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Podcast: Episode 7

Lukas ist ein biss­chen erkäl­tet und hat des­halb zum ers­ten Mal Hus­ten gehört, die Indie-Super­group von Gis­bert zu Knyphau­sen, Moses Schnei­der und Tobi­as Fried­rich. Außer­dem spielt er neue Songs von ARXX, Arlo Parks, Muff Pot­ter und The Natio­nal und ein Lieb­lings­lied von Japan­dro­ids:

Alle Songs:

  • Hus­ten feat. Sophie Hun­ger – Dasein
  • ARXX – The Last Time
  • Men I Trust – Ring Of Past
  • Arlo Parks – Impu­ri­ties
  • Muff Pot­ter – Beach­bar
  • Gra­cie Abrams – Whe­re Do We Go Now?
  • The Natio­nal – Euca­lyp­tus
  • Japan­dro­ids – Fire’s High­way
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Liebling, ich bin gegen Deutschland

Es ist inzwi­schen ein paar Jah­re her, dass die Müns­te­ra­ner Band muff pot­ter. einen Song ver­öf­fent­lich­te, in dem sie – vor­sich­tig aus­ge­drückt – Kri­tik übte an einem merk­wür­di­gen neu­en deut­schen Natio­nal­stolz:

Neue Stim­men und neue Lie­der
ver­kün­den: Wir sind wie­der wer!
Und wer sind eigent­lich wir?
Und ich frag mich: Was zum Teu­fel wollt eigent­lich Ihr?

Der Song heißt „Punkt 9“, ((Benannt nach Punkt 9 auf der Lis­te der Tour­bus­re­geln der Band: „Klap­pe hal­ten!“)) klingt „als ob Refu­sed ABBA covern“ ((Schlag­zeu­ger Bra­mi, der Mann hat Recht!)) und das bemer­kens­wer­tes­te dar­an ist: er erschien schon im Herbst 2005, also fast ein Jahr, bevor „die Welt zu Gast bei Freun­den“ war und sich Deutsch­land im „Som­mer­mär­chen“ „schwarz-rot-geil“ ((„Bild“, natür­lich.)) fand.

Deutsche Flagge

Ich erin­ne­re mich noch gut, wie ich am Mit­tag des 9. Juni 2006 mit der Bahn von Bochum nach Dins­la­ken fuhr und in Duis­burg an einer Häu­ser­front vor­bei­kam, die vol­ler deut­scher Flag­gen hing, und dach­te: „Hol­la! Goeb­bels wäre stolz!“ ((Ja, mir war auch damals schon klar, dass Joseph Goeb­bels über schwarz-rot-gol­de­ne Beflag­gung ver­mut­lich eher erbost gewe­sen wäre, aber die klei­ne Trans­fer­leis­tung kön­nen wir schon gemein­sam erbrin­gen, ne?)) Rund fünf Stun­den spä­ter saß ich bei Schul­freun­den im elter­li­chen Wohn­zim­mer, Phil­ipp Lahm schoss das 1:0 gegen Cos­ta Rica und für vier Wochen war ich bereit, dem Nar­ra­tiv eines neu­en, „posi­ti­ven“ oder „unver­krampf­ten“ Patrio­tis­mus zu glau­ben.

muff pot­ter. bezo­gen sich damals aber nicht (nur) auf Fuß­ball­fans, son­dern z.B. auf die Medi­en­kam­pa­gne „Du bist Deutsch­land“, an die sich heu­te außer ein paar Agen­tur­na­sen ver­mut­lich nie­mand mehr erin­nert und die eine „Initi­al­zün­dung einer Bewe­gung für mehr Zuver­sicht und Eigen­in­itia­ti­ve in Deutsch­land“ sein soll­te – also ein Remix von Roman Her­zogs „Ruck“-Rede vor dem zeit­ge­schicht­li­chen Hin­ter­grund der Agen­da 2010.

Den Start­punkt für die­se „neue deut­sche Zeit­rech­nung“ ver­or­te­ten Sänger/​Gitarrist Nagel und Schlag­zeu­ger Bra­mi in ihrem Text „Neun­zehn­vier­und­fünz­ig in Bern“ und tat­säch­lich war „Das Wun­der von Bern“ 2003 in einem erfolg­rei­chen Kino­film von Sön­ke Wort­mann noch ein­mal für die nach­fol­gen­den Gene­ra­tio­nen auf­be­rei­tet wor­den.

Wenn man „Punkt 9“ heu­te hört, hat man ein biss­chen das Gefühl, dass das Lied sei­ner Zeit nicht nur im Bezug auf den „Par­ty-Patrio­tis­mus“ vor­aus war, son­dern auch, was Poli­tik angeht:

Mit war­men Visio­nen von Iden­ti­tät
und der Refle­xi­on auf Null­di­ät
wird Geschich­te ver­tauscht, ver­dreht und umge­kehrt
Hys­te­risch, wer sich da beschwert

„Ja, gab’s denn damals schon die AfD?“, möch­te man fra­gen – und über­sieht dabei, dass ein Alex­an­der Gau­land damals schon seit über 30 Jah­ren in der CDU war und in der Uni­on auch Leu­te wie Peter Gau­wei­ler, Roland Koch, Horst See­ho­fer, Fried­rich Merz und Eri­ka Stein­bach zu Ver­hal­tens­auf­fäl­lig­kei­ten neig­ten. Merz zum Bei­spiel hat­te im Jahr 2000 mit dem Begriff der „deut­schen Leit­kul­tur“ für ein gro­ßes Hal­lo in der damals noch jun­gen Ber­li­ner Repu­blik gesorgt. Und der Schrift­stel­ler Mar­tin Wal­ser hat­te 1998 in sei­ner Pauls­kir­chen­re­de eine „Instru­men­ta­li­sie­rung unse­rer Schan­de“ beklagt und die­se als „Moral­keu­le“ bezeich­net und somit eine Blau­pau­se geschaf­fen für alle noch zu hal­ten­den Reden von Björn Höcke und Alex­an­der Gau­land.

Das alles war, nach der Ein­schrän­kung des Asyl­rechts und zahl­rei­chen, mit­un­ter töd­li­chen Brand­an­schlä­gen auf Asylbewerber*innen und Migrant*innen Anfang der 1990er Jah­re, ((Übri­gens auch in Hün­xe und damit ganz in mei­ner Nähe.)) also das Kli­ma, in dem „Punkt 9“ ent­stand. ((Dar­über hin­aus hat­ten die Mit­glie­der des soge­nann­ten „Natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Unter­grunds“ bis zur Ver­öf­fent­li­chung des Songs schon sie­ben Mor­de began­gen, die aber erst sechs Jah­re spä­ter als rechts­extrem moti­viert ein­ge­stuft wer­den soll­ten.))

Und es war auch nicht der ers­te Song zum The­ma.

Schon im Okto­ber 1990 – und damit gera­de mal drei Mona­te nach dem deut­schen Sieg bei der Fuß­ball­welt­meis­ter­schaft und drei Wochen nach der for­mel­len Wie­der­ver­ei­ni­gung – erschien das Album „X für ’e U“ („Ein X für ein U“) der Köl­ner Band BAP, des­sen Ope­ner „Denn mer sinn wid­der wer“ („Denn wir sind wie­der wer“) in hoch­deut­scher Über­set­zung so beginnt:

Wo man hin­schaut, nur noch Deutsch­land,
So pene­trant, wie ich es noch nicht kann­te,
Als gäbe es sonst nichts mehr, als gäbe es sonst nichts mehr.

Der Song ent­wi­ckel­te zusätz­li­che und beson­de­re Bedeu­tung beim Kon­zert auf dem Köl­ner Chlod­wig­platz, auf dem am 9. Novem­ber 1992 100.000 Men­schen unter dem Mot­to „Arsch huh, Zäng ussen­an­der“ („Arsch hoch, Zäh­ne aus­ein­an­der“) gegen Ras­sis­mus und Neo­na­zis demons­trier­ten. ((Die man damals übri­gens noch gut erken­nen konn­te: „Mit deut­scher Reichs­fah­ne und mit Bom­ber­ja­cke“.)) BAP-Sän­ger Wolf­gang Nie­de­cken beschreibt bei die­sem Auf­tritt die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Songs, als nach dem deut­schen WM-Sieg „die ers­ten Hir­n­is mit der Reichs­kriegs­flag­ge rum­fuh­ren und mein­ten, sie könn­ten ihr Süpp­chen mit­ko­chen“. Die­se For­mu­lie­rung ist – viel­leicht ganz bewusst, viel­leicht eher aus Ver­se­hen – ziem­lich gut, weil sie zunächst ein­mal zwi­schen Fuß­ball-Anhän­gern und Neo­na­zis unter­schei­det und dann aber doch einen, wenn auch eher para­si­tä­ren, Zusam­men­hang zwi­schen bei­dem her­stellt.

Ich hat­te „Denn mer sinn wid­der wer“ wie­der im Kopf, als wir nach dem End­spiel der WM 2002, bei dem Deutsch­land gegen Bra­si­li­en ver­lo­ren hat­te, mit unse­ren Fahr­rä­dern nach Hau­se fuh­ren und in der Innen­stadt von Dins­la­ken Men­schen mit Deutsch­land­fah­nen rum­lie­fen, von denen eini­ge tat­säch­lich rie­fen: „Deutsch­land den Deut­schen, Aus­län­der raus!“ Es fühl­te sich nach Jah­ren einer gefühl­ten Ent­span­nung der Lage an wie ein Schlag in die Magen­gru­be – und war im Nach­hin­ein ein Vor­ge­schmack auf das, was noch kom­men soll­te.

Wäh­rend der WM 2010 stand im Bochu­mer Ber­mu­da­drei­eck ein fast schon Kari­ka­tu­ren­haf­ter Mann mit einer schwarz-weiß-roten Flag­ge, als wäre es das Nor­mals­te der Welt. Die von uns infor­mier­te Poli­zei konn­te nichts machen: Die Flag­ge des Kai­ser­rei­ches ist nicht ver­bo­ten.

Tat­säch­lich sehen nicht weni­ge Exper­ten einen mehr oder weni­ger gro­ßen Zusam­men­hang zwi­schen dem seit 12 Jah­ren regel­mä­ßig aus­bre­chen­den „Par­ty-Patrio­tis­mus“ und dem Auf­kom­men neu­er natio­na­lis­ti­scher Strö­mun­gen wie der AfD.

Wenn also die Welt­meis­ter­ti­tel von 1954 und 1990 wahl­wei­se Aus­gangs­punk­te oder zumin­dest Mar­ker eines ver­än­der­ten deut­schen Selbst­ver­ständ­nis­ses waren: Baby, what did you expect, 2014? ((Bonus­fra­ge: Wie fuck­ing gut muss es Deutsch­land 1974 trotz vor­he­ri­ger Ölkri­se gegan­gen sein, dass der WM-Sieg ver­gleichs­wei­se fol­gen­los blieb?)) Drei Mona­te spä­ter „spa­zier­te“ die Pegi­da-Bewe­gung zum ers­ten Mal durch Dres­den. ((Ande­rer­seits gibt es die­se natio­na­lis­ti­schen Ten­den­zen aktu­ell fast über­all in Euro­pa. Ita­li­en, Ungarn und Öster­reich sind bei der WM gar nicht dabei, Polen und Deutsch­land haben ihre Auf­takt­spie­le ver­lo­ren.))

