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Wer sich erinnert, war nicht dabei (1)

Ich begrüße Sie herzlich zum Auftakt meiner neuen Serie „Songs, die heute außer mir niemand mehr kennt — nicht mal die teilnehmenden Musiker!“ (das geht vielleicht noch knackiger):

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Zur Popkomm 2002 war ganz Köln zugekleistert mit Aufklebern, auf denen „It’s Just Porn, Mum“ stand und mit denen dieses Meisterwerk des Pop Punk beworben werden sollte. BFBS Radio spielte die Single damals rauf und runter — mit überschaubaren Auswirkungen auf die – Achtung, antiquiertes Wort – CD-Verkäufe.

„Teenage Dirtbag“ von Wheatus ist ein Evergreen des Genres, „It’s Just Porn, Mum“ hingegen völlig in Vergessenheit geraten.

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Nur noch kurz die Welt vernichten

Wie jeder geistig etwas speziell gelagerte Musikliebhaber verbringe ich gerade meine Tage damit, Bestenlisten der Songs und Alben des Jahres zu ersinnen, zu verwerfen und völlig neu zu bauen. Es wird noch ein paar Tage dauern, bis ich hier meine für exakt drei Millisekunden gültigen Highlights des Musikjahres 2011 deponieren werde.

Vorher möchte ich schon einmal die Gelegenheit nutzen und mir den Unmut aus dem Leib schwämmen, den einige Songs dieses Jahr bei mir verursacht haben. Es ist gut möglich, dass ich das Schlimmste überhört habe, aber das, womit ich via Radio belästigt wurde, ist schlimm genug.

Folgen Sie mir also an den Ort, wo minimale Qualität auf maximalen Erfolg stößt:

5. Alexandra Stan – Mr. Saxobeat
Klamottenläden und Radio verbreiten die frohe Kunde: Das Neunziger-Revival gerät immer mehr in Fahrt. Eine Rückkehr des Eurodance hätte es dafür nicht zwingend gebraucht, wobei “Mr. Saxobeat” vor allem dadurch zu nerven wusste, dass man dem Song schlicht nicht entgehen konnte. Wenn die Verwertungskette bestehen bleibt, wird uns nächstes Jahr ein “Mr. Saxobeat”-Sample aus einem amerikanischen Hip-Hop-Song anspringen, der dann überraschend cool sein wird (vgl. O-Zone -> T.I. und Haddaway -> Eminem).

4. Nickelback – When We Stand Together
Nun ja: Nickelback halt. Der einfältige Rockschlager über böse Regierungen, Hunger und Armut auf der einen und das aufrichtige, einfache Volk (inkl. kanadischer Rock-Millionäre) auf der anderen Seite hätte zum Mottolied von Arabischem Frühling und Occupy-Bewegung werden können/sollen, was er offensichtlich nie geworden ist. Diese Welt ist also vielleicht doch gar nicht so schlecht.

3. Maroon 5 feat. Christina Aguilera – Moves Like Jagger
Eine Paarung, wie sie nur von den Marketingabteilungen großer Plattenfirmen erdacht werden kann — wer sonst käme auf die Idee, eine biedere Poprockband, die ihre besten Zeiten hinter sich hat, mit einer Sängerin zu vereinen, die ebenfalls den Zenit ihrer Karriere durchschritten hat? Die Spannung zwischen den Interpreten knistert in etwa wie die Erotik zwischen Angela Merkel und David Cameron, Beat und Hookline erinnern in ihrer Schlichtheit an das bereits verrissene “Mr. Saxobeat” und überhaupt hat der 68-jährige Mick Jagger ja wohl mal im kleinen Zeh mehr Talent, Charisma und Schwung als diese verzweifelte Reißbrett-Nummer, deren Erfolg die Verantwortlichen hoffentlich wenigstens ein bisschen überrascht und beschämt hat.

2. Sunrise Avenue – Hollywood Hills
Eigentlich finde ich ja, dass jede Band ihre Berechtigung hat, wenn sie nur einen Hörer findet, dem die Musik etwas bedeutet. Sunrise Avenue schaffen es immer wieder, meine liberale Weltsicht in diesem Punkt in Frage zu stellen. Ich meine: Was soll das? Wie langweilig kann man einen “Rocksong” spielen? Und sind mit den “Hollywood Hills” wirklich die chirurgisch optimierten sekundären Geschlechtsmerkmale junger Amerikanerinnen gemeint? Halt: Bitte antworten Sie der Hand, der Kopf will’s nicht hören.

1. Tim Bendzko – Nur noch kurz die Welt retten
Vordergründig hat hier jemand die Selbstwahrnehmung der deutschen Bundeskanzlerin vertont, tatsächlich ist die Debütsingle von Tim Bendzko die Summe all dessen, was bei Singer/Songwritern schief gehen kann: Überaffektierter Gesang, peinlicher, selbstverliebter Text und maximale Matthias-Schweighöfer-Gedenk-Waschlappenhaftigkeit in Videos und Interviews. Bendzko sorgt dafür, dass ich Elefanten eigenhändig auf das Dach des Burj Khalifa schleppen und ihn damit von oben abwerfen möchte. Zumindest aber möchte ich ihm ins Gesicht schreien: “Geh doch endlich die verkackte Welt retten und hör verdammt noch mal auf zu singen!”

Hach, das tat gut!