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Ja, Ihr könnt mich mal (19–25)

Ich bin medi­zi­nisch nicht sehr bewan­dert, von daher weiß ich nicht, ob es ana­log zum Blind­darm-Durch­bruch auch einen Hirn-Durch­bruch gibt. Zumin­dest gibt es eine Art Damm­bruch (dies­mal nicht medi­zi­ni­scher, son­dern was­ser­bau­lich-meta­pho­ri­sche Natur), was die Ver­wen­dung von dum­men, kran­ken, nahe­lie­gen­den, anstren­gen­den und mehr­fach gebro­che­nen (auch nicht medi­zi­nisch, son­dern iro­nisch) Oba­ma-Anspie­lun­gen angeht.

Hier eine klei­ne Aus­wahl der aktu­ells­ten Kann­tas­tro­phen-Mel­dun­gen:

Change iT - Yes we can!

[HP-Anzei­ge, ein­ge­sandt von Ste­fan N.]

Japanische Obama-Puppe

[Japa­ni­sche Oba­ma-Pup­pe, ent­deckt von wes­tern­world]

 Yes, we camp! Gundis macht die Transen-Trösterin

[Der „Express“ über das RTL-Dschun­gel­camp, ent­deckt von mx]

Yes we can! Mit 3 Euro Budget Weltklasse aussehen

[Vom Cover der aktu­el­len „Instyle“, ent­deckt von Luzi]

Die Arbeiten am neuen Tocotronic-Album haben nun offiziell begonnen und wir müssen nun wieder in den Probenraum. Wir verabschieden uns mit einem herzlichen "Yes, we can!" Eure Tocotronic

[Iro­nie schützt vor Lis­te nicht: der aktu­el­le Toco­tro­nic-News­let­ter]

Liebe Leser! Mit Barack Obama wird alles besser! Was? Ihr könnt den Namen nach den letzten Tagen nicht mehr lesen? Würdet Ihr da lieber George W. Bush stehen sehen? Na also. Und vor allem: Was der neue US-Präsident nun 2009 schon alles bewegt hat! 
Er hat eine fliegerische Meisterleistung bei einer Notwasserung auf dem
Hudson River vollbracht! Er hat das neue Animal-Collective-Album veröffentlicht! Er hat den dunkelblauen Hintergrund von der angeblich besten deutschen Musik-Webseite verbannt! Er hat Lukas Podolski nach Köln zurückgeholt! Er hat Kate Winslet zwei Golden Globes verliehen! Und er hat Barack Obama zum Präsidenten vereidigt! Danke, Barack!
Vor allem aber hat Barack Obama http://www.plattentests.de/ gleich fünf 8/10-Neuveröffentlichungen beschert: das "Album der Woche" von unserem Lieblingsmannsweib Antony und seinen Johnsons. "Vom Feuer der Gaben" von Klez.E, die sich endgültig als deutsche Radiohead positionieren. Außerdem grandiosen HipHop von Dälek, famosen Indie von The Phantom Band und deutschen Tiefsee-Rock von Nihiling. Danke, Barack! Barack Obama hat auch das Amazon-Suchfeld auf http://www.plattentests.de/ erfunden. [...]

[… und so wei­ter und so fort: plattentests.de dreht im News­let­ter völ­lig frei]

No, we can’t: Neue Regierung trifft auf alte Technik

[macnotes.de, unse­re Kol­le­gin Kath­rin]

Und weil unse­re Bun­des­re­gie­rung doch so ger­ne Din­ge ver­bie­tet, for­de­re ich jetzt eine gesetz­li­che Rege­lung gegen die­sen Irr­sinn!

Wobei wir da ver­mut­lich bes­ser gleich Ange­la Mer­kel durch Barack Oba­ma ers…*AU!*

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Ich bin nur zugezogen, holt mich hier raus!