Den Über­gang von ver­meint­lich harm­lo­ser Fuß­ball­be­geis­te­rung hin zu Per­ma­nenz­na­tio­na­lis­mus kann man in einem klei­nen Sti­cker sehen: 2006, als das „Som­mer­mär­chen“ lang­sam zu Ende ging, brach­te „Bild“ einen Auf­kle­ber in Umlauf, der ver­kün­de­te: „Schwarz rot geil – Wir machen wei­ter!“. Im Blatt schrieb die Redak­ti­on dazu: „Las­sen Sie sich die gute Stim­mung nicht ver­der­ben, zei­gen Sie wei­ter Flag­ge!“

Mal davon ab, dass die Deutsch­land-Besof­fen­heit von „Bild“ schon wäh­rend der WM alles ande­re als ent­spannt und unver­krampft gewe­sen war (BILD­blog berich­te­te mehr­fach), konn­te ab hier kei­ner mehr behaup­ten, dass es „nur“ um Fuß­ball und die Far­ben einer Mann­schaft ging.

Das pas­sen­de Lied zur aktu­el­len Lage kommt von kett­car und heißt „Mann­schafts­auf­stel­lung“:

Wir bil­den eine Mau­er, machen alle Räu­me dicht
Mit einem Popu­lis­ten, der durch die Abwehr bricht
Ein Stamm­tisch­phi­lo­soph am rech­ten Außen­feld
Die Dop­pel­sechs, die alles Frem­de ins Abseits stellt

kett­car-Sän­ger Mar­cus Wie­busch hat­te Fuß­ball bei sei­ner frü­he­ren Band …But Ali­ve schon öfter als Bild­spen­der benutzt – aller­dings im Bezug auf geschei­ter­te Bezie­hun­gen („Ent­las­sen (Vor der Win­ter­pau­se)“) und Freund­schaf­ten („Erin­nert sich jemand an Kal­le ‚del Haye?“). Der Text zu „Mann­schafts­auf­stel­lung“ stammt vom Bas­sis­ten Rei­mer Bus­torff.

Der Refrain kommt dann auf den Punkt:

Und als wir gemein­sam vor dem Radio saßen
Die Auf­stel­lung hör­ten, unser Abend­brot aßen
Nahmst du mei­ne Hand und sag­test:
„Lieb­ling, ich bin gegen Deutsch­land“

Der Irr­sinn ist nur inzwi­schen so weit fort­ge­schrit­ten, dass es ange­sichts der „Bild“-Kampagne gegen Mesut Özil und der „Ankün­di­gung“ der AfD-Frak­ti­ons­vor­sit­zen­den Ali­ce Wei­del, die deut­sche Mann­schaft nicht unter­stüt­zen zu wol­len, inzwi­schen bei­na­he eine lin­ke, sub­ver­si­ve Posi­ti­on ist, für das deut­sche Team zu sein – so wie man ange­sichts der „Mer­kel muss weg!“-Rufe aus der ganz rech­ten Ecke bei der letz­ten Bun­des­tags­wahl ja trotz aller Kri­tik irgend­wie für Ange­la Mer­kel sein muss­te.

Die Musik zum Tur­nier ist natür­lich wie­der die übli­che Erbau­ungs­ly­rik mit „Viva La Vida“-Chören, die man lei­der kaum bes­ser zusam­men­fas­sen kann als mit „Men­schen Leben Tan­zen Welt“. 2018 heißt der Max Gie­s­i­ni­ger unter den Andre­as Bou­ra­nis die­ser Welt Adel Tawil und singt in „Flut­licht“:

Im Wind wehen unse­re Fah­nen, über ein Meer aus unsern Far­ben
Auf die­sen Moment war­ten wir schon so lang
Wir sin­gen eure Namen, uns’­re Lie­der sol­l’n euch tra­gen
Wir ste­hen hin­ter euch wie ein zwölf­ter Mann

(„Fah­nen“ waren bei muff pot­ter. und BAP noch Sym­bo­le des Bösen, hier sind sie ganz banal Fah­nen. Immer­hin sind sie nicht hoch.)

Lie­der, die mal irgend­wie Stel­lung bezie­hen, darf man von den aktu­el­len Pop­bar­den nicht erwar­ten, da muss man ja schon froh sein, wenn sich mal jemand der­ge­stalt äußert, dass er kei­ne AfD-Anhän­ger unter sei­nen Fans haben will. Aber gut: Was will man von Leu­ten erwar­ten, die ein Lied sin­gen über den anstren­gen­den All­tag einer allein­er­zie­hen­den Mut­ter, das dann in der Sen­tenz „Wenn sie tanzt ist sie woan­ders“ gip­felt? Tanz den Hartz!

Das war Anfang der 1990er Jah­re noch anders. Die Prin­zen, damals eine der erfolg­reichs­ten deut­schen Bands über­haupt, san­gen 1992 in ihrem Lied „Bom­be“:

Schmierst Du an die Wand eine hoh­le
Nazi­pa­ro­le,
Dann möch­te ich …
Wenn Du einen „Kana­cke“ nennst,
Weil Du sei­ne Spra­che nicht kennst,
Dann möch­te ich …
Willst Du allen in die Fres­se hau’n
Und bist im Kopf schon ganz braun,
Dann möch­te ich …
Wenn Du Dir den Schä­del rasierst
Und im Gleich­schritt mar­schierst,
Dann möch­te ich …

Die­ses „Möch­ten“ wird im Refrain so auf­ge­löst:

Dann möch­te ich ’ne Bom­be sein
Und ein­fach explo­die­ren,
Wenn alle Leu­te „Hil­fe schrei­en,
Dann wür­de was pas­sie­ren.
Manch­mal möch­te ich zer­plat­zen und laut knal­len
Und alles, was nicht stimmt, wür­de aus­ein­an­der fal­len.

Im Song gibt es noch eine gan­ze Rei­he wei­te­rer Din­ge, wegen derer das Lyri­sche Ich ger­ne „explo­die­ren“ wür­de („Wenn man­che Eltern sich trau­en, ihre Kin­der zu hau­en“, „Wenn Jan das Essen nicht schmeckt und er schmeißt es weg“), die manch­mal fast rüh­rend naiv erschei­nen. ((Im Fall von „Ruf ich nachts bei Dir an und Du gehst nicht ran“ müss­te man heu­te auch min­des­tens eine #MeToo-Augen­braue heben.)) Jede Men­ge Mini­mal­po­si­tio­nen, mit denen man heu­te als „mutig“ oder „kon­tro­vers“ gel­ten wür­de. Und wenn jemand ange­ben wür­de, einen Lied­text gut zu fin­den, in dem explo­diert wird und alles aus­ein­an­der fällt, müss­te er/​sie damit rech­nen, von Juli­an Rei­chelt öffent­lich ange­grif­fen zu wer­den.

Ein wei­te­res Bei­spiel für Main­stream-Anti­fa­schis­mus: Udo Lin­den­berg mit sei­nem Song „Panik Pan­ther“, eben­falls von 1992.

Die Zei­ten wer­den här­ter,
wir kön­nen kei­nem trau­en.
Erst ges­tern haben so Zom­bies
schon wie­der bru­tal drauf­ge­hau­en.
Total blind im Ras­sen­wahn,
zün­den sie nachts Häu­ser an.
Aber wir klä­ren hier in unse­rer Stadt,
dass kein Skin was zu sagen hat.

Das Lied zählt jetzt weder musi­ka­lisch noch text­lich zu Lin­den­bergs bedeu­tends­ten Wer­ken, war aber damals Sin­gle und Titel­track des Albums.

In mei­ner Kind­heit war es gesell­schaft­li­cher Kon­sens, gegen „rechts“ zu sein. Die Nazis waren kla­rer zu erken­nen, zu beschrei­ben und zu kari­kie­ren ((„Glat­zen“ bei Lin­den­berg, „Bom­ber­ja­cke“ bei BAP.)) und die Gefahr war viel­leicht greif­ba­rer, weil noch groß in den Medi­en berich­tet wur­de, wenn mal wie­der Häu­ser brann­ten. Ich erin­ne­re mich noch gut an die­se Nach­rich­ten, die man als Kind natür­lich über­haupt nicht ein­ord­nen kann, ((Okay: Wie soll man das als Erwach­se­ner?)) und an die Ängs­te, die ich damals hat­te. Der „ratio­na­le“ Beru­hi­gungs­ver­such „Bei uns im Haus woh­nen kei­ne Aus­län­der“ ist ja nicht wirk­lich ein Trost, son­dern im Rück­blick schlicht­weg Zynis­mus.

Heu­te sit­zen Politiker*innen, die sich nicht scheu­en, bewusst auf Nazi-Voka­bu­lar zurück­zu­grei­fen, nicht nur in vie­len Par­la­men­ten, son­dern sogar in vie­len Regie­run­gen. Die dies­jäh­ri­ge Fuß­ball-WM, die wegen ihres Aus­tra­gungs­or­tes schon poli­tisch genug wäre, ist für die Medi­en nicht mehr nur Eska­pis­mus, Bild- und Iden­ti­fi­ka­ti­ons­spen­der, son­dern sie wird direkt mit der von der CSU aus­ge­lös­ten und am Kochen gehal­te­nen Regie­rungs­kri­se ver­knüpft: „Bild“ mon­tiert im Rah­men der inof­fi­zi­el­len Kam­pa­gne „Scha­de: Immer noch kein Bür­ger­krieg“ die Maxi­mal-Kri­tik an Mesut Özil neben die Trump’schen Lügen einer gestie­ge­nen Kri­mi­na­li­täts­ra­te in Deutsch­land und sug­ge­riert damit, Natio­nal­elf und Poli­tik sei­en das glei­che. Wenn Deutsch­land in der Vor­run­de aus­schei­det, ist auch die Kanz­ler­schaft Ange­la Mer­kels vor­bei.

Das alles macht kei­nen Spaß mehr. Nicht an Fuß­ball, schon gar nicht an Poli­tik. Aber wenn’s mal so rich­tig schei­ße ist, ist wenigs­tens noch die Musik da.

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Das kann’s doch nicht gewesen sein

Muff Potter beim Fest van Cleef 2009 in Essen.

Den Tag „band­auf­lö­sun­gen“ hat­ten wir auch lan­ge nicht mehr.

