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Salzburg Calling

Gera­de so bei GoTV rein­ge­zappt und die Schluss­ein­blen­dung und die letz­ten vier Tak­te eines Songs mit­be­kom­men. Die klan­gen so viel­ver­spre­chend, dass ich den Song gleich mal bei You­Tube gesucht und – Oh Wun­der des Urhe­ber­rechts – auch gefun­den habe:

Der ers­te Refrain kann nicht ganz das Ver­spre­chen ein­hal­ten, das der Song bis dahin auf­ge­baut hat. Bei der drit­ten Wie­der­ho­lung (er ist ja eine ein­zi­ge Wie­der­ho­lung) ent­fal­tet er aller­dings durch­aus sei­nen Charme. Nichts Welt­be­we­gen­des, aber zumin­dest mal wie­der ein biss­chen neu­es Leben in der extrem öde gewor­de­nen Schub­la­de mit der Auf­schrift „Indie Rock“.

Trip­pin In Lon­don kom­men – man kann es sich bei die­sem lei­der etwas doo­fen Namen den­ken – nicht aus Eng­land. Statt­des­sen kom­men sie – das kann man sich beim GoTV-Ein­satz den­ken – aus Öster­reich, genau­er: Salz­burg. Kämen sie aus Dins­la­ken, wür­den deut­sche Musik­jour­na­lis­ten sicher steil gehen.

Auf einer obsku­ren Sei­te namens MySpace gibt es wei­te­re Songs zu hören, bei iTu­nes gibt’s noch nix.

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Und dann kam Polli

Vor vie­len Jah­ren schrieb ich in einer der Rezen­sio­nen, die ich damals in Fließ­band­ar­beit für ein Online-Musik­ma­ga­zin anfer­tig­te, über das völ­lig okaye Debüt­al­bum von Jona Stein­bach den fol­gen­den, weder klu­gen noch schö­nen Satz:

Viel­leicht schafft man es irgend­wann, eine CD mal nicht als Mani­fest einer geschei­ter­ten Gene­ra­ti­on, son­dern ein­fach nur als Ton­trä­ger zu begrei­fen.

Als ein gutes Jahr spä­ter das Zweit­werk des Köl­ners erschien, stand auf der dazu­ge­hö­ri­gen Pres­se­info das fol­gen­de, angeb­li­che Zitat:

Das Mani­fest einer geschei­ter­ten Gene­ra­ti­on.

Spä­tes­tens da wuss­te ich: Die­se, auch „Wasch­zet­tel“ genann­ten, Pres­se­infos sind das Schlimms­te, was das Musik­busi­ness zu bie­ten hat. (Und das Musik­busi­ness hat immer­hin Prof. Die­ter Gor­ny zu bie­ten.)

Selbst Sät­ze, die einem unter nor­ma­len Umstän­den nicht wei­ter auf­fal­len wür­den, wir­ken in Pres­se­infos dumm und gestelzt. Und dann gibt es ja noch die gan­ze Kli­schee-Grüt­ze von wegen „in kei­ne Schub­la­de pas­sen“, „rei­fer gewor­den“ und „ihr bis­her bes­tes Album“. Wenn man Glück hat (ja, wirk­lich: Glück) steht da wenigs­tens noch eine Lat­te von Künst­lern, die angeb­lich so ähn­lich klin­gen, und man kann schon vor dem Hören abschät­zen, ob man sich das jetzt wirk­lich antun will.

Wenn ich selbst Pres­se­tex­te ver­fas­sen soll­te (zum Bei­spiel, damit Dins­la­ke­ner Lokal­re­dak­tio­nen aus­führ­li­che Ankün­di­gun­gen von Kon­zer­ten abdru­cken konn­ten, in die sie kei­ne Sekun­de eige­ner Arbeit inves­tie­ren muss­ten), dann ging das nur mit sehr viel Über­win­dung und unter Selbst­hass und Schmer­zen.

Den­noch über­win­de ich mich etwa ein­mal im Jahr und hacke eine Pres­se­info in die Tas­ten – wenn man anschlie­ßend eine hal­be Stun­de heiß duscht, geht’s meis­tens wie­der. Die zu lob­prei­sen­den Künst­ler müs­sen aber a) Freun­de von mir sein und b) Musik machen, die mir wirk­lich, wirk­lich gefällt. Bei­des war im Fall von Poly­a­na Fel­bel gege­ben und so schrieb ich die Pres­se­info, um alle Pres­se­infos zu been­den.

Poly­a­na Fel­bel, das sind Poly­a­na Fel­bel und Taka Cha­nai­wa aus Köln („einer Stadt, die man nicht gera­de mit den Wei­ten des nord­ame­ri­ka­ni­schen Kon­ti­nents oder den Wäl­dern Skan­di­na­vi­ens ver­bin­det“, wie es in der Pres­se­info fak­tisch eini­ger­ma­ßen kor­rekt heißt) und ges­tern haben sie dort ihr ers­tes offi­zi­el­les Kon­zert gespielt. Rund 50 Men­schen hat­ten sich im Thea­ter der „Wohn­ge­mein­schaft“ (ein etwas bemüht im urba­nen Retro-Chic gehal­te­nes Etwas mit Knei­pe, Hos­tel und Büh­ne) ver­sam­melt und den Raum damit auf mucke­li­ge 30° Cel­si­us auf­ge­heizt. Eini­ge kamen gar ver­klei­det, was sich aller­dings mit der Rhein­län­dern offen­bar inne­woh­nen­den, ansons­ten aber völ­lig unver­ständ­li­chen Affi­ni­tät zu Schnaps­zahl-Daten erklä­ren lässt.

Das Vor­pro­gramm bestritt ein auf­stre­ben­der Singer/​Songwriter und Zoll­be­am­ten-Bespa­ßer aus Bochum, dann ging es rich­tig los: Pol­li und Taka eröff­ne­ten mit einem Cover von Cold­plays „Green Eyes“ und es dau­er­te unge­fähr zehn Sekun­den, bis sich Gän­se­haut und Sprach­lo­sig­keit Raum bra­chen. Mit jedem wei­te­ren Stück – neben eini­gen Eige­nen auch Neu­in­ter­pre­ta­tio­nen von „The Blower’s Daugh­ter“ (Dami­en Rice), „Use Some­bo­dy“ (Kings Of Leon) und „Kids“ (MGMT) – wuchs die Begeis­te­rung und am Ende des Abends war ein Jeder, ob Männ­lein oder Weib­lein, ein biss­chen in Pol­li ver­liebt.

Das ist aber auch tol­le Musik, die­ser Folk, den die bei­den da machen: Einer­seits fili­gran wie ein letz­tes, ver­trock­ne­tes Blatt im Herbst­wind, ande­rer­seits mit einer unge­heu­ren Kraft und Stimm­ge­walt vor­ge­tra­gen. Ver­glei­che mit Kath­le­en Edwards, Lori McKen­na oder Hem klop­fen an und müs­sen nicht gescheut wer­den (um eine in der Pres­se­info unbe­nutz­te Phra­se doch noch zu ver­bra­ten). Es ist ein­fach toll zu sehen, wie zwei jun­ge Men­schen mit Spaß und Ernst­haf­tig­keit Musik machen und damit einen voll gepack­ten Raum zum Schwei­gen und Schwel­gen brin­gen.

Für die nun dräu­en­den dunk­len Aben­de sei­en Ihnen Poly­a­na Fel­bel daher schwers­tens ans Herz gelegt. Hör­pro­ben gibt es auf einer obsku­ren klei­nen Inter­net­sei­te namens MySpace und hier:

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You should have known by now you were on my list

Nach­dem Lukas nun seit Wochen schon erheb­li­che Stü­cke sei­ner Zeit dafür auf­bringt, die letz­ten zehn Jah­re nach den musi­ka­li­schen Häfen sei­nes Lebens zu durch­fors­ten, ((Für den Strauß Stil­blü­ten, der in den nächs­ten Zei­len sicher noch dicker wer­den wird, darf man sich dann am Schluss bei mir bedan­ken.)) macht sich mitt­ler­wei­le ange­sichts des mit Pfer­den und Streit­wa­gen her­an­brau­sen­den Jah­res­en­des auch bei mir der Zug­zwang bemerk­bar, zumin­dest die letz­ten zwölf Mona­te die­ses über­durch­schnitt­lich guten Plat­ten­jah­res in eine gewis­se, zumin­dest für mich gül­ti­ge Ord­nung zu brin­gen.

Wenn ich mei­nen last.fm-Statistiken Glau­ben schen­ken darf, und das ist auf­grund eini­ger über das ers­te Quar­tal 2009 ver­teil­ten Kom­plett­ab­stür­ze mei­nes alten Rech­ners, denen regel­mä­ßig eine eher spo­ra­di­sche Neu­in­stal­la­ti­on irgend­wel­cher Sta­tis­tik-Plug­ins folg­te, höchst frag­wür­dig, dann beginnt das Jahr und beginnt die­se Rang­lis­te mit bedenk­lich hoher Rota­ti­on des Albums „Noble Beast“ von Andrew Bird, der mich schon mit der 2007 erschie­ne­nen Plat­te „Arm­chair Apo­crypha“ an mei­ner despek­tier­li­chen Hal­tung gegen­über Sport­mu­sik und Muckertum hat­te zwei­feln las­sen. Ent­ge­gen der sta­tis­ti­schen Hin­wei­se kann ich mich aller­dings selt­sa­mer­wei­se kaum dar­an erin­nern, Birds jüngs­tes Werk ein­ge­hend unter die Lupe genom­men zu haben, im Gegen­teil erin­ne­re ich mich nur noch dar­an, dass im Ope­ner „Oh No!“ an einer Stel­le von einem Gefäng­nis die Rede ist. Den Rest der Songs fin­de ich in der Rück­schau ent­we­der gar nicht mehr, oder ziem­lich bedeu­tungs­los. Den­noch steht der Mann hier, weil mich die rela­ti­ve Ent­täu­schung über „Noble Beast“ dazu ver­lei­tet hat, „Arm­chair Apo­crypha“ wie­der zu hören, wenn nicht gera­de der ver­ma­le­dei­te Com­pu­ter wie­der im Abrau­chen begrif­fen war. Daher gibt es hier jetzt also für die­ses nicht 2009 erschie­ne­ne Album von mir Platz 10 des Jah­res 2009. Schö­ne Dop­pel­stan­dards habe ich ja.

