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Musik Digital

Word Gets Around

2010 scheint sich uner­freu­li­cher­wei­se als Jahr des gro­ßen Musi­ker­ster­bens in die Geschichts­bü­cher bren­nen zu wol­len: Stuart Cable, der frü­he­re Schlag­zeu­ger der Ste­reo­pho­nics, ist tot.

Wie mitt­ler­wei­le eigent­lich üblich, erreich­te mich die trau­ri­ge Nach­richt per Face­book.

Ich hät­te es aber auch zufäl­lig auf der Start­sei­te von – hold your breathBild.de erfah­ren kön­nen:

Stereophonics:
Ex-Drummer Stuart Cable ist tot

Nicht erfah­ren hät­te ich es hin­ge­gen (Stand 14.55 Uhr) auf den „News“-Seiten der Musik­zeit­schrif­ten „Visi­ons“, „Musik­ex­press“ und „Rol­ling Stone“. Aber was hät­te ich auch da gewollt?

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Nicht intelligent genug

Im Janu­ar 2006 schrieb der „Musik­ex­press“ im Jah­res­rück­blick auf 2005:

Jetzt haben sogar die Rol­ling Stones ein Lied über Ulf Pos­ch­ardt geschrie­ben: „Sweet Neo­con“. […] Die deut­schen Neo­kon­ser­va­ti­ven ver­ber­gen sich hin­ter der „Initia­ti­ve Neue Markt­wirt­schaft“, eine Agen­tur, die erfolg­reich ihre The­men setz­te. Zuletzt ver­such­ten sie uns ein­zu­re­den → „Du bist Deutsch­land“. Der Höhe- bzw. Tief­punkt der neo­li­be­ra­len Debat­te war erreicht, als der Kul­tur­wis­sen­schaft­ler und angeb­li­che ex-Lin­ke Ulf Pos­ch­ardt („DJ Cul­tu­re“) vor den Wah­len allen Erns­tes for­der­te: Wes­ter­wel­le wäh­len gut, denn: FDP = mutig, radi­kal, wich­tig und irgend­wie auch: Pop. Ja, alles klar, gute Nacht.

Ein Jahr spä­ter war Pos­ch­ardt Chef­re­dak­teur beim Launch der deut­schen Aus­ga­be der „Vani­ty Fair“, die er nach nicht mal einem Jahr wie­der ver­ließ. Seit­dem hat­te ich erfri­schend wenig von ihm gehört, aber er fun­giert jetzt offen­bar als Her­aus­ge­ber von „Rol­ling Stone“, „Metal Ham­mer“ und – ver­damm­te Iro­nie – „Musik­ex­press“.

Außer­dem ist Pos­ch­ardt stell­ver­tre­ten­der Chef­re­dak­teur der „Welt am Sonn­tag“, in der er heu­te umständ­lich über zwei Bücher schreibt, die vor zehn Jah­ren erschie­nen sind: „Tris­tesse Roya­le“ und „Gene­ra­ti­on Golf“.

Nach aller­lei gesell­schafts- und kul­tur­ge­schicht­li­cher Ein­ord­nung, an der eini­ges stim­men mag und eini­ges gewollt erscheint, schwingt sich Pos­ch­ardt zu sei­ner Kern­aus­sa­ge auf:

Im neu­en Kabi­nett sind Figu­ren wie Rös­ler, Rött­gen, Gut­ten­berg und Wes­ter­wel­le Aktua­li­sie­rung jenes kokett Adret­ten, das mit Stall­ge­ruch so wenig anfan­gen kann wie mit Her­ren­wit­zen. Die post­he­roi­sche Ele­ganz ist bei den jün­ge­ren Poli­ti­kern mit einem Hauch Popu­lis­mus ver­setzt, um das Zeit­ge­nös­si­sche wähl­bar wer­den zu las­sen.

Es macht kei­nen Spaß, sich durch Pos­ch­ardts Text zu quä­len, aber eigent­lich muss man das ja auch nicht. Denn wie frag­te Ben­ja­min von Stuck­rad-Bar­re in dem Buch, über das Pos­ch­ardt schreibt?

War­um sind wir nicht intel­li­gent genug, nicht so oft über Ulf Pos­ch­ardt zu spre­chen?

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Relaunch My Fire

Ich habe ja nie ernst­haft in einer Redak­ti­on gear­bei­tet, könn­te mir aber vor­stel­len, dass an dem Tag, an dem man dort beschließt, den gra­fi­schen Auf­tritt des Pro­dukts zu über­ho­len (also zu „relaun­chen“), dass an die­sem Tag also neben Gra­fi­kern auch Ner­ven­ärz­te und Seel­sor­ger die Redak­ti­ons­räu­me bezie­hen. Die Gra­fi­ker für das Design, die Seel­sor­ger für die Leser­be­schwer­den und die Ner­ven­ärz­te für die von den eige­nen Lesern gepei­nig­ten Redak­teu­re.

Wie kon­ser­va­tiv ein Mensch wirk­lich ist, kann man ganz leicht über­prü­fen, indem man sei­ne Tages­zei­tung neu gestal­tet: Men­schen, die alle paar Jah­re mit ihren jewei­li­gen Part­nern umzie­hen, viel Geld bei der Typ­be­ra­tung las­sen und nicht davor zurück­schre­cken wür­den, Pri­vat­fern­seh-Wohn­raum­ex­per­ten durch ihre eige­nen vier Wän­de pflü­gen zu las­sen, legen eine erschüt­tern­de Kom­pro­miss­lo­sig­keit an den Tag, wenn es um ihre täg­li­che Lek­tü­re geht. Was inso­fern erstaun­lich ist, als mir spon­tan kei­ne ein­zi­ge deut­sche Zei­tung oder Zeit­schrift ein­fie­le, die wirk­lich unein­ge­schränkt schön und in ihrem jet­zi­gen Zustand bewah­rens­wert wäre. Aber Leser fin­den den Relaunch ja in der Regel auch nicht häss­lich, son­dern nur anders.