Das hät­te aber ruhig so blei­ben kön­nen:

lie­be freun­de von muff pot­ter,

vor fast zehn jah­ren san­gen wir in dem „sie­ger­lied“:
„tap­fer­keit ist nicht gott­ge­ge­ben, wer will schon ler­nen wie man sowas macht.“
und weil wir nie gelernt haben wie man sowas macht machen wir es kurz:

WIR LÖSEN UNSERE BAND AUF!

wir glau­ben, daß wir nach gut 16 jah­ren an einem schluss­punkt ange­kom­men sind. wir glau­ben, daß wir die­ses jahr mit „gute aus­sicht“ eine der bes­ten ran­da­le plat­ten des gan­zen jahr­zehnts abge­lie­fert haben. wir glau­ben, daß wir in all den jah­ren, nicht zuletzt 2008/​2009, phä­no­me­nal viel ener­gie in die­se band gesteckt haben.
muff pot­ter, ein mons­ter, lar­ger than life. man­che von uns spie­len jetzt seit der hälf­te ihres lebens in die­ser band. das muss man sich mal vor­stel­len!

irgend­wann ist auch mal schluss.
der besieg­te sie­ger macht platz für etwas neu­es.

alle ange­kün­dig­ten kon­zer­te wer­den gespielt, und im dezem­ber sagen wir noch­mal eine woche lang tschüs. die ter­mi­ne wer­den in weni­gen wochen bekannt gege­ben.

dan­ke an alle die uns in den letz­ten 16 jah­ren unter­stützt haben.
dan­ke am aller­meis­ten an uns selbst für 16 jah­re fahrt­wind.
wir gehen erho­be­nen haup­tes, in demut und stolz. bes­ser kön­nen wir uns einen abgang nicht vor­stel­len.

muff pot­ter fore­ver.
auf wie­der­se­hen,
sagen nagel, shred­der, den­nis und bra­mi.

[muffpotter.de, via GHvC-News­let­ter]

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Listenpanik 04/​09

Nor­ma­ler­wei­se könn­te ich im Lau­fe des Monats einen Sta­pel mit allen CDs bil­den und ihn am Ende abar­bei­ten. Dage­gen spricht aber zum einen mein Zwang, neue Ton­trä­ger direkt ins Regal ein­sor­tie­ren zu müs­sen, und zum ande­ren die Tat­sa­che, dass ich immer mehr Musik als Down­load kau­fe.

Ich bin aber der Ansicht, dass sie dadurch nicht schlech­ter wird, und ent­spre­chend gut sind dann auch die Sachen, die ich im April gehört und für erwäh­nens­wert befun­den habe:

Alben
Gre­at Lake Swim­mers – Lost Chan­nels
Begin­nen wir mit einem Nach­trag aus dem März, weil mir nie­mand Bescheid gesagt hat­te: Die Gre­at Lake Swim­mers aus Kana­da machen Folk Rock, was sich als Gen­re schlim­mer anhört denn als Musik. Sie spie­len zer­brech­li­che Bal­la­den, die nur aus der Stim­me von Sän­ger Tony Dek­ker und Gitar­ren­klän­gen bestehen, die ver­mut­lich ent­ste­hen, wenn man die Sai­ten anhaucht oder zu streng anguckt, und etwas schwung­vol­le­re Coun­try-Klän­ge, zu denen man gleich sich gleich auf den Appa­la­chi­an Trail bege­ben möch­te. Das alles ist ihnen auf dem Vor­gän­ger­al­bum „Ongi­a­ra“ zwar noch etwas stim­mungs­vol­ler gera­ten, aber das war vor zwei Jah­ren auch ein Über­al­bum.

Death Cab For Cutie – The Open Door EP
Noch­mal März, aber dies­mal nur kurz: Death Cab (wie man als auf­merk­sa­mer „O.C., California“-Zuschauer ja sagt) haben eine EP mit vier neu­en Songs und einer Demo aus den „Nar­row Stairs“-Sessions zusam­men­ge­stellt. Wie immer auf hohem Niveau und auch etwas pop­pi­ger als die Songs, die es aufs Album geschafft hat­ten.

Kili­ans – They Are Cal­ling Your Name
Über­ra­schung! Ich bil­de mir aber auch dies­mal wie­der ein, dass ich das Album auch dann noch sehr gut fän­de, wenn ich nicht mit den Musi­kern befreun­det wäre. Musi­ka­lisch ist das Album anspruchs­vol­ler und noch etwas abwech­lungs­rei­cher als das Debüt (rich­tig abwechs­lungs­reich wird’s, wenn man sich die Spe­cial Edi­ti­on mit Elek­tro- und Cha-Cha-Cha-Ein­la­gen anhört) und man hört auch genau­er auf die Tex­te. Das führt etwa bei „Used To Pre­tend“ dazu, dass man sich hin­ter­her sicher ist, ein unglaub­lich klu­ges, auf­rich­ti­ges und ein­dring­li­ches Tren­nungs­lied gehört zu haben – und den viel­leicht bes­ten Kili­ans-Song bis­her.

Bob Dylan – Tog­e­ther Through Life
Und noch jemand, den man nicht ernst­haft bewer­ten kann. Auch, wenn ich mich nicht als gro­ßen Dylan-Fan (oder gar ‑Ken­ner) bezeich­nen wür­de, schät­ze ich sei­ne Musik und sei­ne Per­son doch sehr und bin gera­de von sei­nen jüngs­ten Alben schwer begeis­tert. „Tog­e­ther Through Life“ steht „Love And Theft“ und „Modern Times“ da in nichts nach: Blues, der mal tro­cken nach vor­ne stapft, mal melan­cho­lisch am Kla­vier gespielt wird. Bemer­kens­wert ist es dann aber schon, dass Dylan mit dem Album die ers­te UK-Num­ber-One seit 39 Jah­ren gelun­gen ist und die Sin­gle „Bey­ond Here Lies Not­hin‘ “, die ein biss­chen an „Black Magic Woman“ von San­ta­na erin­nert und die es einen Tag als kos­ten­lo­sen Down­load auf Dylans Web­site gab, plötz­lich im Radio rauf und run­ter läuft.

Offi­ci­als Secrets Act – Under­stan­ding Elec­tri­ci­ty
Es gibt Alben, da weiß ich beim ers­ten Hören, dass ich sie mag, aber nicht son­der­lich oft hören wer­de. „Under­stan­ding Elec­tri­ci­ty“ könn­te die­ses Schick­sal blü­hen, obwohl der Indie­rock zwi­schen Maxï­mo Park, We Are Sci­en­tists und The Wom­bats wirk­lich schön ist. Mit­un­ter ner­ven man­che abge­dreh­ten Sounds ein biss­chen, aber Songs wie „Litt­le Birds“ und „Hold The Line“ (hat nichts mit Toto zu tun) sind dann auf der ande­ren Sei­te ein­fach ganz gro­ßer Pop und haben zumin­dest erhöh­tes Mix­tape-Poten­ti­al.

Songs
Kili­ans – Home­town
Hat­te ich nicht gera­de noch „Used To Pre­tend“ als „den viel­leicht bes­ten Kili­ans-Song bis­her“ bezeich­net? Ja, klar. Aber wenn die Kili­ans einen Song namens „Home­town“ schrei­ben, der auch noch so einen cat­chy Refrain hat, dann muss der natür­lich noch ein­mal beson­ders her­vor­ge­ho­ben wer­den. Auch wenn es angeb­lich gar nicht um Dins­la­ken an sich geht, son­dern um das Gefühl, von einer Stadt und ihren Men­schen geprägt wor­den zu sein, emp­fiehlt sich die­ser Song natür­lich als inof­fi­zi­el­le Stadt­hym­ne. Wenn die Dins­la­ke­ner cool wären, wür­de im Som­mer kein ande­res Lied aus Cabri­os und offe­nen Woh­nungs­fens­tern tönen.

Bob Dylan – Life Is Hard
In die Rei­he von „Moon­light“ und „Workingman’s Blues #2“ gesellt sich „Life Is Hard“: Ein ruhi­ger Blues und die Stim­me eines Man­nes, der alles erlebt hat und den nichts mehr erschüt­tern kann. Schlicht und ergrei­fend.

Muff Pot­ter – Nie­mand will den Hund begra­ben
Ich weiß nicht, wie oft ich die neue Muff-Pot­ter-Plat­te „Gute Aus­sicht“ hören müss­te, bis sie mir gefällt. Bei „Ste­ady Fremd­kör­per“ hat’s ja auch irgend­wann geklappt – nur, dass ich die Plat­te seit Ewig­kei­ten nicht mehr gehört habe und mich nur an einen Song erin­nern kann. „Nie­mand will den Hund begra­ben“ könn­te also das dies­jäh­ri­ge „Die Guten“ sein. Dies­mal geht’s aber nicht um Tren­nun­gen son­dern – Super-Song­the­ma – um Land­flucht. Die Schil­de­rung der Hei­mat­stadt, in der es kaum noch jun­ge Leu­te gibt, und in der alles lang­sam stirbt, hat schon Springsteen’sche Dimen­sio­nen und hät­te auch gut auf die letz­te kett­car-Plat­te gepasst. Das war übri­gens auch so ein Album, das ich mir erst schön­hö­ren muss­te, um es dann ganz schnell wie­der zu ver­ges­sen.

[Lis­ten­pa­nik, die Serie]

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Some Kind Of Bad Idea

Metallteil mit der Aufschrift \"Heavy Metal\"

In Sachen Pro­mo­ti­on las­sen sich Plat­ten­fir­men ger­ne aus­ge­fal­le­ne Sachen ein­fal­len. Je grö­ßer die Ver­zweif­lung, des­to krea­ti­ver ist meist ihr Vor­ge­hen. Musik­re­dak­teu­re erin­nern sich ger­ne an den Eimer Kunst­blut, der einst bei der Pro­mo-CD irgend­ei­ner Metal­band mit­ge­lie­fert wur­de, und auch die Idee, im Herbst 2001 – auf dem Höhe­punkt der Anthrax-Panik – mit wei­ßem Pul­ver befüll­te Brief­um­schlä­ge zu ver­schi­cken, ist (nicht nur wegen der dar­aus resul­tie­ren­den rie­si­gen Saue­rei in den Redak­tio­nen) unver­ges­sen. Im Gegen­satz übri­gens zu der Band, die damit bewor­ben wer­den soll­te.

Ich bin kein gro­ßer Metal­li­ca-Fan. Irgend­wie fehl­te mir dafür immer der älte­re Bru­der und auch zum Gitar­re­spie­len hat mich nicht Kirk Ham­mett gebracht, son­dern Andy Dun­lop von Tra­vis. Wenn es um ame­ri­ka­ni­sche Rock­mons­ter geht, grei­fe ich lie­ber zu Guns N‘ Roses, und am Bes­ten gefällt mir von Metal­li­ca immer noch das Album „Load“, das von ech­ten Fans soweit ich weiß nicht sehr gemocht wird. Aber im Fern­se­hen sehe ich mir Metal­li­ca ger­ne mal an, sei es bei „Rock am Ring“ oder in der unglaub­lich beein­dru­cken­den Doku­men­ta­ti­on „Some Kind Of Mons­ter“, die einem die Band aller­dings nicht unbe­dingt wei­ter sym­pa­thisch macht.

Zur Vor­ab-Pro­mo­ti­on des neu­en Metal­li­ca-Albums „Death Magne­tic“ (es gibt nicht vie­le Bands, die im Jahr 2008 ihr Album ernst­haft so nen­nen dür­fen) hat sich Ver­ti­go FM, unter des­sen Label nach etli­chen Umstruk­tu­rie­run­gen bei Uni­ver­sal Music „Death Magne­tic“ offen­bar in Deutsch­land erschei­nen wird, dazu ent­schie­den, ein „Ger­man Tri­bu­te To Metal­li­ca“ auf­zu­le­gen, bei der fünf deut­sche Bands aus dem Ver­ti­go-Lager alte Metal­li­ca-Hits covern. Bereits an die­ser Stel­le wäre wohl die Fra­ge berech­tigt, ob James Het­field und vor allem Lars Ulrich eigent­lich wis­sen, auf was für kran­ke Ideen ihr deut­sches Label so kommt, denn Metal­li­ca sind ja nun nicht unbe­dingt die Band, die man dem Publi­kum noch mit cra­zy Aktio­nen vor­stel­len müss­te.

