den Landtag aufhielten.

Demonstranten schrien andere Demonstranten an, sie sollten doch mit dem Scheiß aufhören. Polizisten bellten in ihre Funkgeräte, was für Idioten denn wohl veranlasst hätten, die Menge auch noch mit Videokameras zu filmen — auf solche Provokationen könne man ja wohl verzichten. Eine andere Hundertschaft machte gerade Mittagspause in der Sonne. Ich dachte – und denke es gerade angesichts der Meldungen aus Teheran wieder -, dass es vielleicht im Großen und Ganzen doch nicht so übel ist, in Deutschland zu leben.

Wenn heutige Studenten jetzt von ’68 träumen, legen sie damit immerhin die für erfolgreiche Revolutionen benötigte Weltfremde an den Tag. Zwar neigt Geschichte dazu, in Abständen von etwa vierzig Jahren vergleichbare gesellschaftliche Spannungen zu durchlaufen, aber die Welt ist 2009 doch in fast jeder Hinsicht eine andere als 1968. Oder: Zumindest Deutschland ist ein anderes.

Auch wenn ich persönlich mit meinem Studium ziemlich zufrieden bin, weiß ich von genug Leuten, bei denen die Bachelor/Master-Studiengänge zu Desastern geführt haben. Ich glaube in der Tat, dass bildungspolitisch einiges, wenn nicht alles, im Argen liegt. Aber mich überzeugen diese Formen des Protests (zumindest die, dich ich bisher mitbekommen habe) nicht — ich halte sie viel eher für kontraproduktiv. Dass Demonstrationszüge ohne den nötigen Rückhalt in der Bevölkerung allenfalls Mitleid erzeugen, kann man jeden Montagabend in der Bochumer Innenstadt besichtigen.

Fragen Sie mich nicht, wie ich das machen würde. Ich leiste mir nach wie vor die Naivität, an die Macht des Dialogs zu glauben und an den Sieg der Vernunft. Auch hunderte Landes- und Bundesregierungen werden mich nicht davon abbringen können — und mit dieser Weltfremde bin ich doch irgendwie wieder ganz bei den Protestlern.

Musik!

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Leben Unterwegs

Behind the wheel

Wenn ich Frühdienst habe, klingelt bei mir der Weckdas Mobiltelefon ((IMHO die sinnvollste Verwendung eines “Handy” überhaupt)) um Viertel nach fünf. Deswegen war ich letzten Samstag natürlich über das Sturmklingeln nachts um halb vier sehr erfreut. Wenn einem die Nachbarin etwas Schickes gebacken hat oder der Nachbar wieder mit netten Anweisungen bezüglich der Monatsendreinigung der Mülltonnen ankommen möchte, wäre das zum Beispiel eine tolle Zeit, liegen zu bleiben. Ignorieren ist aber nicht immer die beste Taktik, denn sie half in diesem Fall nicht weiter. Es klingelte weiter.

Als ich schlaftrunken den Knopf der Wechselsprechanlage drückte, gab es keine Antwort. ((Meistens hört man da sowieso nur ein lautes Surren.)) Also öffnete ich das Küchenfenster, um zu gucken, ob ich den Vollpatienten sehe, der da erweitertes Klingelmännchen spielte. Dieser Patient trug grün und fuchtelte bedeutsam mit einer Taschenlampe herum. Wenn ich der Herr Ding sei, möge ich mich bitte nicht erschrecken, solle aber trotzdem Autoschlüssel und Fahrzeugschein mitbringen. ((Den Hinweis, mir erst einmal etwas wärmendes anzuziehen, gab ich mir selbst.)) ((Toll übrigens, dass die Beamten gleich den Richtigen wachgeklingelt haben, anstatt erst die Nachbarn durchzuprobieren.))

