Es ist alles vorbereitet:
Schlagwort: persönliches
Sternstunden der TV-Geschichte
Aus aktuellem Anlass fühle ich mich verpflichtet, Ihnen ein Video zu präsentieren, das heute exakt fünf Jahre alt wird.
Für alle, die nicht persönlich angesprochen werden, beantwortet der Clip immerhin die (nie gestellte) Frage, warum Marina Ringel nie Moderatorin einer großen Samstagabendshow geworden ist:
<persönlicher Moment>Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Mathias!</persönlicher Moment>
PS: Ein weiteres Video, an dessen Entstehung ich beteiligt war, gibt’s im Moment im BILDblog.
Scheiß auf Freunde bleiben
Kürzlich fragte ich in die Runde der Dinslakener Schul- und Jugendfreunde, ob und wie sie eigentlich online zu erreichen wären. MySpace, Facebook, LiveJournal, Twitter, last.fm, … – es gäbe da ja zahlreiche Möglichkeiten. Eine der Antworten lautete sinngemäß, derartige Plattformen seien Zeitverschwendung und dienten nur der Ausbreitung des Privatlebens vor den Augen der Weltöffentlichkeit, persönliche Gespräche seien doch viel besser.
Nun kann man natürlich darüber streiten, ob eine solche Aussage nicht eher zu greisen Redakteuren Lesern der „Süddeutschen Zeitung“ passe als zu aufgeschlossenen Mittzwanzigern – noch dazu, wenn diese schon aus beruflichen Gründen am Erhalt und Ausbau von Netzwerken interessiert sein sollten. Ich will aber gar nicht darüber urteilen, jeder Mensch soll bitte genau so leben und kommunizieren, wie er es für richtig hält. Ich will auf etwas völlig anderes hinaus: Die Gesellschaft wird sich über kurz oder lang nicht mehr (nur) in alt und jung, arm und reich, oder nach Wohnorten aufteilen, die Grenze wird entlang von „online“ und „offline“ verlaufen.
Natürlich: Ich verweigere mich ja auch vehement der Nutzung von StudiVZ (seit dem Eintrag sind bei denen noch mal etwa drei Dutzend neue Sündenfälle hinzugekommen). Wer das tut, verschließt sich automatisch einem breiten Teil seiner Altersgenossen, denn wenn jemand von denen online ist, dann bei StudiVZ. Andererseits stellt sich sowieso die Frage, ob man Leute, denen man in der Uni oder gar in der Schule ab und zu „Hallo“ gesagt hat, in unregelmäßigen Abständen „Wie geht’s?“ fragen und ihnen zum Geburtstag gratulieren sollte, wenn einen die entsprechende Website darauf hinweist. Ich habe Schulfreunde, die nicht bei Google zu finden sind, und zu denen ich seit Jahren keinen Kontakt mehr habe, was ich immerhin aufrichtiger finde, als wenn sie Karteileichen in meinem Facebook-Account wären.
Die meisten Leute, die davon sprechen „im Internet“ zu sein, meinen damit ihre E‑Mail-Adresse für die ganze Familie bei T‑Online, bei der sie einmal in der Woche nach elektronischer Post gucken. Das ist völlig in Ordnung und wer seine Eltern oder gar Großeltern einmal so weit gebracht hat, will ihnen nicht auch noch Usenet, IRC, Instant Messenger und VoIP-Dienste erklären. Als meine Großmutter mir einmal in einem Nebensatz mitteilte, dass sie dieses Blog hier lese, hätte ich fast meinen Kaffee gegen den Fernseher über den Tisch geprustet.
Außenstehenden zu erklären, worum es sich beim Barcamp Ruhr oder der re:publica handelte, wird schwieriger, je tiefer man in der Materie drin ist. Zwar konnte ich gerade noch so erklären, was ein Startup ist („ein junges Unternehmen im Internet“), aber die Frage nach Twitter hätte ich nicht beantworten wollen – geschweige denn die Frage, was man denn davon überhaupt habe.
Während die große Mehrheit an Leuten im Internet höchstens Nachrichten „Spiegel Online“ liest, befasst sich ein kleiner Kreis von Leuten mit immer schneller wechselnden Spielzeugen. Aus der Mode gekommene Sachen sind heute nicht mehr „so 2000“, sondern „so März 2008“. Das, was ich mittlerweile doch ganz gerne „Web 2.0“ nenne, ist selbst für viele Leute, die in Webforen und ähnlichen 1.0‑Gebilden aktiv sind, oft genug noch terra incognita.