Inso­fern wün­sche ich den Redak­teu­ren vom „Musik­ex­press“ jetzt schon mal viel Kraft (und sta­bi­le Tisch­plat­ten) für die nächs­ten Wochen. Wie ich näm­lich kürz­lich am Bahn­hof fest­stel­len muss­te, ist das Blatt ganz neu gestal­tet wor­den und sieht jetzt end­lich auch so aus wie „intro“, „Spex“, „Neon“, „Zeit Cam­pus“ und „brand:eins“.

Der neue "Musikexpress"

Der neue "Musikexpress"

Der neue "Musikexpress"

Der neue "Musikexpress"

Der neue "Musikexpress"

Als Design-inter­es­sier­ter, aber weit­ge­hend ‑unkun­di­ger Leser wür­de ich sagen: Die neue Über­schrif­ten-Schrift­art (die mich ein biss­chen an die im „New Yor­ker“ erin­nert) ist gar nicht schlecht, die neue Stan­dard-Schrift­art nett, aber ver­braucht (s.o.). Die Idee, Über­schrif­ten über mehr als eine Heft­sei­te zu zie­hen („Selek­tor“), wirkt auf den ers­ten Blick ori­gi­nell, ist aber ver­mut­lich auch schon zehn Jah­re alt, und das, was da bei „Spielt die Gren­zen fort“ pas­siert ist, sieht eher wie ein Unfall aus als wie eine Über­schrift.

Gut gefällt mir die Kom­bi­na­ti­on aus eng beschrie­be­nen Spal­ten und den rela­tiv gro­ßen Weiß­flä­chen (wobei Weiß­flä­chen ver­mut­lich auch „sooo 2002“ sind) – nur in der „News“-Rubrik hät­te min­des­tens ein Tren­ner-Sym­bol zwi­schen den ein­zel­nen Mel­dun­gen Not getan.

Dafür, dass ich so sel­ten Musik­zeit­schrif­ten lese (und der US-„Rolling Stone“ auf dem Gebiet ein zeit­lo­ses Klas­si­ker-Design vor­ge­legt hat), gefällt mir der neue „Musik­ex­press“ ganz gut. War­um es aller­dings plötz­lich ein Pos­ter als Bei­la­ge braucht (so wie seit einem hal­ben Jahr in der „Visi­ons“), erschließt sich mir nicht so ganz. Mit Man­do Diao und Peter Fox zeigt die­ses auch noch zwei Acts, die man genau­so gut in der „Bra­vo“ fin­den könn­te.

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Musik Digital

Wagners Arie

Patrick Wag­ner war mal Sän­ger der mit­tel­gu­ten Band Sur­ro­gat, heu­te betreibt er das Label Louis­ville Records, bei dem eini­ge mit­tel­gu­te Bands sowie die gran­dio­sen Naked Lunch unter Ver­trag sind. Dort erscheint jetzt das Debüt­al­bum von Navel, die die­ses Jahr einen bereits siche­ren Sup­port­s­lot für die Smas­hing Pump­kins mit der Begrün­dung ablehn­ten, sie hät­ten es nicht nötig „mit so abge­half­ter­ten Rock­opas wie Smas­hing Pum­pins zu tou­ren“. Kurz vor Ver­öf­fent­li­chung hat sich Herr Wag­ner, der mit Franz Josef nicht nur den Nach­na­men, son­dern auch ein mit­un­ter bizar­res Selbst­ver­ständ­nis gemein hat, mal ein biss­chen aus­ge­kotzt über die­se gan­zen Blöd­män­ner im Musik­biz, die Navel nicht hin­rei­chend zu wür­di­gen wis­sen:

Gross­ar­tig auch Leu­te wie Chris­toph von MTV – “Bei Navel könn­te ich mir echt gut vor­stel­len, wenn das Video gut wird, dass wir da einen New­co­mer Deal anbie­ten könn­ten – ca 10 000€ spä­ter, ist das Video zwei mal gelau­fen und MTV lässt über Drit­te aus­rich­ten, dass man kei­nen Rock spie­le auf MTV – als hät­ten sie das nicht einen Moment frü­her gewusst. Bes­ser sind da schon die herr­li­chen Kol­le­gen von den Print­me­di­en – am bes­ten aus der Rock­haupt­stadt Mün­chen vom Musik­ex­press – zB. Oli­ver “das sind New­co­mer, oder ?- Ja dann musst du mit Chris­toph spre­chen: “ich weiss nicht ob ich da was brin­gen kann, es ist so viel los gera­de” die Wahr­heit ist, dass im März/​April aus­ser Nick Cave und Port­is­head kei­ne ein­zi­ge auch nur halb­wegs anhör­ba­re Plat­te raus­ge­kom­men ist, da nimmt man schon mal eine Künst­le­rin aufs Cover die gra­de nur Cover­ver­sio­nen ver­öf­fent­licht, wenn das nicht die Musik vor­an­treibt? Toll auch Mar­kus vom Radio Sen­der “Eldo­ra­dio” (Hörer­schnitt: 4/​Tag), der ganz ger­ne von einem erwar­tet, dass man für ihn und sei­nen beschis­se­nen Sen­der und sei­ne abso­lut irrele­van­ten Cam­puscharts einen Song umschreibt oder ne and­re Sin­gle aus­kop­pelt und im glei­chen Atem­zug sagt “Kett­car fin­den wir zwar auch scheis­se, müs­sen wir aber machen”. Da sind mir die Kol­le­gen von der Spex schon lie­ber, die ein­fach, sagen, “da machen wir nichts”, ‑genau­so hab ich mir nen Dis­kurs vor­ge­stellt.