Wegen der Minusgrade trotzdem dezent fröstelnd sah ich eine Gruppe ebenfalls Uniformierter, die meine Garage umringten und mich baten, meinen kleinen Roten aus der Garage zu holen. Als ich die Garage öffnete, staunte ich nicht schlecht, weil hinter meinem Auto noch ein zweites Auto zu sehen war. Teilweise. Denn nur die Front steckte in der Rückwand der Garage. Dass eine durch die Garage führende Regenrinne zerbrochen war, die u.a. auf einige Kartons mit Büchern, CDs und DVDs tropfte, meine in der Garage gelagerten Sommerreifen ein Tänzchen neben mein Auto gemacht hatten und der dort noch zwischengelagerte, funktionstüchtige Commodore 1702 (Monitor meines in den Achtzigern heiß geliebten Brotkastens) eine unschönen Knacks bekommen hatte, stellte ich fest, nachdem der zerbeulte Opel aus der Rückwand gezogen war. Die Vermutung, dass mein Auto von meinem Fahrrad geknutscht worden war, das vorher friedlich vor den Kartons gestanden hatte ((Mein Auto ist ziemlich kurz, da war eigentlich genug Platz.)), und diverses Mauerwerk über mein Auto gebröckelt war, konnte ich erst bei Tageslicht verifizieren.

Was genau war passiert? Ein junger Bursche, der keinen Führerschein hatte, muss gewartet haben, bis Mama schlief. Dann nahm er sich den Autoschlüssel, ging “Feiern” (was bei der viel beschworenen Jugend von heute ((Ja, ich bin mittlerweile ein “Alter Sack” und geh auf die Vierzig zu. Jedenfalls ist es länger her, dass ich eine Zwei vorne stehen hatte, als es noch dauert, bis die Vier vorne steht.)) heutzutage anscheinend grundsätzlich mit “Saufen” Samstag zu übersetzen ist) und fuhr mit ein paar Leuten im Auto in Richtung heimatlicher Wohnung. Ein paar Mal abbiegen müsste ja möglich sein. Dumm nur, dass aus der geplanten 90°-Linkskurve in die Straße, in der ich wohne, nur eine 45°-Linkskurve wurde.

Zum Glück für die Insassen verfehlte das Auto die Verkehrsampel um ein paar Zenti- oder auch Millimeter ((Das umgenietete Straßenschild weiter links war die bessere Wahl, weil weniger stabil.)). Auch die Büsche am Straßenrand und das Stückchen Wiese hinter der Garagenreihe hielten das Auto nicht auf. Also gibt es jetzt, ein paar Tage nach dem Crash, immer noch staunende Passanten und gaffende Autofahrer, die für Mini-Staus und gelegentliche Zusammenrottungen an der Ecke Kolberger Str./Feldstr. in Leverkusen-Quettingen sorgen ((Ansatzweise elliptische Löcher in Garagenrückwänden sind ja sooo spannend.)).

Dass mir die inzwischen herbeigerufene Mutter des Bruchpilotens vorheulte, dass sie das Auto doch brauche, und von mir wissen wollte, wie sie denn jetzt zur Arbeit im übernächsten Ortsteil käme, war mir dann ziemlich egal ((Dafür gibt es schließlich Versicherungen.)). Und nachdem ich später sah, wie knapp der Wagen an der Ampel vorbeigedonnert ist, wurde mir das noch egaler. Ihr verzogener Sohn soll bloß froh sein, dass er jetzt nur ein Strafverfahren wegen Fahren ohne Fahrerlaubnis und Trunkenheit im Verkehr am Hals und keinen Mitfahrer auf dem Gewissen hat.

Ich sehe übrigens gnädig davon ab, das öffentliche Auspeitschen von Leuten zu fordern, die mit Blutalkohol am Steuer Verkehrsunfälle verursachen. Ein lebenslanges Fahrverbot würde ja schon ausreichen. Ach ja: Erwähnte ich, dass ich bereits vorher für 0,0 Promille für sämtliche Verkehrsteilnehmer war?

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Rundfunk Gesellschaft Radio

Der Unratskübel auf dem anti-anglistischen Schutzwall

Das Schöne an getroffenen Hunden ist ja, dass sie durch ihr Bellen häufig schlafende Hunde wecken. Äh …

Die Wochenzeitung “Neue Solidarität”, Zentralorgan des “Schiller-Instituts” und der “Bürgerrechtsbewegung Solidarität” (mit der wir uns schon das ein oder andere Mal beschäftigt haben), ließ sich in ihrer Ausgabe vom 30. Januar in einem “Zwischenruf” über den WDR und zwei seiner Mitarbeiterinnen aus:

Dort [in Köln, Anm. d. Bloggers] befindet sich nämlich der WDR (Westdeutscher Rundfunk), der sich am 24. Januar in seinem Radioprogramm WDR5 bemüßigt fühlte, zwanzig Minuten lang einen Unratskübel über die BüSo, das Schiller-Institut und vor allem natürlich Lyndon LaRouche auszuschütten.

