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Musik Leben

25 Jahre „Performance And Cocktails“

Dieser Eintrag ist Teil 2 von bisher 10 in der Serie 1999

Im Jahr 1999 erschienen jede Menge Alben, die für unsere Autor*innen prägend waren. Zu ihrem 25. Jubiläum wollen wir sie der Reihe nach vorstellen.
Stereophonics - Performance And Cocktails (abfotografiert von Lukas Heinser)

Zum ersten Mal gehört habe ich von den Stereophonics auf „Reload“, jenem Tom-Jones-Album von 1999, mit dem der „Tiger“ den dritten oder vierten Frühling seiner Karriere einleitete, indem er mit jungen, angesagten Acts der Gegenwart Songs coverte, die allesamt jünger waren als seine eigenen ersten Hits. (Das Album war auch mein Erstkontakt mit The Divine Comedy, Barenaked Ladies, Catatonia und Portishead und es ist mir genau gerade aufgefallen, dass es eigentlich ungewöhnlich ist, dass sich ein 16-Jähriger das Spätwerk eines damals nur halbherzig als „Kult“ bezeichneten Crooners gekauft und darüber zeitgenössische Acts kennengelernt hat, aber ich war glühender Tom-Jones-Verehrer, seit ich ihn in „Mars Attacks!“ als nur halbherzig als „Kult“ zu bezeichnende Version seiner Selbst gesehen hatte.) Mit den Stereophonics sang der Waliser damals eine recht drängende Version von Randy Newmans „Mama Told Me Not To Come“, die bei mir so viel Eindruck machte, dass ich mich der Band selbst in der Folgezeit näherte.

Als wir im Juni 2000 mit unserem Lateinkurs eine Exkursion nach Köln unternahmen und nach Besuch des Doms und des Römisch-Germanischen Museums noch Zeit zur freien Verfügung hatten, überredete ich meine Freunde, mit mir zum Saturn-Stammhaus am Hansaring zu laufen, um dort nach CDs zu gucken. Das war damals angeblich der größte Plattenladen Deutschlands mit zahlreichen Etagen, Zwischen- und Kellergeschossen, in denen es kein Tageslicht gab, und jedes Mal, wenn die S-Bahn vorbeifuhr, vibrierten der Boden und die Regale voller CDs und Schallplatten. Und dort habe ich mir an jenem Tag die „Performance und Cocktails“ der Stereophonics gekauft.

Wenn man erstmal ca. 30 D-Mark in ein Album investiert hatte, hörte man es damals sehr intensiv für die nächsten Monate — meine CD-Sammlung war ja auch noch im Aufbau und so viel Auswahl hatte ich gar nicht, wenn ich den ganzen Tag Musik hören wollte. Es wäre übertrieben zu behaupten, dass die Stereophonics damals zu mir gesprochen hätten, aber ich mochte die energetischen Rocksongs, von denen es auf diesem Album nur so wimmelte, und die etwas ruhigeren Midtempo-Nummern und Balladen. Die Songs klangen alle, als hätten der Band beim Schreiben und Aufnehmen ein bisschen mehr als die üblichen 230 Volt zur Verfügung gestanden, und über die Stimme von Sänger Kelly Jones konnte man eigentlich nicht schreiben oder sprechen, ohne ein „Reibeisen-“ davor zu setzen. Wichtig war mir aber auch, dass die Musik, die ich hörte, in meiner Klassenstufe ansonsten eher unbekannt war — und die Stereophonics verkauften im Vereinigten Königreich und vor allem in ihrer Heimat Wales zwar Stadien aus, liefen in Deutschland aber weder bei Einslive noch bei Viva, was ich immer als gutes Zeichen betrachtete.