Ich war selbst lange Zeit skeptisch, was viele dieser Dinge angeht, habe aber mit der Zeit gemerkt, dass es gar nicht wehtut, Social Networks zu nutzen, zu twittern oder zu Treffen (pl0gbar, Barcamp, re:publica) hinzugehen. So habe ich über das Web 2.0 neue Leute kennengelernt und sogar neue Freunde gefunden. Mein Bekanntenkreis gliedert sich zunehmend in On- und Offliner, wobei ich mit ersteren fast täglich in Kontakt stehe, mit letzteren meist nur noch zu Weihnachten.
Rockin‘ The Suburbs
Im Spätherbst 1999 gingen Ben Folds Five, die Band, die ich gerade und bis ans Ende aller Tage zu meiner Lieblingsband ernannt hatte, in Deutschland auf Tour – im Auftrag des „Rolling Stone“ und gemeinsam mit Travis, die ich wenig später zu einer meiner absoluten Lieblingsbands ernannte, und Gay Dad. Da Köln und Münster für sechzehnjährige Dinslakener unendlich weit waren, ging ich auf keines der Konzerte und dachte: „Die kommen schon wieder.“
Ein Jahr später hatten sich Ben Folds Five aufgelöst und Ben Folds kam das nächste Mal im Sommer 2005 nach Deutschland. Möglich geworden war das durch die „Ben Folds Society“, die Unterschriften für eine Rückkehr des Pianorockers nach Deutschland gesammelt hatte. Und natürlich war ich bei beiden Konzerten dabei, auch wenn das bedeutete, sowohl nach Berlin, als auch nach Köln reisen zu müssen. Im vergangenen Jahr war ich immerhin bei seinem Konzert in Köln dabei.
Dieses Jahr muss ich Ben Folds nirgendwohin hinterherfahren müssen, dieses Jahr spielt er einen Steinwurf von mir entfernt: in der Zeche in Bochum.
Alle Tourdaten:
30.06.2008: Hamburg, Grünspan
02.07.2008: Bochum, Zeche
03.07.2008: Mannheim, Alte Feuerwache
05.07.2008: Bonn, Rheinkultur-Festival
Feiern wollen wir diese gute Nachricht mit Folds‘ Version eines meiner Lieblingslieder:
[Direktlink: „Such Great Heights“]
Kurt Beck wird Kanzlerkandidat der SPD
Nennen Sie mich humorlos, aber ich hasse Aprilscherze. Ich werde jeden, der sich heute daran versucht, für mindestens 15 Minuten verachten.
Das liegt unter anderem an dem Trauma, das ich erlitt, als ich vor zehn Jahren feststellte, dass es den von der Filmzeitschrift „Cinema“ angekündigten Director’s Cut von James Camerons „Titanic“ (inkl. Gastauftritt von Arnold Schwarzenegger als Kellner) nie geben wird. Ich stand schon fast an der Kinokasse, als ich den „Witz“ bemerkte.
Aprilscherze funktionieren nach dem Prinzip „Freude plus Fallhöhe“, bzw. „Ärger plus Fallhöhe“: Man erzählt eine Geschichte, bei der sich die Zuhörer auf etwas freuen, das nie kommen wird, oder sich über etwas ärgern, das nie stattgefunden hat. Kinder oder andere logisch denkende Wesen würden das „Lügen“ nennen.
Als Chuck Klosterman heute vor zwei Jahren das ewig verschobene Guns‑n‘-Roses-Album „Chinese Democracy“ rezensierte, war das schon irgendwie witzig, aber nicht halb so gut wie die letzte Woche angekündigte (offensichtlich ernst gemeinte) PR-Aktion von Dr Pepper zum Thema.
Wenn ich mir so ansehe, wie viel Mühe sich manche Medien mit der Vorbereitung ihres Aprilscherzes gegeben haben, dann weiß ich auch, wieso diese den Rest des Jahres über so schwach sind. Bei anderen würde eine weitere Falschmeldung gar nicht auffallen.