Mal davon ab, dass die Cam­pus­ra­di­os zu den weni­gen Sen­dern gehö­ren dürf­ten, die Bands von Louis­ville Records spie­len: Jeder, der schon mal mit „Mar­kus vom Radio Sen­der ‚Eldo­ra­dio‘ “ zusam­men­ge­ar­bei­tet hat, wird Wag­ners Schmerz nach­emp­fin­den kön­nen.

[via taz Pop­b­log]

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Musik Print

Zitatenstrauß: Fran Healy

Cof­fee-And-TV-Vor­satz für 2008: Ein paar neue Rubri­ken ein­füh­ren und sie auch wirk­lich durch­zie­hen. Nicht nach einer oder zwei Epi­so­den ein­fach aus­lau­fen las­sen.

Im aktu­el­len „Musik­ex­press“ (Janu­ar 2008) ist ein „Blind Date“ mit Tra­vis. Das Kon­zept ist so ein­fach wie (meist) gut: Man spielt Musi­kern ein paar Songs vor und schreibt auf, ob und wann sie das Lied erken­nen und was sie dazu sagen. Im kon­kre­ten Fall bekam Fran Hea­ly „Weird Fishes/​Arpeggi“ von Radio­head vor­ge­spielt. Und für einen Moment ant­wor­te­te nicht mehr der Schwie­ger­mut­ter-Dar­ling Fran­ny, son­dern ein generv­ter Hörer:

FRAN: Ist das die neue Radio­head?
Ja. Wie fin­dest Du Sie?
FRAN: Ich fin­de, dass Nigel God­rich wie üblich einen fan­tas­ti­schen Job gemacht hat. Sein Sound, sei­ne Pro­duk­ti­on ist fan­tas­tisch, ohne Nigel wür­de es Radio­head nicht geben. Aber ich sehe nicht den Sinn, Alben zu machen, die aus­ge­dehn­te Jams sind, über die er (Thom Yor­ke, Anm. d. R.) dann drü­ber­mur­melt. Es sol­le sich end­lich jemand ein Herz fas­sen und ihm sagen, bit­te schreib einen ver­damm­ten Song! Du bist näm­lich ein tol­ler Song­wri­ter. Und ein tol­ler Sän­ger. Aber das hier ist für mich ein­fach … (äfft Yor­kes lei­ern­den Gesang nach) „Woo­zy­woo­zi­woo …“ Fuck off! Ich hab’s satt.
Warst Du frü­her Fan?
FRAN: Ich war rie­si­ger Radio­head-Fan. Weil sie groß­ar­ti­ge Songs schrie­ben und er SANG. Heu­te ist es ihm offen­bar pein­lich, eine gute Melo­die zu schrei­ben. Er macht lie­ber die­se klei­nen Sound­col­la­gen. Den Leu­ten gefällt’s, klar, weil Radio­head zu mögen eine Life­style-Ent­schei­dung ist: „Ich mag Radio­head“, „Ich lese die­ses und jenes Maga­zin“, „Ich tra­ge die­se und jene Klei­dung“, „Ich bin die­se und jene Art Mensch“.
Wann ging die Ent­täu­schung los? Mit KID A?
FRAN: Nein, KID A war toll, damals. Aber dann fin­gen sie an, die­se glei­che Plat­te immer wie­der zu machen.

Hät­te von mir sein kön­nen …

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Musik

Listenpanik: Alben 2007

So ein Jahr geht ja dann doch schnel­ler zu Ende als man denkt: Zwar ist es irgend­wie absurd, noch vor Sil­ves­ter zurück­zu­bli­cken, aber unse­re hek­ti­sche, durch­or­ga­ni­sier­te Welt lässt sich von Logik nicht auf­hal­ten. Des­halb habe ich nach den Songs (bei denen ich am liebs­ten schon wie­der mit­tel­gro­ße Kor­rek­tu­ren vor­neh­men wür­de) jetzt mei­ne Alben des Jah­res 2007 sor­tiert, abge­packt und nie­der­ge­schrie­ben.

Zwar hat­te ich nach der Lek­tü­re der Jah­res­rück­schau im „Musik­ex­press“, des­sen Posi­ti­on als letz­tes von mir gele­se­nes Papier­ma­ga­zin damit auch stark ins Wan­ken gera­ten ist, kei­ne gro­ße Lust mehr, über die­ses mir plötz­lich belie­big und unspan­nend erschei­nen­de Musik­jahr zu schrei­ben, aber dann beguck­te ich mein CD-Regal und dach­te: „Jetzt erst recht!“

Und weil so vie­le Künst­ler auch in der Song-Lis­te ver­tre­ten waren, hab ich mir als Anspiel­tipps für die Alben mal ande­re Stü­cke aus­ge­sucht.