So wurde „Performance And Cocktails“ zum Soundtrack eines Sommers; als einzelne Songs auf Mixtapes und in voller Länge in meinem Discman, zum Beispiel an diesem einen Abend im Sommerurlaub, als ich mit meiner Familie ein Picknick am Strand von Domburg machte und die ganze Zeit einen Stöpsel im Ohr hatte. „The Bartender And The Thief“ hat mich gelehrt, wie man Uptempo-Nummern schreibt, „I Stopped To Fill My Car Up“, wie man Geschichten erzählt. „Just Looking“ mochte ich schon immer, aber ich habe erst mit zunehmendem Alter verstanden, worum es in diesem Lied ging und wie sehr es von mir handelte: „There’s things I want / There’s things I think I want“, beginnt der Erzähler, um sich dann zu fragen, was er eigentlich will — und zwar vom Leben. Daneben stehen, beobachten, lächeln, später davon berichten, aber nie aktiv Teil des Geschehens sein (wollen) — das hat lange einen großen Teil meines Lebens ausgemacht: „I’m just looking, I’m not buying / I’m just looking, keeps me smiling“.

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Ein paar Lebenskrisen und eine Therapie später weiß ich heute sehr viel besser, was ich will — und vor allem, was nicht. Wenigstens meistens. „You said that life is what you make of it / Yet most of us just fake“ soll nicht für mich gelten. Schon wegen dieses kathartischen Songs mittendrin wird „Performance And Cocktails“ immer einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen haben.


Stereophonics – Performance And Cocktails
(V2 Music; 8. März 1999)
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Musik

In Memoriam Taylor Hawkins

In ein paar Wochen hätte ich Euch die Geschichte erzählt, wie ich vor 20 Jahren, ganz kurz vor dem allerletzten Schultag, mit meinem Fahrrad zu R&K gefahren bin, um mir die „There Is Nothing Left To Lose“ von den Foo Fighters zu kaufen. Das Album war damals schon fast drei Jahre alt, aber ich hatte ein paar Wochen vorher zum wiederholten Male das Video zu „Next Year“ im Musikfernsehen gesehen und eine solche Obsession für diesen Song entwickelt (illegaler MP3-Download und so), dass ich das Album dringend haben musste und sogar die Geburtstagskaffeetafel meiner Schwester dafür verließ. Das Album und die Single (die so untypisch für die Foo Fighters ist, dass sie auf dem Best Of fehlte) wurden der Soundtrack der völlig unbeschwerten Zeit zwischen Abi-Prüfungen und Zivildienst. Noch heute hüpft mein Herz jedes Mal, wenn der Song bei 3:48 eigentlich schon zu Ende ist, aber mit dem zweitgrößten Drum-Break nach „In The Air Tonight“ zur Ehrenrunde ansetzt.

Ich hab Euch die Geschichte jetzt schon erzählt, weil Taylor Hawkins von den Foo Fighters gestern im Alter von nur 50 Jahren gestorben ist. Als gelernter Schlagzeuger hatte ich immer ein Herz für die Drummer — und ganz besonders für ihn, der in einer Band trommelte, deren Frontmann eigentlich der vielleicht profilierteste Drummer seiner Generation war. Mein tiefes Mitgefühl gilt seiner Familie, der Band und allen, die ihm nahe standen.

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Musik Leben

Was den Himmel erhellt

Ich erinnere mich, wie ich am ersten Arbeitstag des Jahres 2006 die Post in der Musikredaktion von CT das radio öffnete und darin die Promo für die neue Tomte-CD („Watermarked #89“) lag. Wie ich die CD am Abend zum ersten Mal hörte und wusste, dass ich viel Zeit mit diesem Album verbringen würde.

Ich erinnere mich, wie ich Thees Uhlmann zum Interview im Düsseldorfer Zakk traf. Wie ich ihm unbeholfen das Demo einer befreundeten Band in die Hand drückte, das ich eigentlich für Simon Rass vom Grand Hotel van Cleef mitgebracht hatte, der aber gar nicht vor Ort war, und wie Thees zum ersten Mal die Kilians hörte.