Ein Unratskübel, den man zwanzig Minuten über zwei Organisationen und einen alten Mann ausschütten kann, muss natürlich gewaltig groß sein. Und was war drin?

Der betreffende Beitrag, der am 24. Januar in der WDR-5-Sendung “Neugier genügt” lief und den man hier nachhören kann, beschäftigte sich mit dem bis heute ungelösten Todesfall Jeremiah Duggan. Der 22-jährige Engländer war in der Nacht zum 27. März 2003 in Wiesbaden ums Leben gekommen, nachdem er kurz zuvor zwei telefonische Hilferufe an seine Mutter in London abgesetzt hatte.

Jeremiah hatte in der Nähe von Wiesbaden eine Tagung des “Schiller-Instituts” besucht und soll sich dann mitten in der Nacht auf einer Schnellstraße vor ein Auto geworfen haben. Die deutschen Behörden haben den Fall trotz einiger Ungereimtheiten schnell als Selbstmord abgehakt und ließen sich weder durch einen Aufruf des renommierten Simon-Wiesenthal-Zentrums (Jeremiah war Jude) noch durch einen Appell von 96 britischen Abgeordneten zu einer Wiederaufnahme bewegen. Genaueres zum Fall Jeremiah Duggan entnehmen Sie bitte der “taz”, der “Berliner Zeitung”, “Telepolis” oder dem “Daily Telegraph”, diesem Beitrag des Hessischen Rundfunks (von dem ich leider nicht weiß, wann und in welcher Sendung er gelaufen ist) und der Website “Justice For Jeremiah”.

Und damit zurück zum WDR-Bashing der “Neuen Solidarität”:

Allen Erklärungen und Entscheidungen der deutschen Staatsanwaltschaft, des Frankfurter Oberlandesgerichts und den mittlerweile freigegebenen Akten der Londoner Metropolitan Police zuwider brachte die Sendung, in reißerischer Manier und gegen besseres Wissen, die BüSo und das Schiller-Institut wieder in Zusammenhang mit diesem Selbstmord.

Wer den Beitrag gehört hat, wird wenig finden, was als “reißerisch” durchgehen könnte. Auch scheint mir das Hauptinteresse der WDR-Autorin auf dem Verhalten der deutschen Behörden zu liegen:

Der zuständige Beamte der Wiesbadener Polizei erklärt den Duggans,
man behandle den Fall als Selbstmord. Ein Fremdverschulden sei auszuschließen. Eine Version, die Hartmut Ferse, Pressesprecher der Wiesbadener Staatsanwaltschaft auch mir gegenüber telefonisch bestätigt. Eine von der am Unfallort anwesenden Notärztin empfohlene Obduktion unterblieb, wie aus den Unterlagen hervorgeht.

Der deutsche Polizeibeamte wusste offenbar, dass Jeremiah im Alter von sieben Jahren nach der Trennung seiner Eltern bei einer Familienberatung in der Londoner
Tavistock-Klinik war, und schloss daraus, dass er auch mit 22 noch “Psychiatrie-
Patient” sei.

Im Beitrag heißt es weiter:

O-Ton Erica Duggan: “And then the police officer said: Lyndon LaRouche… And then we asked more questions and he said: No comment.”
Autorin: Lyndon LaRouche?
Sprecher: Lyndon LaRouche, amerikanischer Polit-Aktivist, der politische und kulturelle Organisationen in den USA und in Europa, auch in Deutschland, aufgebaut
hat? Lyndon LaRouche, heute 85 Jahre alt, in der Vergangenheit mehrmals selbsternannter Kandidat für das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten? Lyndon LaRouche, der von amerikanischen und deutschen Journalisten und Sektenexperten als “Extremist” und “gefährlicher Verschwörungstheoretiker” bezeichnet wird?
Autorin: Die Eltern Duggan forschen nach und kommen zu dem Schluß, dass ihr Sohn in die Fänge einer Organisation geraten sein musste, die etwa der “Spiegel” als eine der umstrittensten “Weltverschwörungssekten” bezeichnet: in die von Lyndon LaRouche. Klar wird ihnen, dass der Schlüssel zu all den Ereignissen dem Anschein nach bei den Organisatoren des von Jerry besuchten Seminars liegen musste.