Allerdings muss ich der Fairness halber sagen, dass es zumindest immer mal wieder ein paar sehr liebevoll durchdachte Aprilscherze gab und vermutlich auch geben wird: Das WDR-„Zeitzeichen“ brachte vor vielen Jahren einen Bericht über die Einführung von Sächsisch als Unterrichtsfach in der DDR und bei Spiegel Online einestages findet sich die schöne Geschichte aus dem „Guardian“ von 1977 über die Entdeckung der Inselrepublik San Serriffe. Aber wenn ich auf die reingefallen wäre, hätte ich sie vermutlich auch doof gefunden.
Ich hoffe, Sie hatten ein schönes Osterfest!
Die Karwoche ist immer die Zeit des Jahres, zu der ich katholisch werde. Sonst bin ich nie katholisch, schon gar nicht so getauft, und den Papst und das alles finde ich natürlich sowieso nicht gut. Aber ich mag die Showelemente, die die katholische Kirche dem Protestantismus voraushat ((Streng genommen gibt es den Protestantismus ja unter anderem genau deshalb, weil diese Showelemente wenig mit dem Glauben an sich zu tun haben, aber ich möchte hier weder Martin Luther erklären, noch in längere Religionsphilosophien abdriften.)) – ich gehe ja auch auf Robbie-Williams- und Killers-Konzerte – und Show gibt es eben an Palmsonntag und in der Osternacht.
Karfreitag verzichte ich aus mir selbst nicht nachvollziehbaren Gründen ((I guess that’s why they call it religion.)) auf Fleisch und Alkohol. Gleichwohl hätte ich kein Problem damit, wenn jemand vor meinen Augen ein halbes Schwein verspeisen oder ein Fass Wein leeren würde. Ich würde auch am Karfreitag „weg gehen“, gerne auch auf Konzerte. Zuhause wäre dies kein Problem: Außerhalb Bayerns können die Kommunen selbst entscheiden, ob sie das „Tanzverbot“, das an den sogenannten „Stillen Tagen“ gilt, aufheben wollen. In Bochum will man das offenbar seit längerem und die reichlich besuchten Gothic- und Metalparties sprechen für eine große Nachfrage. ((„Vier Tage Familienfeier ohne zwischenzeitlichen Ausgang“ stehen auf George W. Bushs „Liste mit den Nicht-Folter-Methoden, die wir erproben sollten, falls wir Waterboarding jemals verbieten sollten“ ziemlich weit oben.)) In Dinslaken ginge es nicht: Als regiere im Kreis Wesel der Pietcong, sind öffentliche Tanzveranstaltungen, der Betrieb von Spielhallen, Märkte, Sportveranstaltungen und die Vorführung nicht „feiertagsfreier“ Kinofilme dort verboten – und zwar schon ab Gründonnerstag, 18 Uhr. Da kann man als Mensch, der an die Trennung von Staat und Kirche glaubt, schon mal nervöse Zuckungen im Gesicht kriegen.
Wenn der Staat Tanzveranstaltungen verbietet und gleichzeitig im Fernsehen Mord und Totschlag stattfinden, kann der Bürger die Plausibilität von staatlichen Regelungen nicht mehr nachvollziehen
sagte deshalb Bischof Gebhard Fürst, meinte das nur völlig anders als ich. Im katholischen Festttagskalender fest verankert ist nämlich seit einiger Zeit die Medienschelte zum Feiertagsprogramm: „Zu brutal, zu lustig, zu wenig familientauglich“, rufen dann der Vorsitzende der Publizistischen Kommission der Deutschen Bischofskonferenz oder der Vorsitzende des medienpolitischen Expertenkreises der CDU ((Was lustigerweise ausgerechnet Günther Oettinger ist.)) erschüttert aus und werfen die Hände zum Himmel, so wie Pfarrer das in Fünfziger-Jahre-Schwarzweiß-Filmen immer machen, wenn der Satan in Form von Peter Kraus und seiner Rock’n’Roll-Kapelle ins Dorf kommt.