Ich erinner mich, wie ich um vier Uhr morgens in Dinslaken aufstand und zum Düsseldorfer Flughafen fuhr, um nach Nürnberg zu fliegen (mein allererster Flug ohne Eltern!). Wie ich mit dem Zug nach Erlangen weiterfuhr, um die Kilians zu treffen, die jetzt, acht Wochen nach dem Interview, bei Tomte im Vorprogramm spielten. Ich stellte mich als Backliner und Roadie vor, bekam meinen eigenen Backstage-Pass und vergaß direkt am ersten Abend den Teppich, der auf der Bühne unter Micka Schürmanns Schlagzeug liegen sollte, in einer Ecke des E-Werks.

Ich erinnere mich daran, Tomte vier Tage hintereinander live zu sehen, die neuen Songs zu hören, die ich schon in- und auswendig kannte, und zu spüren, wie diese Band auf der Welle der Emotionen surfte, die ihnen entgegengebracht wurde. An die Zeile „Und du sagtest: Da ist zu viel Krebs in deiner Familie“, die mir jeden Abend die Tränen in die Augen trieb, weil mein geliebter Großonkel gerade im Krankenhaus lag und vier Monate später an dieser Arschloch-Krankheit starb. An Soundchecks, Backstageräume und den Deckel einer Rohlingspindel, aus dem Thees Wodka-O trank, bevor ich ihn auf die Stirn küsste.

Ich erinnere mich an zahlreiche Festivals im Sommer, auf denen ich Tomte immer wieder live sah, und wie wir beim Essen Original so nass wurden, dass das Wasser beim Gehen aus unseren Schuhen schwappte.

Ich erinnere mich, wie ich für CT eine eigene Version von „New York“ zusammenschnitt, weil die Albumversion zu lang war, aber auf der Singleversion das tolle Intro fehlte. (Ich glaube, das ist illegal, und die Band und ihr Produzent Swen Meyer könnten mich wahrscheinlich heute noch verklagen.)

Ich erinnere mich, wie ich im September für drei Monate zu meiner amerikanischen Familie nach San Francisco flog und dachte, dass es ja ein merkwürdiger Zufall ist, dass Thees mit „Walter & Gail“ ein Lied über seine amerikanische Familie geschrieben hatte.

Ich erinnere mich, wie ich mit meinem Onkel nach New York flog, das damals wirklich noch die „Stadt mit Loch“ war. Dass ich am Chelsea Hotel vorbeiging und wir am Sonntagnachmittag durch den Central Park spazierten und bei Sonnenuntergang das Reservoir erreichten und wie ich dachte, dass manchmal einfach alles einen Sinn ergibt.

Ich erinnere mich, wie ich im Dezember wieder in meinem WG-Zimmer im Bochumer Studentenwohnheim saß, die Platte und „New York“ in all meinen Jahresbestenlisten auf Platz 1 setzte und dachte, dass es wahrscheinlich nie wieder ein Album geben würde, das so eng mit meinem Leben verbunden ist — und dass das auch okay sein würde.

Heute vor 15 Jahren erschien „Buchstaben über der Stadt“ von Tomte. L.Y.B.E.

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Digital Gesellschaft

Bist Du noch wach? — 3. Was steht auf Deiner Bucket List?

In der neuen Folge „Bist Du noch wach?“ benutzen Sue und Lukas so schöne Wörter wie „Bucket List“ und „Celebrity Crush“ und brennen auch sonst ein Feuerwerk für Liebhaber*innen der Linguistik ab (Koch/Oesterreicher, 1994).

Sue warnt vor gewünschten Hängematten, Lukas davor, ihn anzurufen, und gemeinsam machen sie sich auf die Suche nach ihrer eigenen Kreativität.

E-Mails (zum Beispiel mit eigenen Fragen oder exklusiven Schimpfwörtern für das Bohren in Altbauwohnungen) nehmen wir unter bistdunochwach@coffeeandtv.de entgegen!

Shownotes:

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Literatur Digital Gesellschaft

Bist Du noch wach? — 2. Kannst Du gut mit Lob umgehen?