Angeblich habe sogar ein Polizeibeamter gesagt:

Wir wollen keine Ermittlungen gegen die LaRouche-Organisation einleiten …

Interessanterweise wirft “BüSo” der Autorin des WDR-Beitrags eine Menge, nicht aber Einseitigkeit vor. Das wäre ja auch etwas lächerlich, sagt sie doch selbst:

Alle Versuche meinerseits, Stellungnahmen von LaRouche-Organisationen zu bekommen, verlaufen im Sande. Angegebene Telefonnummern existieren nicht oder nicht mehr. Bei einem kurzen telefonischen Kontakt mit der Presseagentur der Organisation in Wiesbaden, wird mir erklärt, mit dem Fall Duggan habe man „nichts zu tun.“

Wer sich dennoch für den Standpunkt von “BüSo”, “Schiller-Institut” und/oder LaRouche interessiert, bekommt auf deren Website ein paar Informationen und einen Aufsatz von Lyndon LaRouche aus dem November 2006, in dem dieser interessante Schlüsse zieht:

Londoner Quellen, die eng mit US-Vizepräsident Dick Cheney und dessen Ehefrau Lynne Cheney verbunden sind, haben erneut eine Pressekampagne in Gang gesetzt, um eine wiederholt diskreditierte Lügengeschichte hinsichtlich der Ursachen und Umstände des Selbstmords eines emotional gestörten jungen Briten, Jeremy Duggan, wieder aufzuwärmen, der sich, wie der offizielle forensische Bericht zweifelsfrei ergab, an einer Schnellstraße bei Wiesbaden mehrfach gegen vorbeifahrende Fahrzeuge geworfen hat.

Der Grund für die ursprüngliche und nun wiederholte Verbreitung dieses Presseschwindels war und ist der persönliche Haß Cheneys und seiner Ehefrau gegen eine Person – mich – , die sie weiterhin als beunruhigenden politischen Gegner betrachten, der mit einer führenden, hochrangigen Fraktion in der Demokratischen Partei der USA verbunden ist.

Die Vorstellung, der US-Vizepräsident habe wenige Tage nach der verlorenen midterm election nichts besseres zu tun, als einem als Witzfigur geltenden Greis schlechte Schlagzeilen anzuhängen, ist irgendwie rührend. In Wahrheit dürfte die Geschichte im Herbst 2006 noch einmal durch die Presse gegangen sein, weil Erica Duggan zu dieser Zeit vor dem Bundesverfassungsgericht Beschwerde eingereicht, um eine Wiederaufnahme der Untersuchungen zu erzwingen. Die Entscheidung dazu steht bis heute aus.

Doch zurück zur “Neuen Solidarität”:

Warum, so möchte man erfahren, da es doch keinerlei neue Erkenntnisse gibt? Die Antwort ist simpel, aber fundamental, und sie liegt in der Geschichte des WDR. Dieser erhielt bekanntermaßen seine Lizenz durch die britische Besatzungsmacht, woran er sich immer, wenn es darauf ankommt, treulich erinnert hat.

Mit dem WDR hat sich die LaRouche-Bewegung noch nie gut verstanden, wie man z.B. in “Deckname Schiller”, einem Buch von Helmut Lorscheid und Leo A. Müller aus dem Jahr 1986 nachlesen kann. Damals warf man dem Sender zwar noch “Goebbels-Methoden” vor, aber die Zeiten ändern sich und so kann sich der Westdeutsche Rundfunk natürlich auch in einen heimlichen Feindfunk verwandelt haben. Dazu muss man wissen, dass Lyndon LaRouche und seine Anhänger bei jeder sich bietenden (also viel mehr: bei jeder) Gelegenheit eine britische Verschwörung vermuten: Der Bombenanschlag in Oklahoma City 1995, die versuchte Amtsenthebung von Bill Clinton, selbst Kommentare in kanadischen Boulevardzeitungen sollen auf das Konto “der Briten” gehen – kein Wunder, dass LaRouche “die amerikanische Republik vor der Zerstörung durch ihren Erzfeind, das britische Empire” bewahren will.