Auf Lis­ten­platz 9 lan­det eine Schei­be, bei der ich mir zum Zeit­punkt ihres Erschei­nens, also im März, noch unum­stöß­lich sicher war, dass nichts und nie­mand mehr dazu in der Lage sein wür­de, mich davon abzu­brin­gen, es schon aus der hier seman­tisch über­aus schief ver­wen­de­ten ex-ante-Per­spek­ti­ve zum Album des Jah­res zu erklä­ren. „Hazards Of Love“ von The Decem­be­rists ist im posi­ti­ven Sin­ne ein Kon­zept­al­bum ((Wenn ich im Zusam­men­hang mit Kon­zept­al­ben von posi­ti­vem Sinn spre­che, mei­ne ich das durch­aus als tie­fe Wür­di­gung des Künst­lers. Das letz­te „Kon­zept­al­bum“, das mir von Freun­den als hör­bar nahe­ge­legt wor­den ist, war irgend­was von Dream Thea­ter und kann mitt­ler­wei­le nach­hal­tig dazu ver­wen­det wer­den, mich in rasen­der Geschwin­dig­keit aus der Woh­nung zu jagen. Ob ich kom­plett ange­klei­det bin oder nicht.)) über so eine Art Lie­bes­ge­schich­te. Aller­dings wer­den da wohl auch Prot­ago­nis­ten von wil­den Vögeln ent­führt und ins heu­ti­ge Russ­land depor­tiert (ganz habe ich das noch nicht ver­stan­den, viel­leicht kommt das noch). Jeden­falls ist das ein wun­der­ba­res Album von einer eben­so wun­der­ba­ren Band, die wun­der­ba­rer­wei­se am lau­fen­den Band Auf­nah­men ver­öf­fent­licht, ohne dass das nervt. War­um „Hazards Of Love“ hier also nicht an der Pole Posi­ti­on steht, ((Zu Ihrem Stil­blü­ten­strauß haben Sie nun noch eine beson­ders präch­ti­ge Rose dazu­ge­schenkt bekom­men.)) lässt sich wohl nur dadurch erklä­ren, dass irgend­wann fol­gen­de Din­ge pas­siert sind:

Ich freun­de­te mich mit Ani­mal Coll­ec­ti­ve an, was schon allein dadurch etwas Beson­de­res ist, weil ich ein paar Jah­re vor­her noch jedem ver­gif­te­te Bli­cke zuge­wor­fen hat­te, der mir deren vor­letz­tes Album „Feels“ nahe­le­gen woll­te. Für mich war die­se Band und alles mit ihr Zusam­men­hän­gen­de ein vager Abklatsch von längst ver­bli­che­nen Idol­fi­gu­ren wie Cir­cu­la­to­ry Sys­tem, Oli­via Tre­mor Con­trol und so wei­ter, mit dem Unter­schied, dass Ani­mal Coll­ec­ti­ve es für mei­nen Geschmack ein wenig über­trie­ben mit der Psy­che­de­li­tät. Und nun die­se Plat­te! „Mer­ri­wea­ther Post Pavil­li­on“ ist einer der für mich (und ver­mut­lich jeden ande­ren auch) sel­te­nen Fäl­le, die sofort mit vol­ler Wucht ein­schla­gen und danach trotz­dem immer noch bes­ser und aber vor allen Din­gen nicht lang­wei­lig wer­den. Die­ses Album ver­ur­sacht in mir ein nicht mehr weg­zu­leug­nen­des Bedürf­nis zu tan­zen, ((Liegt auf mei­ner per­sön­li­chen Wert­schät­zungs­ska­la nur knapp ober­halb von Kon­zept­al­ben, dies­mal aber eher aus voll­kom­men per­sön­li­chen Grün­den.)) wo es mög­lich ist und ist auch sonst ein­fach ziem­lich per­fekt. Lei­der habe ich es erst sehr spät ken­nen­ge­lernt (lies: vor knapp ein­ein­halb Mona­ten) und kann es des­halb lei­der noch nicht guten Gewis­sens höher ein­stu­fen als auf Platz 8. Aber fra­gen Sie mich nächs­tes Jahr noch­mal, wie ich retro­spek­tiv ent­schei­den wür­de!

Ich sprin­ge chro­no­lo­gisch. Sie haben das viel­leicht schon geahnt. Wenn ich mir also den Juni die­ses Jah­res so auf last.fm angu­cke, erschleicht mich ein Pein­lich­keits­ge­fühl und noch dazu eine Mah­nung an so etwas wie eine Pflicht­schul­dig­keit, näm­lich dahin­ge­hend, dass es ja eigent­lich nicht sein kann, dass man über vier Wochen hin­weg nicht nur einen ein­zi­gen Künst­ler, son­dern tat­säch­lich immer ein- und das­sel­be Album des glei­chen Künst­lers hört, wie­der und wie­der. Die­ses Delik­tes habe ich mich schul­dig gemacht, und das auch noch mit schmie­rigs­tem eng­li­schen Indie­rock, den man drü­ben beim NME in der Jah­res­end­lis­te ver­mut­lich auch irgend­wo auf­ge­führt hat, aber fra­gen Sie mich nicht, ich habe kei­ne Ahnung vom NME, die Charts dort ver­fol­ge ich qua­si nicht. Ich ver­mu­te ein­fach, dass die da eine Gre­at-Bri­tain-Quo­te haben, die ihnen ver­bie­tet, mehr als fünf­zig Pro­zent der jewei­li­gen Charts von Nicht-Bri­ten ein­neh­men zu las­sen, andern­falls wird wohl ein­fach irgend­was ein­ge­fügt, das ent­fernt nach Franz Fer­di­nand klingt. Aber ich schwei­fe ab: Die­ses schlei­mi­ge, auf Hoch­glanz polier­te und viel zu pathe­ti­sche Album, das mich aus Grün­den der inne­ren Kohä­renz und der Gefühls­ge­walt so umge­wor­fen hat, dass ich wage, ihm eine bes­se­re Stel­le als den Decem­be­rists zukom­men zu las­sen, ist „Wall Of Arms“ von The Mac­ca­bees. Man kann heut­zu­ta­ge kei­nen toten Fisch wer­fen, ohne jeman­den zu tref­fen, der genau­so klingt, ich weiß, aber den­noch: Sehr schö­nes Ding. Emp­feh­lens­wert ist hier ins­be­son­de­re der Song „Wil­liam Powers“. Platz 7 für die Mac­ca­bees und „Wall Of Arms“.

Irgend­wann im Sep­tem­ber stol­per­te ich über eine Band namens Tap Tap, von der ich abso­lut gar nichts weiß, außer, dass sie dem Akzent des Sän­gers nach eben­falls aus dem Ver­ei­nig­ten König­reich stammt und ein Album namens „On My Way“ her­aus­ge­bracht hat­te. Es pas­siert mir indes nicht oft, dass mich eine Plat­te so über­zeugt wie die­se hier, ohne dass ich auch nur den gerings­ten Schim­mer habe, wer eigent­lich dahin­ter steckt. Ver­mut­lich hängt das mit der Mini­mal­men­ge Fan­boy-Tum zusam­men, die einen dazu bringt, erst­mal anhim­meln kön­nen zu wol­len, ehe man ent­schei­det, das Pro­dukt auch „objek­tiv“ gut zu fin­den. Aber hier! So ein­fa­che, eigent­lich so sehr nach Sche­ma F kom­po­nier­te Songs, dass man sofort wie­der Pearl Jam hören dür­fen will, und den­noch so ori­gi­nell und Ver­trau­ens­vor­schuss hei­schend, dass es mir schon arg Weh tun wür­de, müss­te ich irgend­wann her­aus­fin­den, dass Tap Tap eine Band von poli­tisch am rech­ten Rand sich tum­meln­den Sau­er­kraut­stamp­fern wären, die wochen­tags ger­ne Vor­schul­kin­dern die Base­ball­müt­zen vom Kopf schie­ßen oder sowas. Aber ich glau­be auch nicht, dass es so weit kom­men muss. Platz 6 over here!

Jetzt wird es ernst. Bei allem, was jetzt kommt, muss­te ich für die fina­le Rei­hen­fol­ge der­art grü­beln, dass sich an mei­nen Schlä­fen nun tat­säch­li­che Grü­bel­gru­ben gebil­det haben, aus denen man dann ger­ne mal kol­lek­tiv Zwie­bel­dip abs­tip­pen darf, soll­te ich der­einst als Tisch in einem mexi­ka­ni­schen Restau­rant ange­stellt sein. Es muss daher jetzt auch ver­gleichs­wei­se schnell gehen, weil ich mir das mit dem Grü­beln nicht so rich­tig abge­wöh­nen konn­te und nun, ein­mal ent­schlos­sen, lie­ber mit geschlos­se­nen Augen durch die Wand fah­re, als mich wie­der in end­lo­sen Abwä­gun­gen wie­der zu fin­den.