In der zweiten Folge sprechen Sue und Lukas unter anderem über Bücher, die ihr Leben nachhaltig verändert haben — was naheliegenderweise zu einer Diskussion über problematische Songs von Adele und Bruce Springsteen führt.

Es geht um Netz-Bekanntschaften, die Frage, warum Lukas nicht existiert, und um Leben und Tod. Dafür sprechen wir nicht über Dinge, bei denen man einfach wortlos gehen darf, wenn sie jemand anders sagt.

Wenn Ihr uns schreiben wollt (zum Beispiel, weil Ihr eigene Fragen habt). könnt Ihr das jetzt unter bistdunochwach@coffeeandtv.de tun!

Shownotes:

Lukas’ Bücher:

  • Douglas Adams: „Per Anhalter durch die Galaxis“
  • Hellmuth Karasek: „Billy Wilder — Eine Nahaufnahme“
  • Johann Wolfgang Goethe: „Die Leiden des jungen Werthers“
  • John Green: „The Fault in our Stars“ („Das Schicksal ist ein mieser Verräter“)
  • Wolfgang Herrndorf: „Tschick“
  • Benjamin von Stuckrad-Barre: „Remix“

Sues Bücher:

  • Nick Hornby: „High Fidelity“
  • Gary Keller: „The One Thing“
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Leben Gesellschaft

Bist Du noch wach? — 1. Was würdest Du Deinem jüngeren Ich gerne sagen?

„Bist Du noch wach?“ und andere große und kleine Fragen des Lebens: In der ersten Folge ihrer neuen Podcast-Reihe sprechen Sue und Lukas unter anderem über Freundschaften mit sich selbst, Fußball und Ablaufdaten für Frauen. Lukas erzählt die schönsten Party-Anekdoten von Konfrontationen mit Sicherheitsbehörden und die beiden geben wichtige Tipps zum Selbstfrisieren — und was sie ihren jüngeren Ichs sonst noch mit auf den Weg geben würden.

Shownotes:

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Gesellschaft

Was ist Zeit?

Joni Mitchell hat ja bekanntlich mal gefragt, ob es nicht so sei, dass man erst wisse, was man habe, wenn es weg sei. Die Frage war rhetorisch gemeint, aber meine Antwort lautet meistens leider: Nein. Ich merke es erst, wenn die Dinge wieder da sind.

Im Frühling bin ich überrascht, welchen positiven Einfluss Sonne und Wärme auf meine Laune haben. Wenn ich ans Meer komme, frage ich mich, warum ich so lange nicht am Meer war. Und wenn ich mit Menschen unterwegs bin, die ich sehr mag, wunder ich mich, dass ich das nicht öfter tue.

Mein Vorteil, auf den ersten Blick: Das Konzept „Vermissen“ ist mir nahezu fremd, ich schlurfe genügsam durch mein Leben. Der Nachteil, natürlich: Ich merke gar nicht, wie meine Laune langsam schlechter wird, dass mir etwas fehlt, dass ich mir mal etwas vornehmen sollte, was mir Freude macht.

Im Moment fragt niemand, ob ich mit auf ein Konzert kommen will (Anzahl proaktiv selbständig besuchter Konzerte in den letzten fünf Jahren: drei), ob wir mal was trinken gehen sollen, ob ich mit zu einer obskuren Kulturveranstaltung möchte, gegen die ich mich erst sträube und von der ich hinterher denke, dass ich sowas viel öfter machen sollte. Im Moment gibt es quasi nichts, was stattfindet.

Willkommene Ablenkung liefern der erste Sommerregen (Es roch wirklich nach Sommerregen, obwohl nur ein leichter Nieselregen bei 14°C runter ging!), der Fliederbusch in unserem Vorgarten (War der schon immer da?) oder das erste „perfekte Spiel“ (also: alle 18 Fragen richtig beantwortet) seit Jahren bei „Quizduell“.