Die pein­li­che Absa­ge der Love­pa­ra­de, die die­ses Jahr eigent­lich in Bochum statt­fin­den soll­te, bestimmt in den letz­ten Tagen die Lokal­pres­se:

Nein, von einem Image­scha­den kön­ne kei­ne Rede sein, gab Stadt­rat Paul Aschen­bren­ner (SPD) zu Pro­to­koll. „Weil wir eine ver­ant­wor­tungs­be­wuss­te Ent­schei­dung getrof­fen haben.“

(„Ruhr­nach­rich­ten“)

Gut, dass Bochum kein Image hat, was zu Scha­den kom­men könn­te. Und wen inter­es­sie­ren schon jun­ge Men­schen, die Krach hören und Rausch­gift kon­su­mie­ren?

Die SPD jeden­falls nicht:

So hat­te etwa der SPD-Orts­ver­ein Bochum-Ham­me, der schon Wolf­gang Cle­ment poli­tisch weit­ge­hend über die Klin­ge sprin­gen ließ, einen Antrag für den Rat vor­be­rei­tet, wegen dro­hen­der Ver­mül­lung der Anlie­ger­stra­ßen vom Raver-Tanz­ver­gnü­gen ganz abzu­las­sen.

In dem Antrag vom 31. Juli 2008 heißt es wört­lich: „Der SPD-Orts­ver­ein Bochum-Ham­me sieht in der Aus­rich­tung der Love­pa­ra­de 2009 in Bochum kei­nen kul­tu­rel­len bzw. nach­hal­ti­gen Bei­trag zur Ver­bes­se­rung des Images des Ruhr­ge­bie­tes bzw. für das Kul­tur­haupt­stadt­jahr 2010. Die im Rah­men der Orga­ni­sa­ti­on ent­ste­hen­den Kos­ten und Nach­fol­ge­schä­den ste­hen in kei­nem Ver­hält­nis zum Nut­zen die­ser Ver­an­stal­tung und sind öffent­lich nicht ver­tret­bar.” Bochum sol­le des­halb die Ver­an­stal­tung zurück­ge­ben.

(„WAZ“)

Aber die sehr end­li­che Kom­pe­tenz der SPD mani­fes­tiert sich bis ins kleins­te Detail:

Im Som­mer 2008 ver­ab­schie­de­te der Orts­ver­ein den Antrag an den Rat, die Love­pa­ra­de in Bochum abzu­bla­sen, wegen Gefahr der Ver­mül­lung und ande­rer Schä­den. Zwar wur­de der Antrag nie abge­schickt, doch in den SPD-Gre­mi­en wie Rats­frak­ti­on und Unter­be­zirks­par­tei­tag sicker­te die Ableh­nung gleich­wohl durch.

(Noch mal die „WAZ“)

Ent­spre­chend gut lässt sich die­ser Eier­tanz kom­men­tie­ren:

Wie eine Nach­ge­burt kom­men nun Ein­schät­zun­gen zu Tage, die dar­auf hin­wei­sen, dass die Macher der Bochu­mer Poli­tik mit der Love­pa­ra­de wenig am Hut hat­ten. Statt­des­sen ging die Sor­ge um, das The­ma spal­te und kön­ne im Super­wahl­jahr 2009 Wäh­ler­stim­men kos­ten.

Das aller­dings ist nicht von der Hand zu wei­sen. Zu auf­fäl­lig, wie ein­drucks­voll und wort­mäch­tig sich Bochu­mer Poli­ti­ker über Kon­zert­haus­bau, Cross-Bor­der-Deal und Gott und die Welt ver­brei­tet haben, das The­ma Love­pa­ra­de aber fast gänz­lich mie­den. […]

Und dann die Kos­ten: 130 000 Euro allein durch den Ein­satz der Feu­er­wehr und Ret­tungs­diens­te. Ganz zu schwei­gen von hun­der-ten Extrabus­sen. Und der befürch­te­ten Ver­mül­lung. Das wirkt doch sehr wie ein run­des bestell­tes Gut­ach­ten. Von Leu­ten, die nicht wirk­lich wol­len.

