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„RP Online“ macht alles richtig

Es ist wohl eine etwas kom­pli­zier­te­re Geschich­te, das mit dem Trans­fer von René Adler vom VfB Leip­zig zu Bay­er Lever­ku­sen, den ver­ein­bar­ten Zusatz­zah­lun­gen und der anschlie­ßen­den Plei­te des VfB. Jetzt wur­de aber wohl ent­schie­den, dass Bay­er Lever­ku­sen kei­ne Nach­zah­lun­gen mehr an den VfB Leip­zig leis­ten muss.

So weit haben das wohl auch die Redak­teu­re der „Rhei­ni­schen Post“ bzw. von „RP Online“ ver­stan­den, die gleich zwei Arti­kel mit dem Satz

Fuß­ball-Bun­des­li­gist Bay­er Lever­ku­sen kommt wohl um Nach­zah­lun­gen in Mil­lio­nen­hö­he für Natio­nal­tor­wart Rene Adler her­um.

begin­nen las­sen.

Etwas merk­wür­dig sind aller­dings die Über­schrif­ten, die die bei­den (ansons­ten wort­glei­chen) Arti­kel zie­ren:

Bayer 04 Leverkusen: Rene Adler kostet Bayer noch mehr

Nach­trag, 24. Okto­ber: Nach­dem sich „RP Online“ bis Mit­ter­nacht auch von vier Leser­kom­men­ta­ren zur Über­schrift nicht zu einer Über­ar­bei­tung der­sel­ben hat­te bewe­gen las­sen, wur­den bei­de Tex­te heu­te Mor­gen über­ar­bei­tet:

Keine Nachzahlungen für Adler

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Digital

Spaß mit MS Paint

Und noch schnell eine Per­so­nal­mel­dung vor Fei­er­abend: „RP Online“ hat einen neu­en Crea­ti­ve Direc­tor.

Madonna Ex-Männer und - Frauen

Er heißt Fritz­chen Mül­ler, ist acht Jah­re alt, und hat bis ges­tern beim auf­stre­ben­den Medi­en­dienst turi2.de gear­bei­tet.

Aus Anlass sei­nes Weg­gangs zeigt Cof­fee And TV noch ein­mal sei­ne schöns­ten Arbei­ten der letz­ten Wochen:

Merkwürdige Grafik bei turi2.de

Merkwürdige Grafik bei turi2.de

Merkwürdige Grafik bei turi2.de

Merkwürdige Grafik bei turi2.de

Merkwürdige Grafik bei turi2.de

Merkwürdige Grafik bei turi2.de

Merkwürdige Grafik bei turi2.de

Merkwürdige Grafik bei turi2.de

Hin­weis: Bei den gezeig­ten Gra­fi­ken han­delt es sich um Ori­gi­nal-Screen­shots der jewei­li­gen Sei­ten. Wirk­lich.

Nach­trag, 17. Okto­ber: Fritz­chen Mül­lers Kar­rie­re bei „RP Online“ scheint schon wie­der been­det. Sei­ne auf­wän­di­ge Foto­mon­ta­ge wur­de ersetzt, die Über­schrift behut­sam an die deut­sche Spra­che ange­passt:

Madonna: Ihr bewegtes Liebesleben

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Politik

Ich wär wohl euer Präsident

So lang­sam bin ich mir nicht mehr sicher, ob die Par­tei „Die Lin­ke“ nicht viel­leicht doch ein irres Lang­zeit­pro­jekt von … sagen wir mal: Chris­toph Schlin­gen­sief ist. Heu­te jeden­falls hat sie den Schau­spie­ler Peter Sodann als Kan­di­da­ten für das Amt des Bun­des­prä­si­den­ten vor­ge­stellt. War­um auch nicht, den USA ging es unter Ronald Rea­gan ja auch ganz gut und auf einen Kan­di­da­ten mehr oder weni­ger kommt es jetzt auch nicht mehr an.

Als Wäh­ler fragt man sich natür­lich, war­um es bei der Wahl für ein reprä­sen­ta­ti­ves Amt, an der man selbst aktiv gar nicht teil­neh­men darf, eine grö­ße­re Aus­wahl an Alter­na­ti­ven gibt als bei der Wahl zum deut­schen Regie­rungs­chef.

