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Leben

Geht ins Ohr

Ich höre ger­ne Musik, wenn ich unter­wegs bin. Man hört zwar immer wie­der auch sehr schö­ne Sachen, wenn man in Super­markt­kas­sen­schlan­gen, an U‑Bahn-Hal­te­stel­len und an der Uni mit offe­nen Ohren durch die Welt geht, aber gera­de mor­gens will ich mich ger­ne noch ein wenig vor der bösen, bösen Wirk­lich­keit ver­ste­cken. ((Ich höre die Musik nicht son­der­lich laut, gera­de so, dass sie alles ande­re über­deckt. Neh­me ich die Ohr­hö­rer aus dem Ohr, kann ich die Musik in zehn Zen­ti­me­tern Ent­fer­nung nicht mehr hören. Des­we­gen ist mir eini­ger­ma­ßen unvor­stell­bar, wie laut die Musik bei Men­schen sein muss, die mit ihren Kopf­hö­rern gan­ze Regio­nal­zug­wa­gen beschal­len. Viel­leicht sind deren Kopf­hö­rer aber auch anders gebaut und geben den Schall aus­schließ­lich nach außen ab. (Je län­ger ich dar­über nach­den­ke: Das sind Kopf­hö­rer, die nach außen laut­stark Tech­no spie­len und innen hören die jun­gen Leu­te dann Udo Jür­gens oder Hör­bü­cher von Her­mann Hes­se.) ))

Wer viel unter­wegs Musik hört, hat einen recht hohen Ver­schleiß an Kopf­hö­rern. ((Damit mei­ne ich nicht die­se Din­ger mit den Bügeln oben dran, son­dern die­se klei­nen Stöp­sel, mit deren Hil­fe man das Ohren­schmalz tie­fer in den Hör­ka­nal drü­cken kann.)) Mal tritt man beim Schu­he­an­zie­hen drauf, mal gera­ten sie in den Staub­sauger und manch­mal ver­hed­dert man sich damit ein­fach in sich schlie­ßen­den U‑Bahn-Türen. Wenn das alles nicht pas­siert, bre­chen ein­fach irgend­wann die Kabel, weil man sie stän­dig unschön auf­wi­ckeln muss, wenn man das mobi­le Musikab­spiel­ge­rät in die Tasche steckt.

Des­halb muss ich regel­mä­ßig los und neue Ohr­hö­rer kau­fen. Ich fürch­te, seit mei­nem ers­ten Sony-Disc­man mehr Geld für Kopf­hö­rer aus­ge­ge­ben zu haben als für die dar­an ange­schlos­se­nen Gerä­te. ((Ein­zig über­trof­fen viel­leicht von den Aus­ga­ben für Bat­te­rien. Zum Glück hat mein MP3-Play­er einen ein­ge­bau­ten Akku.)) Wenn man mal über­ra­schend Ohr­hö­rer gefun­den hat, mit denen man weit­ge­hend zufrie­den ist ((Mensch­li­che Ohren sind ja so unter­schied­lich, dass man­che Geheim­diens­te Kar­tei­en mit Ohr­ab­drü­cken ange­legt haben.)), kann man sicher sein, dass es sie nach der Ver­schrot­tung der aktu­el­len Aus­ga­be nicht mehr geben wird. Ohr­hö­rer sind ein von Tech­nik­jour­na­lis­ten nur wenig gewür­dig­ter Markt – ver­mut­lich wird die Pro­dukt­pa­let­te alle drei­ein­halb Wochen ein­mal kom­plett umge­stellt.

Sony scheint sich von heu­te auf mor­gen kom­plett aus dem Markt zurück­ge­zo­gen zu haben, dafür sehen man­che (sünd­haft teu­ren) Gerä­te so aus, als wag­ten sie sich in Regio­nen vor, wo kein Wat­te­stäb­chen zuvor gewe­sen ist. Ich suche mir dann immer das Pro­dukt aus, das am ehes­ten an die letz­te Inkar­na­ti­on von Ohr­hö­rern erin­nert und das preis­lich unter zehn Euro liegt. Und jetzt muss ich mal gucken, was mei­ne Ohren dazu sagen.