1. Bloc Par­ty – A Weekend In The City
Wo anfan­gen? Viel­leicht mit dem Erstau­nen dar­über, dass Bloc Par­ty ihr Erst­werk top­pen konn­ten. Oder doch damit, dass kein Pop-Album der letz­ten fünf Jah­re einen bes­se­ren Span­nungs­bo­gen hat­te? Mit der groß­ar­ti­gen Mischung aus Hoff­nung und Resi­gna­ti­on, Poli­tik und Lie­be, Tanz­bo­den und Kuschel­ecke? Die tol­len Rhyth­men loben, die wun­der­ba­ren Gitar­ren, die ast­rei­ne Pro­duk­ti­on von Jack­kni­fe Lee oder die über allem thro­nen­de Stim­me von Kele Oke­re­ke?
Bull­shit: Wenn einen ein Album am 30. Dezem­ber noch so begeis­tert wie am 2. Febru­ar, dann ist es wohl das Album des Jah­res.
Anspiel­tipp: „Sun­day“

2. Get Cape. Wear Cape. Fly – The Chro­nic­les Of A Bohe­mi­an Teen­ager
Ken­nen Sie Sam Duck­worth? Ich muss­te den Namen auch gera­de erst mal wie­der nach­schla­gen. Aber sei­ne Band Get Cape. Wear Cape. Fly soll­ten Sie ken­nen. So außer­ge­wöhn­lich, dass mir dazu nur so sinn­lo­se Beschrei­bun­gen wie „Akus­ti­ke­molek­tro“ ein­fal­len. Klingt tau­send­mal tol­ler als es sich anhört. Ein biss­chen froh bin ich aber schon, dass das Album erst nach den gro­ßen Sinn­kri­sen mei­ner Teen­ager-Jah­re erschie­nen ist.
Anspiel­tipp: „War Of The Worlds“

3. Kili­ans – Kill The Kili­ans
Es wäre eine schö­ne Gele­gen­heit, mit die­ser 35. Erwäh­nung der Band in die­sem Blog eine klei­ne dies­be­züg­li­che Pau­se ein­zu­le­gen. Ich glau­be, es ist schon alles gesagt, gesun­gen und gefilmt wor­den. Aber toll ist die Plat­te immer noch
Anspiel­tipp: „Some­thing To Arri­ve“

4. Stars – In Our Bed­room After The War
Die­se Kana­di­er: 33 Mil­lio­nen Ein­woh­ner, von denen etwa die Hälf­te in jeweils min­des­tens zwei Bands musi­ziert. Nicht alle sind so erfolg­reich wie Bryan Adams und Avril Lavi­gne, aber auch nicht alle machen so schlech­te Musik. Stars machen zum Bei­spiel ganz wun­der­ba­ren Indiepop, der zwi­schen Kon­zert­saal und Dis­co schwankt und sich mit gro­ßer Freu­de gleich­zei­tig bei The Smit­hs, Bee Gees und Phil Spec­tor bedient. Toll!
Anspiel­tipp: „Take Me To The Riot“

5. Shout Out Louds – Our Ill Wills
Das sel­be in grün schwe­disch. The Cure statt The Smit­hs und Abba statt Bee Gees, sonst aber genau­so gelun­ge­ner Indiepop wie bei Stars. Die Shout Out Louds lie­fer­ten mit „Tonight I Have To Lea­ve It“ mei­nen Song des Jah­res und sind auch bei den Alben wie­der ganz vor­ne mit dabei.
Anspiel­tipp: „Par­ents Livin­g­room“

6. The Wea­k­erthans – Reuni­on Tour
Schon wie­der Kana­di­er. Na ja, das Land habe ich ja oben schon aus­führ­lichst *hüs­tel* vor­ge­stellt, da freu­en wir uns lie­ber noch ein paar Zei­len über die­ses tol­le Album und wun­dern uns, dass kein Song in mei­ner Jah­res­bes­ten­lis­te gelan­det ist. Pein­lich, pein­lich. Wie’s klingt? Na ja, wenn ich jetzt wie­der „Indiepop“ schrei­be, glaub ich es mir ja lang­sam sel­ber nicht mehr. „Toll“ war auch schon zu oft, dann klingt es halt ein­fach so, wie ein Wea­k­erthans-Album im Jahr 2007 klin­gen soll­te. Logik­schlei­fe geschlos­sen, Zei­len gefüllt!
Anspiel­tipp: „Civil Twi­light“

7. Tra­vis – The Boy With No Name
Ja, gut: Ich bin Fan, Tra­vis wer­den wohl nie ein Album machen, das ich wirk­lich doof fin­de. Viel­leicht war es des­halb der doch eher irgend­wie ein biss­chen ent­täu­schen­de Vor­gän­ger „12 Memo­ries“, der mich „The Boy With No Name“ umso mehr mögen ließ. Aber was will man machen? Jede Men­ge schö­ne Melo­dien mit klu­gen Tex­ten, viel mehr braucht’s halt auch nicht für ein gutes Album.
Anspiel­tipp: „Col­der“

8. Toco­tro­nic – Kapi­tu­la­ti­on
Toco­tro­nic sind ein­fach mit jedem Album gut. Viel­leicht nicht so gut, dass man „Kapi­tu­la­ti­on“ gleich kra­kee­lend zum Album des Jah­res ernen­nen und der Band eine Vor­rei­ter­stel­lung in Wasauch­im­mer unter­stel­len muss, aber eben schon bes­ser als jedes ande­re deutsch­spra­chi­ge Album in die­sem Jahr. Freu­en wir uns auch auf das nächs­te Album und hof­fen, dass es nicht aus­ge­rech­net in einem Jahr mit den neu­en Wer­ken von Ele­ment Of Crime und Tom­te erscheint, was zu einem unnö­ti­gen Show­down füh­ren wür­de.
Anspiel­tipp: „Ver­schwör dich gegen dich“