Sodann ist aber mit­nich­ten der abwe­gigs­te Kan­di­dat, der je Bun­des­prä­si­dent wer­den soll­te, er reiht sich da nur ganz gut ein. Das Poli­tik-und Geschichts­blog Cof­fee And TV fasst die schil­lernds­ten Per­sön­lich­kei­ten zusam­men:

  • Hein­rich Lüb­ke (Prä­si­dent von 1959–1969) Auch wenn der berühm­te Aus­spruch mit den Negern offen­sicht­lich Quatsch ist und der Mann schwer krank war, wird er doch am Ehes­ten als der „lus­ti­ge“ Prä­si­dent in Erin­ne­rung blei­ben.
  • Wal­ter Scheel (Prä­si­dent von 1969–1974) Der Mann des Volks­lieds, der im Fern­se­hen „Hoch auf dem gel­ben Wagen“ gesun­gen hat.
  • Lui­se Rin­ser (Kan­di­da­tin 1984) Kaum durf­ten die Grü­nen jeman­den vor­schla­gen, taten sie es auch: In Form einer links­ka­tho­li­schen Schrift­stel­le­rin, die sich ein­mal als „Freun­din fürs Leben“ von Gud­run Ens­slin bezeich­net hat­te. Hach, so was ging natür­lich gar nicht!
  • Stef­fen Heit­mann (Bei­na­he-Kan­di­dat 1994) Hel­mut Kohl wünsch­te sich einen Ost­deut­schen als Bun­des­prä­si­den­ten und fand ihn in Form eines erz­kon­ser­va­ti­ven Fett­näpf­chen-Sprin­gers. Als der nicht mehr halt­bar war, beka­men wir Roman Her­zog.
  • Hans Hir­zel (Kan­di­dat 1994) Vom Mit­glied der „Wei­ßen Rose“ zum Repu­bli­ka­ner: Ein typisch deut­sches Leben halt.
  • Uta Ran­ke-Hei­ne­mann (Kan­di­da­tin 1999) Bun­des­prä­si­den­ten-Toch­ter, Papst-Kom­mi­li­to­nin, streit­ba­re Theo­lo­gin. Eine klu­ge Frau, die aus Grün­den, die auch nicht wirk­lich nach­zu­voll­zie­hen sind, als „die Frau im tür­ki­sen Kos­tüm“ in die Geschich­te ein­ge­hen wird.

Viel­leicht soll­ten wir in die­sem Zusam­men­hang doch die Akti­on „Be My Kan­di­dat“ noch ein­mal auf­wär­men …

PS: Die Über­schrift ist natür­lich wie­der geklaut. Dies­mal bei Jens Frie­be.

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Leben Unterwegs

Ein Abend mit der Kernzielgruppe

Ich war ges­tern in Köln. (Kunst­pau­se. Mit­lei­di­ge Lau­te aus dem Publi­kum.)

Ich war ges­tern in Köln, weil Ste­fan Nig­ge­mei­er da für die Sen­dung „Funk­haus­ge­sprä­che“ von WDR5 auf dem Podi­um saß. Die Dis­kus­si­on selbst war nicht son­der­lich span­nend, denn dafür wäre es för­der­lich, dass die Dis­ku­tan­ten unter­schied­li­cher Mei­nung sind, was Ste­fan, Jörg Schieb und Schi­wa Schlei nicht waren. Der Mode­ra­tor war offen­bar ein Absol­vent der Vol­ker-Pan­zer-Jour­na­lis­ten-Schu­le und saß ent­spre­chend schlecht vor­be­rei­tet, ver­wirrt und vor­ein­ge­nom­men in der Debat­te. Das alles kön­nen Sie hier nach­hö­ren, wenn Sie es nach die­ser Beschrei­bung ernst­haft noch wol­len.

Weit­aus inter­es­san­ter war das Publi­kum, das sich im Klei­nen Sen­de­saal des Funk­hau­ses am Wall­raff­platz ver­sam­melt hat­te (der Ein­tritt war kos­ten­los): Es han­del­te sich um eine wil­de Melan­ge aus Men­schen, deren Durschnitts­al­ter Dank tat­kräf­ti­ger Hil­fe von einem jun­gen Pär­chen und mir noch knapp unter die sech­zig Jah­re gedrückt wur­de.