Eröff­net wird der Rei­gen – und jetzt wird’s fatal – aus­ge­rech­net mit mei­nem Metal­li­ca-Lieb­lings­song „Hero Of The Day“, geco­vert aus­ge­rech­net von mei­nen guten Freun­den, den Kili­ans. Und das ist, bei aller Freund­schaft, wirk­lich gewöh­nungs­be­dürf­tig: Die Stro­phen sind so nah am Ori­gi­nal, dass sich der direk­te Ver­gleich mit aller Bru­ta­li­tät auf­drängt – und da hat Simon den Har­togs im Ver­gleich zu James Het­field ein­fach noch zu wenig Jah­re auf dem Buckel und zu wenig Whis­key in der Keh­le. Im Refrain wagt die Band dann mehr, setzt auf ihren eige­nen Sound und schafft es mit etwas gutem Wil­len immer­hin noch bis zum Qua­li­täts­ur­teil „nett“. Trotz­dem bleibt es ein Fall für die Kate­go­rie „Obskur, aber unnö­tig“.

Wenn aller­dings schon die sonst so guten Kili­ans an Metal­li­ca schei­tern, bin ich mal gespant, was bei den ande­ren Bands her­um­kom­men soll. Die wer­den im Moment noch geheim­ge­hal­ten, aber von den anony­mi­sier­ten Fotos auf der Web­site wür­de ich mal davon aus­ge­hen, dass Muff Pot­ter auf alle Fäl­le auch noch mit dabei sind. Viel­leicht klappt’s ja bei denen.

Unter tribute-to-metallica.de muss man sich für ein paar News­let­ter anmel­den, dann kann man „Hero Of The Day“ von den Kili­ans und alle zukünf­ti­gen Songs kos­ten­los her­un­ter­la­den.

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Musik

Listenpanik: Alben 2007

So ein Jahr geht ja dann doch schnel­ler zu Ende als man denkt: Zwar ist es irgend­wie absurd, noch vor Sil­ves­ter zurück­zu­bli­cken, aber unse­re hek­ti­sche, durch­or­ga­ni­sier­te Welt lässt sich von Logik nicht auf­hal­ten. Des­halb habe ich nach den Songs (bei denen ich am liebs­ten schon wie­der mit­tel­gro­ße Kor­rek­tu­ren vor­neh­men wür­de) jetzt mei­ne Alben des Jah­res 2007 sor­tiert, abge­packt und nie­der­ge­schrie­ben.

Zwar hat­te ich nach der Lek­tü­re der Jah­res­rück­schau im „Musik­ex­press“, des­sen Posi­ti­on als letz­tes von mir gele­se­nes Papier­ma­ga­zin damit auch stark ins Wan­ken gera­ten ist, kei­ne gro­ße Lust mehr, über die­ses mir plötz­lich belie­big und unspan­nend erschei­nen­de Musik­jahr zu schrei­ben, aber dann beguck­te ich mein CD-Regal und dach­te: „Jetzt erst recht!“

Und weil so vie­le Künst­ler auch in der Song-Lis­te ver­tre­ten waren, hab ich mir als Anspiel­tipps für die Alben mal ande­re Stü­cke aus­ge­sucht.

1. Bloc Par­ty – A Weekend In The City
Wo anfan­gen? Viel­leicht mit dem Erstau­nen dar­über, dass Bloc Par­ty ihr Erst­werk top­pen konn­ten. Oder doch damit, dass kein Pop-Album der letz­ten fünf Jah­re einen bes­se­ren Span­nungs­bo­gen hat­te? Mit der groß­ar­ti­gen Mischung aus Hoff­nung und Resi­gna­ti­on, Poli­tik und Lie­be, Tanz­bo­den und Kuschel­ecke? Die tol­len Rhyth­men loben, die wun­der­ba­ren Gitar­ren, die ast­rei­ne Pro­duk­ti­on von Jack­kni­fe Lee oder die über allem thro­nen­de Stim­me von Kele Oke­re­ke?
Bull­shit: Wenn einen ein Album am 30. Dezem­ber noch so begeis­tert wie am 2. Febru­ar, dann ist es wohl das Album des Jah­res.
Anspiel­tipp: „Sun­day“

2. Get Cape. Wear Cape. Fly – The Chro­nic­les Of A Bohe­mi­an Teen­ager
Ken­nen Sie Sam Duck­worth? Ich muss­te den Namen auch gera­de erst mal wie­der nach­schla­gen. Aber sei­ne Band Get Cape. Wear Cape. Fly soll­ten Sie ken­nen. So außer­ge­wöhn­lich, dass mir dazu nur so sinn­lo­se Beschrei­bun­gen wie „Akus­ti­ke­molek­tro“ ein­fal­len. Klingt tau­send­mal tol­ler als es sich anhört. Ein biss­chen froh bin ich aber schon, dass das Album erst nach den gro­ßen Sinn­kri­sen mei­ner Teen­ager-Jah­re erschie­nen ist.
Anspiel­tipp: „War Of The Worlds“

3. Kili­ans – Kill The Kili­ans
Es wäre eine schö­ne Gele­gen­heit, mit die­ser 35. Erwäh­nung der Band in die­sem Blog eine klei­ne dies­be­züg­li­che Pau­se ein­zu­le­gen. Ich glau­be, es ist schon alles gesagt, gesun­gen und gefilmt wor­den. Aber toll ist die Plat­te immer noch
Anspiel­tipp: „Some­thing To Arri­ve“

4. Stars – In Our Bed­room After The War
Die­se Kana­di­er: 33 Mil­lio­nen Ein­woh­ner, von denen etwa die Hälf­te in jeweils min­des­tens zwei Bands musi­ziert. Nicht alle sind so erfolg­reich wie Bryan Adams und Avril Lavi­gne, aber auch nicht alle machen so schlech­te Musik. Stars machen zum Bei­spiel ganz wun­der­ba­ren Indiepop, der zwi­schen Kon­zert­saal und Dis­co schwankt und sich mit gro­ßer Freu­de gleich­zei­tig bei The Smit­hs, Bee Gees und Phil Spec­tor bedient. Toll!
Anspiel­tipp: „Take Me To The Riot“

5. Shout Out Louds – Our Ill Wills
Das sel­be in grün schwe­disch. The Cure statt The Smit­hs und Abba statt Bee Gees, sonst aber genau­so gelun­ge­ner Indiepop wie bei Stars. Die Shout Out Louds lie­fer­ten mit „Tonight I Have To Lea­ve It“ mei­nen Song des Jah­res und sind auch bei den Alben wie­der ganz vor­ne mit dabei.
Anspiel­tipp: „Par­ents Livin­g­room“

6. The Wea­k­erthans – Reuni­on Tour
Schon wie­der Kana­di­er. Na ja, das Land habe ich ja oben schon aus­führ­lichst *hüs­tel* vor­ge­stellt, da freu­en wir uns lie­ber noch ein paar Zei­len über die­ses tol­le Album und wun­dern uns, dass kein Song in mei­ner Jah­res­bes­ten­lis­te gelan­det ist. Pein­lich, pein­lich. Wie’s klingt? Na ja, wenn ich jetzt wie­der „Indiepop“ schrei­be, glaub ich es mir ja lang­sam sel­ber nicht mehr. „Toll“ war auch schon zu oft, dann klingt es halt ein­fach so, wie ein Wea­k­erthans-Album im Jahr 2007 klin­gen soll­te. Logik­schlei­fe geschlos­sen, Zei­len gefüllt!
Anspiel­tipp: „Civil Twi­light“

7. Tra­vis – The Boy With No Name
Ja, gut: Ich bin Fan, Tra­vis wer­den wohl nie ein Album machen, das ich wirk­lich doof fin­de. Viel­leicht war es des­halb der doch eher irgend­wie ein biss­chen ent­täu­schen­de Vor­gän­ger „12 Memo­ries“, der mich „The Boy With No Name“ umso mehr mögen ließ. Aber was will man machen? Jede Men­ge schö­ne Melo­dien mit klu­gen Tex­ten, viel mehr braucht’s halt auch nicht für ein gutes Album.
Anspiel­tipp: „Col­der“

8. Toco­tro­nic – Kapi­tu­la­ti­on
Toco­tro­nic sind ein­fach mit jedem Album gut. Viel­leicht nicht so gut, dass man „Kapi­tu­la­ti­on“ gleich kra­kee­lend zum Album des Jah­res ernen­nen und der Band eine Vor­rei­ter­stel­lung in Wasauch­im­mer unter­stel­len muss, aber eben schon bes­ser als jedes ande­re deutsch­spra­chi­ge Album in die­sem Jahr. Freu­en wir uns auch auf das nächs­te Album und hof­fen, dass es nicht aus­ge­rech­net in einem Jahr mit den neu­en Wer­ken von Ele­ment Of Crime und Tom­te erscheint, was zu einem unnö­ti­gen Show­down füh­ren wür­de.
Anspiel­tipp: „Ver­schwör dich gegen dich“

9. The Wom­bats – A Gui­de To Love, Loss & Despe­ra­ti­on
Ja, was machen die denn da? Ich woll­te doch nie mehr „jun­ge fre­che bri­ti­sche Bands“ hören. Sie ste­hen mir sowas von bis hier, dass ich das zwei­te Arc­tic-Mon­keys-Album bis heu­te nicht gehört habe. Ein Feh­ler? Mir egal. Ich hab ja The Wom­bats und die sind bes­ser als alle ande­ren Bands, die ich alle nicht ken­ne.
Anspiel­tipp: „Kill The Direc­tor“

10. Under­world – Obli­vi­on With Bells
Ber­lin, Fried­rich­stra­ße. Okto­ber, Abend, Regen. Under­world machen aus dem Tou­ris­ten­tram­pel­pfad vor­bei an Luxus­kauf­häu­sern für ein, zwei Momen­te New York. Ralph Fien­nes wird in einem Auto an mir vor­bei gezo­gen. Alles fühlt sich so urban an – und das liegt ver­dammt­noch­mal nicht an der „Arm, aber sexy“-Metropole, son­dern an die­sem atem­be­rau­bend guten Elek­tro-Album.
Neu­lich sah ich das Video zu „Beau­tiful Burn­out“ im Fern­se­hen (GoTV, natür­lich): Über acht Minu­ten, über­haupt nicht welt­städ­tisch, son­dern klein, bil­lig, schmud­de­lig. Und trotz­dem hat­te ich wie­der ein Gefühl wie auf dem Gip­fel der Welt.
Anspiel­tipp: „Beau­tiful Burn­out“

11. The Blood Arm – Lie Lover Lie
Wie man sich mei­ne Gunst erspielt: Kla­vier neh­men, drauf­hau­en, semi-alber­ne Tex­te mehr­stim­mig anstim­men. So sind Ben Folds Five damals mei­ne Lieb­lings­band gewor­den, so ähn­lich haben sich The Blood Arm einen Platz in mei­ner Lis­te erkämpft.
Anspiel­tipp: „The Cha­sers“