Statt also Propaganda für die bösen, bösen Briten zu betreiben, so der weitere Tenor in der “Neuen Solidarität”, hätte der WDR mal lieber über die wirklich wichtigen Themen sprechen sollen. Natürlich mit jemandem, der sich damit auskennt:

Man frage sich doch einmal ganz unvoreingenommen: Wäre es im gegenwärtigen finanziellen Zusammenbruchsprozeß, der spätestens seit Montag, dem 21. Januar, jedem deutlich geworden ist, nicht „normaler“ gewesen, wenn der WDR Helga Zepp-LaRouche angerufen und sie zu ihren Lösungsvorschlägen für die Krise („Neues Bretton Woods“, Schutzwall für das Gemeinwohl) und zu den Initiativen ihres Mannes in Amerika befragt und darüber eine Sendung gemacht hätte? Das sind die Themen, die gegenwärtig die Menschen brennend interessieren, vor allem, weil die politische Führung offenbar bisher komplett versagt! Als öffentlich-rechtlicher Rundfunk wäre das die Aufgabe des WDR, statt die Gelder der Bürger dazu zu vergeuden, die einzige gegenwärtig in Deutschland sichtbare Persönlichkeit, die kompetente Initiativen zum Schutz des Gemeinwohls präsentiert, anzugreifen. Es sei denn, man fühlt sich anderem verpflichtet… und da liegt wohl „der Hase im Pfeffer“, wie man so schön sagt.

Einmal in Rage geschrieben macht die stellvertretende Bundesvorsitzende der “BüSo”, die diesen “Zwischenruf” verfasst hat, noch einen etwas wirren Schlenker zu dem Verlag, in dem die Autorin dieser “Sendung” (da steht wirklich Sendung in Anführungsstrichen) ihre Bücher veröffentlicht, und greift dann zum Schlimmsten: Namenswitzen.

Die verantwortliche Redakteurin heißt übrigens Frau Dreckmann – kein Karnevalsscherz.

Ebenfalls kein Scherz: Die ausgiebig zitierte “Neue Solidarität” wird bei “Google News” als Nachrichtenquelle geführt. Zwei Anfragen meinerseits (eine im Januar, eine letzte Woche), ob man bei Google eigentlich wisse, um was für eine Publikation es sich bei der “Neuen Solidarität” handele, sind bis heute unbeantwortet geblieben.

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Gesellschaft

Habemus Großeinsatz

Was bin ich froh, dass ich so selten in Arztwartezimmern sitzen und Smalltalk führen muss. Sonst könnte es vielleicht passieren, dass ich meinen Missfallen zu diesem oder jenem Thema äußere und mir kurz darauf ein SEK die Bude einrennt.

Was? Nein, ich albere nicht schon wieder rum. Ich beziehe mich auf den Fall von Siegfried Lindner aus Oberbayern. Der hatte vor dem Papstbesuch im vergangenen Jahr im Wartezimmer einer Arztpraxis zu einem anderen Patienten gesagt, dass die 40 Millionen Euro für den Besuch besser hätten verwendet werden können. Und als dann ein paar Tage später Farbbeutel auf das Geburtshaus des katholischen Oberhirten geworfen wurden, dachte sich die Staatsanwaltschaft offenbar “Das ist unser Mann”, und schickte Familie Lindner ein Großaufgebot vorbei.

Die ganze ebenso absurde wie beunruhigende Geschichte lief offenbar am Montag bei “Fakt” in der ARD und man kann sie hier nachlesen.

[via Der Morgen]

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Leben

Eisen- und Haushaltswaren

Ich hoffe doch, ich trete niemandem zu nahe, wenn ich schreibe, dass die Lektüre von Pressemitteilungen der Polizei Bremen bisher nicht zu meinen Hobbies gehörte, weil ich mir einfach nicht vorstellen konnte, dass die Ereignisse in der Hansestadt für mich als Bochumer (und wir haben immerhin Toto & Harry) unterhaltsam sein könnten.