Platz 5 die­ser mit nie­man­dem abge­spro­che­nen und über­aus sub­jek­ti­ven Album­chart­lis­te des ver­gan­ge­nen Jah­res geht an eine klei­ne, fei­ne Band namens Clues, die aller­dings inso­fern hoch­ka­rä­tig ist, als in ihr sowohl ein ehe­ma­li­ges Mit­glied der Uni­corns als auch ein Prä-Fun­e­ral-Mit­mu­si­ker von The Arca­de Fire ihr zwei­fels­oh­ne ernst gemein­tes Blut-Schweiß-Trä­nen-Hand­werk tun. Im Mai ver­öf­fent­lich­ten sie ihr selbst­be­ti­tel­tes Debut, bei dem es sich um den sprich­wört­li­chen Wahn­sinn han­delt. Der Grund, war­um die­ses Album fünf Plät­ze fal­len muss­te und des­halb nicht auf dem ers­ten Platz liegt, ist ein in der Mit­te des Albums ver­or­te­ter Song namens „You Have My Eyes Now“, bei dem ich über­haupt kei­nen Zugang fand, und der mei­nes Erach­tens auch kohä­renz­mä­ßig über­haupt nicht auf die­ses Album passt. Natür­lich will ich nicht behaup­ten, dass ich die minu­ti­ös geplan­te Lied­ab­fol­ge solch einer guten Plat­te bes­ser ver­ste­he als die betref­fen­de Band selbst, aber in die­sem Fall hat sich immer eine sehr inter­es­san­te Rei­se in mei­nem Kopf auf­ge­baut, ehe die­ser Track eine Ver­wir­rung bei mir aus­löst, die mich lei­der zum sofor­ti­gen Wei­ter­skip­pen zwingt.

Platz 4 geht an „The Con­for­mist“ von Dove­man, einem jun­gen Mann, der mir als Tour­po­sau­nist der fan­tas­ti­schen New Yor­ker Band The Natio­nal bekannt wur­de. „The Con­for­mist“ ist eine sehr ruhi­ge und bestän­dig trau­ri­ge, aber natür­lich auch aus ande­ren Grün­den schö­ne Plat­te, die unter ande­rem mit Bryce und Aaron Dess­ner von The Natio­nal auf­ge­nom­men und pro­du­ziert wur­de. Ab und an, zum Bei­spiel im Song „Angel’s Share“ hört man gar Matt Ber­nin­ger als zwei­te Stim­me mit­grum­meln, was für jeman­den, der wie ich eine durch­aus irra­tio­na­le Lie­be zu The Natio­nal pflegt, eine ver­mut­lich eben­so irra­tio­na­le Ver­klä­rung aller Musik, in der die drin hän­gen, bedeu­tet. Aber das ist ja dann auch wie­der egal, wenn das Pro­dukt so schön klingt. Super Sache! ((Eine eben­so super Sache ist außer­dem, dass wei­te­re Back­ing Vocals von einer gewis­sen Norah Jones gesun­gen wur­den, zu der man ver­mut­lich auch nur eine höchst irra­tio­na­le Lie­be haben kann, was im vor­lie­gen­den Fall aber auch so ist.))

Roy­al Bangs aus Knox­ville grei­fen für ihr zwei­tes Album „Let It Beep“ den drit­ten Platz ab. Es gibt ja immer sol­che Schei­ben, an denen alles stimmt. Die letz­te die­ser Art, die nicht aus 2009 stammt und an die ich mich ohne Hil­fe erin­nern kann, ist „Recon­s­truc­tion Site“ von The Wea­k­erthans. ((Musik, Lyrics und Art­work waren so umwer­fend, dass ich schon beim drit­ten oder vier­ten Hören wuss­te, dass hier jemand mal eben ein Meis­ter­werk abge­lie­fert haben muss­te, schein­bar ohne beson­ders exal­tiert mit irgend­wel­chen Wim­pern zu zucken.)) Die­ses Jahr gibt es für mich immer­hin zwei die­ser Art. Eine davon ist die eben Genann­te der Roy­al Bangs, die ich mir ein­zig und allein wegen des Covers zuleg­te und dann zwei Wochen am Stück hören muss­te, wo ich ging und stand (eine Aus­drucks­wei­se, die vom Erschaf­fer der­sel­ben ver­mut­lich wohl doch eher aus­schließ­lich für das Prä­sens gedacht war). Inner­halb die­ser zwei Wochen gab es dann auch noch über­ra­schend ein Kon­zert im Kreuz­ber­ger „West­ger­ma­ny“, was natür­lich kein Zufall sein konn­te. Elek­tro-Rock ohne alles, was das Wort „Elek­tro-Rock“ zu einem so wir­kungs­vol­len Brech­mit­tel machen kann. Die Her­ren lan­den aus Grün­den der lei­der nicht ver­schwin­dend gerin­gen „Tot-Hör­bar­keit“, aber auch des­halb auf dem drit­ten Platz, weil ich ihnen dank oben erwähn­ten Kon­zer­tes einen gewis­sen Malus ein­räu­men muss: Sel­ten habe ich eine Band, die ihre Songs so gut vor­trägt, so lust­los erlebt, mut­maß­lich auf­grund der viel­leicht zwan­zig anwe­sen­den Gäs­te. Das Kon­zert selbst war super, aber es hät­te wegen der sie­ben Tage Regen­wet­ter, die in den Band­ge­sich­tern statt­fan­den, mit geschlos­se­nen Augen höchst­wahr­schein­lich viel bes­ser gefal­len. Nur mäßig ent­schuld­ba­res Ver­hal­ten, lei­der.

Platz zwei erhält ein­deu­tig „Eski­mo Snow“ von WHY?. Ein fan­tas­ti­sches Album aus Folk­songs von Hip­hop-Musi­kern, die schon mit ihrer letz­ten Ver­öf­fent­li­chung „Alo­pe­cia“ etwas her­aus­ge­bracht hat­ten, was nir­gends ein­zu­ord­nen war und den­noch – nicht: „gera­de des­halb“ ((Ein­fach weil der Stil­blü­ten­strauß wohl sonst am Pack­li­mit ange­kom­men und bei Über­tre­tung der Gewichts­gren­ze nur noch als Sperr­gut zu trans­por­tie­ren wäre.)) – ein­gän­gig und nach­hal­tig erhei­ternd. „Eski­mo Snow“ ist nun etwas ganz ande­res als alle Vor­gän­ger­al­ben, viel­leicht dadurch auch gewöh­nungs­be­dürf­tig, aber ich bit­te Sie: Hören Sie es durch. Viel­leicht vier­mal, viel­leicht hun­dert­mal. Sie wer­den es lie­ben, allein für Tex­te wie „And when a thing starts finis­hing around me, I faint or fake a mousta­che, an accent, or flee, in fear my expi­red licen­se be pul­led by sheer pro­xi­mi­ty“, aber wahr­schein­lich auch für das gan­ze Drum­her­um. ((Mei­ne Damen und Her­ren, der Stil­blü­ten­strauß ist soeben an Adi­po­si­tas ver­en­det und lässt sich nun auch nicht mehr durch ein bei­läu­fig ein­ge­wor­fe­nes „Bit­te eine Packung gute Lau­ne mit­brin­gen!“ ins Leben zurück­ho­len. Das haben wir nun davon!))

So nun, zu Platz 1. Ich mache es kurz und schmerz­los: „Vecka­ti­mest“ von Grizz­ly Bear. Nein, ich möch­te gar nicht hypen. Unter allen Umstän­den will ich das ver­mei­den. Man soll­te viel­leicht den­ken, dass es nach allen Lob­hu­de­lei­en auf die­se Plat­te lang­sam ein­mal genug wäre, aber: Nein, ist es nicht. Dies ist eines der bei­den Alben, bei denen in die­sem Jahr für mich schon beim ers­ten Hören der Musik und Sehen des Art­works nichts auch nur vage unan­ge­nehm auf­stößt, son­dern mit jedem Blick und Hin­hö­ren, so flüch­tig bei­des auch sein mag, nur wächst und wächst. Das hier ist aber schon des­halb weit groß­ar­ti­ger, weil es min­des­tens zehn­fa­ches Anhö­ren der gesam­ten CD braucht, um es über­haupt auch nur in Tei­len so weit ver­stan­den zu haben, dass man es ohne Vor­ur­tei­le gegen­über einer Pseu­do-Prog-Rock-Hal­tung, die Grizz­ly Bear von ande­ren schon nach­ge­sagt wor­den ist, gut fin­den kann. Hat man sich aller­dings dar­auf ein­ge­las­sen, ist es mei­ner Ansicht nach völ­lig unmög­lich, das Gefal­len an die­sem Album zu ver­lie­ren, im Gegen­teil ist man bis auf Wei­te­res dazu ver­ur­teilt, es nach jedem Durch­hö­ren um ein Viel­fa­ches mehr zu mögen als vor­her, sofern das über­haupt mög­lich ist. Auf Schul­tern klop­fen und „Sehr gut gemacht!“ sagen möch­te man hier.

So. Ich freue mich, der­glei­chen mit Ihnen allen geteilt zu haben! Aller­dings kann ich, wie bereits gesagt, nicht garan­tie­ren, dass ich in einer leicht ande­ren Tages­form die ers­ten fünf Plät­ze nicht voll­kom­men anders geord­net hät­te. Ich hof­fe, Sie ver­zei­hen mir das. Außer­dem soll­te noch gesagt wer­den, dass es die­ses Jahr auch eini­ge sehr schö­ne Plat­ten gab, die nicht zu mei­nen zehn Favo­ri­ten gehö­ren, bei­spiels­wei­se „Bit­te Orca“ von den Dir­ty Pro­jec­tors, die ich noch vor Kur­zem intern auf Platz 2 geführt habe. Aber die­se Din­ge ändern sich schnell, und inso­fern ist es viel­leicht gut, wenn ich wie jedes Jahr nicht möch­te, dass sich irgend­ein Album ärgert oder trau­rig ist. Des­halb, und weil zehn Ord­nungs­plät­ze ein­fach rei­chen, ran­gie­ren alle übri­gen Ver­öf­fent­li­chun­gen, von denen ich die­ses Jahr wohl­wol­lend Kennt­nis genom­men habe, gleich­ran­gig auf Platz 11. Hof­fent­lich gibt das kein Gedrän­ge da unten!