Ich saß noch kei­ne hal­be Minu­te in den gemüt­li­chen Leder­ses­seln in der Lob­by, da wuss­te ich auch schon, dass die Dame hin­ter mir vier­und­acht­zi­ge­in­halb Jah­re alt war und wegen ihrer schlech­ten Kno­chen einen Body­buil­der hat­te. Ein gesel­li­ger Herr frag­te sie, ob sie auch Doping mache, was sie mit dem Hin­weis kon­ter­te, sie lebe seit 26 Jah­ren vegan. Im Übri­gen tra­ge er eine „Tier­lei­chen­ja­cke“. Das Mit­leid, das ich in die­sem Moment mit dem Leder­ja­cken­trä­ger hat­te, ließ sehr schnell nach, nach­dem er sei­nem Beglei­ter die Lebens­ge­schich­te sei­nes Soh­nes erzählt und pos­tu­liert hat­te, dass es am Com­pu­ter kei­ne Tren­nung von Arbeit uns Spiel mehr gebe. Ste­fans Kolum­ne in der Sonn­tags­zei­tung liest er aber ger­ne.

Wäh­rend ich ver­zwei­felt ver­such­te, nir­gend­wo hin­zu­bli­cken, wo ein Gespräch auf mich lau­ern könn­te, hör­te ich einem gut­ge­laun­ter Rhein­län­der zu, der sei­nen Kum­pel zu über­re­den ver­such­te, an einer Sin­gle­bör­se im „Juut­zie-Kino“ teil­zu­neh­men. Er bekräf­tig­te sei­nen Appell, indem er eini­ge hun­dert Male „Mach das!“ sag­te. Eine älte­re Dame schei­ter­te an den Radi­os, die es einem in der Funk­haus­lob­by erlau­ben, die WDR-Sen­der live zu hören. Aller­dings über Kopf­hö­rer und nicht über die dort eben­falls her­um­ste­hen­den Tele­fo­ne. Ihre Freun­din stu­dier­te wäh­rend­des­sen auf­merk­sam das Pro­gramm und stell­te dann fest: „Nächs­tes Mal ist gut!“

Die Situa­ti­on wur­de nicht ange­neh­mer, als wir im Klei­nen Sen­de­saal Platz neh­men durf­ten, der auf sym­pa­thi­sche 18 Grad her­un­ter­ge­kühlt wor­den war. Dort saß ich nun, sah einen alten Mann mit Bra­si­li­en-Fan-Schal um die Schul­tern her­ein­kom­men, und hör­te mit der Kern­ziel­grup­pe von WDR5 die Kin­der­sen­dung „Bären­bu­de“ über die Saal­laut­spre­cher. Es war, als hät­ten die Coen-Brü­der einen Lori­ot-Sketch neu­ver­filmt.

Nach der Live­sen­dung wur­de Ste­fan von einem Mann abge­fan­gen, der sei­nen mehr­mi­nü­ti­gen Mono­log mit den Wor­ten „Ich habe eben auf­merk­sam zuge­hört“ begann, um dann unter Beweis zu stel­len, dass er genau das offen­sicht­lich nicht getan hat­te. Ich wur­de wäh­rend­des­sen von einem Secu­ri­ty-Mann (In einem Radio­sen­de­saal, der von Grei­sen besetzt wor­den war!) in die Lob­by gescho­ben, wo ich als­bald erkann­te, war­um zumin­dest ein Teil des Publi­kums sei­ne Aben­de im Funk­haus ver­brach­te: Es gab Frei­bier – oder das, was man in Köln dafür hält.

Nach­dem Ste­fan irgend­wann doch noch frei­ge­las­sen wor­den war, stan­den wir etwa eine Minu­te in der Lob­by, ehe sei­nem neu­en Fan doch noch was ein­ge­fal­len war: Die Leu­te wür­den im Inter­net ja meis­tens nur noch eine Sei­te besu­chen und gar kein ver­glei­chen­des Lesen mehr betrei­ben. Als ich frag­te, wie vie­le Leu­te denn meh­re­re ver­schie­de­ne Tages­zei­tun­gen läsen, war er für einen win­zi­gen Augen­blick indi­gniert. Ste­fan, der alte Pro­fi, nutz­te die­sen Moment, um sich unter Vor­spie­lung von Freund­lich­keit zur The­ke zu schlei­chen. Er drück­te mir eine wei­te­re Stan­ge Kölsch in die Hand und stand plötz­lich ganz woan­ders. So ent­ging ihm, wie der Mann, der das Inter­net sor­tie­ren woll­te (in „Gut“, „Nicht ganz so gut“ und „Rich­tig schlim­men Mist“), auf magi­sche Wei­se inner­halb weni­ger Sät­ze von „Spie­gel Online“ über sei­nen Schwie­ger­sohn zur Ban­ken­kri­se kam. Die Zeit auf den über­all gut sicht­ba­ren Atom­zeit­uh­ren ver­strich.