Ich habe mich geirrt:

POL-HB: Nr: 0447 – Polizei sprengte alle Ketten

Bremen (ots) – –
Ort: Bremen, Fliederstraße
Zeit: 26. Juli 2007, 10.50 Uhr

Die ” fesselnden Momente des Lebens” erlebte gestern Morgen eine 23-jährige Bremerin, und das gleich über mehrere Stunden. Die junge Frau bat die Polizei über Notruf um Hilfe, da sie derzeit ans Bett gefesselt sei. Als die Beamten bei der vermeintlich hilflosen Frau eintrafen, war die Erleichterung bei der 23-Jährigen groß. Nach einer Party am Vorabend, die sich durch den großzügigen Ausschank alkoholischer Getränke offenbar recht kurzweilig gestaltete, übermannte die letzten Gäste dann auch noch der Übermut. Bevor sie die Örtlichkeit verließen, ketteten sie die Gastgeberin einvernehmlich mit einem Paar Handschellen an den Bettpfosten und verschwanden feixend in den grauen Morgen. Nach ein paar Stunden Schlaf wollte sich die junge Frau befreien, stellte dann aber konsterniert fest, dass nicht das mit rotem Plüsch versehene Paar Handfesseln benutzt wurde, welches sich per Hand öffnen lässt. Vielmehr kam eine Neuerwerbung des dort offensichtlich zu den Haushaltswaren zählenden Armschmucks zum Einsatz. Für dieses Paar fehlte jedoch der Schlüssel, so dass die handwerklichen Fähigkeiten der Polizeibeamten gefordert waren. Mit einem Bolzenschneider wurde die Kette durchtrennt, und mit einem Draht konnten die Fesseln aufgeschlossen werden. Ohne den weiteren Verlauf der recht unterhaltsamen Party genauer zu hinterfragen, verließen die Beamten diskret den Ort des Geschehens.

[via “Spiegel Online”]

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Politik Gesellschaft

Muse auf dem Straßenstrich

Heute waren also die Gutachter der Eliteunibeschaukommission an unserer … äh: schönen Ruhr-Uni unterwegs. Das erklärt so einiges:

  • Seit Wochen werden Betondecken und -wände neu gestrichen. Das Wegweisersystem ist auf den neuesten Stand gebracht und das Pflaster gereinigt worden. Sogar die Waschbetonplatten auf dem Campus wurden angehoben und neu verlegt, wodurch sie ihr charakteristisches Klappern verloren haben. Und wenn irgendwelche krass coolen Styler die frisch gestrichenen Flächen mit Eddings getaggt haben, wurden die eben noch mal gestrichen.
  • Die sog. Studentenvertreter, denen ich seit jeher skeptisch gegenüberstehe und von denen ich mich fast genauso schlecht vertreten fühle wie von unseren Politikern, verteilen Flyer, plakatieren auf den frisch gereinigten Flächen und laufen mit Transparenten umher, die sinngemäß aussagen: “Eliten sind doof”.
  • Heute stand die Polizei (nicht Toto & Harry, das muss man in Bochum ja immer dazusagen) auf dem Campus und las “Bild”-Zeitung.

Mir fehlt das Hintergrundwissen zum Thema “Vor- und Nachteile einer Eliteuniversität” (und weder meine Studentenvertreter noch meine Univerwaltung waren in der Lage, mir diese darzulegen) und ich finde es natürlich auch lustig, wenn die mitunter reichlich heruntergekommene Ruhr-Uni plötzlich so rausgeputzt wird.

Ich finde es aber auch schön, dass sie so rausgeputzt wird, denn ich gehe lieber über einen rausgeputzten, als über einen verwahrlosten Campus. Deshalb finde ich es auch nicht schön der Uni, den Studenten und den Handwerkern gegenüber, wenn frisch rausgeputzte Flächen wieder mit irgendwelchen aussagelosen Schmierereien bekrakelt werden. Auch aussagevolle Schmierereien sollten aus Gründen der Ästhetik und der Höflichkeit woanders untergebracht werden.

Ich kann zum Thema Uni aber noch hinzufügen, dass es in der “Süddeutschen Zeitung” [via Der Morgen] und in der “Netzeitung” zwei recht aufschlussreiche Artikel über die Folgen der Bachelor-/Masterstudiengänge für das Bildungswesen und die Gesundheit der Studenten zu lesen gibt. Und vermutlich sollte mir das auch etwas zum Thema “Vor- und Nachteile von Eliteuniversitäten” verraten …