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Da prallen Welten aufeinander

Nata­lie Imbru­glia war vor vie­len Jah­ren mal berühmt. Sie hat­te einen Hit namens „Torn“ und war eine der ers­ten Frau­en, bei denen ich als Teen­ager dach­te „Schau mal an, die sieht aber ganz gut aus …“ (die Zwei­te war Nata­lie Port­man, womit die Nata­lie-Serie aber auch schon ende­te).

Ich habe kei­ne Ahnung, was die Aus­tra­lie­rin in den letz­ten Jah­ren gemacht hat (mut­maß­lich Alben ver­öf­fent­licht, von denen kaum jemand etwas mit­be­kom­men hat), aber heu­te ver­mel­det NME.com, sie habe ein neu­es Album auf­ge­nom­men.

Die eigent­li­che Nach­richt ist aber:

Nata­lie Imbru­glia has announ­ced details of her forth­co­ming new stu­dio album, which fea­tures three co-wri­tes with Cold­play.

Die eigent­li­che Nach­richt ist aber:

The album, entit­led ‚Come To Life‘, will be released on Octo­ber 5. It will be pre­ce­ded by a sin­gle, ‚Want‘, on Sep­tem­ber 28. The sin­gle is a Cold­play co-wri­te, as are album tracks ‚Lukas‘ and ‚Fun‘.
(Her­vor­he­bung von mir)

Nach all den Jah­ren, in denen ich mit „Luka“ von Suzan­ne Vega Vor­lieb neh­men muss­te (was ja immer­hin ein schö­ner, wenn auch etwas depri­mie­ren­der Song war), gibt’s jetzt end­lich „Lukas“ – und das gleich von Nata­lie Imbru­glia und Cold­play. ((Ich wer­de dem­nächst noch ein­mal aus­führ­li­cher über Song­na­men, die auf Namen basie­ren, schrei­ben. Ich fin­de es ver­dammt unge­recht, dass eine Geral­di­ne so einen groß­ar­ti­gen Song wie den von Glas­ve­gas ver­ehrt bekommt, eine Lena aber mit BAP und Pur leben muss.))

Damit sind wir aber noch nicht bei der span­nends­ten Kol­la­bo­ra­ti­on des Musik­herbs­tes, denn die kommt wohl aus einem ande­ren land down under, aus Neu­see­land. Neil Finn (Ex-Split Enz, Ex- und Wie­der-Crow­ded House, Finn Brot­hers) hat letz­tes Jahr Weih­nach­ten einen gan­zen Hau­fen Musi­ker um sich geschart, um unter dem Pro­jekt­na­men 7 Worlds Col­l­i­de ein paar Songs ((Also ein Dop­pel­al­bum.)) für einen guten Zweck auf­zu­neh­men.

Die Lis­te der Mit­wir­ken­den beinhal­tet unter ande­rem John­ny Marr (Mode­st Mou­se, Ex-The Smit­hs), Phil Sel­way und Ed O’Brien (bei­de Radio­head), Jeff Tweedy, John Stir­ratt, Glenn Kot­che und Pat San­so­ne (alle Wil­co), KT Tunstall, Bic Runga, Tim Finn, Liam Finn, Lisa Ger­ma­no und Sebas­ti­an Stein­berg (Soul Coug­hing). Die Songs wur­den in den wüs­tes­ten Kom­bi­na­tio­nen geschrie­ben und ein­ge­spielt und wie man den Vide­os auf der MySpace-Sei­te des Pro­jekts ent­neh­men kann, hat das alles wohl rich­tig viel Spaß gemacht. Ers­te Hör­ein­drü­cke gibt es dort auch schon.

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Der Weg zum Rockstar in sechs Milliarden Schritten

Falls ich mal eine Lis­te machen müss­te „Musi­ker, die auf die Musik­in­dus­trie nicht so rich­tig gut zu spre­chen sind“, stün­den zwei Namen ganz oben: Thom Yor­ke von Radio­head (deren letz­tes Album „In Rain­bows“ gegen so ziem­lich jede Logik der Bran­che ver­sto­ßen hat) und Trent Rez­nor von den Nine Inch Nails.

Letz­te­rer hat sich letz­te Woche mit einem Bei­trag im Forum sei­ner Band­web­site zu Wort gemel­det, in dem er mal eben kurz und holz­schnitt­ar­tig die Mög­lich­kei­ten erklärt, die man als Musi­ker heu­te so hat. Kurz zusam­men­ge­fasst lau­ten sie unge­fähr „Lass Dich tra­di­tio­nell von einem Major­la­bel ver­mark­ten und gib die Kon­trol­le ab“ und „Mach alles sel­ber, sei aktiv und beiß Dich durch“. Das ist natür­lich grob ver­ein­fa­chend (und von mir noch mal destil­liert), kommt aber so in etwa hin.

Wie genau das mit der Selbst­ver­mark­tung lau­fen soll, erklärt Rez­nor dann gleich aus­führ­li­cher:

Have your MySpace page, but get a site out­side MySpace – it’s dying and reads as cheap /​ gene­ric. Remo­ve all Flash from your web­site. Remo­ve all stu­pid intros and load-times. MAKE IT SIMPLE TO NAVIGATE AND EASY TO FIND AND HEAR MUSIC (but don’t auto­play). Con­stant­ly update your site with con­tent – pic­tures, blogs, wha­te­ver. Give peo­p­le a reason to return to your site all the time. Put up a bul­le­tin board and start a com­mu­ni­ty. Enga­ge your fans (with cau­ti­on!) Make cheap vide­os. Film yours­elf tal­king. Play shows. Make inte­res­t­ing things. Get a Twit­ter account. Be inte­res­t­ing. Be real. Sub­mit your music to blogs that may be inte­res­ted. NEVER CHASE TRENDS. Uti­li­ze the multi­tu­de of tools available to you for very litt­le cost of any – Flickr /​ You­Tube /​ Vimeo /​ Sound­Cloud /​ Twit­ter etc.

Ich habe Bücher gele­sen, die in der Sum­me unkon­kre­ter waren.

Aber die Pro­blem­lö­sung führt natür­lich zu neu­en Pro­ble­men: Ers­tens muss ich mich als Musi­ker neben der Musik (und dem … äh: Leben) auch noch um die gan­zen Ver­brei­tungs­ka­nä­le küm­mern. Im Best­fall ist das nur unglaub­lich auf­wen­dig – wenn man Pech hat, kann man aber weder mit Video­schnitt, noch mit Sozia­len Netz­wer­ken umge­hen. Zwei­tens wird man ja nie die ein­zi­ge Nach­wuchs­band sein, die die­se Wege geht. Statt auf dem tra­di­tio­nel­len Musik­markt mit ein paar hun­dert ande­ren Acts kon­kur­riert man heu­te bei MySpace mit – set­zen wir die Schät­zung mal opti­mis­tisch an – sechs Mil­li­ar­den Kapel­len.

Wäh­rend man ja schon bei offi­zi­ell (also via Plat­ten­fir­ma) ver­öf­fent­lich­ter Musik in aller Regel genau die Sachen nie mit­kriegt, die einen sonst am meis­ten begeis­tert hät­ten, gleicht es einem Blitz­schlag nach dem Lot­to­ge­winn, bei MySpace (oder irgend­ei­ner ande­ren der paar Tau­send Musik­platt­for­men) eine unbe­kann­te Band zu ent­de­cken, die einen kickt. Das, was ich immer über Blogs gesagt habe („Man muss halt Medi­en­kom­pe­tenz ent­wi­ckeln und ein biss­chen Glück haben, dann fin­det man schon ein paar Sachen, die einen rich­tig begeis­tern“), erscheint mir im Bezug auf Musik plötz­lich hoff­nungs­los naiv.

Wie also kom­men Musi­ker und Hörer zusam­men? Nicht mehr unbe­dingt durch Radio-DJs und Musik­fern­se­hen, wenn man die­ser Stu­die über den Medi­en­kon­sum von Teen­agern glaubt – wobei Radio-DJs in Deutsch­land eh seit den 1980er Jah­ren unbe­kannt sind. Häu­fig bekommt man Musik von auto­ma­ti­sier­ten Diens­ten wie last.fm oder von Freun­den emp­foh­len. Aber da geht’s bei mir schon wie­der los: „Höre ich mir jetzt neben­her die­se gan­zen unbe­kann­ten Sachen an oder las­se ich ein­fach zum hun­derts­ten Mal The Killers/​Travis/​Oasis lau­fen?“ Ob ich mich dazu zwin­gen könn­te, an einem Tag in der Woche nur neue Musik zu hören?

Natür­lich war es nie ein­fa­cher, ohne Kon­tak­te und ohne indus­tri­el­les Mar­ke­ting sei­ne Hörer zu fin­den. Und gleich­zei­tig nie schwie­ri­ger. Bis heu­te gibt es kei­ne mir bekann­te Band, die aus­schließ­lich durch das Inter­net in die ers­te Liga auf­ge­stie­gen wäre (und sagen Sie nicht „Arc­tic Mon­keys“ oder „Lily Allen“, die haben sowie­so wie­der nor­ma­le Plat­ten­ver­trä­ge unter­schrie­ben). Die gan­zen social media-Akti­vi­tä­ten erfor­dern eini­ges an Auf­wand und es bleibt immer offen, ob und wann es sich lohnt. (Das Beru­hi­gen­de dar­an ist wie­der­um: Es bleibt auch bei Major­la­bels offen, ob ein „The­ma“ funk­tio­niert. Da sind die Fehl­schlä­ge auch viel teu­rer.)