(Kom­men­tar in der „WAZ“)

Ins­ge­heim dürf­ten spä­tes­tens seit dem Erfolg der Love­pa­ra­de in Essen klar gewe­sen sein: Bochum ist dem nicht gewach­sen. Da das nie­mand sagen will, fehl­te nur ein Grund für die Absa­ge.

Zum Glück gibt es die Gleis­bau­ar­bei­ten der Bahn.

(Kom­men­tar in den „Ruhr Nach­rich­ten“)

Der publi­zis­ti­sche Todes­stoß kam aller­dings aus der alten Hei­mat der Love­pa­ra­de. Ein Pro­vinz­por­trät in zwei­ein­halb Sät­zen:

Her­bert Grö­ne­mey­er hat Bochum groß gemacht, aber nicht groß genug. Die Love­pa­ra­de – Älte­re wer­den sich erin­nern – kann dort in die­sem Jahr man­gels Kapa­zi­tät nicht statt­fin­den: Bahn­hof zu klein, Miet­toi­let­ten aus­ge­bucht, zu wenig Papier­kör­be, so etwa.

(„Der Tages­spie­gel“)

Der SPD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­de im Bochu­mer Stadt­rat wird von der „WAZ“ übri­gens wie folgt zitiert:

Es wur­de der Ein­druck erweckt, als wären nur Dep­pen am Werk.

Wie jetzt? „Ein­druck“? „als“?

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Rundfunk Digital

Von der Attraktivität deutscher TV-Nachrichten

Sie wer­den es mitt­ler­wei­le alle mit­be­kom­men haben: Ges­tern Nach­mit­tag (Orts­zeit) fie­len bei einem Air­bus A320 kurz nach dem Start am La Guar­dia Air­port bei­de Trieb­wer­ke aus und der Pilot muss­te die Maschi­ne auf dem Hud­son River not­lan­den.

Dass alle 155 Insas­sen über­lebt haben, darf man wohl getrost als ziem­li­ches Glück bezeich­nen: zwar ist der Hud­son eini­ger­ma­ßen breit und frei von Brü­cken und damit – im Gegen­satz zum East River auf der ande­ren Sei­te Man­hat­tans – durch­aus für Not­was­se­run­gen geeig­net, aber ein Flug­zeug auf einem viel befah­re­nen Fluss auf­zu­set­zen und es anschlie­ßend zu eva­ku­ie­ren, wäh­rend es lang­sam im eis­kal­ten Was­ser unter­geht, das zählt schon zu den außer­ge­wöhn­li­che­ren Auf­ga­ben eines Lini­en­pi­lo­ten.

Wer ges­tern Abend unse­rer Zeit beim Micro­blog­ging-Dienst twit­ter rein­ge­schaut hat, wur­de über die Lage bes­tens infor­miert: als eine der ers­ten Mel­dun­gen gab es ein Foto, das Janis Krums, der zufäl­lig auf einer der Fäh­ren im Hud­son und damit direkt am Unfall­ort war, mit sei­nem iPho­ne gemacht hat­te. twitpic.com brach zeit­wei­se unter dem Ansturm zusam­men und ziem­lich vie­le Nach­rich­ten­sei­ten berich­te­ten dar­über.

Wer mit einem Live­ti­cker von Augen­zeu­gen und eben­falls twit­tern­den Nach­rich­ten­agen­tu­ren ver­sorgt wur­de, für den waren die Infor­ma­tio­nen, mit denen das deut­sche Fern­se­hen sei­ne Zuschau­er zu beglü­cken ver­such­te, natür­lich ein Desas­ter. Statt ein­fach „ins Inter­net“ zu gucken, griff man lie­ber auf dün­ne Agen­tur­mel­dun­gen und Repor­ter vor Ort zurück.