12. Jus­ti­ce – †
Es ist mir bei­na­he unan­ge­nehm, die­se Plat­te zu nen­nen. Da könn­te man ja gleich Grö­ne­mey­er oder … äh: Bloc Par­ty neh­men, wenn man Kon­sens haben will. Egal, was die Musik­feuil­le­to­nis­ten jetzt schon wie­der für einen Trend her­bei­schrei­ben wol­len: Das Album mit dem Kreuz im Titel ist und bleibt super. Bit­te tan­zen Sie N.O.W.
Anspiel­tipp: „Tth­hee Ppaarrt­tyy“

13. Wir Sind Hel­den – Sound­so
Die ganz gro­ße Auf­merk­sam­keit in den Medi­en hat etwas nach­ge­las­sen, viel­leicht hat „Poly­lux“ nicht mal mehr einen Bei­trag über Judith Holo­fer­nes als „Stim­me ihrer Gene­ra­ti­on“ gebracht. Wir Sind Hel­den haben ihr Leben zurück und sind so gut wie am ers­ten Tag. Bei fast jeder Band hät­te ich Angst, dass sie einen Song wie „The Geek (Shall Inhe­rit)“ nicht mehr top­pen kön­nen wird, aber Wir Sind Hel­den machen seit „Denk­mal“ ja nichts ande­res. Also: Wei­ter­ma­chen!
Anspiel­tipp: „Sound­so“

13. The Kil­lers – Saw­dust
„Ey, Alter, das ist doch nur eine Rari­tä­ten­samm­lung! Was soll die denn bei den Alben des Jah­res? ‚Alben‘, hörst Du?“ Also bit­te, lie­be Stim­men in mei­nem Kopf: Seid still! Natür­lich ist das „nur“ eine Rari­tä­ten­samm­lung. Aber so man­che Band wäre froh, das als Album hin­zu­krie­gen! Man­che Sachen sind natür­lich etwas sehr absei­tig und wür­den auf einem „nor­ma­len“ Album viel­leicht über­for­dern, aber auf die­sem Zwi­schen­ding dür­fen sich The Kil­lers aus­to­ben. Mit Joy-Divi­si­on-Cover, Wes­tern­gi­tar­ren und Lou Reed. Mei­ne Pro­gno­se fürs drit­te Album: Da geht noch eini­ges!
Anspiel­tipp: „Move Away“

14. Jim­my Eat World – Cha­se This Light
Lie­be Kin­der, wenn Ihr nicht wollt, dass Ihr auch mal eher so mit­tel­mä­ßi­ge Alben so lan­ge hört, bis Ihr sie toll fin­det, dann wer­det bes­ser nie Fan!
Ratio­nal betrach­tet ist „Cha­se This Light“ immer noch ein rela­tiv unbe­deu­ten­des Album, das eine gan­ze Spur zu pop­pig pro­du­ziert wur­de. Tat­säch­lich ist es aber genau die Musik, die ich mor­gens auf dem Weg zur Uni hören möch­te. Oder nachts, wenn ich betrun­ken nach hau­se tau­me­le. Oder dazwi­schen. Also muss man ein­fach zu dem ste­hen, was man mag, und sagen: „Cha­se This Light“ ist doch ein ganz schö­nes Album, irgend­wie.
Anspiel­tipp: „Here It Goes“

15. Muff Pot­ter – Ste­ady Fremd­kör­per
Wie­so ist mir „Ste­ady Fremd­kör­per“ eigent­lich nie so ein treu­er Freund und Beglei­ter gewor­den wie die bei­den Vor­gän­ger­al­ben? Ver­mut­lich, weil das Album im Som­mer raus­kam, viel zu früh für kah­le Bäu­me und Blät­ter­matsch. Natür­lich ist es trotz­dem wie­der ein sehr gutes Album gewor­den, was ich mit einem sehr okay­en fünf­zehn­ten Platz in mei­ner Jah­res­hit­pa­ra­de noch ein­mal her­vor­he­ben möch­te.
Anspiel­tipp: „Das seh ich erst wenn ich’s glau­be“

16. Manic Street Pre­a­chers – Send Away The Tigers
Die Manics nach der Frisch­zel­len­kur: Zurück auf Anfang „Ever­y­thing Must Go“, zurück zu Pathos, gro­ßer Ges­te, Melan­cho­lie und Paro­len­dre­sche­rei. Es hielt sich letzt­lich nicht ganz so gut wie das inter­ne Vor­bild, aber „Send Away The Tigers“ ist trotz­dem ein gelun­ge­nes Album und ein guter Aus­gangs­punkt für einen Neu­an­fang.
Anspiel­tipp: „Indi­an Sum­mer“

17. Foo Figh­ters – Echo­es, Silence, Pati­ence And Grace
Und noch eine Band, die schon vor zehn Jah­ren hät­te auf die­ser Lis­te ste­hen kön­nen. Lang­sam wer­den die Hel­den unse­rer Jugend eben auch älter und wir somit offen­bar auch. Auf dem Album mit dem unmerk­bars­ten Titel der Sai­son merkt man davon aber noch nix, die Foo Figh­ters rocken so, als woll­ten sie Fall Out Boy, Good Char­lot­te und Kon­sor­ten zei­gen, wo die Gitar­re hängt. Dabei weiß das doch jedes Kind: tief.
Anspiel­tipp: „Long Road To Ruin“

18. Rihan­na – Good Girl Gone Bad
Tja, da müs­sen wir jetzt gemein­sam durch. Oder ich muss das erklä­ren, irgend­wie. „Umbrel­la“ ist halt ein Über­song, der über­wie­gen­de Rest ist auch recht gelun­gen und wenn schon irgend­was Mas­sen­taug­li­ches im Radio lau­fen muss, dann doch bit­te cle­ver pro­du­zier­te Songs mit einer char­man­ten Sän­ge­rin.
Anspiel­tipp: „Shut Up And Dri­ve“

19. Mari­ti­me – Here­sy And The Hotel Choir
Mari­ti­me gin­gen hier im Blog auch irgend­wie völ­lig unter, was sehr scha­de ist, weil sie mit ihrem drit­ten Album wie­der an die Qua­li­tät ihres Debüts anknüp­fen konn­ten. Viel­leicht wür­den die Beach Boys so klin­gen, wenn sie heu­te jung wären. (In Wahr­heit wäre Bri­an Wil­son wohl schon lan­ge völ­lig wahn­sin­nig oder tot, wenn er heu­te jung wäre.)
Anspiel­tipp: „Guns Of Nava­ro­ne“

20. Maxï­mo Park – Our Earth­ly Plea­su­res
Mit dem ers­ten Maxï­mo-Park-Album bin ich ja irgend­wie nie so ganz warm gewor­den: Natür­lich waren die Sin­gles super, aber so wirk­lich vom Hocker hau­en konn­te mich „A Cer­tain Trig­ger“ nie. Da ist „Our Earth­ly Plea­su­res“ eher ein Album zum Durch­hö­ren und Mögen. Dass Franz Fer­di­nand auch 2007 kaum ver­misst wur­den könn­te an Maxï­mo Park lie­gen.
Anspiel­tipp: „Pari­si­an Ski­es“

21. Crow­ded House – Time On Earth
Stel­len Sie sich vor, Ihr Kind wür­de sich in zwan­zig Jah­ren über eine Come­back von … sagen wir mal: Star­sail­or freu­en. Wür­den Sie da sagen „Aber Kind­chen, dafür bist Du doch trotz eige­ner Woh­nung, Rücken­lei­den und Uni-Abschluss viel zu jung“, oder wür­den Sie sich freu­en, dass er/​sie/​es gute Musik zu schät­zen weiß?
War­um habe ich eigent­lich immer das Gefühl, mich für mei­nen Musik­ge­schmack recht­fer­ti­gen zu müs­sen? „Time On Earth“ wäre doch auch toll, wenn die Musi­ker in mei­nem Alter wären.
Anspiel­tipp: „Eng­lish Trees“

22. Die Ärz­te – Jazz ist anders
Das soll­te man viel­leicht auch mal erwäh­nen, dass „Jazz ist anders“ das ers­te Album von Die Ärz­te ist, das ich wirk­lich gehört habe. Es ist aber auch ein sehr gelun­ge­nes Album, denn Bel­a­Fa­rin­Rod agie­ren sehr klug und fügen die ver­schie­dens­ten Musik­sti­le kunst­voll zu einem wirk­lich fei­nen Gesamt­bild, das mit „Spaß­punk“ oder ähn­li­chem wenig am Hut hat. Nur: „Jun­ge“ nervt inzwi­schen dann doch. Gewal­tig.
Anspiel­tipp: „Him­mel­blau“

23. Smas­hing Pump­kins – Zeit­geist
Sagt mal, wo kommt Ihr denn her? „Aus Dei­ner tris­ten, teil­zeit-depres­si­ven Teen­ager­zeit, bit­te sehr!“
Von mir aus hät­te es das Come­back der Smas­hing Pump­kins nicht gebraucht, zu pass­ge­nau war ihr Auf­tau­chen in und Ver­schwin­den aus mei­nem Leben damals gewe­sen. Jetzt sind sie (zur Hälf­te) aber doch wie­der da und wo sie sich schon mal die Mühe gemacht haben, kann man natür­lich das eigent­lich gar nicht mal schlech­te Album „Zeit­geist“ erwäh­nen, das irgend­wie aber auch sagen­haft unter­ging. Offen­bar war mein Leben nicht das ein­zi­ge, aus dem die Pump­kins zur rech­ten Zeit ver­schwun­den waren.
Anspiel­tipp: „Doomsday Clock“

24. Mika – Life In Car­toon Moti­on
Als Mika in Deutsch­land sei­nen ver­dien­ten Durch­bruch fei­er­te und kei­ne Stun­de mehr ver­ging, in der er nicht im Radio, Fern­se­hen oder in der Wer­bung zu hören war, war ziem­lich genau der Punkt erreicht, an dem ich sei­ne zucker­sü­ßen Pop­songs nicht mehr hören konn­te. Dabei war „My Inter­pre­ta­ti­on“, der bes­te von ihnen, doch gar nicht aus­ge­kop­pelt wor­den.
Anspiel­tipp: „My Inter­pre­ta­ti­on“

25. Bei­rut – The Fly­ing Club Cup
Auch Bei­rut sol­len in die­ser Lis­te nicht uner­wähnt blei­ben. Zwar fin­de ich das Debüt „Gulag Orke­star“, das ich auch erst in die­sem Jahr ent­deckt habe, ein biss­chen bes­ser, aber „The Fly­ing Club Cup“ ist mit sei­nem folk­lo­ris­ti­schen … äh: Indiepop auch ein sehr schö­nes Album. Der Tag, an dem ich die­ses Album hörend durch eine in mil­chig-röt­li­ches Licht getauch­te Nach­bar­schaft zur Uni stapf­te, wäre mit „sur­re­al“ recht pas­send umschrie­ben.
Anspiel­tipp: „The Penal­ty“

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Musik

Listenpanik: Songs 2007

Nie­mand weiß so recht, war­um man sich aus­ge­rech­net immer den doch recht belie­bi­gen Zeit­raum eines Kalen­der­jah­res aus­sucht, um Lis­ten zu erstel­len von den Din­gen, die da waren und über die High­lights abstim­men zu las­sen. Aber es ist nun mal seit län­ge­rem so, dass im Dezem­ber zurück­ge­blickt, unver­gleich­li­ches ver­gli­chen und unbe­schreib­li­ches beschrie­ben wird. Und die­sem heid­ni­schen Brauch schlie­ße ich mich ger­ne an und eröff­ne mit der Lis­te mei­ner Songs Hym­nen des Jah­res:

1. Shout Out Louds – Tonight I Have To Lea­ve It
Der „Ach, das sind gar nicht The Cure?“-Song des Jah­res. Die Hym­ne des Hald­ern Pop Fes­ti­vals. Das Lied des Jah­res.