Lus­ti­ger­wei­se höre ich in letz­ter Zeit von vie­len Nach­wuchs­bands, dass sie jetzt ein eige­nes Manage­ment hät­ten. Das sind dann häu­fig Men­schen, die in einem Hin­ter­hof ein Ton­stu­dio für Wer­be­jin­gles haben und immer schon den Geruch des Rock’n’Roll ein­at­men woll­ten. (Rock’n’Roll riecht übri­gens nach kal­tem Rauch, Schweiß und Bier. Man kann es sich ganz leicht in der hei­mi­schen Küche züch­ten.) Im Best­fall haben die­se Mana­ger vor zwan­zig Jah­ren mal selbst in einer Band gespielt (man­che von ihnen haben Mil­lio­nen von Plat­ten ver­kauft, aber das weiß und glaubt heu­te nie­mand mehr) und wis­sen noch, wie die Bran­che damals funk­tio­niert hat. Ande­re „Mana­ger“ könn­ten sonst auch als „Model-Agent“ jun­ge Blon­di­nen in der Dis­co anspre­chen. (Spie­len Sie die gan­zen bösen Kli­schees ruhig im Geis­te alle mal durch, sie stim­men sowie­so alle. Das Gegen­teil aber auch immer, das ist ja das tol­le.)

Vie­le Bands sind natür­lich nur Musi­ker – die brau­chen jeman­den, der sich um alles ande­re küm­mert und auf sie auf­passt. Sol­che Leu­te gibt es, aber sie kos­ten im Zwei­fels­fall viel Geld. Geld, das man nicht hat, nie ver­die­nen wird und sowie­so für Equip­ment und Kip­pen aus­ge­ben muss.

Geld mache man heut­zu­ta­ge mit Kon­zer­ten, heißt es immer wie­der. Das ist unter bestimm­ten Aspek­ten (z.B. wenn man U2 ist) sicher nicht falsch, aber man muss sie erst mal spie­len. Außer­halb von Jugend­zen­tren (die natür­lich auch alle kein Geld haben bzw. machen) ist das schwie­rig bis unmög­lich. Boo­king ist die Höl­le für alle Betei­lig­ten, wes­we­gen ich mich da auch nie ran­ge­traut habe: Die Bands ver­schi­cken Demos und Band­in­fos im Dut­zend und die Ver­an­stal­ter haben den Schreib­tisch voll mit dem Kram. Wenn man heut­zu­ta­ge als Nach­wuchs­mu­si­ker irgend­was wirk­lich braucht, dann einen geschei­ten Boo­ker, der im Ide­al­fall ein gan­zes Port­fo­lio von Bands hat und den Ver­an­stal­tern genau das prä­sen­tie­ren kann, was zu ihnen passt. (Und das mit den Kon­tak­ten geht auch ein­fa­cher.) Winz­lings-Labels und ‑Ver­trie­be sind mei­nes Erach­tens ver­zicht­bar: Für die Down­loads­to­res (die heut­zu­ta­ge unver­zicht­bar sind, wenn man sei­ne Musik nicht eh ver­schen­ken will) gibt es Dienst­leis­ter wie Tun­e­co­re und die CDs, die man bei Kon­zer­ten unbe­dingt dabei haben soll­te, kann man ent­we­der in klei­ner Stück­zahl pres­sen las­sen oder gleich – Sakri­leg! – selbst bren­nen.

Wich­tig ist heut­zu­ta­ge vor allem der Aus­tausch unter­ein­an­der. Des­we­gen bin ich auch sehr gespannt auf die all2gethernow, die „Anti-Pop­komm“, die im Sep­tem­ber in Ber­lin statt­fin­den wird.

Ihre Zie­le kann man natür­lich auch total eke­lig aus­drü­cken, aber ich find’s trotz­dem span­nend:

Spä­tes­tens jetzt geht es dar­um nach vor­ne zu schau­en, neue Ideen und inno­va­ti­ve Pra­xis in der Krea­tiv­wirt­schaft zu beleuch­ten. Ziel muss sein gemein­sam Model­le zu defi­nie­ren, die Krea­ti­ven und Künst­lern mit ihrer Arbeit Ein­künf­te ermög­li­chen. Jede Form des Input ist hilf­reich, denn fina­le Ant­wor­ten gibt es noch nicht. Eine offe­ne Form der Dis­kus­si­on wie sie ein Bar­camp gewähr­leis­tet ist des­halb ide­al.

(Mehr über „Krea­tiv­wirt­schaft“ und „Input“ kön­nen Sie dem­nächst in mei­nem neu­en Buch „Die 1.000 dümms­ten Begrif­fe des frü­hen 21. Jahr­hun­derts“ nach­le­sen. Auf den Sei­ten zwi­schen „Digi­tal Nati­ve“, „Gene­ra­ti­on Upload“ und „fail“.)

Jeden­falls soll dis­ku­tiert und nicht nur reprä­sen­tiert wer­den und Musi­ker und Blog­ger dür­fen auch dabei sein.

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Musik Digital

Newsletter From Hell

Der Musicline.de-News­let­ter schreibt über „MySpace Play­list Vol. 1“:

Auf die­ser Dop­pel-CD sind alte Hasen wie Pla­ce­bo und Incu­bus ver­tre­ten, aber auch hei­ße New­co­mer wie Pea­ches, Death Cab for Cuties und Data­rock haben sich einen Platz auf der Plat­te erspielt.

Ich hab extra noch mal nach­ge­guckt: Der Text scheint tat­säch­lich von 2009 zu sein.

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Der blutige Weg in die Unsterblichkeit

Wäh­rend ich die­se Zei­len tip­pe, ste­hen irgend­wo in Süd­deutsch­land Poli­zis­ten vor Haus­tü­ren und üben Sät­ze, die begin­nen mit „Wir müs­sen Ihnen lei­der mit­tei­len …“. Gerichts­me­di­zi­ner bese­hen sich Ein­schuss­lö­cher an toten Kör­pern und ein Eltern­paar wird von der Kri­mi­nal­po­li­zei ver­hört. Vie­le Men­schen machen sich Sor­gen, eini­ge Vor­wür­fe und über all das könn­te ich bes­tens – oder wenigs­tens höchst spe­ku­la­tiv – infor­miert sein, wenn ich nicht vor­hin alle Nach­rich­ten­ka­nä­le gekappt hät­te.

Auf das, was die Bou­le­vard­pres­se „Tra­gö­die“ nennt, reagie­re ich ent­we­der mit doku­men­ta­ri­scher Obses­si­on (dann ver­brin­ge ich Stun­den vor dem Fern­se­her) oder mit für mich selbst merk­wür­dig anmu­ten­der Gleich­gül­tig­keit. Heu­te will ich nichts wis­sen. Der Fern­se­her ging aus, als ein Repor­ter auf n‑tv sal­ba­der­te, der Nach­bar des Amok­läu­fers habe ihm gesagt, der Täter habe oft „Bal­ler­spie­le“. twit­ter hat­te ich da schon lan­ge abge­stellt. Das ist zum einen mei­ner sehr kind­li­chen Ein­stel­lung geschul­det, wonach Din­ge, von denen ich nichts mit­be­kom­me, nie pas­siert sind; zum ande­ren weiß ich, dass der media­le Over­kill mich wahn­sin­nig und wütend zurück­lie­ße.

Ich kann also nur mut­ma­ßen, dass „Bild“ gera­de das MySpace-Pro­fil des Täters ent­deckt hat; dass irgend­ein CDU-Poli­ti­ker gera­de wie­der ein Ver­bot von irgend­et­was, was er nicht ver­steht, for­dert und dass in irgend­ei­ner Redak­ti­on gera­de Bil­der von wei­nen­den Jugend­li­chen, Ker­zen und Blu­men mit der Musik von Moby oder Enya unter­legt wer­den. Den Men­schen, die das mut­maß­lich gera­de tun, kann ich nur raten, sich einen ordent­li­chen Job zu suchen. Die Städ­te sind voll von Müll und mei­ne Schu­he müss­ten drin­gend geputzt wer­den.

Vor allem fra­ge ich mich aber, ob wir irgend­et­was über den Täter wis­sen müs­sen. Amok­läu­fe sind – auch das könn­te ich sicher wie­der über­all nach­le­sen – zumeist die Taten von Men­schen, die an ihrer Umwelt geschei­tert sind. Das (wahl­lo­se) Töten von Men­schen ist die letz­te und ein­zi­ge Domi­nanz­ges­te, zu der sie fähig sind. Und genau die­se Domi­nanz­ges­te, die Selbst­er­he­bung zum Rich­ter über Leben und Tod, wird von den Medi­en ins Uner­mess­li­che über­höht und für die Ewig­keit fest­ge­hal­ten.

Ohne nach­zu­se­hen könn­te ich Ihnen die berühm­tes­ten Schul-Amok­läu­fer der letz­ten zehn Jah­re nen­nen: Dylan Kle­bold, Eric Har­ris, Robert Stein­häu­ser. Gemein­sam haben sie (das muss­te ich jetzt doch nach­gu­cken) 28 Men­schen und sich selbst getö­tet, aber auch nach lan­gem Grü­beln wäre mir kein ein­zi­ger Name auch nur eines Opfers ein­ge­fal­len.

Dass wir Namen wie Mark Chap­man (erschoss John Len­non), Sir­han Sir­han (erschoss Robert F. Ken­ne­dy) und John Wil­kes Booth (erschoss Abra­ham Lin­coln) ken­nen, ist bei Licht bese­hen schon merk­wür­dig genug. Ihre ein­zi­ge „Leis­tung“ bestand dar­aus, einen berühm­ten Men­schen aus dem Leben zu schie­ßen. Amok­läu­fer trei­ben die­ses Phä­no­men auf die Spit­ze, denn ihr Bekannt­heits­grad rich­tet sich nicht zuletzt nach der Zahl ihrer Opfer. (Von Bas­ti­an B., der vor zwei­ein­halb Jah­ren an einer Schu­le in Ems­det­ten Amok lief, dabei aber nur sich selbst töte­te, habe ich bei­spiels­wei­se nie den Nach­na­men gele­sen.)