Ich schaff­te es schließ­lich, mich zu den Dis­ku­tan­ten zu ret­ten, die inzwi­schen inhalt­lich ein biss­chen wei­ter waren: Jörg Schieb und Ste­fan bat­tel­ten sich gera­de, wer die älte­ren und obsku­re­ren Heim­com­pu­ter gehabt hät­te. Das war zwar genau­so „Opa erzählt vom Krieg“ wie der Rest der Ver­samm­lung, aber wenigs­tens sind die Bei­den noch kei­ne Opas, was die Sache irgend­wie net­ter mach­te.

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Digital

Tartanlandebahn

Im Pan­ora­ma-Res­sort von „RP Online“ fin­det sich zur Zeit fol­gen­de aktu­el­le Nach­richt:

Teure Unachtsamkeit am Flughafen: Mann lässt sich 253.000 Euro klauen. Kloten (RPO). Einem Mann aus Deutschland ist am Donnerstag auf dem Flughafen Zürich eine Umhängetasche mit Sachwerten und Bargeld im Gesamtwert von mehr als 253.000 Euro gestohlen worden. Der 60-Jährige hatte nach Angaben der Polizei gegen 18.30 Uhr im Terminal 2 eingecheckt. Dabei wurde ihm die auf einem Gepäckkarren liegende Tasche gestohlen. Diese enthielt einen Laptop, Dokumente und Bargeld, nämlich 333.000 Dollar in 100-er Scheinen und 18.000 Euro in 500-er Scheinen.

Dabei soll uns jetzt mal egal sein, dass „RP Online“ eine Mel­dung der Nach­rich­ten­agen­tur AP als eige­nen Text („RPO“) aus­gibt – das ist bei Deutsch­lands füh­ren­dem Lokal­zei­tungs­por­tal ja durch­aus nor­mal.

Merk­wür­dig ist viel­mehr das Foto, mit dem der Arti­kel bebil­dert ist und mit dem er auch ange­teasert wird:

Das Letzigrund-Stadion in Zürich

Ich bin mir sicher, auch Sie haben sich den Züri­cher Flug­ha­fen irgend­wie anders vor­ge­stellt.

Aber das ist ja gar nicht der Flug­ha­fen! Es ist das ers­te Foto einer sechs­tei­li­gen … rich­tig: Bil­der­ga­le­rie, in der die Stadt Zürich vor­ge­stellt wird – anläss­lich der Fuß­ball-Euro­pa­meis­ter­schaft vor vier Mona­ten.

Serie EM-Städte: Bilder aus Zürich

Nach­trag, 22:33 Uhr: Und – zack! – war das Sym­bol­bild weg:

Kein Symbolbild

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Politik

Auf jeden Sieger zehn Verlierer

Stel­len wir uns für einen Moment bit­te Fol­gen­des vor: Ich habe Usain Bolt, den schnells­ten Mann der Welt, zu einem Wett­ren­nen über 100 Meter her­aus­ge­for­dert. Usain Bolt hat sich vor­her bei­de Bei­ne gebro­chen, tritt aber trotz­dem an. Durch die­ses Han­dy­cap läuft Bolt die Stre­cke in 12,5 Sekun­den, ich brau­che 29,2 Sekun­den und bin damit so lang­sam wie noch nie. Nach dem Ren­nen erklä­re ich mich zum kla­ren Sie­ger, weil Bolt ja nor­ma­ler­wei­se viel, viel schnel­ler ist und das muss man ja auch berück­sich­ti­gen.

Wenn Sie die­ser Argu­men­ta­ti­on fol­gen kön­nen (und nicht schon bei der Vor­stel­lung, ich könn­te 100 Meter gera­de­aus lau­fen lachend unter Ihrem Schreib­tisch ver­schwun­den sind), sind Sie ver­mut­lich in der SPD. Die hat näm­lich gera­de bei der bay­ri­schen Land­tags­wahl das schlech­tes­te Ergeb­nis ever ein­ge­fah­ren, was sie in der Selbst­wahr­neh­mung zum Sie­ger macht, weil die CSU (die 2,3 Mal so vie­le Stim­men erhal­ten hat) immer­hin seit 54 Jah­ren nicht mehr so schwach war.

