In meiner kleinen Stadt passieren ab und zu doch erstaunlich tolle Dinge. Denn meine kleine Stadt besitzt ein kleines Kulturkino und macht die kleine Stadt etwas weniger provinzialisch als mache (also ich) immer denken.
Meine kleine Stadt ist bekannt in der Szene, in der Szene namens Poetryslam. Poetrywhat? Poetryslam, oder zu deutsch: Gedichteschlacht.
Poetryslams sind Dichterwettkämpfe, die es schon seit dem Mittelalter und in moderner Form seit 1984 gibt. Meist finden sie auf kleinen Bühnen in kleinen oder großen Städten statt. Die Slammer tragen ihre eigenen Texte vor und aus dem Publikum wird die Jury gemacht. Zack Bum!
Die Jury kann Punkte von 0 – 10 für den Slammer geben und daraus ergibt sich dann die Punktzahl der jeweiligen Runde. Die Punktzahl entscheidet, wer eine Runde weiter ist. Wer eine Runde weiter ist, ist meistens im Finale, bei dem das gesamte Publikum schließlich durch ohrenbetäubenden Applaus und Jubel den Sieger bestimmt.
Der Sieger verdient nicht nur Ruhm und Dichterehre, nein, er gewinnt auch traditionell eine Flasche Whisky und in Zeiten der Rezession so viel Geld, dass die Heimreise gesichert ist.
Das Prinzip ist einfach, der Weg zum Sieg aber nicht. Das schöne bei einem Slam ist: man wird 3 Stunden lang mit Kopfkino vom feinsten unterhalten. Das schlechte daran: nicht jeder Kopfkinofilm ist auch ein Hit!
Es gibt Slammer, die sich vorzüglich darauf verstehen, ihr Publikum mit ihrem Text an die Hand und auf eine Reise mitzunehmen, ihnen neuen Welten zeigen und sie hinterher am Ausgang wieder unbeschadet, aber glücklich zurückzugeben. Sie können mit Wörter spielen, Sätze auseinander klauben, alle Wortwitze finden und so verpacken, dass man nicht denkt “Kenn ich schon, nächster bitte!”
Nein, manchen Slammern gelingt es ganz oft, Sprachgefühl, Rhythmus und Wortakrobatik so in eine Geschichte zu verpacken, dass man ganz gebannt einem Menschen sieben Minuten lang ins Gesicht glotzt und das einen ganzen Abend lang.
Doch bei einigen Slammern kommt man schon ins Zweifeln, denn Texte über seinen “Lieblingsdönerfritzen” in schwäbischer Mundart kann bei so manchem dann schon eine runzelnde Stirn hervorrufen. Man könnte an dieser Stelle diesen Texte “Lieblingsdönerfritzen” zitieren, worauf ich aber zu Gunsten der Leserschaft besser verzichte.
Aber hier gilt, wie in so vielen Bereichen: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen und die meisten Slammer wachsen an ihren Wettkämpfen. Zumal auch der Poetryslam nur durch ein demokratisches System funktioniert, was jedem die Chance bietet, sich der Jury/dem Publikum zu stellen. Mit oder mit ganz viel Talent.
Sollte in Eurer kleinen oder großen Stadt ein Poetryslam stattfinden, dann kann ich Euch nur empfehlen, dieses Ereignis zu besuchen. Denn es macht wirklich Spaß, einfach mal zu zuzuhören und sich auf einen Kopfkinofilm einzulassen.
Wer nicht gern aus dem Haus geht, kann sich in regelmäßigen Abständen im WDR am Sonntagabend nach “Zimmer frei!” mit Kopfkino, Dichterwettkämpfen und sonstigen Wortspielereien vergnügen.
Wer nicht gern fernsieht, aber im Internet surft, findet auf Youtube die schönsten Poetryslam-Perlen.
Reimemonster 1: Sebastian Krämer
Reimemonster 2: Phibi Reichling (der Gewinner in meiner kleinen Stadt)
In diesem Sinne: Poetische Weihnachten!