Dabei ist es ein über­hol­ter Irr­glau­be der Nach­rich­ten­ma­cher, bei einem Ereig­nis erst mal an den Ort des Gesche­hens schal­ten zu müs­sen. Dort steht dann ein über­for­der­ter Repor­ter den Ret­tern im Weg rum und kann sei­ne Ein­drü­cke schil­dern – wobei er sich natür­lich gera­de gar kei­ne eige­nen Ein­drü­cke ver­schaf­fen kann, weil er ja in einer zwar atmo­sphä­ri­schen, aber weit­ge­hend Infor­ma­ti­ons­lo­sen Schal­te mit einem wiss­be­gie­ri­gen Repor­ter gefan­gen ist. Wenn er Glück hat, hat er vor­her einen Pas­san­ten fra­gen kön­nen, ob der einen lau­ten Knall gehört habe.

Nun wür­de ich nicht so weit gehen und sagen, das Inter­net kön­ne schon jetzt das Fern­se­hen erset­zen. Wenn sich mei­ne Groß­el­tern, Eltern und vie­le mei­ner Freun­de über der­ar­ti­ge Ereig­nis­se infor­mie­ren wol­len, schal­ten sie natür­lich irgend­ei­nen Nach­rich­ten­sen­der ein und auch ich hat­te zwi­schen­durch CNN lau­fen, wo Wolf Blit­zer einen der Pas­sa­gie­re gera­de tele­fo­nisch der­art mit Fra­gen löcher­te, als müs­se er selbst noch in die­ser Nacht den Unter­su­chungs­be­richt der Luft­auf­sichts­be­hör­de ver­fas­sen.

Aber was die deut­schen Nach­rich­ten­sen­dun­gen da über den Äther schi­cken, war eine dump­fe Mischung aus Kaf­fee­satz­le­sen mit Tan­te Mimi, Onkel Heinz erzählt vom Angeln und Klein-Fritz­chen erzählt sei­ner Mut­ti, wie es in der Kir­che war, obwohl er wäh­rend­des­sen Fuß­ball­spie­len war.

„Zahl­rei­che Fähr­schif­fe ver­su­chen, Über­le­ben­de zu ret­ten“, teaser­te RTL sein „Nacht­jour­nal“ an, was wohl eben­so rich­tig, aber weit weni­ger dra­ma­tisch war als das „Es gibt kei­ne Anzei­chen für einen Ter­ror­an­schlag“, mit dem Gabi Bau­er die ARD-Nach­rich­ten­at­trap­pe „Nacht­ma­ga­zin“ eröff­ne­te, bevor sie eine Vier­tel­stun­de spä­ter Thors­ten Schä­fer-Güm­bel mit der Fra­ge, wie wich­tig Sex im Wahl­kampf sei (gemeint war wohl eher „Sex­ap­peal“), völ­lig aus der Fas­sung brach­te.

Den beson­de­ren Ernst der Lage konn­te man dar­an erken­nen, dass n‑tv sei­ne geplan­ten „Natio­nal Geographic“-Reportagen kipp­te und live auf Sen­dung ging. Wäh­rend CNN, Fox News, MSNBC und BBC World ziem­lich beein­dru­cken­de Live-Bewegt­bil­der aus New York hat­ten (die Hub­schrau­ber der gro­ßen Net­works schwe­ben ja eh die gan­ze Zeit über der Stadt), hat­te n‑tv einen Mode­ra­tor im Stu­dio, meh­re­re „Brea­king News“-Laufbänder, ein paar Fotos und einen Repor­ter am Tele­fon. Und der sag­te, wenn ich ihn nicht völ­lig falsch ver­stan­den habe, dass es wohl „bald“ die ers­ten Han­dy-Fotos und ‑Vide­os im Inter­net zu sehen geben wür­de. Zu die­sem Zeit­punkt war twit­pic bereits down und bei flickr gab es jede Men­ge Foto­stre­cken und Ein­zel­bil­der zu sehen. Sogar ers­te Wit­ze.