Was es wirklich für mich bedeutet, dass der ESC in diesem Jahr nicht stattfindet, habe ich erst halbwegs verstanden, als ich „Der kleine Song Contest“ mit Andi Knoll im ORF gesehen habe: Da waren neben den Songs, die wir dieses Jahr in Rotterdam hätten hören sollen (und die leider unwiederbringlich aus der ESC-Geschichte rausfallen werden, weil sie nicht für 2021 verwendet werden dürfen, auch wenn viele Länder bereits angekündigt haben, im nächsten Jahr den gleichen Act zu schicken, der für 2020 geplant war), auch jede Menge Ausschnitte aus den letzten Jahren zu sehen und zu hören und das erinnerte mich daran, wie diese Wochen immer aussehen: Viel Arbeit, wenig Schlaf, viele pappige Sandwiches, aber auch wahnsinnig viel Spaß mit dem eigenen Team und den internationalen Kolleg*innen und eine unvergleichliche Show!

Mir wird also dieses Jahr der ESC fehlen, vielen anderen das Festival, Stadtfest oder Sportereignis, das sie teilweise seit Jahrzehnten besuchen — und das auch irgendwie das Jahr strukturiert. Denn neben Weihnachten und Geburtstag (bei jungen Menschen oder deren Eltern noch: die großen Ferien) sind es ja solche Ereignisse, auf die man sich sofort wieder freut, wenn sie gerade vorbei sind.

Ein Jahr ohne Events ist wie ein Tag komplett ohne Uhr: Natürlich kann man sich aufgrund natürlicher Begebenheiten grob orientieren, welche Jahres- oder Tageszeit gerade ist, aber es ist doch irgendwie eine große Strecke Zeit, die da unbehauen vor einem liegt.

Überhaupt nehme ich Zeit gerade völlig neu wahr: Die Wochentage verlieren immer weiter an Bedeutung (aber das tun sie bei mir schon, seit ich keine Stundenpläne mehr habe, an denen ich mich orientieren kann), aber auch die Tage an sich. Wenn man nur noch einmal pro Woche einkaufen geht, ist Zeit etwas völlig anderes, als wenn man spätestens jeden zweiten Tag im Supermarkt steht. Immerhin habe ich so gelernt, mir zu überlegen, was ich in ein paar Tagen essen wollen könnte.

Vor ein paar Tagen ist der Lockdown dann auch in meinen Träumen angekommen: Ich war irgendwo, wo viel zu viele Menschen waren (also: das, was man vor sechs Wochen noch etwas wohlwollend als „belebten Platz“ bezeichnet hätte), und dann fingen die auch noch zu husten und zu niesen an. Da wusste ich: Mein Unterbewusstsein hat es sich wohl schon mal in der neuen Welt bequem gemacht.

Dieser Text erschien ursprünglich in meinem Newsletter “Post vom Einheinser”, für den man sich hier anmelden kann.

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Leben

Another Decade Under The Influence: 2019

Dieser Eintrag ist Teil 10 von bisher 10 in der Serie Another Decade Under The Influence

2019. Ich fahre endlich mal zum Eurosonic und schaue mir ca. 500 neue Acts an. Wir treten tatsächlich im verdammten Berlin auf! Schneemann bauen im Garten. Zum ersten Mal mit Kind ins Stadion, der VfL Bochum verliert, wir kommen trotzdem wieder. Im JWD erscheint mein bisher wichtigster Text. When I see your face / The future that awaits / Another city rising from the dust / Neon lights the way. Ich quatsche dem Grand Hotel van Cleef den nächsten Deal an die Backe. Osterferien mit Koos Konijn und Einkaufszentrum. ESC in Tel Aviv: Ich schwimme zum ersten Mal im Mittelmeer, wir fahren E-Scooter am Strand und dürfen den letzten Live-Auftritt von Madonna miterleben. Die ersten Videoabende. Ich finde immer noch zuverlässig die falschen Leute toll. Just the sight of you is getting the best out of me. In Bochum sind die Dinos los, in Dinslaken der Tiger. So viele Ausflüge und Bahnen! Ich schreibe zum ersten Mal seit Jahren neue Songs. muff potter. sind zurück, Thees Uhlmann auch! Mit dem Kind auf die Fridays-for-future-Demo. Burn, Palo Alto, burn! Ich hab zum ersten Mal seit 25 Jahren ein aktuelles Gladbach-Trikot und nur eine Woche später startet die Borussia die längste Tabellenführung seit 42 Jahren. Familientreffen am Niederrhein. Endlich wieder Nordsee, zum ersten Mal seit acht Jahren wieder eine Woche Urlaub am Stück! Should meditate, should work out more / Should read until my brain gets sore / Meet someone, go far away / Try being socially less strange. „Star Wars“ um 10 Uhr morgens im Multiplex. Ein total entspanntes Weihnachtsfest. Lass uns noch einmal zusammen schrein: / Menschen wie ich bleiben besser allein.