Die gebro­che­nen Bei­ne von Usain Bolt hei­ßen Gün­ther Beck­stein und Erwin Huber und sie haben die Wahl natür­lich nur der­art vor die Wand gefah­ren, um Edmund Stoi­ber sei­nen 67. Geburts­tag zu ver­ha­geln. Dafür haben sie Stoi­ber (und ich fürch­te, Sie wer­den sich heu­te noch mit eini­gen schie­fen Bil­dern rum­schla­gen müs­sen) bei Tem­po 180 aus dem fah­ren­den Wagen gewor­fen, wäh­rend Horst See­ho­fer an der Hand­brem­se nes­tel­te und Gabrie­le Pau­li das Ver­deck ein­fah­ren woll­te. Aber für das füh­rer­lo­se und zer­trüm­mer­te Gefährt hät­ten sie immer­hin noch die vol­le Pend­ler­pau­scha­le bezie­hen kön­nen.

Die in jeder Hin­sicht beein­dru­cken­de Schlap­pe für die CSU, die fast ein Drit­tel ihrer Wäh­ler­stim­men ein­ge­büßt hat, wird aber in den Schat­ten gestellt von einer SPD, die das eige­ne Deba­kel ele­gant igno­riert (wohl Dank der Erfah­rung auf dem Gebiet) und allen Erns­tes Ansprü­che auf die Regie­rungs­bil­dung anmel­det.

Frank-Wal­ter Stein­mei­er, den sie in der Par­tei mitt­ler­wei­le ver­mut­lich für einen Albi­no-Barack-Oba­ma hal­ten, der aber bes­ten­falls ein ganz sicher nicht gefärb­ter Ger­hard-Schrö­der-Klon ist (was immer­hin schon mal bedeu­tend bes­ser ist als ein unra­sier­ter Gor­don-Brown-Klon), die­ser Frank-Wal­ter Stein­mei­er also stellt sich hin­ter ein Mikro­fon und sagt:

Und immer­hin: Es ist zum ers­ten Mal für vie­le Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler in Bay­ern vor­stell­bar und mög­lich gewe­sen, nicht mehr CSU zu wäh­len. Sie sind noch nicht gleich durch­ge­gan­gen zur SPD, aber es ent­steht eine Per­spek­ti­ve.

Na, hur­ra! Da könn­te ich ja auch in laut­star­ke Ver­zü­ckung gera­ten, weil Nata­lie Port­man nicht mehr mit Devan­dra Ban­hart zusam­men ist – und mich jetzt sicher end­lich hei­ra­ten wird.

Franz Maget, der aus­sieht wie Peter Zweg­at, aber SPD-Spit­zen­kan­di­dat in Bay­ern war, ver­spricht, den „hal­ben Weg“ beim „nächs­ten Mal“ nach­zu­ho­len, und die Wäh­ler nicht nur weg von der CDU, son­dern auch hin zur SPD zu holen. Das klingt, als steck­ten die Wäh­ler zwi­schen Vil­la­ri­ba und Vil­la­ba­jo (form­er­ly known as Not und Elend) auf hal­ber Stre­cke im Schlamm – und nicht, als hät­ten sie sich gera­de irgend­wo ganz anders ein gemüt­li­ches klei­nes Zelt­la­ger am war­men Herd von Gabi Pau­li errich­tet.

Um die Run­de voll­zu­ma­chen, trat auch noch Andrea Ypsi­lan­ti, die das Wort­paar „glaub­wür­di­ger Poli­ti­ker“ im Allein­gang zum Oxy­mo­ron stem­peln will, freu­de­strah­lend vor die Kame­ras und sprach von der zwei­ten Wahl, die „gründ­lich schief­ge­gan­gen“ sei für … die CDU/​CSU. Mit der ers­ten meint sie wohl ihre eige­ne in Hes­sen, die­sem armen Bun­des­land, dass seit einem hal­ben Jahr von einem geschäfts­füh­ren­den Minis­ter­prä­si­den­ten regiert wird, der auch noch Roland Koch heißt.