Es geht mir gar nicht dar­um, Inter­net und Fern­se­hen gegen­ein­an­der aus­spie­len zu wol­len – und die Zei­tun­gen von heu­te waren schon gedruckt, bevor das Flug­zeug über­haupt abge­ho­ben hat­te. Aber ich den­ke, dass auch die Men­schen, die nicht bei twit­ter, flickr und Face­book unter­wegs sind, ein Anrecht auf aktu­el­le Infor­ma­tio­nen haben. Und die bekommt man heu­te nun wirk­lich so ein­fach und bil­lig wie noch nie. Auch als Nach­rich­ten­re­dak­teur des deut­schen Fern­se­hens.

Nach­trag, 20:20 Uhr: Auch mei­ne Freun­de von „RP Online“ berich­ten über die Fotos bei twit­ter und bei flickr.

Das Sen­sa­tio­nel­le dar­an: Sie schaf­fen das ohne einen ein­zi­gen Link!

Nach­trag, 17. Janu­ar, 00:23 Uhr: Zwei Tweets spä­ter hat „RP Online“ alles ver­linkt.

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Rundfunk Digital

Fahnenfluch (Metaware)

Da haben die Gra­fi­ker bei den „Tages­the­men“ also schon wie­der eine fal­sche Flag­ge ein­ge­blen­det – dies­mal die ame­ri­ka­ni­sche.

Und weil viel­leicht nicht jeder Deut­sche exakt weiß, wie die „Stars And Stripes“ aus­se­hen, erklärt „RP Online“ noch­mal, was genau noch­mal der Feh­ler war:

Kurz vor dem Ende der Sen­dung zeig­te die ARD nicht je drei rote und wei­ße Strei­fen, son­dern drei rote und vier wei­ße.

Na ja, fast

Nach­trag, 21:54 Uhr: Wie gesagt: „RP Online“ liest hier mit und stellt jetzt (etwas umständ­lich) klar:

Kurz vor dem Ende der Sen­dung zeig­te die ARD nicht je drei rote und wei­ße Strei­fen am lin­ken Rand unter­halb des Ster­nen­fel­des, son­dern einen wei­ßen zu viel.

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Rundfunk

Brüh im Lichte revisited

Deutschlandfahne (Symbolbild)

Deut­sche Medi­en­nut­zer sind genüg­sam, sie neh­men fast alles hin. Manch­mal schrei­ben sie einen empör­ten Leser­brief, wenn sie eine Kari­ka­tur nicht ver­ste­hen, aber ansons­ten sind sie still.

Nur zwei Sachen neh­men die Deut­schen ihren Medi­en übel: Wenn Frau­en den Namen eines Fuß­ball­ver­eins nicht rich­tig aus­spre­chen, und wenn sich „Tagesthemen“-Grafiker bei der Natio­nal­flag­ge ver­tun.

Dann war da eben mal für eine hal­be Minu­te eine rot-schwarz-gel­be Fah­ne zu sehen. Das ist pein­lich und ange­sichts der Voll­be­flag­gung von Wohn­häu­sern, Auto­mo­bi­len und Fahr­rä­dern die­ser Tage auch eini­ger­ma­ßen über­ra­schend. Die Kol­le­gen von DWDL.de haben’s gese­hen und auf­ge­schrie­ben, weil man das als Medi­en­ma­ga­zin natür­lich so macht. Hät­te ich ja auch getan.

Heu­te ist die Geschich­te aber das The­ma am ers­ten fuß­ball­frei­en Tag seit Wochen: Ganz groß auf der „Bild“-Zeitung, wo man sich mit gelb, rot und schwarz super aus­kennt, und in nahe­zu jedem ver­damm­ten Online-Medi­um.