2. Kai­ser Chiefs – Ruby
Wie lang ist die Min­dest­halt­bar­keit für Mit­gröl­hym­nen? Erstaun­li­cher­wei­se doch schon fast ein gan­zes Jahr. Wenn man das Lied auch nach hun­dert Mal hören und im nüch­ter­nen Zustand noch gut fin­det, ist das schon die Sil­ber­me­dail­le wert.

3. Kili­ans – When Will I Ever Get Home
Let me intro­du­ce you to some fri­ends of mine. Gute Freun­de zu haben, die tol­le Musik machen, und sich mit ihnen über ihren Erfolg zu freu­en, ist das eine. Das ande­re ist, immer noch auf­rich­tig begeis­tert zu sein von einer mör­der­gu­ten Sta­di­on­rock-Hym­ne wie die Kili­ans die­se hier aus dem Ärmel geschüt­telt haben.

4. Wir Sind Hel­den – The Geek (Shall Inhe­rit)
Nicht, dass ich Wir Sind Hel­den nicht gene­rell für eine tol­le Band hal­ten wür­de, deren Auf­stieg ich seit bei­na­he dem ers­ten Tag mit Freu­den ver­fol­ge. Aber dass sie auf jedem ihrer guten bis sehr guten Alben immer noch einen Song drauf haben, der alle ande­ren um Mei­len über­ragt, macht sie noch ein biss­chen tol­ler. Nach „Denk­mal“ und „Wenn es pas­siert“ jetzt also „The Geek (Shall Inhe­rit)“, die Außen­sei­ter-Hym­ne des Jahr­zehnts.

5. Jus­ti­ce – D.A.N.C.E.
Viel­leicht der Kon­sens-Song des Jah­res: Ob Rocker, Hip-Hop­per oder Elek­tri­ker – auf „D.A.N.C.E.“ konn­ten sich (fast) alle eini­gen. Ein Tanz­bo­den­fül­ler son­der­glei­chen und ver­mut­lich eine der Num­mern, die man unse­ren Kin­dern in drei­ßig Jah­ren auf einem Sam­pler der „größ­ten Hym­nen der Nuller Jah­re“ im Tele­shop (bzw. des­sen Nach­nach­fol­ger) ver­kau­fen wird.

6. Just Jack – Starz In Their Eyes
Hip-Hop? Dis­co? Ein unglaub­lich gut gemach­ter Song mit einem sehr klu­gen Text und immensem Mit­wipp­f­ak­tor. Und jetzt las­sen Sie mich end­lich als Wer­be­tex­ter arbei­ten!

7. Mode­st Mou­se – Dash­board
Nach 14 Jah­ren Band­ge­schich­te gelang Mode­st Mou­se mit der ers­ten Sin­gle aus ihrem fünf­ten Album doch noch so etwas wie ein Durch­bruch. Mit die­ser Indiepop-Per­le, einem Ex-Schmitz an der Gitar­re und dem völ­lig über­dreh­ten Pira­ten-Video.

8. Bloc Par­ty – I Still Remem­ber
Bloc Par­ty haben mich mit ihrem Zweit­werk „A Weekend In The City“ so sehr über­zeugt, dass sie – so viel sei schon ver­ra­ten – zum zwei­ten Mal mein per­sön­li­ches Album des Jah­res stel­len. „I Still Remem­ber“ ist unter den alle­samt gro­ßen Songs der Plat­te der größ­te, weil er trotz des eher trau­ri­gen Tex­tes eine Eupho­rie ver­brei­tet, die einen für 3:50 Minu­ten alles ver­ges­sen lässt.

9. Tra­vis- Sel­fi­sh Jean
Wer hät­te gedacht, dass Tra­vis zehn Jah­re nach ihrem Debüt doch noch mal den Rock für sich ent­de­cken wür­den? Mit dem char­man­tes­ten „Lust For Life“-Ripoff seit … äh: „Lust For Life“ tan­zen sich die sym­pa­thischs­ten Schot­ten im Musik­ge­schäft in die Top 10.

10. Litt­le Man Tate – Euro­pean Lover
Wenn es die Kili­ans nicht gäbe, hät­ten Litt­le Man Tate gute Chan­cen auf mei­nen Titel „New­co­mer des Jah­res“. „Euro­pean Lover“ ist dabei der ein­gän­gigs­te, char­man­tes­te Song ihres Debüt­al­bums „About What You Know“.

11. Beat­steaks – Cut Off The Top
Zu den Beat­steaks muss man nicht mehr viel sagen, die haben immer schon fast alles rich­tig gemacht und mit „Lim­bo Mes­siah“ ist ihnen wie­der ein Top-Album gelun­gen. „Cut Off The Top“ besticht durch sei­nen trei­ben­den Beat und den phan­tas­ti­schen Mit­gr­öl-Refrain: „Dama­ge, dama­ge!“

12. Muff Pot­ter – Die Guten
War­um gibt es eigent­lich so vie­le gute deutsch­spra­chi­ge Songs über Bezie­hungs­en­den? Viel­leicht, weil es so vie­le deutsch­spra­chi­ge Songs über Bezie­hungs­en­den gibt und wenn man den gan­zen Müll von Revol­ver­held, Juli oder Sil­ber­mond weg­lässt, blei­ben eben die guten über. Oder, haha: „Die Guten“. Mit gewohnt tol­lem Text und schö­nen Jim­my-Eat-World-Gitar­ren errei­chen Muff Pot­ter ihre inzwi­schen schon tra­di­tio­nel­le Erwäh­nung auf mei­nen Bes­ten­lis­ten.

13. Rihan­na feat. Jay‑Z – Umbrel­la
Wenn ich an Kate­go­rien wie „Pein­lichs­tes Lieb­lings­lied“ glau­ben wür­de, stün­de die­ses Lied die­ses Jahr unan­ge­foch­ten auf Platz 1. Aber war­um soll­ten einem Lie­der, die man toll fin­det, pein­lich sein? Des­halb: „Umbrel­la“ ist ein tol­ler Song, der auch dann noch gut wäre, wenn Rihan­na eine dicke, alte Frau wäre. Punkt.

14. Babysham­bles – Deli­very
Wer Pete Doh­erty nur als Ex-Freund und Dro­gen­op­fer aus der Bou­le­vard­pres­se kennt, ist doof mag erstaunt sein, dass der Mann auch Musik macht – und zwar rich­tig gute. Mit der bes­ten Post-Liber­ti­nes-Sin­gle ever hat der Mann wie­der ein biss­chen an sei­nem Denk­mal gebaut, an des­sen Demon­ta­ge er sonst so eif­rig arbei­tet.

15. The Blood Arm – Sus­pi­cious Cha­rac­ter
Der Refrain des Jah­res: „I like all the girls and all the girls like me“, so lan­ge wie­der­holt, bis es der Dümms­te glaubt. Oder der Sän­ger selbst. Wenn man sol­che Rock­songs dann auch noch mit Kla­vie­ren auf­hübscht, kann man sich mei­ner Begeis­te­rung sicher sein.

16. Kate Nash – Foun­da­ti­ons
Irgend­wie schei­ne ich eine Schwä­che für Frau­en mit außer­ge­wöhn­li­chem bri­ti­schen Akzent zu haben. Was letz­tes Jahr Lily Allen war, ist die­ses Jahr Kate Nash. „Foun­da­ti­ons“ hat dar­über hin­aus einen char­man­ten Text, ein Kla­vier (s.o.) und ist sowie­so ein rund­her­um tol­ler Song.

17. The Wom­bats – Let’s Dance To Joy Divi­si­on
Erstaun­lich, dass es immer noch Bands gibt, die im Prin­zip genau die glei­che Musik wie alle ande­ren machen und trotz­dem viel, viel tol­ler sind. The Wom­bats sind so ein Fall einer mich über­ra­schen­der­wei­se begeis­tern­den Kapel­le, „Let’s Dance To Joy Divi­si­on“ eine äußerst gelun­ge­ne Sin­gle.

18. Lady Sove­reign – Love Me Or Hate Me
Dass die­ser Song in Deutsch­land kein Hit wur­de und Lady Sove­reign kein Star, hat mich dann doch über­rascht. Viel­leicht ist weib­lich, bri­tisch und rap­pen dann doch kei­ne Kom­bi­na­ti­on für „Bravo“-Leser. Scha­de eigent­lich, denn „Love Me Or Hate Me“ ist mein Hip-Hop-Song des Jah­res.

19. Stars – The Night Starts Here
Und hier die bei Cof­fee And TV am sträf­lichs­ten ver­nach­läs­sig­te Band des Jah­res: Stars. „In Our Bed­room After The War“ ist eine wahn­sin­nig gute Plat­te, die uns in der Lis­te der bes­ten Alben noch ein­mal recht weit vor­ne begeg­nen wird; „The Night Stars Here“ ist bes­ter orches­tra­ler Indiepop.

20. Maxï­mo Park – Girls Who Play Gui­tars
Maxï­mo Park waren neben Bloc Par­ty die span­nends­te Band der Class of 2005 und wie Bloc Par­ty haben auch sie die­ses Jahr ein über­zeu­gen­des Zweit­werk her­aus­ge­bracht. „Girls Who Play Gui­tars“ ist dabei noch einen Tacken bes­ser als die ande­ren Songs.

21. Bruce Springsteen – Radio Nowhe­re
Und hier der Alters­prä­si­dent mei­ner dies­jäh­ri­gen Bes­ten­lis­te, der Mann, den sie „Boss“ nen­nen. Wenn ich mit 56 noch Blog­ein­trä­ge schrei­be wie Bruce Springsteen Songs, wer­de ich mich sehr, sehr glück­lich schät­zen.

22. Mika – Grace Kel­ly
Wann fin­gen Mika und die­ser Song eigent­lich an zu ner­ven? Irgend­wann im Som­mer dürf­te es gewe­sen sein, wes­we­gen sich „Grace Kel­ly“ in der kon­ti­nu­ier­lich aktua­li­sier­ten Bes­ten­lis­te bestän­dig nach unten kämpf­te. Mit etwas Abstand betrach­tet ist das Lied dann aber immer noch ganz gut. Das kön­nen wir ja in zehn Jah­ren noch mal über­prü­fen.

23. Crow­ded House – Don’t Stop Now
Wen inter­es­sie­ren Led Zep­pe­lin, die vor 20 Mil­lio­nen Zuschau­ern hät­ten spie­len kön­nen? Das Come­back des Jah­res gelang Crow­ded House, die genau da wei­ter­ma­chen, wo sie vor elf Jah­ren auf­ge­hört haben: mit zeit­los-tol­len Pop­songs.