Denn das ist die eigent­li­che Sen­sa­ti­on der Wah­len in Hes­sen und Bay­ern: dass die Uni­on nicht wegen ihrer poli­ti­schen Geg­ner so dumm dasteht, son­dern wegen ihres eige­nen Füh­rungs­per­so­nals. Aber selbst dann schafft es die SPD nicht, wenigs­tens so vie­le Wäh­ler zu mobi­li­sie­ren, dass sie selbst die meis­ten Stim­men bekommt – was nach mei­nem Demo­kra­tie­ver­ständ­nis (Koch hin, Beck­stein her) irgend­wie drin­gend not­wen­dig wäre, um wasauch­im­mer zu regie­ren.

Aber ver­mut­lich weiß es der Wäh­ler zu schät­zen, wenn eine Par­tei, der er viel­leicht auch noch sei­ne Stim­me gege­ben hat, in ers­ter Linie durch Scha­den­freu­de über die Ver­lus­te des poli­ti­schen Geg­ners auf sich auf­merk­sam macht. Eigent­lich ist es da doch inkon­se­quent, nicht gleich noch einen Schritt wei­ter zu gehen, auf Öster­reich zu zei­gen und „wenigs­tens hat bei uns kei­ner das Nazi­pack gewählt“ zu rufen.

Dass auch ein in Bay­ern erwor­be­nes Abitur nicht zwangs­läu­fig für gro­ße Mathe­ma­tik­kennt­nis­se steht, bewies dann Clau­dia Roth, die Mut­ter Bei­mer der Grü­nen. Sie sieht „eine deut­li­che Mehr­heit jen­seits der CSU“, die sich in den abso­lu­ten Zah­len der Sitz­ver­tei­lung wohl vor allem dar­in nie­der­schlägt, dass alle ande­ren Par­tei­en zusam­men exakt drei Sit­ze mehr haben als besag­te CSU. Dar­aus lei­tet Frau Roth einen „Auf­trag“ zur Regie­rungs­bil­dung ab.

Es ist beein­dru­ckend, mit wel­cher Unbe­irrt­heit Poli­ti­ker gro­ße Deba­kel und mitt­le­re Ent­täu­schun­gen (die Grü­nen haben zwar als ein­zi­ge vor­her im Land­tag ver­tre­te­ne Par­tei hin­zu­ge­won­nen, sind aber nicht mal mehr dritt­stärks­te Frak­ti­on) in Sie­ge und Tri­um­phe umzu­wid­men ver­su­chen. Wie ein Wahl­er­geb­nis gedeu­tet wer­den soll, das eigent­lich nur den Schluss zulässt, dass die Wäh­ler die Schnau­ze voll haben von den bei­den gro­ßen Volks­par­tei­en, die die Bun­des­re­pu­blik seit drei Jah­ren in trau­ter Zwie­tracht regie­ren (und dabei noch jedes zwei­te Gesetz ver­fas­sungs­wid­rig gekriegt haben). Und wie die Läh­mung, die so ein Land durch unein­deu­ti­ge Macht­ver­hält­nis­se erfährt, gefei­ert wird.

Man war­tet eigent­lich nur noch auf den Tag, an dem irgend­ei­ne Par­tei (mut­maß­lich eine von Gui­do Wes­ter­wel­le geführ­te) auf die Idee kommt, bei Wahl­er­geb­nis­sen ana­log zur Ein­schalt­quo­te im Fern­se­hen eine „wer­be­re­le­van­te Ziel­grup­pe“ aus­zu­ru­fen und nur noch das Abstimm­ver­hal­ten der 14- bis 49-Jäh­ri­gen berück­sich­ti­gen zu wol­len.

Dabei sind die deut­schen Ver­tre­ter noch blass und harm­los gegen das Per­so­nal, das im US-Wahl­kampf ange­tre­ten ist, um das Amt zu erobern, das man nicht umsonst das wich­tigs­te der Welt nennt. Wir haben ja noch nicht mal eine Sarah Palin (obwohl ich glau­be, dass Gabrie­le Pau­li für die Rol­le not­falls zur Ver­fü­gung stün­de), von einem John McCain oder Joe Biden ganz zu schwei­gen.

Ande­rer­seits rei­chen Ronald Pofalla, Gui­do Wes­ter­wel­le und Oskar Lafon­taine für den Anfang völ­lig aus.

[Aus­ge­löst via twit­ter]

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Leben

Angriff der Irgendwas-Tomaten

Kürz­lich ver­speist:

"Herrlich süße Mini Eiertomaten, Schmackhaft und gesund!" Dattelkirsch tomaten, 250g

Von Kirsch- oder Cher­ry­to­ma­ten habe ich ja durch­aus schon mal gehört. Was „Dat­tel­kirsch toma­ten“ sind, ist mir nicht ganz so klar.