Ein Jahr mit Neueinspielungen der größten Hits der 90er, 00er, 10er und von heute. Das war schon ganz schön gut! Hallo, ich bin Lukas, 36, ich komme aus Bochum und meine Hobbys sind Musik und Fußball! There’s a few things I need / But I’ve money for paying / And if you’ve enough room / I’ll consider staying.

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Leben Unterwegs

Another Decade Under The Influence: 2018

Dieser Eintrag ist Teil 9 von bisher 10 in der Serie Another Decade Under The Influence

2018. Die Beerdigung meines Großvaters artet zu einem fröhlichen Besäufnis aus („Hätte ihm gefallen!“). Dienstreise nach Hamburg: Nach all den Jahren zum ersten Mal im alten Elbtunnel und in der Thai Oase. Wir legen uns einen eigenen Gemüsegarten an. Wichtig rumstehen beim Grimme Preis. Ein neues iPhone nach sechs Jahren. So viele Ausflüge mit der Straßenbahn und dem Laufrad. Viel Zeit mit meiner Oma in Dinslaken, viel Zeit im Garten. Kann sein, dass das Ende bevorsteht / Leb’ mein Leben wie Anthony Bourdain. Michalis Pantelouris holt mich zum JWD und ich darf nach über zehn Jahren mal wieder Musikjournalismus machen! ESC in Lissabon: Nach all den Desastern der letzten Jahre singt uns Michael Schulte auf Platz 4! Die erste Lucky & Fred Liveshow — zurück auf den Brettern, die die Welt bedeuten! Fuck it all / We killed it tonight. Endlich Tipp-Kick und Minigolf spielen mit dem Kind. Schweden schafft es bis ins WM-Viertelfinale, der größte Triumph seit 24 Jahren. Der erste richtige Kindergeburtstag. Eine Woche Berlin mit dem Kind, allen fahrenden U-Bahn-Linien und den ganzen guten Leuten, die ich in dieser Stadt so kenne. But if you crash and nobody sees / Just remember there will always be / A room for you in my house in the trees. Ein Ausflug nach Arnhem. Immer wieder kettcar und Backstage-Bier. Ananas ernten in Herne, Halloween im Tierpark. I’m just curious, is it serious? Mit U- und Straßenbahnen zur Martinikirmes nach Dinslaken (Recherche für meine große Ruhrpott-Reportage). People love, people leave, people let down / People show up, roll up, people grow up. Das Kind und ich basteln gemeinsam Weihnachtskarten, die das Kind dann unterschreibt. „Last Christmas“ singen mit Frau Ado und den Goldkanten, „Schöne Bescherung“ gucken im Freundeskreis. Silvester mit dem Kind und Kinderfeuerwerk.

Ein Jahr, das eigentlich viel besser war, als es sich in dem Moment anfühlte. Ein Jahr, in dem ich so viele Dinge wieder gemacht habe, die ich seit Jahren nicht mehr gemacht hatte — und die so viel Bock gemacht haben! (Mein einziger Ratschlag fürs Leben: Macht mehr von den Dingen, die Euch glücklich machen!) Und das Jahr, in dem ich nach dem ESC in Lissabon geblieben bin, um mit dem Kind und seiner Mama noch ein paar Tage Urlaub zu machen. Nicht „wie eine richtige Familie“, sondern als richtige Familie! It’s not the song, it is the singin’.