9. The Wom­bats – A Gui­de To Love, Loss & Despe­ra­ti­on
Ja, was machen die denn da? Ich woll­te doch nie mehr „jun­ge fre­che bri­ti­sche Bands“ hören. Sie ste­hen mir sowas von bis hier, dass ich das zwei­te Arc­tic-Mon­keys-Album bis heu­te nicht gehört habe. Ein Feh­ler? Mir egal. Ich hab ja The Wom­bats und die sind bes­ser als alle ande­ren Bands, die ich alle nicht ken­ne.
Anspiel­tipp: „Kill The Direc­tor“

10. Under­world – Obli­vi­on With Bells
Ber­lin, Fried­rich­stra­ße. Okto­ber, Abend, Regen. Under­world machen aus dem Tou­ris­ten­tram­pel­pfad vor­bei an Luxus­kauf­häu­sern für ein, zwei Momen­te New York. Ralph Fien­nes wird in einem Auto an mir vor­bei gezo­gen. Alles fühlt sich so urban an – und das liegt ver­dammt­noch­mal nicht an der „Arm, aber sexy“-Metropole, son­dern an die­sem atem­be­rau­bend guten Elek­tro-Album.
Neu­lich sah ich das Video zu „Beau­tiful Burn­out“ im Fern­se­hen (GoTV, natür­lich): Über acht Minu­ten, über­haupt nicht welt­städ­tisch, son­dern klein, bil­lig, schmud­de­lig. Und trotz­dem hat­te ich wie­der ein Gefühl wie auf dem Gip­fel der Welt.
Anspiel­tipp: „Beau­tiful Burn­out“

11. The Blood Arm – Lie Lover Lie
Wie man sich mei­ne Gunst erspielt: Kla­vier neh­men, drauf­hau­en, semi-alber­ne Tex­te mehr­stim­mig anstim­men. So sind Ben Folds Five damals mei­ne Lieb­lings­band gewor­den, so ähn­lich haben sich The Blood Arm einen Platz in mei­ner Lis­te erkämpft.
Anspiel­tipp: „The Cha­sers“

12. Jus­ti­ce – †
Es ist mir bei­na­he unan­ge­nehm, die­se Plat­te zu nen­nen. Da könn­te man ja gleich Grö­ne­mey­er oder … äh: Bloc Par­ty neh­men, wenn man Kon­sens haben will. Egal, was die Musik­feuil­le­to­nis­ten jetzt schon wie­der für einen Trend her­bei­schrei­ben wol­len: Das Album mit dem Kreuz im Titel ist und bleibt super. Bit­te tan­zen Sie N.O.W.
Anspiel­tipp: „Tth­hee Ppaarrt­tyy“

13. Wir Sind Hel­den – Sound­so
Die ganz gro­ße Auf­merk­sam­keit in den Medi­en hat etwas nach­ge­las­sen, viel­leicht hat „Poly­lux“ nicht mal mehr einen Bei­trag über Judith Holo­fer­nes als „Stim­me ihrer Gene­ra­ti­on“ gebracht. Wir Sind Hel­den haben ihr Leben zurück und sind so gut wie am ers­ten Tag. Bei fast jeder Band hät­te ich Angst, dass sie einen Song wie „The Geek (Shall Inhe­rit)“ nicht mehr top­pen kön­nen wird, aber Wir Sind Hel­den machen seit „Denk­mal“ ja nichts ande­res. Also: Wei­ter­ma­chen!
Anspiel­tipp: „Sound­so“

13. The Kil­lers – Saw­dust
„Ey, Alter, das ist doch nur eine Rari­tä­ten­samm­lung! Was soll die denn bei den Alben des Jah­res? ‚Alben‘, hörst Du?“ Also bit­te, lie­be Stim­men in mei­nem Kopf: Seid still! Natür­lich ist das „nur“ eine Rari­tä­ten­samm­lung. Aber so man­che Band wäre froh, das als Album hin­zu­krie­gen! Man­che Sachen sind natür­lich etwas sehr absei­tig und wür­den auf einem „nor­ma­len“ Album viel­leicht über­for­dern, aber auf die­sem Zwi­schen­ding dür­fen sich The Kil­lers aus­to­ben. Mit Joy-Divi­si­on-Cover, Wes­tern­gi­tar­ren und Lou Reed. Mei­ne Pro­gno­se fürs drit­te Album: Da geht noch eini­ges!
Anspiel­tipp: „Move Away“

14. Jim­my Eat World – Cha­se This Light
Lie­be Kin­der, wenn Ihr nicht wollt, dass Ihr auch mal eher so mit­tel­mä­ßi­ge Alben so lan­ge hört, bis Ihr sie toll fin­det, dann wer­det bes­ser nie Fan!
Ratio­nal betrach­tet ist „Cha­se This Light“ immer noch ein rela­tiv unbe­deu­ten­des Album, das eine gan­ze Spur zu pop­pig pro­du­ziert wur­de. Tat­säch­lich ist es aber genau die Musik, die ich mor­gens auf dem Weg zur Uni hören möch­te. Oder nachts, wenn ich betrun­ken nach hau­se tau­me­le. Oder dazwi­schen. Also muss man ein­fach zu dem ste­hen, was man mag, und sagen: „Cha­se This Light“ ist doch ein ganz schö­nes Album, irgend­wie.
Anspiel­tipp: „Here It Goes“