Natür­lich darf auch, wer sel­ber ger­ne Feh­ler macht, sich über die Feh­ler ande­rer lus­tig machen – sonst gäbe es ja von heu­te auf mor­gen kei­nen Medi­en­jour­na­lis­mus mehr. Und natür­lich ist die Art und Wei­se, wie „ARD aktu­ell“ auf den „Vor­fall“ reagiert hat (nach­zu­le­sen bei Peer), sehr viel pein­li­cher als eine feh­ler­haf­te Gra­fik.

Aber …

Gibt’s grad nichts wich­ti­ge­res?

Zum Bei­spiel die ers­te Lesung des BKA-Geset­zes am ver­gan­ge­nen Frei­tag …

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Rundfunk Digital

Und jährlich grüßt der GOA

Im Pres­se­zen­trum des Medi­en­fo­rums NRW wuseln gera­de alle ganz hek­tisch durch­ein­an­der. Nein, das ist falsch: In Wahr­heit ste­hen wir hier, lachen uns kaputt und schüt­teln mit dem Kopf.

Da hat­te sich das Grim­me-Insti­tut sol­che Mühe gege­ben, ein ähn­li­ches Desas­ter wie im Vor­jahr zu ver­hin­dern, als die Preis­trä­ger des Grim­me Online Awards schon Tage vor der Preis­ver­lei­hung im Netz stan­den. Selbst WDR-Inten­dan­tin Moni­ka Piel, von der am Mon­tag alle dach­ten, dass sie sich ver­plap­pert hät­te, als sie in der Hit­ze der Dis­kus­si­on ver­kün­de­te, sie (ja: sie) bekom­me die­ser Tage einen Preis für ein Online-Spe­cial über Welt­re­li­gio­nen, hat­te ein­fach nur „Nomi­nie­rung“ und „Aus­zeich­nung“ ver­wech­selt und damit noch nichts ver­ra­ten.

Aber dann … ja, dann hat kress.de die Gewin­ner ein­fach raus­ge­hau­en:

„Infor­ma­ti­on“:
Stö­rungs­mel­der
WDR Media­thek regio­nal

„Wis­sen und Bil­dung“:
kids-hot­line
Zeitzeugengeschichte.de

„Kul­tur und Unter­hal­tung“:
Intro.de
Lite­ra­tur­port

„Spe­zi­al“:
Hobnox.com

Publi­kums­preis:
San­dra Scha­dek – ALS

Aber die Preis­ver­lei­hung heu­te Abend wird sicher trotz­dem nett.

Nach­trag 15:31 Uhr: kress.de waren offen­bar noch nicht mal die ers­ten. Um 13:20 Uhr war die Geschich­te schon bei informationweek.de online gegan­gen, wo sie um 15:30 Uhr wie­der ver­schwand.

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Falsch, fälscher, „Rheinische Post“

Dr. Mar­kus Dewen­der, Vor­sit­zen­der der Hilfs­or­ga­ni­sa­ti­on „Kin­der brau­chen uns“ und Bam­bi-Preis­trä­ger, hat gar kei­nen Dok­tor­ti­tel. Das berich­tet der „Spie­gel“ in sei­ner aktu­el­len Aus­ga­be und inzwi­schen hat sich Dewen­der offen­bar selbst ange­zeigt, um „zur raschen Auf­klä­rung“ bei­zu­tra­gen. So weit so all­täg­lich tra­gisch.

Bei der „Rhei­ni­schen Post“ hielt man es offen­bar für eine total knor­ke Idee, den heu­ti­gen Arti­kel über den fal­schen Dok­tor gleich mit einem fal­schen Mar­kus Dewen­der zu bebil­dern, denn irgend­wie hat der Mann auf dem Foto so gar kei­ne Ähn­lich­keit mit dem Mann, der hier, hier, hier und sogar bei „RP Online“ Mar­kus Dewen­der ist:

Nicht Dr. Markus Dewender. Noch nicht mal ohne Doktortitel. Markus Dewender. Mit Bambi, aber ohne Doktortitel.