Während der Papst – über den Bernward Loheide von dpa übrigens letzte Woche einen sehr lesenswerten Bericht geschrieben hat – zum Osterfest 2008 so einiges unternahm, um sowohl Juden als auch Moslems vor den Kopf zu stoßen, soll also das deutsche Fernsehen unverfängliche Familienunterhaltung senden für eine Zuschauerschaft, die Ostern sicher nicht vor dem Fernseher, sondern mit der Familie beim Essen oder in der Kirche verbringen wollten? Aha. ((Nickeligkeiten wie die Behauptung, die zwanzigste Wiederholung von „Stirb Langsam“ habe mehr Zuschauer gehabt als die Kirchen an Ostern Gottesdienstbesucher, spare ich mir schon aus Faulheit, die tatsächlichen Zahlen herauszusuchen. Außerdem liegt es mir fern, mich über Leute lustig zu machen, die in die Kirche gehen. Ich wäre nämlich auch in der (natürlich katholischen) Kirche gewesen, war aber im Urlaub.))
Reflektierter klang da der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Robert Zollitsch, der in seiner Osterpredigt Medienkompetenz einforderte, aber gleichzeitig klarstellte, dass jeder die Freiheit habe, sich bestimmte Dinge nicht anzuschauen und abzuschalten. Und das ist ein so weiser Gedanke, dass er auch Carsten Matthäus als Schlusssatz seines sehr lesenswerten Kommentars bei sueddeutsche.de diente. Eben „Abschalten“, wie schon St. Peter Lustig immer sagte.
Undercoverjournalismus
Everybody in the house of love
Leider habe ich heute Abend schon eine Verabredung mit der Hochkultur, sonst könnte ich mir in meiner Heimatstadt doch glatt das Comeback des Jahres ansehen. In einem mir unbekannten Bochumer Tanzschuppen wird die Band auf der Bühne stehen, die in meiner Musiksozialisation den Zeitraum zwischen der Münchener Freiheit und den New Radicals bestimmt hat: East 17.
Mitte der Neunziger bestimmte die Frage „Oasis oder Blur?“ die britische Musikszene. Die andere zentrale Frage für die etwas jüngeren und/oder ahnungsloseren lautete: „Take That oder East 17?“. Und während es heutzutage völlig okay ist, Take That gut gefunden zu haben (ihr Comeback-Album muss man ja gar lieben), „gehen“ East 17 rückblickend „gar nicht“ – sagen zumindest alle.
Ich mochte die Band damals und die Erinnerung an diese Zeit lässt es auch heute noch nicht zu, ihre Musik scheiße zu finden. Ich war im Besitz einer dieser aus der „Bravo“ zusammengeklaubten und hingeschluderten (heute würde man die Wikipedia nehmen) Bandbiographien und während ich lange Jahre dachte, „Postcards From Heaven“ der Lighthouse Family wäre mein erstes selbstgekauftes Album gewesen, muss ich diese Information nach weiterer Inaugenscheinnahme meiner CD-Sammlung korrigieren: es war „Up All Night“ von East 17.
Ich habe East 17, die schließlch nur noch E‑17 hießen (was sie, wie der Kenner weiß, natürlich schon getan hatten, bevor sie East 17 hießen) und nur noch zu dritt waren, irgendwann aus den Augen verloren. Von 1996 bis 1998 war mein Interesse an Kinofilmen und deren Scores größer als das an Popmusik. Was ich noch mitbekam war, dass das Trio noch ein Album veröffentlichte und sich dann auflöste. Sänger Brian Harvey war vor einigen Jahren Kandidat bei „I’m a Celebrity … Get Me Out of Here!“ und schaffte es, von seinem eigenen Mercedes überfahren zu werden, während er am Steuer saß. In einem Plattenladen hatte ich neulich ein Best Of der Band in der Hand, das etliche Jahr jünger war als ihr Best Of bei mir im Regal, aber die gleichen Songs enthielt.
Heute Abend stehen East 17 also als East 17, aber weiterhin ohne Tony Mortimer, den coolen Rapper, auf der Bühne des „Rombach’s“ in Bochum. Ich bin ganz froh, dass ich was anderes vorhabe.
PS: East 17s größter Hit war natürlich „Stay Another Day“, den ich auch heute noch komplett mitsingen kann. Ein wenig kredibiler ist das natürlich bei der Coverversion von Maps, die man sich hier herunterladen kann.