24. Toco­tro­nic – Imi­ta­tio­nen
Toco­tro­nic darf man jetzt wohl auch ruhi­gen Gewis­sens auf die Lis­te der Bands set­zen, die wohl nichts mehr falsch machen wer­den in ihrer Kar­rie­re. „Kapi­tu­la­ti­on“ ist wie­der ein her­aus­ra­gen­des, sehr klu­ges Album gewor­den, „Imi­ta­tio­nen“ eines der High­lights. „Dein gut ist mein gut /​ Dein schön ist mein schön.“

25. Ste­reo­pho­nics – Dai­sy Lane
Selbst auf ihren schwä­che­ren Alben hat­ten die Ste­reo­pho­nics immer min­des­tens einen Song, den ich noch gut fand. „Pull The Pin“ ist aber noch nicht mal ein schwa­ches Album. Das hyp­no­ti­sche „Dai­sy Lane“ ist den­noch das High­light der Plat­te und per­fekt geeig­net, die­se Lis­te zu beschlie­ßen.

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Literatur

Ist das Lesen nicht schön?

In einem Anfall nur gerin­ger Selbst­über­schät­zung dach­te ich ein­mal „Was Elke Hei­den­reich kann, kann ich schon lan­ge“, schnapp­te mir die Video­ka­me­ra und erzähl­te die­ser, wel­che Bücher man denn mei­ne Mei­nung nach zu Weih­nach­ten ver­schen­ken sol­le.

Her­aus­ge­kom­men ist unun­ter­bro­che­nes Gesab­bel, das man auch gut als bil­der­lo­sen Pod­cast hät­te fabri­zie­ren kön­nen, aber ich woll­te ja unbe­dingt ein Video draus machen.

Bit­te sehr, hier ist es:


Link: sevenload.com

Anders als Elke Hei­den­reich brau­che ich aber nur 16 Minu­ten. Das heißt, ich rede dop­pelt so schnell.

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Musik Digital

Ratinger Hofnarren

Lukas: „Was hal­ten wir eigent­lich von den Toten Hosen?“
Ima­gi­na­ry Fri­end: „Uff! Hmmm, na ja …“
Lukas: „… damit auf­ge­wach­sen sind wa ja schon. Irgend­wie. Nich?“
Ima­gi­na­ry Fri­end: „Das mag sein. Aber Cam­pi­no geht doch gar nicht.“
Lukas: „Wenn wir gleich alle deut­schen Bands schei­ße fin­den wür­den, deren Sän­ger ein zu gro­ßes Mit­tei­lungs­be­dürf­nis haben und jede Talk­show und jede Gazet­te voll­la­bern, dann könn­ten wa aber nur noch Kraft­werk hören. Sieh’s mal so!“
Ima­gi­na­ry Fri­end: „War­um ver­tei­digst Du denn hier die Toten Hosen?“
Lukas: „Tu ich gar nicht. Ich woll­te nur wis­sen, was wir von denen hal­ten.“
Ima­gi­na­ry Fri­end: „Uff …“

Nun, wie dem auch sei: Von den Toten Hosen gibt es inzwi­schen – wahn­sin­nig Punk­rock-like – eine eige­ne „SingStar“-Edition. Das ist … ach, das ist halt so und wäre mir sicher kei­ne Erwäh­nung wert, wenn man beim Uncle-Sally’s‑Magazin die­ses Com­pu­ter-Spiel nicht von drei fach­kun­di­gen Tes­tern auf Herz und Leber hät­te über­prü­fen las­sen: Nagel, Thees Uhl­mann und Mil­le von Krea­torCam­pi­no bewer­tet das Gan­ze. Das alles als Video hier.

Eigent­lich ist es ganz schreck­lich, aber irgend­wie auch sehr unter­halt­sam. Anders aus­ge­drückt: Näher am Punk waren die Toten Hosen in den letz­ten fünf­zehn, zwan­zig Jah­ren nicht.

[via Tom­te-Blog]

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Musik

Autumnsongs

Als ich heu­te Mor­gen erwach­te, war drau­ßen Herbst. „Nun ja“, dach­te ich, „das kann ja mal pas­sie­ren!“ Ich ver­warf mei­ne eigent­li­chen Blog­plä­ne für heu­te, warf iTu­nes an und mich nebst Buch aufs Bett. Dann war mir aber doch für einen Moment lang­wei­lig und des­halb stel­le ich jetzt hier exklu­siv die Top Twen­ty mei­ner liebs­ten Herbst-Alben vor:

20. Manic Street Pre­a­chers – This Is My Truth Tell Me Yours (VÖ: 25. August 1998)
Über­le­bens­gro­ßer Brit­pop des wali­si­schen Tri­os. Jeder Song eine Hym­ne, jedes Streich­in­stru­ment eine Umar­mung.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „The Ever­las­ting“

19. The Smas­hing Pump­kins – Ado­re (VÖ: 2. Juni 1998)
Die unend­li­che Trau­rig­keit der zum Trio geschrumpf­ten Pump­kins ging wei­ter. Bil­ly Cor­gan spielt mit Drum­com­pu­tern rum und ist doch redu­zier­ter denn je.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Blank Page“

18. Dan Bern – New Ame­ri­can Lan­guage (VÖ: 6. Mai 2002)
Ame­ri­ka­ni­scher Singer/​Songwriter, der das exak­te Mit­tel­ding zwi­schen Bob Dylan und Elvis Cos­tel­lo ist. Scha­de, dass das kei­ner kennt.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Albu­quer­que Lul­la­by“

17. Get Cape. Wear Cape. Fly – The Chro­nic­les Of A Bohe­mi­an Teen­ager (VÖ: 16. Febru­ar 2007)
Der Jun­ge mit der Gitar­re und dem Drum­com­pu­ter aus Groß­bri­tan­ni­en. Muss sich eigent­lich noch im kalen­da­ri­schen Herbst bewei­sen, wird das aber sicher schaf­fen.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Call Me Ishma­el“

16. Toploa­der – Onka’s Big Moka (VÖ: 14. August 2000)
Das One Hit Won­der mit dem Bubble­gum Radio­pop. Trotz­dem ist nicht nur das Album­co­ver wun­der­bar herbst­lich, son­dern auch die Musik.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Only For A While“

15. Embrace – If You’­ve Never Been (VÖ: 5. Sep­tem­ber 2001)
Die Brit­pop-Brü­der, die nicht Oasis sind, mit ihrem eigent­lich schwächs­ten Album. Trotz­dem ein ech­ter Herbst-Dau­er­bren­ner mit eini­gen gro­ßen Melo­dien.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Make It Last“

14. The Fray – How To Save A Life (VÖ: 27. Okto­ber 2006)
Col­lege­rock auf dem Kla­vier, gemacht von vier über­zeug­ten Chris­ten aus Den­ver. Man muss schon einen Soft Spot für eine gewis­se Men­ge Pathos haben, dann ist es aber groß­ar­tig.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Hea­ven For­bid“

13. Radio­head – Kid A (VÖ: 29. Sep­tem­ber 2000)
Das gro­ße, sper­ri­ge Meis­ter­werk der bes­ten Band unse­rer Zeit. Unbe­schreib­lich und unbe­schreib­lich gut.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „How To Dis­ap­pear Com­ple­te­ly“

12. The Finn Brot­hers – Ever­yo­ne Is Here (VÖ: 20. August 2004)
Neil und Tim Finn haben mit Split Enz und Crow­ded House bei­na­he im Allein­gang die Musik­ge­schich­te Neu­see­lands und Aus­tra­li­en geschrie­ben. Als Finn Brot­hers schrei­ben sie dar­an wei­ter.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Edi­ble Flowers“

11. Kash­mir – Ziti­li­tes (VÖ: 11. August 2003)
Die Wie­der­auf­nah­me von „Kid A“ mit ande­ren, däni­schen Mit­teln. Kash­mir machen alles rich­tig und sichern sich einen Platz in den Musi­kan­na­len, Kate­go­rie: „Stän­dig über­se­he­ne Genies“.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „The After­math“

10. Maxi­mi­li­an Hecker – Infi­ni­te Love Songs (VÖ: 28. Sep­tem­ber 2001)
Sie kön­nen Fal­sett­ge­sang und hoff­nungs­los roman­ti­sche Tex­te nicht aus­ste­hen? Dann wer­den Sie mit die­sem Album nicht glück­lich wer­den. Alle ande­ren schon.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „The Days Are Long And Fil­led With Pain“

09. The Car­di­gans – Long Gone Befo­re Day­light (VÖ: 24. März 2003)
Mit die­sem Folk-Album zeig­ten die Car­di­gans end­gül­tig allen, dass sie kein Bubble­gum Pop One Hit Won­der sind. Und wer vor­her noch nicht in Nina Pers­son ver­liebt war, war es danach.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „You’­re The Storm“

08. Death Cab For Cutie – Plans (VÖ: 29. August 2005)
Mit „O.C., Cali­for­nia“ und einem Major­la­bel im Rücken erober­ten DCFC end­lich die Welt im Sturm. Wäre aber auch zu scha­de gewe­sen, wenn man die­ses groß­ar­ti­ge Indiepop-Album über­se­hen hät­te.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Dif­fe­rent Names For The Same Thing“

07. Muff Pot­ter – Heu­te wird gewon­nen, bit­te (VÖ: 15. Sep­tem­ber 2003)
Nach Jah­ren des Übens und Fin­ger­wund­spie­lens an der Deutsch­punk-Front waren Muff Pot­ter bereit für ihr Meis­ter­werk. 14 Songs zwi­schen Bord­stein­kan­te und Mond, die alles um einen her­um ver­ges­sen machen.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Das Ern­te 23 Dank­fest“

06. The Pos­tal Ser­vice – Give Up (VÖ: 28. April 2003)
Death-Cab-Sän­ger Ben Gib­bard und Dntel-Mas­ter­mind Jim­my Tam­bo­rel­lo zei­gen auf zehn Songs, dass sich Elek­tro­nik und Folk­songs nicht aus­schlie­ßen müs­sen – und die Welt von Indi­edis­co-DJs und Sound­track-Kom­pi­lie­rern war hin­fort nicht mehr die Sel­be.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „The Dis­trict Sleeps Alo­ne Tonight“

05. Cold­play – Parach­u­tes (VÖ: 21. Juli 2000)
Bevor sie Fuß­ball­sta­di­en und Vor­abend­se­ri­en beschall­ten, waren Cold­play für einen Herbst die klei­nen ver­husch­ten Indien­erds, die einen über uner­füll­te Lie­ben und nass­kal­te Heim­we­ge vom Schul­sport hin­weg­trös­te­ten. We live in a beau­tiful world und everthing’s not lost.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „We Never Chan­ge“

04. Ben Folds – Rockin‘ The Sub­urbs (VÖ: 11. Sep­tem­ber 2001)
Das ers­te Solo­al­bum nach dem Ende von Ben Folds Five, erschie­nen an dem Tag, nach dem nichts mehr so war wie zuvor. Groß­ar­ti­ge Songs vol­ler Kla­vie­re und Melan­cho­lie – und vol­ler Witz und Iro­nie.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Car­ry­ing Cathy“

03. Star­sail­or – Love Is Here (VÖ: 19. Okto­ber 2001)
Sie soll­ten die nächs­ten Cold­play wer­den, wenn nicht auch noch Jeff und Tim Buck­ley und mög­li­cher­wei­se Nick Dra­ke – das konn­te ja kaum klap­pen. Star­sail­or lie­fer­ten trotz­dem ein unglaub­lich groß­ar­ti­ges Album ab – und lie­ßen Cold­play dann den Vor­tritt bei der Welt­kar­rie­re.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Fever“

02. R.E.M. – Auto­ma­tic For The Peo­p­le (VÖ: 1. Okto­ber 1992)
R.E.M. schaff­ten den end­gül­ti­gen Sprung vom Geheim­tipp zu Mega­stars – sonst änder­te sich nichts. Wer wis­sen will, wie sowas geht, soll­te das Album hören.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: Alle – ein­fach alle.