Und war­um eine „Dat­tel­kirsch toma­te“ Flü­gel hat (okay, die Mar­ke heißt „Red Star Cupi­do“) und „Herr­lich süße Mini Eier­to­ma­ten, Schmack­haft und gesund!“ brüllt, ist mir offen gesagt völ­lig schlei­er­haft.

Und jetzt sagen Sie bloß nicht, ich sol­le statt­des­sen bes­ser mal ein gutes Buch lesen!

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Give Facts A Chance

Ich weiß nicht, war­um sich Jour­na­lis­ten die­ser Tage so auf­fal­lend schwer damit tun, sich kor­rekt dar­an zu erin­nern, wann und wo John Len­non erschos­sen wur­de (8. Dezem­ber 1980 vor dem Dako­ta Buil­ding in Man­hat­tan, steht auch in der Wiki­pe­dia).

Ich weiß nur, dass es so ist:

1980 war bekanntlich John Lennon in New York vor dem Chelsea Hotel von David Chapman erschossen worden.
(„Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Sonn­tags­zei­tung“, 7. Sep­tem­ber 2008)

John Lennon ist schon seit 26 Jahren tot, aber die Friedensmission der beiden lebt im Werk Yoko Onos weiter.
(„Welt am Sonn­tag“, 7. Sep­tem­ber 2008)

Nach dem Attentat auf John von 1969 fotografiert sie seine blutbespritzte Brille und macht draus ein Platten-Cover.
(„Bild“, 11. Sep­tem­ber 2008)

Mit Dank u.a. an BILD­blog-Hin­weis­ge­ber Wil­helm E.

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Musik Print Digital

Tower Records

Preis­fra­ge: Was ist das?

a) Ein Plat­ten­co­ver von Wil­co.
b) Ein Foto der Mari­na City in Chi­ca­go, IL.
c) Ein Teil einer Bil­der­ga­le­rie bei „RP Online“.
d) Irgend­was mit Elf­ter Sep­tem­ber.

Sie brau­chen gar nicht lan­ge zu grü­beln oder jeman­den anru­fen: Alle vier Ant­wor­ten sind rich­tig.

Aus gege­be­nem kalen­da­ri­schen Anlass haben sich „Rhei­ni­sche Post“ und „RP Online“ des The­mas „Pop­mu­sik seit dem 11. Sep­tem­ber“ ange­nom­men. Autor Sebas­ti­an Peters beginnt bei Enyas Kata­stro­phen­be­gleit­mu­sik „Only Time“, erwähnt Songs („Let’s Roll“ von Neil Young) und Alben („The Rising“ von Bruce Springsteen), die unter den Ein­drü­cken der Ter­ror­an­schlä­ge ent­stan­den sind, und führt dann aus, dass der Pop poli­ti­scher gewor­den sei:

Die lin­ke Pop­kul­tur von Radio­head bis zu den Dixie Chicks wie­der­um hol­te zum Rund­um­schlag gegen Prä­si­dent Bush aus. Und neu­er­dings üben sich Stars von Kid Rock bis Madon­na im Plä­doy­er für Oba­ma und gegen die Repu­bli­ka­ner. Ohne Zwei­fel ist Pop­mu­sik in Ame­ri­ka nach dem 11. Sep­tem­ber poli­ti­scher gewor­den.

Nun pas­sen Radio­head und „Pop­mu­sik in Ame­ri­ka“ nicht unbe­dingt sooo gut zusam­men – noch weni­ger ver­ständ­lich ist aller­dings, wann sich Kid Rock „für Oba­ma“ aus­ge­spro­chen haben soll. Das letz­te, was der Proll­ro­cker zum The­ma Poli­tik gesagt hat, war eigent­lich die Auf­for­de­rung, dass Pro­mi­nen­te im Bezug auf Wahl­emp­feh­lun­gen die Klap­pe hal­ten soll­ten.

Peters schreibt über Pop, der „seit dem 11. Sep­tem­ber auch in Deutsch­land wie­der poli­tisch aufgeladen„sei, und belegt das wie folgt:

Auch die Sport­freun­de Stil­ler sind Stell­ver­tre­ter die­ser x‑ten „Neu­en Deut­schen Wel­le“. Ihr Lied „54, 74, 90, 2006“ sagt laut Ja zur Hei­mat, Sol­che Posi­tio­nen waren zuvor exklu­siv dem Schla­ger vor­be­hal­ten, plötz­lich lan­den sie in der Pop-Mit­te.