Ich habe heute (also gestern) Frühjahrsputz gemacht. Mein Zimmer hatte in ohrenbetäubender Lautstärke, schriller Stimmlage und in den hässlichsten Dialekten der mir bekannten Sprachen danach geschrien. Durch eine geschickte, mir immer noch nicht vollständig verständliche Umschichtung ist es mir gelungen, die Bücher so im Regal zu verteilen, dass die allermeisten von ihnen aufrecht stehen – die seit anderthalb Jahren vorherrschende Stapelung war schon lange nicht mehr haltbar gewesen. Außerdem habe ich die DVD-Sammlung aus dem Bücherregal unter den DVD-Player verfrachtet und die dort lagernden Bücher lieber ins Regal gestellt.
Nebenbei habe ich den Kühlschrank unserer WG abgetaut. Dies hatte man (ich) zuletzt vor zwei Jahren gemacht und wenn mir jemand erzählen will, das ewige Eis bilde sich rapide zurück, dann soll dieser jemand mal einen Blick in unsere Badewanne werfen, wo die letzten Eisschollen gerade Richtung Abfluss treiben. Nochmal werde ich diese Arbeit in dieser Küche hoffentlich nicht machen müssen – der Kühlschrank meiner dann Ex-Mitbewohner wird also nach meinen Berechnungen im September 2011 von einem Eispanzer aufgesprengt werden. Haushaltstipp am Rande: Wenn man das Eiswürfelfach vor der Wiederinbetriebnahme mit Spüli einreibt, soll das angeblich einer schnellen Eisbildung entgegenwirken.
Diese Hausarbeiten verrichtete ich bei geöffnetem Fenster. Auch wenn es heute nicht so warm war wie gestern ((Was mir angedenk der Zwischenlagerung diverser Lebensmittel auf dem Balkon ziemlich entgegen kam.)), lag ein Hauch von Frühling in der Luft. In Bochum riecht der Frühling übrigens, wie ich gestern bei einer kleinen Fotosafari feststellen durfte, nach Bratwurstbude. Ebenfalls verrichtete ich die Arbeiten zum Klang verschiedener Popmusiken. Zwar hatte mich WDR 5 am Morgen in der Küche noch recht passend mit einer Reportage über Haushaltsgeräte für Männer und Frauen unterhalten, aber für den workout wollte ich lieber auf Bekanntes zurückgreifen, dessen Text ich einfach selbst weiter singen könnte, wenn der Staubsauger mal wieder die PC-Boxen übertönte.
Dabei fiel mir zum wiederholten Male auf, wie viele CDs sich in meinem Regal befinden, die ich selten bis nie gehört habe. Besonders das Jahr als Musikchef von CT das radio hat sich erheblich auf meine Sammlung ausgewirkt: Da kamen jede Woche etwa 10 Kilogramm Tonträger ((Was extrem wenig ist, verglichen zum Beispiel mit dem, was man als A&R eines Plattenlabels täglich von der Poststelle abholen muss.)) in der Redaktion an, die unter den Musikredakteuren aufgeteilt werden wollten. Das sendereigene Archiv war kurz nach dem Erscheinen des Strokes-Debüts an seine Grenzen gestoßen.
In diese CDs wurde jeweils kurz reingehört ((Außer in die, die in Folie eingeschweißt waren.)), dann durfte der Redakteur mit dem entsprechenden Schwerpunkt sie einstecken und damit machen, was er wollte: In der eigenen Sendung spielen, eine Rezension drüber schreiben, sie auf einem mannshohen Stapel auf (besser noch: neben) dem eigenen Schreibtisch einstauben lassen. Ich habe wirklich viele CDs gespielt, aber eben meist genau ein Lied, in das ich kurz vor der Sendung reingehört hatte. Bei vielen Künstlern hätte ich schon am Tag darauf nicht mehr sagen können, wie sie geklungen hatten. Dann wanderten die CDs ins Regal, wo sie sich mit den Andenken an eine fünfjährige Rezensententätigkeit für „Plattentests Online“ und den selbst gekauften Tonträgern erst auf drei, dann auf vier, dann auf fünf „Bennos“ verteilten. ((Die drei Bennos waren noch inklusive Singles gewesen, inzwischen warten Singles und EPs in einer unrühmlichen Kiste auf den nächsten Umzug.))