01. Tra­vis – The Man Who (VÖ: 28. Mai 1999)
Kein Wun­der, dass das Album in Deutsch­land erst im Herbst so rich­tig sei­ne Hörer fand: der Som­mer ’99 war ein­fach zu tro­cken für „Why Does It Always Rain On Me?“. Wer die Bedeu­tung des Wor­tes „Melan­cho­lie“ erfah­ren will, ist hier rich­tig. Alle ande­ren auch.
Defi­ni­ti­ver Herbst­song: „Turn“

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Musik

Listenpanik (3): Endlich ein Grund zur Panik

Der Monat ist um, es ist wie­der mal Zeit, zurück­zu­bli­cken. Hier die übli­che sub­jek­ti­ve Lis­te, in der hin­ter­her wie­der min­des­tens die Hälf­te fehlt:

Alben (inkl. Amazon.de-Links)
1. Wir Sind Hel­den – Sound­so
Ver­öf­fent­li­chungs­da­ten sind was tol­les: Bis vor zehn Minu­ten dach­te ich, das Album erschei­ne erst mor­gen. Die Track-by-track-Ana­ly­se kommt also erst heu­te Nach­mit­tag liegt jetzt vor. Dass „Sound­so“ ein groß­ar­ti­ges Album ist, das den etwas unent­schlos­se­nen Vor­gän­ger „Von hier an blind“ fast ver­ges­sen macht, kann ich aber auch jetzt schon mal mit­tei­len.

2. Tra­vis – The Boy With No Name
Auch Tra­vis machen ihr letz­tes Album wie­der wett. Auch nach zig­fa­chem Hören bin ich das Album noch nicht leid und ent­de­cke immer wie­der ein paar Details, die ich noch nicht gehört hat­te. „The Boy With No Name“ könn­te das Som­mer­al­bum werden/​bleiben – fehlt nur noch das ent­spre­chen­de Wet­ter.

3. Muff Pot­ter – Ste­ady Fremd­kör­per
Muff Pot­ter zähl­ten eigent­lich immer schon zu den bes­ten Bands des Lan­des – sie wur­den nur irgend­wie immer igno­riert. Das gab sich aber mit den letz­ten bei­den Alben und wäh­rend die Band immer noch bes­ser wur­de, stieg auch ihre Popu­la­ri­tät. Jetzt ver­öf­fent­li­chen die Wahl-Müns­te­ra­ner ihr neu­es Album, das wie üblich all ihre Qua­li­tä­ten ver­eint. Man könn­te es „Deutsch­punk“ nen­nen, wenn man dabei nicht an die Toten Hosen den­ken müss­te, und das nicht sowie­so so ein spie­ßi­ges Eti­kett wäre. Dann halt: Tol­le Tex­te, umar­men­de Melo­dien und immer noch genug Wumms. Muss man (mehr­fach) gehört haben.

4. Manic Street Pre­a­chers – Send Away The Tigers
Noch eine Band für die Lis­te „Schwa­che Vor­gän­ger, die man jetzt getrost ver­ges­sen kann“. Was bin ich froh. Detail­liert habe ich mich hier aus­ge­las­sen, des­halb nur noch: Die Manics sind wie­der da, gehen wie­der auf die Zwölf und wer­den trotz­dem nicht den Sound­track zu den G8-Pro­tes­ten lie­fern.

5. Mumm-Ra – The­se Things Move In Threes
Schö­ner Indiepop, den man hier­zu­lan­de bereits im Vor­pro­gramm der Kil­lers bewun­dern konn­te. Hier wird das Rad nicht neu erfun­den und es ver­sucht auch nie­mand, mit die­sen zur Zeit so belieb­ten, aber unend­lich ner­vi­gen absicht­li­chen Über­steue­run­gen den Hörer zu miss­han­deln. Natür­lich ist das irgend­wie „Mäd­chen­mu­sik“, aber irgend­je­mand muss ja die Nach­fol­ge der Kooks antre­ten. Und irgend­was muss man ja auch auf Kas­set­ten­mäd­chen­kas­set­ten auf­neh­men kön­nen – Mumm-Ra sind dafür per­fekt geeig­net.

Sin­gles (inkl. iTu­nes-Links)
1. Shout Out Louds – Tonight I Have To Lea­ve It
Der Preis für die bes­te The-Cure-Sin­gle des Jah­res geht jetzt schon an die Shout Out Louds – sogar für den Fall, dass Robert Smith und Band selbst noch was ver­öf­fent­li­chen soll­ten. Bei man­chen Bands wäre man viel­leicht ein biss­chen unge­hal­ten, wenn sie so sehr nach einer ande­ren klän­ge. Nach The Cure zu klin­gen hat aber schon Blink 182 gehol­fen und die Shout Out Louds sind sowie­so eine tol­le Band, die man die­ses Jahr unter ande­rem auf dem noch tol­le­ren Hald­ern-Pop-Fes­ti­val bewun­dern kann.

2. Toco­tro­nic – Sag alles ab
Eigent­lich muss man zu Toco­tro­nic ja fast nichts mehr sagen, so sehr über alle Zwei­fel erha­ben ist die­se Band schon lan­ge. Doch dann schi­cken sie ihrem Album „Kapi­tu­la­ti­on“, das erst im Juli erschei­nen wird, eine Sin­gle vor­aus, die rum­pelt wie Anno 1997 und einer Epi­go­nen­trup­pe wie Madsen mal eben zeigt, wo Ham­mer, Har­ke und Frosch­lo­cken sind. Und dann muss man doch wie­der was sagen, näm­lich: „Wahn­sinn!“

3. Wir Sind Hel­den – End­lich ein Grund zur Panik
Wir Sind Hel­den haben schon mit „Gekom­men um zu blei­ben“ gezeigt, dass sie ger­ne ein wenig unty­pi­sche und sper­ri­ge Vor­ab­sin­gles ver­öf­fent­li­chen. Das macht die Band noch ein biss­chen sym­pa­thi­scher, denn „End­lich ein Grund zur Panik“ dürf­te für vie­le Hörer und selbst für zahl­rei­che Hel­den-Fans eine Tor­tur sein: Trei­ben­der Rhyth­mus, wil­des Gekrei­sche, dazu Wort­spie­le, die so schnell anein­an­der­ge­reiht wer­den, dass man die Hälf­te erst beim Mit­le­sen im Book­let ver­steht. Soll­te Wolf­gang Schäub­le ein­mal dem Bei­spiel von Geor­ge W. Bush fol­gen und sei­ne iPod-Play­list öffent­lich machen, ich bin mir sicher, die­ser Song wäre dabei. Nur die Iro­nie dahin­ter, die müss­te jemand anders lie­fern.

4. The Kil­lers – Move Away
Kei­ne Sin­gle im eigent­li­chen Sin­ne, aber ein Sound­track-Bei­trag, der auch gele­gent­lich im Radio läuft. Die Kil­lers trau­en sich noch ein biss­chen mehr als auf ihrem letz­ten Album und lie­fern einen Song ab, der fast nur aus Schlag­zeug und Bass besteht und gefähr­lich durch die Nacht rum­pelt. So kom­men sie ihren gro­ßen Hel­den Joy Divi­si­on mal wie­der ein Stück­chen näher.

5. Björk – Earth Intru­ders
Björk ist ja immer so ein Kapi­tel für sich: Sie hat groß­ar­ti­ge Sachen gemacht und wel­che, die sicher auch groß­ar­tig waren, die aber außer ihr nie­mand ver­ste­hen woll­te. Jetzt hat sie eine Sin­gle mit Tim­ba­land (des­sen Solo­al­bum bei­na­he noch in der obe­re­ren Hit­lis­te gelan­det wäre) auf­ge­nom­men und dabei mal wie­der alles rich­tig gemacht: Der zucken­de Beat und ihr sphä­ri­scher Gesang pas­sen erstaun­lich gut zusam­men und so ent­steht ein Song, den man mal wie­der groß­ar­tig fin­den kann.

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Literatur Musik

Hör Bücher!

Heu­te ist der Welt­tag des Buches. Aus die­sem Anlass hier eine Lis­te mit den schöns­ten, wich­tigs­ten, bele­sens­ten Lite­ra­tur-Songs. Wie immer so unvoll­stän­dig wie mein Gedächt­nis:

  • Muff Pot­ter – Bis zum Mond
  • Nir­va­na – Scent­less App­ren­ti­ce (über „Das Par­füm“ von Patrick Süß­kind)
  • Maxï­mo Park – Rus­si­an Lite­ra­tu­re
  • Kash­mir – Small Poem Of Old Fri­end
  • Manic Street Pre­a­chers – The Girl Who Wan­ted To Be God (nach einem Zitat von Syl­via Plath)
  • Ryan Adams – Syl­via Plath
  • Jupi­ter Jones – Reiß die Trau­er aus den Büchern
  • The Beat­les – Paper­back Wri­ter
  • Elton John – Good­bye Yel­low Brick Road (bezieht sich auf „The Wizard Of Oz“)
  • Love – My Litt­le Red Book
  • Simon & Gar­fun­kel – Boo­kends
  • Mode­st Mou­se – Bukow­ski
  • The Wea­k­erthans – Our Reti­red Explo­rer (Dines With Michel Fou­cault In Paris, 1961)
  • The Ata­ris – If You Real­ly Wan­na Hear About It … (ers­te Zei­le aus „The Cat­cher In The Rye“)
  • Pie­bald – Hol­den Caul­field (benannt nach der Haupt­fi­gur eben­da)
  • Babysham­bles – À Rebours (benannt nach einem Roman von Jor­is-Karl Huys­mans)
  • Toco­tro­nic – Gegen den Strich (benannt nach dem deut­schen Titel des Huys­mans-Romans)
  • Black Rebel Motor­cy­cle Club – Howl (benannt nach dem berühm­ten Beat­ge­dicht von Allen Gins­berg)
  • Smas­hing Pump­kins – Soma (benannt nach der Dro­ge in „Bra­ve New World von Aldous Hux­ley)

Und hier der gro­ße Ali­ce-im-Wun­der­land-Zuga­ben­block:

  • The Sis­ters Of Mer­cy – Ali­ce
  • Elton John – Mona Lisa And Mad Hat­ters
  • Aimee Mann – Hump­ty Dump­ty
  • Jef­fer­son Air­plane – White Rab­bit
  • Sym­pho­ny X – Through The Loo­king Glass
  • Tra­vis – The Hump­ty Dump­ty Love Song
  • Bright Eyes – Down In A Rab­bit Hole