Die Täter blei­ben im Gedächt­nis, sie wer­den ger­ne mal – so grau­sam ist die Welt – zu Pop­kul­tur-Iko­nen. Wir wis­sen fast alles über sie, aber das hilft uns weder zu ver­ste­hen, noch kann es ver­hin­dern, dass wei­te­re Schü­ler-Gehir­ne auf over­load umstel­len (ein Bild, das dem Boom­town-Rats-Song „I Don’t Like Mon­days“ ent­stammt, der – natür­lich – von einem Schul­mas­sa­ker han­delt). Ver­mut­lich wüss­te nie­mand mehr den Namen von Sil­ke Bisch­off, die beim Gei­sel­dra­ma von Glad­beck ums Leben kam, wenn sich nicht eine Band nach ihr benannt hät­te. Die Täter? Klar: Rös­ner und Degow­ski.

Der klei­ne, aus­ge­sto­ße­ne Teen­ager, der von der Gesell­schaft igno­riert wird (und ver­mut­lich Mari­lyn Man­son hört und „Coun­terstrike“ spielt), sieht die Fotos von Har­ris, Kle­bold, Stein­häu­ser und wha­te­ver­his­na­me­may­be auf den Zei­tun­gen und nach jedem wei­te­ren Amok­lauf im Fern­se­hen. Wenn genug äuße­re Umstän­de und frei zugäng­li­che Waf­fen zusam­men­kom­men, könn­te es die Aus­sicht auf genau die­se post­hu­me Hall of Fame der durch­ge­dreh­ten Schü­ler sein, die ihn letzt­lich zur Tat schrei­ten lässt.

Soll das hei­ßen, die Medi­en soll­ten sich selbst zen­sie­ren? Viel­leicht.

Soll das hei­ßen, die Medi­en soll­ten man ein bis zwei Gän­ge run­ter­schal­ten? Auf jeden Fall!

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Musik

Kinder, die Charts sind gar nicht so schlimm!

Vor genau einem Jahr hat­te das taz-Pop­b­log über die „schlech­tes­ten Charts aller Zei­ten“ berich­tet – und für­wahr: mit Schnuf­fel auf 1, 3 mal DJ Ötzi und 2 mal De Höh­ner in den Top 20 klang das tat­säch­lich eher nach der irren Phan­ta­sie eines akus­ti­schen Sadis­ten als nach irgend­was, was ent­fernt mit Musik zu tun gehabt hät­te.

Neu­lich stieß ich dann ver­se­hent­lich beim Zap­pen auf eine Viva-Sen­dung, in der fünf okay bis groß­ar­ti­ge Songs hin­ter­ein­an­der lie­fen: „Human“ von den Kil­lers, „Allein allein“ von Polar­kreis 18, „Hot N Cold“ von Katy Per­ry, „Dance With Some­bo­dy“ von Man­do Diao und „Bro­ken Strings“ von James Mor­ri­son und Nel­ly Fur­ta­do. Wie sich her­aus­stell­te, hat­te ich gera­de die Top 5 der deut­schen Sin­gle­charts gese­hen.

Die deutschen Single- und Albumcharts.

Dass all das, was mal „Indie“ war, inzwi­schen Main­stream ist, wis­sen wir spä­tes­tens seit Cold­play, My Che­mi­cal Romance und Franz Fer­di­nand. Trotz­dem war ich hoch­gra­dig über­rascht, als im ver­gan­ge­nen Herbst „Allein allein“ über Wochen Platz 1 der deut­schen Charts blo­ckier­te. Gewiss: Der Mar­ke­ting­auf­wand (Trai­ler­mu­sik für das „TV Total Turm­sprin­gen“ und „Kra­bat“, mas­si­ver Air­play bei MTVi­va) war hoch gewe­sen, hat­te sich aber offen­bar aus­ge­zahlt und aus dem eins­ti­gen Indie-Geheim­tipp Polar­kreis 18 qua­si über Nacht eine gro­ße Num­mer gemacht, die beim „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ prompt Platz 2 hin­ter dem unein­hol­ba­ren Peter Fox beleg­te. ((Wenn ich bei den Recher­chen nichts über­se­hen habe, war „Allein allein“ übri­gens der ers­te Num­mer-Eins-Hit einer deut­schen, aber eng­lisch­spra­chi­gen Band seit „Wind Of Chan­ge“ 1991 „Lemon Tree“ 1996 – trotz sei­nes deut­schen Titels.))

Man­do Diao schlu­gen mit „Dance With Some­bo­dy“ auf Platz 3 der deut­schen Sin­gle­charts ein und gin­gen dann auf 2, wo sie sich seit fünf Wochen hal­ten, wäh­rend ihr Album „Give Me Fire“ wie selbst­ver­ständ­lich auf Platz 1 lan­de­te. Zwar wer­den sie ver­mut­lich nächs­te Woche von U2 ver­drängt wer­den, aber mit Peter Fox, Bruce Springsteen und Mor­ris­sey sieht es auf den fol­gen­den Rän­gen auch gar nicht so schlecht aus. Lily Allen steht plötz­lich in den deut­schen Top 20, die Kil­lers schaff­ten es mit „Day & Age“ auf Platz 8 – und lagen damit zwei Plät­ze hin­ter der bes­ten Plat­zie­rung von „Sam’s Town“.

Völ­lig gro­tesk wird es, wenn man sich das Track­lis­ting der aktu­el­len „Bra­vo Hits“ ((Num­mer 64, that is.)) ansieht: Man­do Diao, The Kil­lers, Razor­light, Snow Pat­rol, Cold­play, Franz Fer­di­nand, Kings Of Leon, MGMT, Deich­kind, Ingrid Micha­el­son und Peter Fox tum­meln sich da zwi­schen Queens­ber­ry, Brit­ney Spears, The Ras­mus und Sido. ((Wun­dern Sie sich aber nicht zu stark: auf „Bra­vo Hits 52“ waren Tom­te und Wir Sind Hel­den ver­tre­ten.))

Hat die Jugend plötz­lich Musik­ge­schmack ((Also das, was wir als arro­gan­te Musik­snobs mit „Musik­ge­schmack“ gleich­set­zen: unse­ren.)) oder ist irgend­was ande­res pas­siert?

Ver­mut­lich han­delt es sich um eine Mischung aus Bei­dem: Wäh­rend sich Tei­le der Jugend Songs ent­we­der an den Zähl­wer­ken von Media Con­trol vor­bei beschafft oder als Klin­gel­ton kauft, ((Bit­te wer­fen Sie einen Blick in die Klin­gel­ton­charts, um rasch auf den har­ten Boden der Tat­sa­chen zurück­zu­keh­ren!)) kau­fen ein ande­rer Teil und vie­le älte­re Men­schen – wobei ich in die­sem Fall schon zu den „Älte­ren“ gehö­re – plötz­lich Man­do-Diao-Sin­gles bei iTu­nes und ver­schafft den Schwe­den somit mal eben einen Platz knapp hin­ter der Chart­spit­ze.

Treue Fans kau­fen nach wie vor die Alben ihrer Lieb­lings­bands (wes­we­gen Tom­te in der ers­ten Woche auf Platz 9 der Album­charts knal­len), Musik­fern­se­hen gibt es in Deutsch­land ja eh kei­nes mehr, die Haupt­ver­brei­tungs­ka­nä­le für neue Musik hei­ßen You­Tube und MySpace, zahl­rei­che eher alter­na­ti­ve Acts lau­fen im Radio rauf und run­ter, und so kommt eines zum Ande­ren und am Ende sehen die Charts eben aus, als habe jemand den Indie-Bal­ler­mann über den Top 10 aus­ge­gos­sen.

Wobei wir uns da nicht ver­tun soll­ten: Man­do Diao erschie­nen schon immer bei einem Major (frü­her EMI, jetzt Uni­ver­sal), Lily Allen hat­te schon bei einer EMI-Toch­ter unter­schrie­ben, als ihr MySpace-Hype los­ging, und von den „ech­ten“ Indie-Acts ver­kau­fen nicht mal gro­ße Namen wie …And You Will Know Us By The Trail Of Dead in Deutsch­land viel mehr als 10.000 Exem­pla­re. Das mit der Nach­wuchs­för­de­rung ist hier­zu­lan­de nach wie vor Glücks­sa­che und leben kön­nen die aller­we­nigs­ten Musi­ker von ihrer Musik allein.

Aber für den Moment kön­nen wir uns ja ein­fach mal freu­en, wenn die Charts mal nicht die schlech­tes­ten aller Zei­ten sind.

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Unterwegs Musik

Oslog (4)

Ver­zei­hung, ich habe grad über­haupt kei­ne Zeit.

Ich habe heu­te Mit­tag eine Band gese­hen, deren Ver­eh­rung nun mei­ne gan­ze Zeit in Anspruch nimmt. Es han­del­te sich um First Aid Kit, zwei schwe­di­sche Schwes­tern, die 15 und 17 Jah­re alt sind und eine Unschuld auf die Büh­ne brach­ten, wie man sie im Musik­busi­ness sel­ten erlebt.

First Aid Kit

Die Bei­den stimm­ten aller­liebs­te Folk­mu­sik ame­ri­ka­ni­scher Prä­gung an und san­gen über Din­ge, von denen man anneh­men soll­te, dass sie kei­ne Ahnung davon hät­ten. Aber es war toll und erin­ner­te ein unter ande­rem an Fleet Foxes, She & Him und Bon Iver – und damit an gleich drei mei­ner letzt­jäh­ri­gen Lieb­lings­al­ben. Von den Fleet Foxes stimm­ten sie dann sogar noch den „Tiger Moun­tain Peasant Song“ an, was ganz schlimm hät­te dane­ben­ge­hen kön­nen, aber ganz wun­der­bar klang. (Wie ich spä­ter erfuhr, hat­te das Video die­ses Covers das Duo bei You­Tube unter ande­rem so berühmt gemacht.) Dass sie mit „I Walk The Line“ zuvor auch noch einen wei­te­ren Song aus der Kis­te mit der Auf­schrift „Bes­ser nicht covern!“ sehr unpein­lich zum Bes­ten gege­ben hat­ten, spricht eben­falls für die Band.