15. Muff Pot­ter – Ste­ady Fremd­kör­per
Wie­so ist mir „Ste­ady Fremd­kör­per“ eigent­lich nie so ein treu­er Freund und Beglei­ter gewor­den wie die bei­den Vor­gän­ger­al­ben? Ver­mut­lich, weil das Album im Som­mer raus­kam, viel zu früh für kah­le Bäu­me und Blät­ter­matsch. Natür­lich ist es trotz­dem wie­der ein sehr gutes Album gewor­den, was ich mit einem sehr okay­en fünf­zehn­ten Platz in mei­ner Jah­res­hit­pa­ra­de noch ein­mal her­vor­he­ben möch­te.
Anspiel­tipp: „Das seh ich erst wenn ich’s glau­be“

16. Manic Street Pre­a­chers – Send Away The Tigers
Die Manics nach der Frisch­zel­len­kur: Zurück auf Anfang „Ever­y­thing Must Go“, zurück zu Pathos, gro­ßer Ges­te, Melan­cho­lie und Paro­len­dre­sche­rei. Es hielt sich letzt­lich nicht ganz so gut wie das inter­ne Vor­bild, aber „Send Away The Tigers“ ist trotz­dem ein gelun­ge­nes Album und ein guter Aus­gangs­punkt für einen Neu­an­fang.
Anspiel­tipp: „Indi­an Sum­mer“

17. Foo Figh­ters – Echo­es, Silence, Pati­ence And Grace
Und noch eine Band, die schon vor zehn Jah­ren hät­te auf die­ser Lis­te ste­hen kön­nen. Lang­sam wer­den die Hel­den unse­rer Jugend eben auch älter und wir somit offen­bar auch. Auf dem Album mit dem unmerk­bars­ten Titel der Sai­son merkt man davon aber noch nix, die Foo Figh­ters rocken so, als woll­ten sie Fall Out Boy, Good Char­lot­te und Kon­sor­ten zei­gen, wo die Gitar­re hängt. Dabei weiß das doch jedes Kind: tief.
Anspiel­tipp: „Long Road To Ruin“

18. Rihan­na – Good Girl Gone Bad
Tja, da müs­sen wir jetzt gemein­sam durch. Oder ich muss das erklä­ren, irgend­wie. „Umbrel­la“ ist halt ein Über­song, der über­wie­gen­de Rest ist auch recht gelun­gen und wenn schon irgend­was Mas­sen­taug­li­ches im Radio lau­fen muss, dann doch bit­te cle­ver pro­du­zier­te Songs mit einer char­man­ten Sän­ge­rin.
Anspiel­tipp: „Shut Up And Dri­ve“

19. Mari­ti­me – Here­sy And The Hotel Choir
Mari­ti­me gin­gen hier im Blog auch irgend­wie völ­lig unter, was sehr scha­de ist, weil sie mit ihrem drit­ten Album wie­der an die Qua­li­tät ihres Debüts anknüp­fen konn­ten. Viel­leicht wür­den die Beach Boys so klin­gen, wenn sie heu­te jung wären. (In Wahr­heit wäre Bri­an Wil­son wohl schon lan­ge völ­lig wahn­sin­nig oder tot, wenn er heu­te jung wäre.)
Anspiel­tipp: „Guns Of Nava­ro­ne“

20. Maxï­mo Park – Our Earth­ly Plea­su­res
Mit dem ers­ten Maxï­mo-Park-Album bin ich ja irgend­wie nie so ganz warm gewor­den: Natür­lich waren die Sin­gles super, aber so wirk­lich vom Hocker hau­en konn­te mich „A Cer­tain Trig­ger“ nie. Da ist „Our Earth­ly Plea­su­res“ eher ein Album zum Durch­hö­ren und Mögen. Dass Franz Fer­di­nand auch 2007 kaum ver­misst wur­den könn­te an Maxï­mo Park lie­gen.
Anspiel­tipp: „Pari­si­an Ski­es“

21. Crow­ded House – Time On Earth
Stel­len Sie sich vor, Ihr Kind wür­de sich in zwan­zig Jah­ren über eine Come­back von … sagen wir mal: Star­sail­or freu­en. Wür­den Sie da sagen „Aber Kind­chen, dafür bist Du doch trotz eige­ner Woh­nung, Rücken­lei­den und Uni-Abschluss viel zu jung“, oder wür­den Sie sich freu­en, dass er/​sie/​es gute Musik zu schät­zen weiß?
War­um habe ich eigent­lich immer das Gefühl, mich für mei­nen Musik­ge­schmack recht­fer­ti­gen zu müs­sen? „Time On Earth“ wäre doch auch toll, wenn die Musi­ker in mei­nem Alter wären.
Anspiel­tipp: „Eng­lish Trees“

22. Die Ärz­te – Jazz ist anders
Das soll­te man viel­leicht auch mal erwäh­nen, dass „Jazz ist anders“ das ers­te Album von Die Ärz­te ist, das ich wirk­lich gehört habe. Es ist aber auch ein sehr gelun­ge­nes Album, denn Bel­a­Fa­rin­Rod agie­ren sehr klug und fügen die ver­schie­dens­ten Musik­sti­le kunst­voll zu einem wirk­lich fei­nen Gesamt­bild, das mit „Spaß­punk“ oder ähn­li­chem wenig am Hut hat. Nur: „Jun­ge“ nervt inzwi­schen dann doch. Gewal­tig.
Anspiel­tipp: „Him­mel­blau“