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Leben

Another Decade Under The Influence: 2016

Dieser Eintrag ist Teil 7 von bisher 10 in der Serie Another Decade Under The Influence

2016. Silvesterfeuerwerk gucken auf dem Dach der Dortmunder Oper. Mal wieder renovieren und Fußboden verlegen. Plötzlich wieder alleine frühstücken tut weh, aber das Kind wohnt ja die Hälfte der Zeit hier. In meinem Wikipedia-Eintrag steht kurzzeitig, dass ich eine IKEA-Küche erfolgreich aufgebaut habe (keine Ahnung, warum das wieder gelöscht wurde). Ich schreibe tausend ungenutzte Gags für die Panellisten beim „Comedy Clip Club“ und werde zum Maxi-Gstettenbauer-Fan. Benjamin von Stuckrad-Barre is back — da kann man doch mal entspannt auf drei Lesungen gehen! It’s a long way to happiness / A long way to go / But I’m gonna get there, boy / The only way I know. Dating & Crushes. ESC in Stockholm: Ganz viel Lakritzschokolade, wir sehen Björn von ABBA und Justin Timberlake live! So viele Ausflüge zum Hauptbahnhof und zum Kemnader See. We got the wind in our sail / Like Darwin on the Beagle / Or Mendel experimenting with a pea. Ich lackiere Möbel neu, die seit Jahrzehnten im Familienbesitz sind. Ich fahre zum ersten Mal Wasserski: Macht voll Bock, ich habe aber ein Jahr lang Muskelkater. Post von der Königin für meine Omi. Den halben Sommer im Planschbecken verbracht. There’s just something about the light / That lets all of us think that their problems aren’t our problems. Mein kleiner Bruder heiratet. Das Kind kommt in den Kindergarten. Mit meiner ganzen Familie nach Holland. Der Idiot wird tatsächlich zum US-Präsidenten gewählt. When I wake in the morning / I’ve forgotten what it is to cope. Einmal Elbphilharmonie gucken, in Bochum eröffnet das Musikforum. Kekse backen und verzieren. Ich drehe „Rückwärts“, meine erste ganz eigene Sendereihe für den MDR (na gut: fürs Internet). Die Weihnachtszeit beginnt am 23. Dezember um 17.32 Uhr.

Ein Jahr, um erstmal wieder auf die Beine zu kommen. Das Leben ist ein bisschen so wie früher, aber trotzdem ganz anders. Es sterben gefühlt alle Prominenten, aber irgendwie haben wir überlebt. Ich hab eine schöne neue Wohnung mit Garten, in der wir es uns gemütlich machen.

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Leben

Another Decade Under The Influence: 2015

Dieser Eintrag ist Teil 6 von bisher 10 in der Serie Another Decade Under The Influence

2015. Aus unserer Wohnung wird eine WG. Überall Babybrei. Ich kriege überraschend schnell einen Therapieplatz. Mit der ganzen Familie nach Domburg, dem Kind das Meer zeigen. ESC in Wien, eine Runde im Praterriesenrad. Die gute Nachricht: Ich kann mich immer noch verknallen. Die schlechte (oder gute): Das führt zu nichts. It was just like a movie / It was just like a song. Die ersten Wörter, die ersten Ausflüge in den Tierpark. Es gibt gute und schlechte Tage. Is my malfunction so surprising cause I always seem so stable and bright? / Ain’t it always the quiet types? Ich arbeite beim Webvideopreis und habe seitdem „Journalist und Autor“ in meiner E-Mail-Signatur stehen. Ich arbeite bei „Popstars“ und drehe Videos mit Stefanie Heinzmann und Bibi von „Bibis Beauty Palace“. Meine ersten 40-Stunden-Wochen (und hoffentlich auch die letzten). Der erste Geburtstag, mit Schokokuchen im Haar. Die ersten Schritte. You’re my wanderer, little wanderer. Ich probiere dieses (Online-)Dating mal aus. Mein erstes eigenes Auto. Nach langer Zeit mal wieder auf Konzerte — wie gut das tut! Laternen basteln (Überall Kleister!) und der erste Martinszug. Ich gehe zum Fußball gucken in die Kneipe und wir sehen alle, wie der Terror sich entfaltet. Shut up and dance with me. Schon wieder auf Wohnungssuche. Es gibt einen neuen „Star Wars“-Film und ich bin so euphorisch wie mit 16. Weihnachten mit leuchtenden Kinderaugen, zerfetztem Geschenkpapier und der Frage: Wie haben wir das bis hierhin geschafft?