Aber jetzt müs­sen sie mich wirk­lich ent­schul­di­gen: Ich habe im Plat­ten­la­den die vor­letz­te Aus­ga­be ihrer EP „Drun­ken Trees“ erstan­den und muss die jetzt erst mal hören. (Vor­her set­ze ich aber 50 Euro dar­auf, dass die Band die­ses Jahr beim Hald­ern Pop spielt.)

Ver­su­chen Sie’s solan­ge hier­mit:

[„Our Own Pret­ty Ways“]

[„Tiger Moun­tain Peasant Song“]

First Aid Kit bei MySpace

Was es mit dem Oslo-Trip auf sich hat, steht hier.

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Musik Unterwegs

Oslog (3)

Über die Kon­fe­renz, die das by:Larm zur Hälf­te aus­macht, muss ich ein ander­mal schrei­ben. Viel­leicht so viel vor­ab: Obwohl ich Vor­trä­ge und soge­nann­te Panels sonst eher has­se, suh­le ich mich hier mit Freu­den in Erkennt­nis­ge­win­nen.

Kom­men wir nun zur ande­ren Hälf­te: den Kon­zer­ten, die hier in so ziem­li­chen allen Clubs der Stadt (sowie in Kon­gress­hal­len und Zel­ten) statt­fin­den. Alles liegt näher zusam­men als Hun­de­hau­fen auf Ber­li­ner Bür­ger­stei­gen, aber trotz­dem muss man natür­lich stän­dig Jacke, Müt­ze, Schal und Hand­schu­he anzie­hen, über die mit­un­ter lebens­ge­fähr­li­chen Bür­ger­stei­ge stap­fen (eine Räum­pflicht scheint in Nor­we­gen eher unbe­kannt), in den nächs­ten Club rein, alles so gut es geht able­gen und ver­su­chen, sich nicht zu viel zu bewe­gen, weil man sich unter der Jacke sonst tot­schwitzt.

Wartende Menschen in Oslo

Ist man aber ein­mal im Rausch, will man jede Band, die gera­de spielt, sehen – oder zumin­dest jeweils eine. Nur einer scheint in jedem Moment über­all gleich­zei­tig zu sein: Erlend Øye von den Kings Of Con­ve­ni­ence und The Whitest Boy Ali­ve. Er ist gleich­zei­tig Star und Mas­kott­chen des Fes­ti­vals, so eine Art Thees Uhl­mann Nor­we­gens. Wo er auf­taucht und zur Musik mit­wippt, stei­gen die Chan­cen der jewei­li­gen Band auf den gro­ßen Durch­bruch. 30 Minu­ten sind eine sym­pa­thi­sche Län­ge, um sich einen Ein­druck über die Künst­ler zu ver­schaf­fen, den man dann spä­ter ver­tie­fen kann (oder eben nicht).

Kom­men wir nun zu den Künst­lern des heu­ti­gen Abends und – in Erman­ge­lung von klar defi­nier­ten Gen­res – wie­der zu einem mun­te­ren Name­drop­ping:

I Was A Teenage Satan Worshiper

I Was A Teenage Satan Wor­ship­per
Ja, geil, das ist mal ein Band­na­me. Nicht Oasis, Blur, The Kil­lers, The Fray oder Occi­dent, son­dern I Was A Teenage Satan Wor­ship­per. Bands, die so hei­ßen, will man doch auf Anhieb gut fin­den. Und die Fin­nen sind gar nicht schlecht: ein biss­chen wie The Sounds mit Sän­ger, ein biss­chen wie The Kil­lers auf Speed. Durch­ge­knall­ter, tanz­ba­rer Indie­rock mit sat­tem Syn­the­si­zer dahin­ter. Dazu Tex­te, die von Ske­le­tor und lee­ren Augen­hölen han­deln. Auf Dau­er wird’s ein biss­chen lang­wei­lig, aber defi­ni­tiv eine Band für die absei­ti­ge­ren Mix­tapes. Wobei der Band­na­me da ein biss­chen lang ist für die­se klei­nen Papier­ein­le­ger.

Pony The Pirate

Pony The Pira­te
Eine Band, die in Nor­we­gen als nächs­tes gro­ßes Ding gehan­delt wird. Sie­ben Musi­ker (bzw. fünf und zwei Musi­ke­rin­nen), die so ziem­lich alles spie­len, was eine ordent­li­che Musi­ka­li­en­hand­lung so ver­kauft: Glo­cken­spiel, Pedal Steel, Saxo­phon, Trom­pe­te und den gan­zen nor­ma­len Quatsch. Haben viel von Arca­de Fire und ein biss­chen was von The Gas­light Anthem. Und einen Sän­ger, der Bass spielt und aus­sieht wie Bil­ly Cor­gan. 10 Euro, dass die die­ses Jahr auf dem Hald­ern spie­len.

Under Dogs Inter­na­tio­nal
Die ers­ten fünf Minu­ten dach­te ich: „Ja, doch, aber hal­lo!“ Jazz, Gyp­sie­sound und Dub, ein biss­chen Eng­lisch, ein biss­chen Nor­we­gisch. Dann dach­te ich: „Na gut, es nervt doch sehr auf Dau­er.“ Wür­de mich aber nicht wun­dern, wenn wir die die­ses Jahr beim Grand Prix wie­der­sä­hen.

The Alexandria Quartet

The Alex­an­dria Quar­tet
Die hat­te ich ja schon vor Tra­vis gese­hen und für ganz ordent­lich befun­den. Die­ser Ein­druck hat sich heu­te ver­fes­tigt: Indie­rock zwi­schen Man­do Diao, den frü­hen Kil­lers und Tra­vis. Die ruhi­gen Sachen gefal­len mir aller­dings ein biss­chen bes­ser als die rocki­ge­ren.

Olaf­ur Arnalds
Auf dem Hald­ern letz­tes Jahr war ich irgend­wie zu müde, um mir mit­ten in der Nacht noch ruhi­ge Musik im Zelt anzu­hö­ren. Heu­te spiel­te er in einem bestuhl­ten Saal im Kon­gress­zen­trum und ich sah mich schon wie­der dahin­schlum­mern. Aber dann blieb ich doch wach, um der wun­der­schön ent­rück­ten Musik zu hören, die der jun­ge Islän­der da mit Hil­fe eines Flü­gels, eines Lap­tops und eines Streich­quar­tetts in den Raum ergoss. Es erin­ner­te ein biss­chen an The Notwist, ein biss­chen mehr an Sigur Rós und für Sekun­den­bruch­tei­le an Richard Clay­der­man, und die Fra­ge, ob das eigent­lich noch Pop sei, hät­te sicher ange­klopft, wenn Anklop­fen bei die­ser ruhi­gen Instru­men­tal­mu­sik nicht denk­bar unhöf­lich gewe­sen wäre. Von Herrn Arnalds kam auch die bes­te Ansa­ge bis­her: „I will sell the CD for … like what? One hundret Kro­ner? That’s a nice pri­ce … not for you, but it’s very, very much in Ice­lan­dic money.“ Viel­leicht hät­te man den Kon­trast zwi­schen sei­ner Musik und die­ser lako­ni­schen Mode­ra­ti­on mit­er­le­ben müs­sen, aber der Saal hat getobt.

Fjor­den Baby!
Deren Sän­ger hat­te ich ges­tern auf dem Weg zurück zum Hotel getrof­fen und ihm ver­spro­chen, mir sei­ne Band anzu­se­hen. Ich ver­su­che bei sowas ja immer Wort zu hal­ten, zumal er mir die bes­te nor­we­gi­sche Band unse­rer Zeit ver­spro­chen hat. Die habe ich dann aber zumin­dest nach mei­nem Emp­fin­den nicht gese­hen. Als ich rein­kam, spiel­ten sie gera­de irgend­was in Rich­tung Reggae/​Dub mit nor­we­gi­schen Tex­ten. Die ande­ren Songs waren rhyth­misch ver­track­ter, klopf­ten dafür aber auch mal beim Nu Metal an. Das ist Musik, von der ich gar nicht weiß, was ich davon hal­ten soll. Wer Kai­zers Orches­tra mag, könn­te Fjor­den Baby! unter Umstän­den etwas abge­win­nen. Aber ich mag ja eigent­lich Kai­zers Orches­tra …

Was es mit dem Oslo-Trip auf sich hat, steht hier.

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Musik Unterwegs

Oslog (2)

Nach­dem auf der Kon­fe­renz Ian Gittins noch ein biss­chen was über die Zukunft des Musik­jour­na­lis­mus erzählt hat­te (die alten Musik­ma­ga­zi­ne ster­ben mit ihren Lesern, die Bruce Springsteen und die Rol­ling Stones hören aus; Blogs sind heu­te das, was frü­her Punk Fan­zines waren), mach­te sich die klei­ne deut­sche Dele­ga­ti­on in Oslo auf den Weg, viel Geld für Piz­zen aus­zu­ge­ben.

Und dann ging die Kon­zert­run­de los: Erst in die Kon­gress­hal­le, in der gleich drei Büh­nen stan­den, dann rüber in den nächs­ten Club mit eben­so vie­len Büh­nen. Hal­be Stun­de Auf­tritt, nächs­te Band. Es war ein biss­chen wie frü­her die Abhör­sit­zun­gen beim Radio. Ich stell­te als­bald fest, dass ich viel zu wenig Musik ken­ne, um sagen zu kön­nen, ob eine Band jetzt ori­gi­nell ist oder nur klingt wie zig ande­re, von denen ich nur nie etwas gehört habe.

Aber da wir hier im Dienst­leis­tungs­blog Cof­fee And TV sind, will ich hier mal zu jeder Band mei­ne 20 Øre auf­schrei­ben:

Choir Of Young Belie­vers
Der Sän­ger sah mit sei­nem Hut und sei­nem Bart aus wie Dra­fi Deut­scher (die Älte­ren wer­den sich – damm, damm – erin­nern), der Indiepop klang mal ein biss­chen nach Bei­rut (die Folk­lo­re), mal nach Aqu­alung (der Fal­sett-Gesang). Ins­ge­samt kamen mir in den Lied­tex­ten ein paar zu vie­le „Aaaaaaaah“-Passagen vor, um mich damit län­ger zu beschäf­ti­gen.