Verkaufen darf man die Promo-CDs nicht, dann kommen die Plattenfirmen vorbei und hacken einem die Finger ab (oder schlimmeres). Das will aber natürlich eh niemand, denn am Ausmaß der Plattensammlung eines Mannes erkennt man seine Unlust, die Wände mit etwas anderem als CD-Regalen (und Konzertplakaten und Setlisten) verschönern zu wollen. ((Man muss nur darauf achten, dass einem solche Sachen wie Nickelback, Within Temptation oder Revolverheld gar nicht erst ins Haus kommen.)) So kommt es, dass ich Dutzende CDs im Regal habe, von denen ich nicht weiß, wie sie klingen. Sogar solche, die ich im 2nd-Hand-Laden oder auf dem Ramschtisch bei „Saturn“ selbst gekauft habe, weil ich dachte, diese oder jene CD müsste man doch mal unbedingt im Regal haben („We Can’t Dance“ von Genesis wäre um ein Haar die erste CD geworden, die ich mir doppelt gekauft hätte ((Also versehentlich doppelt gekauft. Absichtlich doppelt gekauft zwecks Special Edition oder Neuauflage habe ich schon ein paar.))). Und genau solche CDs habe ich heute und in den letzten Tagen einmal verstärkt eingelegt und mich gefreut, was ich doch für tolle Musik im Regal stehen habe.
Burn & Fade
Nachdem es in den letzten Jahren erstaunlich ruhig zuging, hat sich endlich mal wieder eine meiner Lieblingsbands getrennt. Dieses Mal: Vega4.
Das konnte ja auch nicht gut gehen: Schon im Jahr 2001 behängte die Musikpresse das Quartett mit Vorschusslorbeeren, die Veröffentlichung der ersten EP „Better Life“ wurde einigermaßen groß angegangen. Interessiert hat die Musik zwischen U2, Embrace und den frühen Radiohead dann aber die wenigsten. Mich schon: „Satellites“ fiel in die extrem prägende Zeit zwischen Abitur und Zivildienst, „Radio Song“ war eines dieser Lieder, bei denen man schon beim ersten Hören weiß, dass sie einen lange begleiten werden. Dann war lange Stille.
2006 kamen Vega4 dann plötzlich wieder. Auf ihrer MySpace-Seite, wo sie jetzt ihre Auflösung verkündet haben, stand damals der neue Song „You And Me“. Jacknife Lee, einer der besten Produzenten dieser Tage, hatte der Band den gradlinigen Rock beigebracht und als das Album „You And Others“ endlich in England erschien, musste ich es natürlich sofort als Import haben. Es war ein gutes Album, das sich eigentlich ähnlich gut hätte verkaufen müssen wie das sehr ähnliche „Eyes Open“ von Snow Patrol. Aber irgendwie klappte es nicht, trotz des Einsatzes von „Life Is Beautiful“ bei „Grey’s Anatomy“. Die Band kam auf Tour und spielte vor 120 Leuten mit einer Inbrunst, als würden sie gerade ein Stadion rocken.
Wie auch immer die eigentlichen Beweggründe ausgesehen haben mögen (die Band hält sich in ihrem … nun ja: pathetischen Statement mit Andeutungen zurück), irgendwie schienen Vega4 immer zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein. Und mal ehrlich – im Nachhinein sprachen die Songtitel doch schon immer Bände: So Long Forever, Drifting Away Violently, Love Breaks Down, The Love You Had, Burn & Fade, Nothing Ever Comes Without A Price, Tearing Me Apart, Let Go, If This Is It, Boomerang, Time Of Our Lives …
Was bleibt, sind wieder mal die Songs und Erinnerungen. Und neuerdings auch die YouTube-Videos von den Konzerten, auf denen man war:
[„Radio Song“, Direktlink]
Buchstaben über der Stadt
Ich habe Radiosendungen und Filme darüber gemacht, habe mein Blog und das von anderen Leuten vollgeschrieben. Vermutlich gibt es nur noch eine journalistische Form, in der ich mich noch nicht über Dinslaken geäußert habe: die Bildergalerie.
Und genau das soll heute anders werden, denn ich habe das Wochenende bei den Eltern mal genutzt, um Ihnen Dinslaken von allen Seiten zu zeigen. Danach werden Sie verstehen, warum ich Marl so schön fand.