Ein Jahr, in dem ich mich an fast nichts erinnern kann, was nicht mit dem Kind oder der Arbeit zu tun hatte. Vielleicht gab es da auch einfach nichts. Ein wahnsinnig anstrengendes Jahr, das aber auch so viele tolle Momente hatte. In all dem positiven und negativen Chaos: Zehn Tage Wien mit dem besten Team, das man sich vorstellen kann. Viel Arbeit, wenig Schlaf, so viele tolle Leute. Bei all dem Trubel vor Ort fühlt es sich für mich an wie im windstillen Auge eines Hurricanes — und dann landen wir auf dem historisch einmalig schlechten 27. Platz. Ja, so widersprüchlich war 2015.

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Leben Familie

Another Decade Under The Influence: 2014

Dieser Eintrag ist Teil 5 von bisher 10 in der Serie Another Decade Under The Influence

2014. Das wird unser Jahr! Mit den Nachtfreunden in Berlin. Die erste Folge „Lucky & Fred“. Eine quälend lange Wohnungssuche, eine Renovierung und ein Umzug. Die letzten guten Tage: zu zweit mit Hund in Hamburg. Eigentlich hab ich keinen Stress, Herr Doktor. Are we out of the woods? / Are we in the clear yet? Eine abgesagte Hochzeit. Ein neuer Job, mitten in der Nacht. Der ESC in Kopenhagen, 10 Jahre BILDblog. Noch mehr neue Jobs in Köln. Kinderzimmer einrichten, Babyklamotten kaufen, Babyparty schmeißen. I’ve made some friends / And I’ve lost some, too. Holland wird WM-Dritter. Eine schwere Geburt. Hallo, ich bin Dein Papa! Die Diamant-Hochzeit meiner Großeltern — ob ich 60 Jahre je schaffe? Der erste Spaziergang, das erste Bad. Was genau muss ich tun?! Alles, was ich je wollte: Mama, Papa, Kind & Hund. Immer wieder Diskussionen und Streits. Wer ist dieses Skelett im Spiegel? Das erste Mal Babyschwimmen. Halt den Kopf oben. Eine Taufe am 1. Advent. Zu Besuch bei Harry Potter. Okay, lass uns sagen, das war’s. Statt 200 Abende in der Kneipe vielleicht zehn außer Haus. Das erste Weihnachten als Familie, trotz allem. Write it, write it, write it down / I will read it when the days don’t look so bad.

Ein Jahr wie ein Autounfall in Zeitlupe: überhöhte Geschwindigkeit, Hindernisse auf der Fahrbahn, schlechte Witterungsbedingungen und meine Hände nicht am Steuer. Das hatten wir uns alles anders vorgestellt. Heute weiß ich: Es gibt Situationen, die kann man nicht alleine schaffen. Es ist nie falsch, sich Hilfe zu holen. Irgendwann reicht es nicht mehr zu hoffen, dass alles gut ausgeht. Mittenrein in diese implodierende Liebe wird unser Kind geboren. Und als an dem Tag die Sonne untergeht, ist alles für immer anders. Besser, trotz allem.

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