23. Smas­hing Pump­kins – Zeit­geist
Sagt mal, wo kommt Ihr denn her? „Aus Dei­ner tris­ten, teil­zeit-depres­si­ven Teen­ager­zeit, bit­te sehr!“
Von mir aus hät­te es das Come­back der Smas­hing Pump­kins nicht gebraucht, zu pass­ge­nau war ihr Auf­tau­chen in und Ver­schwin­den aus mei­nem Leben damals gewe­sen. Jetzt sind sie (zur Hälf­te) aber doch wie­der da und wo sie sich schon mal die Mühe gemacht haben, kann man natür­lich das eigent­lich gar nicht mal schlech­te Album „Zeit­geist“ erwäh­nen, das irgend­wie aber auch sagen­haft unter­ging. Offen­bar war mein Leben nicht das ein­zi­ge, aus dem die Pump­kins zur rech­ten Zeit ver­schwun­den waren.
Anspiel­tipp: „Doomsday Clock“

24. Mika – Life In Car­toon Moti­on
Als Mika in Deutsch­land sei­nen ver­dien­ten Durch­bruch fei­er­te und kei­ne Stun­de mehr ver­ging, in der er nicht im Radio, Fern­se­hen oder in der Wer­bung zu hören war, war ziem­lich genau der Punkt erreicht, an dem ich sei­ne zucker­sü­ßen Pop­songs nicht mehr hören konn­te. Dabei war „My Inter­pre­ta­ti­on“, der bes­te von ihnen, doch gar nicht aus­ge­kop­pelt wor­den.
Anspiel­tipp: „My Inter­pre­ta­ti­on“

25. Bei­rut – The Fly­ing Club Cup
Auch Bei­rut sol­len in die­ser Lis­te nicht uner­wähnt blei­ben. Zwar fin­de ich das Debüt „Gulag Orke­star“, das ich auch erst in die­sem Jahr ent­deckt habe, ein biss­chen bes­ser, aber „The Fly­ing Club Cup“ ist mit sei­nem folk­lo­ris­ti­schen … äh: Indiepop auch ein sehr schö­nes Album. Der Tag, an dem ich die­ses Album hörend durch eine in mil­chig-röt­li­ches Licht getauch­te Nach­bar­schaft zur Uni stapf­te, wäre mit „sur­re­al“ recht pas­send umschrie­ben.
Anspiel­tipp: „The Penal­ty“

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Musik

Bochum-Total-Tagebuch (Tag 3)

Das Ruhr­ge­biet im All­ge­mei­nen und Bochum im Spe­zi­el­len ist ein Ort, an dem sich Men­schen, die von unse­ren Eltern in den Acht­zi­gern „Gruf­ties“ genannt wur­den, ger­ne tref­fen und gemein­sam Musik hören, die von sehr teu­ren Syn­the­si­zern erzeugt wird, und zu der Män­ner (tief) und Frau­en (hoch) Tex­te sin­gen, die im All­ge­mei­nen von Schmerz, Tod und Nacht han­deln. Die ein­zi­ge Musik­rich­tung, die mich noch weni­ger inter­es­siert als Gothic/​EBM ist Reg­gae, aber wer wäre ich, das Line-Up des Bochum Total zu kri­ti­sie­ren, zumal nach die­sem Auf­takt? Es ist halt wirk­lich für jeden Geschmack etwas dabei und so kam ich am gest­ri­gen Sams­tag wie­der zwei­mal auf mei­ne Kos­ten:

Sugar­plum Fairy (Eins-Live-Büh­ne)
Vic­tor und Carl Norén, die bei­den Sän­ger von Sugar­plum Fairy sind die klei­nen Brü­der von Gus­taf Norén von Man­do Diao. Als letz­te­re vor zwei Jah­ren auf dem Hald­ern Pop spiel­ten, reg­ne­te es in Strö­men, ich saß im Pres­se­zelt und lang­weil­te mich, denn die Band war live min­des­tens so schwach wie Franz Fer­di­nand am Abend zuvor.

Ges­tern war also Bochum Total, es reg­ne­te immer mal wie­der, ich stand vor der Büh­ne und war hell­auf begeis­tert. Die klei­nen schwe­di­schen Rotz­löf­fel (hab grad extra nach­ge­guckt: wenigs­tens der Schlag­zeu­ger ist älter als ich, wenn auch nur eine Woche) haben sich natür­lich viel bei der Schwes­ter­band und vor allem bei Oasis abge­guckt, aber bei allem Gepo­se war noch der Spaß dahin­ter zu erken­nen und es klang ein­fach gut. Sie spiel­ten vie­le Songs vom aktu­el­len Album „First Round First Minu­te“, wobei sich Carl, Vic­tor und David Hebert stän­dig an Bass, Gitar­re, Orgel und Gesang abwech­sel­ten, was ich immer beson­ders schön fin­de. Die meis­te Stim­mung kam aber bei den Hits des Debüt­al­bums auf: bei „Mor­ning Miss Lisa“, „Sail Bey­ond Doubt“, „(And Plea­se) Stay Young“ und dem über­ra­gen­den „Sweet Jackie“, das Noel Gal­lag­her sicher ger­ne geschrie­ben hät­te, wenn die Noréns es nicht aus sei­nen größ­ten Hits zusam­men­ge­puz­zelt hät­ten.