Retro Stefson

Retro Stef­son
Island, das Land am Ran­de des Abgrunds, hofft auf die­se Schü­ler­band, die die hei­mi­sche Wirt­schaft nur mit­hil­fe ihrer Plat­ten­ver­käu­fe aus der Kri­se füh­ren soll. Dafür wird mun­ter Reg­gae mit Pol­ka und Ska mit Dis­co ver­mischt, bis eine sym­pa­thisch-kru­de Mischung ent­steht, die so gar nichts mit den ande­ren gro­ßen islän­di­schen Künst­lern (Björk und Sigur Rós) gemein­sam hat. Eigent­lich fand ich das Ergeb­nis gar nicht schlecht, aber in der Sum­me war es dann doch etwas zu gewollt eklek­tisch.

Mer­lin
Also, für Hard­core bin ich beim bes­ten Wil­len kein Exper­te. Aber es hat schon ordent­lich ger­ummst, so viel ist klar.

Underwater Sleeping Society

Under­wa­ter Slee­ping Socie­ty
In mei­nem schlau­en Notiz­buch steht „Mischung aus Kash­mir & Kili­ans, Radio­head & Sigur Rós (inkl. Kla­ri­net­te) => sehr gut“. Das dürf­te der end­gül­ti­ge Beweis sein, dass ich zu weni­ge Bands ken­ne. Die­se hier ist aber sicher eine, die es sich ken­nen­zu­ler­nen lohnt.

Har­rys Gym
Den Preis für den blö­des­ten Band­na­men bei gleich­zei­tig guter Musik haben ja eigent­lich Schrott­gren­ze auf Lebens­zeit bekom­men, aber „Haralds Turn­hal­le“ ist auch nicht schlecht gut. Dies­mal klingt die Sän­ge­rin nach Björk, der Rest der Musik hat was von The Notwist und Port­is­head. Lei­der bin ich zu die­sen Klän­gen in den sehr beque­men Ses­seln (das Kon­zert fand in einer Art Thea­ter­saal mit bestuhl­ter Empo­re statt) mehr­fach in beun­ru­hi­gen­de Traum­wel­ten ver­schwun­den, aber ich bin mir sicher, dass die­se Musik sehr real und sehr, sehr gut war. Scha­de, dass das, was ich gera­de auf der MySpace-Sei­te der Band höre, nicht ganz so gut ist wie die Live-Show.

Annie

Annie
Und hier der ers­te Künst­ler des heu­ti­gen Tages, den ich vor­her kann­te und von dem ich sogar eine CD besit­ze. Annie galt bei Erschei­nen ihres Debüt­al­bums „Annie­mal“ vor drei­ein­halb Jah­ren als „neue Madon­na“ und „bes­se­re Kylie Mino­gue“. Zumin­dest letz­te­res stimmt. Ich kann mich nicht erin­nern, jemals bei einem Kon­zert eine ers­te Rei­he gese­hen zu haben, die aus­schließ­lich aus Män­nern bestand. Und Anne Lilia Ber­ge Strand flir­te­te mit ihnen, was das Zeug hielt. Der Bubble­gum-Sound, der das Album mit­un­ter etwas schwer hör­bar mach­te, wur­de von der Live­band weit­ge­hend weg­ge­bü­gelt, bis nur noch kno­chen­tro­cke­nes Dis­co-Gestamp­fe übrig war.

Und damit möch­te ich den ers­ten Tag hier in Oslo beschlie­ßen. Ich bin bald 24 Stun­den wach, habe ein paar hun­dert Kilo­me­ter in so ziem­lich jedem Ver­kehrs­mit­tel außer Schiff hin­ter mir, und muss mor­gen wie­der an einer Kon­fe­renz teil­neh­men …

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Leben Print

Uschi Blum macht Lokalredakteure schwach

Hape Ker­ke­lings neue Komö­die „Ein Mann, ein Fjord“ läuft am 21. Janu­ar um 20:15 Uhr im ZDF. Für den Film hat der Komi­ker ein alte Rol­le reak­ti­viert, die auch schon in „Kein Par­don“ zu sehen war: die der Schla­ger­sän­ge­rin Uschi Blum.

Weil man das eben heut­zu­ta­ge so macht, bekam Uschi Blum eine Art Viral­kam­pa­gne spen­diert. Das ist zwar bei einem kos­tü­mier­ten Pro­mi­nen­ten ein wenig albern, aber mit eige­nem MySpace-Pro­fil, offi­zi­el­ler und Agen­tur-Web­site (vor dem Ankli­cken die Laut­spre­cher run­ter­dre­hen!) durch­aus auf­wen­dig und mit … äh: Lie­be zum Detail gemacht.

Natür­lich hat man auch an eine fik­ti­ve Bio­gra­phie gedacht und die besagt, dass Uschi Blum als Hil­de­gard Ster­c­zinski in Dins­la­ken gebo­ren wur­de, sie 1978 4. bei der Wahl zur „Miss Dins­la­ken“ war und sie eini­ge Jah­re das Hun­de-Nagel­stu­dio „Uschi’s Pföt­chen-Salon“ in der Din­kel­gas­se in Dins­la­ken betrieb.

Nun ist es offen gestan­den nur so mit­tel­ab­surd, ein Schla­ger­stern­chen aus­ge­rech­net aus Dins­la­ken kom­men zu las­sen, wenn doch schon der König des Pop­schla­gers dort zuhau­se ist. Aber als inof­fi­zi­el­ler Stadt­blog­ger Dins­la­kens habe ich natür­lich trotz­dem ver­sucht, über sein Manage­ment Kon­takt mit Hape Ker­ke­ling auf­zu­neh­men. Dass der im Moment flei­ßig Pro­mo macht und nicht auf die Anfra­gen jedes Feld‑, Wald- und Wie­sen­blog­gers reagiert, kann ich durch­aus ver­ste­hen. Offen­bar ist es aber auch den Kol­le­gen in der Lokal­re­dak­ti­on der „Rhei­ni­schen Post“ (für die ich frü­her geschrie­ben habe) nicht gelun­gen, eige­ne O‑Töne des belieb­ten Komi­kers zu bekom­men, wes­we­gen man dort den Helb­sei­ter, der wohl unbe­dingt in die Sams­tags­aus­ga­be soll­te, irgend­wie anders fül­len muss.

Sie kön­nen den Arti­kel ger­ne selbst mit der offi­zi­el­len „Bio­gra­phie“ und den wei­te­ren Pro­mo­tex­ten ver­glei­chen, ich hab Ihnen aber die wich­tigs­te Eigen­krea­ti­on des Autors hier mal kurz rüber­ko­piert:

Die [Inter­net­sei­te] von Uschi ist der Ham­mer.

Nun ist es viel­leicht etwas ande­res, ob man eine (fik­ti­ve) Künst­ler­bio­gra­phie in wei­ten Tei­len für einen redak­tio­nel­len Text über­nimmt, oder ein­fach Wer­be­tex­te für Unter­neh­men abschreibt (wie „RP Online“ das ja schon mal macht).

Trotz­dem hat der Arti­kel aus der „Rhei­ni­schen Post“ in mei­nen Augen wenig mit Jour­na­lis­mus zu tun. Sein Autor Ralf Schrei­ner ver­säumt es, auch nur ein Mal auf die Pres­se­info hin­zu­wei­sen. Nach einer Ein­lei­tung, in der Ker­ke­lings Ver­klei­dung erklärt, folgt über sechs Absät­ze der leicht modi­fi­zier­te Pro­mo­text. Sowas kann man machen, wenn man Kon­zer­te von Berg­ar­bei­ter­chö­ren oder Nach­wuchs­bands ankün­di­gen will – aber nicht, wenn man aus eige­nem Antrieb ein gro­ßes Por­trät für die Sams­tags­aus­ga­be schreibt.

Die „Neue Rhein Zei­tung“, das ande­re Blatt mit Dins­la­ke­ner Lokal­re­dak­ti­on, hat am Sams­tag eben­falls einen gro­ßen Arti­kel über Uschi Blum gebracht – der aller­dings im Super-Duper-Online­por­tal Der Wes­ten nicht zu fin­den ist. Dort steht im Wesent­li­chen das Sel­be drin (Dins­la­ken, „Miss Dins­la­ken“, „Uschi’s Pföt­chen-Salon“), aber wesent­lich kür­zer und sogar anmo­de­riert:

Außer­dem hat Uschi im Inter­net ihren lesens­wer­ten Lebens­lauf ver­öf­fent­licht. Dar­aus:

Auch dass die „NRZ“ bei der Kon­takt­auf­nah­me mit Ker­ke­ling geschei­tert ist, erfährt der Leser. Ver­packt in einen Info­kas­ten, der zumin­dest eine nähe­re Aus­ein­an­der­set­zung mit dem Gegen­stand nahe­legt:

Warum ausgerechnet Dinslaken? Im vergangenen Jahr ließen ein Ehepaar, das sich mit einem anderen aus Dinslaken ein Hotelzimmer teilen musste und dafür Rabatt bekam (Cartoon "Hippenstocks Strategen", Süddeutsche Zeitung), ein weiterer Cartoon und eine Äußerung von Roger Willemsen die Frage aufkommen: Warum ausgerechnet Dinslaken? Hat Dinslaken einen lustigen Klang? Steht Dinslaken für etwas Besonderes? Für das Nirgendwo? Das Kleinstädtische? Das Geheimnisvolle? Oder für das Ende der Welt? Zumindest Hape Kerkeling konnte es uns nicht beantworten. Er sei bis Ende 2010 zu ausgebucht, um derartigen Anfragen nachzukommen, teilte sein Büro mit.

Ich glau­be, ich soll­te mich bei Roger Wil­lem­sen ent­schul­di­gen

Mit Dank auch an Micha­el M. für den Hin­weis und an mei­ne Mut­ter für den Scan!