(links: Der fal­sche Mann in der „Rhei­ni­schen Post“ von heu­te, rechts: Der rich­ti­ge Mann bei „RP Online“)

Der von der RP abge­druck­te Mann ist übri­gens Dr. med. Mat­thi­as Angrés, medi­zi­ni­scher Vor­stand des Ver­eins „Kin­der brau­chen uns“.

PS: Zumin­dest optisch näher gele­gen hät­te die „Rhei­ni­sche Post“, wenn sie fälsch­li­cher­wei­se das Foto aus dem neben­ste­hen­den Arti­kel ver­wen­det hät­te, das den Gewin­ner der „5 Mil­lio­nen SKL Show“ zeigt.

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Digital

Du willst es doch auch!

Es freut mich außer­or­dent­lich, dass die gro­ße Cof­fee-And-TV-Leser­wahl „Auf­guss 2007“ sich offen­bar auf Anhieb sol­cher Beliebt­heit erfreut, dass eini­ge Men­schen alles unter­neh­men, um auch gewählt zu wer­den.

Die­ser Tage erreich­ten uns noch fol­gen­de Bewer­bun­gen für die Kate­go­rie „Depp des Jah­res“:

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Back to the Futur II

Es ist (gera­de bei Lokal­zei­tun­gen) nicht gänz­lich unüb­lich, über kul­tu­rel­le Ver­an­stal­tun­gen, deren Ablauf man sich leicht aus­ma­len kann, zu schrei­ben ohne selbst vor Ort gewe­sen zu sein. Dabei muss man natür­lich hof­fen, dass kei­ne unvor­her­ge­se­he­nen Ereig­nis­se gesche­hen (z.B. das Fort­blei­ben eines Hits oder des gan­zen Head­liners) – und dass man nicht ver­se­hent­lich über Ereig­nis­se berich­tet, die noch gar nicht statt­ge­fun­den haben.

Die­se rei­fe Leis­tung voll­brach­te die Lokal­re­dak­ti­on der „Neu­en Rhein Zei­tung“ („NRZ“) in Dins­la­ken ((Wo sonst?)) die­se Woche. Am Diens­tag, 18. Dezem­ber druck­te sie ein (nicht als sol­ches gekenn­zeich­ne­tes) Archiv­fo­to der Dins­la­ke­ner Band Kukala­ka und schrieb dar­un­ter fol­gen­den Text, den jeder halb­wegs Infor­mier­te als lee­res Norm­ge­schwa­fel erken­nen konn­te:

Die Post ging ab beim Jugend-Musik­fes­ti­val von Stadt Dins­la­ken und Din-Town am Frei­tag­abend in der Kath­rin-Türks-Hal­le. Auf zwei Büh­nen brach­ten 14 loka­le Bands die Hal­le und ihre Fans zum Kochen. Von Hip-Hop bis Rock reich­te die Palet­te des dar­ge­bo­te­nen Pro­gramms. Bis weit in die Nacht hin­ein rock­ten und fei­er­ten die jugend­li­chen Besu­cher, was das Zeug hielt, und der fre­ne­ti­sche Jubel war wohl der schöns­te Dank an die Bands.

Fehlt eigent­lich nur noch der „Höhe­punkt des bun­ten Trei­bens“, für den man frei­lich wis­sen müss­te, wer denn da so gespielt hat – oder eben noch spie­len soll, denn das „Jugend-Musik­fes­ti­val“, das natür­lich auch einen Namen hat, fin­det frei­lich erst am mor­gi­gen Frei­tag, 21. Dezem­ber statt.