Es wäre also ein rund­her­um gelun­ge­nes Rock’n’Roll-Kon­zert gewe­sen, hät­te Carl Norén nicht plötz­lich die vier­te Wand ein­ge­ris­sen und das Oasis’sche „Won­der­wall“ ange­stimmt. Da zeig­te sich näm­lich für einen Moment, dass Sugar­plum Fairy letzt­end­lich doch noch nur Ersatz­be­frie­di­gung für das laut­hals mit­grö­len­de Publi­kum waren. Ande­rer­seits haben Oasis ja auch oft genug die Beat­les geco­vert …

Toco­tro­nic (Eins-Live-Büh­ne)
Tocotronic beim Bochum Total 2007Beim bereits oben erwähn­ten Hald­ern 2005 kam mir Musik­ex­press-Redak­teur Josef Wink­ler im Pres­se­zelt ent­ge­gen­ge­rauscht, flö­te­te „Toco­trooooo­nic!“ und ent­schwand Rich­tung Büh­ne (in mei­ner Erin­ne­rung trug er ein Feen­ge­wand und Bän­der im Haar, aber ich mag mich da durch­aus irren). Der Auf­tritt damals war schlicht­weg fan­tas­tisch und das gro­ße Fina­le mit „Neu­es vom Trick­ser“ ende­te in dem Unwet­ter, was den Man­do-Diao-Auf­tritt beglei­ten soll­te.

Dies­mal nie­sel­te es nur leicht, was in Sachen Spe­zi­al­ef­fek­te ja bei­na­he lang­wei­lig ist. Trotz­dem waren Dirk „der Graf“ von Lowtzow und die Sei­nen wie all­ge­mein üblich sehr, sehr gut. Es gab eini­ges an neu­em Lied­werk vom noch unver­öf­fent­lich­ten Album „Kapi­tu­la­ti­on“ zu hören (das wie­der sehr gut wird) und eine Art Grea­test-Hits-Revue, die sich den Main­stream-Hits „This Boy Is Toco­tro­nic“ und „Let The­re Be Rock“ kon­se­quent ver­wei­ger­te. Dafür gab es bei­spiels­wei­se bei „Ich bin viel zu lan­ge mit euch mit­ge­gan­gen“ und dem fina­len „Frei­burg“ die wohl größ­ten Stu­den­ten­chö­re der Welt zu hören (Trai­nings­ja­cken inklu­si­ve) und bei „Aber hier leben, nein dan­ke“ flog kein ein­zi­ger Becher auf die Büh­ne.

Detail am Ran­de: Ein etwa sechs- bis acht­jäh­ri­ges Mäd­chen im Toco­tro­nic-Band­shirt auf den Schul­tern sei­nes Vaters, das den Refrain der aktu­el­len Sin­gle „Kapi­tu­la­ti­on“ begeis­tert und aus einem Schnei­de­zahn­lo­sen Mund mit­sang.

Das ver­wen­de­te Foto stammt von Kath­rin. Hier hat sie noch mehr vom Bochum Total.

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„Viel schlimmer ist doch, dass mittlerweile jede Putzfrauenstelle übers Fernsehen gecastet wird.“

Wer sich für groß­ar­ti­ge Sät­ze von groß­ar­ti­gen Musi­kern begeis­tern kann, dem sei der aktu­el­le Musik­ex­press (Mai 2007) wärms­tens ans Herz gelegt. Auf lei­der nur einer Sei­te befragt Jan Wig­ger Peter Hein von den Fehl­far­ben – und der sagt so vie­le tol­le Sachen, dass man gar nicht mehr weiß, wel­chen Spruch man sich dem­nächst auf ein T‑Shirt (wohl vor­sichts­hal­ber in XXXXXL) dru­cken las­sen soll.

Zum The­ma Fuß­ball-WM und dem sog. „posi­ti­ven Patrio­tis­mus“ (Fah­nen­schwen­ken):

Ich habe natür­lich gegen die deut­sche Mann­schaft gehal­ten, das mache ich immer. Zum Fah­nen­schwen­ken: Natür­lich geht das. Die Hälf­te der Leu­te mit den Fah­nen konn­te ja kaum Deutsch, die leben halt hier und konn­ten ihrem von zu Hau­se gewohn­ten Fah­nen­schwen­ken mal frei­en Lauf las­sen. Ich fand es auch in Ord­nung, wie man sich mit die­sen Wink­ele­men­ten an den Autos lächer­lich gemacht hat.

Über Franz Josef Wag­ners Kolum­ne in der „Bild“-Zeitung:

„Post von Wag­ner“ fand ich frü­her nur blöd. Aber seit­dem mir mal jemand plau­si­bel gemacht hat, dass der wirk­lich „amt­lich durch­ge­knallt“ ist, blei­be ich dar­an hän­gen. […] Also ab und zu schreibt der auch was Wah­res, und ich lese das mit Belus­ti­gung.“

Auf die Fra­ge, ob Pete Doh­erty Punk sei:

Also Pete Doh­erty ganz bestimmt nicht, der ist eher Sid Vicious. Und das ist nicht Punk, son­dern (über­legt) … Depp.

Als ihm der Pro­mo­ter eine Bröt­chen­tü­te reicht:

Mensch, da ist ja gar nichts von dem drin, was ich bestellt habe. Kein Ei, kein Sand­wich, nur so’n Kör­ner-Kack. Wenigs­tens ist das Tier tot, was auf dem Bröt­chen ist.

Über MP3s:

Das ist im Prin­zip nur Schei­ße, da gehst du ein­mal mit nem Magnet vor­bei, und dann haben sie ihre Musik mal gehabt. Ich stel­le mir immer vor, wie die jetzt 30-Jäh­ri­gen in zwan­zig Jah­ren auf dem Floh­markt ste­hen und da ihre Chips ver­hö­kern (ver­stellt die Stim­me): „Ey, hal­lo, 30 Giga­byte, ey voll krass, mus­su hören!“

Der Rest des Hef­tes ist auch zu emp­feh­len, die neue Fehl­far­ben-Plat­te offen­bar auch.