Bevor wir loslegen, sollten Sie das gigantische Stadtporträt auf der offiziellen Website der Stadt lesen und sich folgenden Satz immer vor Augen halten:
Spektakuläres, Gigantisches oder Dinge mit dem Etikett „Das muss man unbedingt gesehen haben“ sucht der Besucher vergeblich.
Und obwohl damit eigentlich alles gesagt ist, geht es jetzt erst los:
Für das Leben
Gerade bei „Spiegel Online“ gelesen: Während manche Lehrer mit erschütternder Konsequenz und ebensolcher Erfolglosigkeit gegen das Lehrer-Bewertungsportal spickmich.de klagen, melden sich andere einfach als Schüler dort an und polieren die Bewertung ihrer Kollegen. Ich bin mir nicht ganz sicher, welches Verhalten ich kindischer finden soll.
Während einige meine Uni-Dozenten am Ende jedes Semesters anonyme Umfragen zur Qualität ihrer Lehrveranstaltungen durchführen (inzwischen sogar online), bezeichnete Peter Silbernagel vom Philologenverband die anonymen Bewertungen bei spickmich.de im letzten Sommer als „eine Form von Feigheit“. Bei allem Respekt vor dem Lehrerberuf und grundsätzlicher Ablehnung von Verallgemeinerungen: Mir fielen alleine aus meiner Schullaufbahn zehn Lehrer ein, die auf eine un-anonyme, also offene Kritik an ihrem Unterricht mit deutlich veränderter Benotung des entsprechenden Schülers reagiert hätten oder haben.
Die pauschalisierte Kritik am Berufsstand Lehrer hat, so berechtigt sie in vielen Einzelfällen auch sein mag, viele Lehrer in eine Position gedrängt, in der sie jede Äußerung von Kritik als ungerechtfertigt und sich selbst als fehlerfrei ansehen. Dies sind häufig genug die Kollegen, die schon ein bisschen zu lange im Dienst sind, deren Pensionierung aber auch noch in weiterer Ferne liegt. Die „alten Hasen“, die fast alle zeitgleich mit meinem Abitur in Pension gingen, waren hingegen deutlich offener für Rückmeldungen (was vielleicht daran liegen kann, dass viele von ihnen in den späten 1960er Jahren an den Universitäten waren) oder lieferten gleich kaum Anlass zu Kritik. Junge Lehrer gab es zu unserer Schulzeit keine, aber sie sollen recht engagiert sein, habe ich gehört.
Ich würde kein Lehrer sein wollen. Die Frage habe ich gleich bei meiner Einschreibung verneint und seitdem noch maximal zehn Sekunden darüber nachgedacht. Erstens bin ich unterirdisch schlecht im Erklären, zweitens hätte ich wenig Bock auf nervende Schüler und drittens erscheint mir die ständige Wiederholung ähnlicher Inhalte unter immer neuen Vorzeichen dann auch nicht so spannend. Entsprechend hoch ist mein grundsätzlicher Respekt vor dem Beruf des Lehrers. Ich habe einige sehr gute Lehrer erlebt, denen ich viel zu verdanken habe, aber auch einige sehr, sehr schlechte. Wenn man sich die Liste meiner Deutsch- und Englischlehrer so ansieht, geht es wohl als mittelschweres Wunder durch, dass ich mich ernsthaft für ein Germanistik- und Anglistikstudium entschieden habe. Naheliegend wären Geschichte und Erdkunde (das es aber in der Form leider nicht als Studienfach gibt) gewesen.
Wir hätten uns damals gefreut, wenn wir unsere Lehrer auf einer Plattform wie spickmich.de hätten bewerten können und wenn diese sich die Bewertungen auch angesehen und zu Herzen genommen hätten. Ich denke, dass Schüler durchaus in der Lage sind, die Qualität des Unterrichts und das Verhalten eines Lehrers gut zu beurteilen. Wenn ich mir die Lehrerbewertungen für mein altes Gymnasium bei spickmich.de so ansehe (bzw. den Teil der Lehrer, die ich noch kenne), so zeigt sich mir ein realistisches Bild. Und was spricht dagegen, die Arbeit von Menschen, die jeden Tag andere beurteilen sollen, deren letzte eigene Beurteilung aber in den letzten Tagen ihres Studiums stattfand, mit schlichten Zahlenwerten zu beurteilen? Das ist keine „Feigheit“, sondern Konsequenz.