Jetzt lau­tet die ers­te Fra­ge natür­lich: Ist das schlimm, wur­de damit die jour­na­lis­ti­sche Sorg­falts­pflicht ver­letzt? Die Ant­wort ist kom­pli­ziert und führt uns hin­ein in den Kanin­chen­bau des Jour­na­lis­mus: Der kon­kre­te Fall, in dem ein Kon­zert beschrie­ben wur­de, bei dem kein Mit­ar­bei­ter gewe­sen sein kann, weil es ja noch gar nicht statt­ge­fun­den hat, ist viel­leicht nicht son­der­lich tra­gisch, er ist bei­na­he lus­tig. Aber er wirft zum Bei­spiel die Fra­ge auf, wie gewis­sen­haft Jour­na­lis­ten, die ein jugend­kul­tu­rel­les Groß­ereig­nis im Kalen­der nicht wie­der­fin­den, bei ande­ren The­men wie Kom­mu­nal­po­li­tik oder Kri­mi­na­li­tät arbei­ten.

Auch ist das Vor­ge­hen nicht ganz klar: War­um ver­wen­det man am Diens­tag ein Archiv­fo­to und einen sol­chen Blind­text, um ein (ver­meint­li­ches) Ereig­nis vom Frei­tag zu beschrei­ben? In der Sams­tags­aus­ga­be ergä­be eine sol­che Pseu­do-Aktua­li­tät ja noch einen Sinn, aber drei Tage spä­ter? Neh­men wir an, man ging in der Redak­ti­on von vor­ne her­ein davon aus, dass das Kon­zert am 14. Dezem­ber sei, und hat dafür kei­ne Mit­ar­bei­ter gefun­den: War­um berich­tet man dann trotz­dem über ein Ereig­nis, das einem so egal ist, dass man sei­nen Ter­min ((In der Regel fand das „School’s Out“ – daher auch der Name – immer am letz­ten Frei­tag vor Weih­nach­ten statt.)) ver­gisst? Nun, viel­leicht kam da einem Redak­teur der übli­che Lokal­zei­tungs-Gedan­ke, wonach die Objek­te der Bericht­erstat­tung ja zumeist auch Abon­nen­ten sind (wes­we­gen man auch nie von miss­lun­ge­nen Kon­zer­ten loka­ler Schul­chö­re, Musik­schu­len oder eben Bands lesen wird) und die­se ja bestimmt ger­ne etwas über sich oder ihre Ver­an­stal­tung in der Zei­tung lesen wür­den.

Irgend­wie ist der „NRZ“ der Feh­ler aber dann doch noch auf­ge­fal­len (oder sie wur­de dar­auf hin­ge­wie­sen), denn ges­tern fand sich in der für bun­te Mel­dun­gen reser­vier­ten „7. Spal­te“ fol­gen­de Bot­schaft:

Da waren wir ein wenig vor­aus­ei­lend. Doch wir hof­fen, dass das Musik­fes­ti­val der Jugend­li­chen beim School’s out am Frei­tag, 21. Dezem­ber, ein wirk­li­cher Erfolg wird. 14 loka­le Bands wer­den auf zwei Büh­nen ab 17.30 Uhr alles von Hip-Hop bis Rock spie­len. Die Tickets kos­ten an der Abend­kas­se 5 Euro, im Vor­ver­kauf (Bür­ger­bü­ros) gibt’s 60 Cent Rabatt. Rein kom­men nur Kids ab 14 Jah­re. Bit­te Aus­weis vor­zei­gen.

Nun ja, was sol­len die Redak­teu­re machen? In Sack und Asche zu Kreu­ze krie­chen und sich „Wir schrei­ben über alles – auch über nie pas­sier­tes“ in die Stirn rit­zen wäre viel­leicht ein wenig zu viel des Guten und offen­bar gibt es in der gan­zen Mit­ar­bei­ter-Kar­tei ja wirk­lich nie­man­den, der sich mit so einem Jugend­the­ma befasst und der städ­ti­schen Pres­se­mit­tei­lung noch etwas hin­zu­fü­gen könn­te. Nur, mal ehr­lich: Wer eine so deut­li­che Scheiß­egal-Hal­tung an den Tag legt, der soll­te sich nicht wun­dern, wenn ihm die letz­ten Leser in drei­ßig Jah­ren weg­ge­stor­ben sind.

[via mei­ne Mut­ter, mal wie­der]