Jene Sport­freun­de Stil­ler, die im Jahr 2000 eine Sin­gle namens „Hei­mat­lied“ ver­öf­fent­licht haben?

Noch merk­wür­di­ger als der Text ist aber – immer­hin reden wir hier von „RP Online“ – die dazu­ge­hö­ri­ge Bil­der­ga­le­rie, in der acht Plat­ten­co­ver abge­bil­det und not­dürf­tig mit Titel und Inter­pret ver­se­hen sind (und das manch­mal auch noch feh­ler­haft).

Dort fin­det man:

  • den Sam­pler „Ame­ri­ca: A Tri­bu­te To Heroes“
  • Bruce Springsteens „The Rising“
  • „Are You Pas­sio­na­te?“ von Neil Young
  • „Riot Act“ von Pearl Jam (ver­mut­lich wegen des Songs „Bu$hleaguer“)
  • „Gold“ von Ryan Adams (ver­mut­lich, weil das Video zur Sin­gle „New York, New York“ am 7. Sep­tem­ber 2001 gedreht wur­de und das noch intak­te World Trade Cen­ter zeigt)
  • den Sam­pler „Love Songs From New York“ (kei­ne Ahnung, was das sein soll, Goog­le kennt’s nicht)
  • „Kid A“ von Radio­head
  • das oben gezeig­te „Yan­kee Hotel Fox­t­rot“ von Wil­co.

Zu mög­li­chen Par­al­le­len von „Kid A“ und den Ereig­nis­sen vom 11. Sep­tem­ber gibt es eine recht span­nen­de Abhand­lung von Chuck Klos­ter­man in sei­nem Buch „Kil­ling Yours­elf To Live“, aber das wird kaum der Grund sein, wes­halb die­ses, im Okto­ber 2000 erschie­ne­ne Album in der Bil­der­ga­le­rie auf­taucht. Immer­hin wer­den Radio­head ja im Text erwähnt, ganz anders als Wil­co.

Für deren Auf­tau­chen suche ich noch nach der rich­ti­gen Erklä­rung:

a) Weil „Yan­kee Hotel Fox­t­rot“ ursprüng­lich am 11. Sep­tem­ber 2001 ver­öf­fent­licht wer­den soll­te, was sich wegen eines Label­wech­sels aber bis April 2002 ver­zö­ger­te.
b) Weil sich auf dem Album ein Song namens „Ashes Of Ame­ri­can Flags“ befin­det, der sich aber (s. das geplan­te Ver­öf­fent­li­chungs­da­tum) nicht auf den 11. Sep­tem­ber bezieht.
c) Weil das Cover die Zwil­lings­tür­me eines Hoch­hau­ses zeigt, das – im Gegen­satz zum World Trade Cen­ter – auch heu­te noch steht.
d) Wie­so Erklä­rung? Da steht’s doch: „RP Online“.

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Mahlzeit!

Ich weiß ja, dass ich einen selt­sa­men Humor habe. Das muss­te ich mir schon in der Schu­le immer wie­der anhö­ren. ((Der häu­figs­te Satz, den ich in der Schu­le von Leh­rern gehört habe, war übri­gens: „Lukas, Du weißt ja, was man sagt: Genie und Wahn­sinn lie­gen dicht bei­ein­an­der …“))

Aber die­se Lis­te hier fand ich wirk­lich brüll­ko­misch:

Hunde- und Katzenfutter in den Geschmacksrichtungen Rind, Schaf, Geflügel, Wild, Pferd, Frutti di Mare, Welpen, Senioren und Allergiker

Und wie ich auf die­se Sei­te gesto­ßen bin, ver­ra­te ich Ihnen ein ander­mal.

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Digital Fernsehen

Klickbefehl (14)

Da mögen Fans noch so sehr dar­auf schwö­ren, die „Lin­den­stra­ße“ sei heu­te ja eine gan­ze ande­re als vor 20 Jah­ren. Humor­voll, selbst­iro­nisch und der­glei­chen. In Wahr­heit ist die Klein­bür­ger-Soap immer noch ein Pan­op­ti­kum der Pie­fig­keit. Wie fast alle Soaps sind ihre Kulis­sen voll­ge­stellt mit unin­spi­rier­ten Cha­rak­te­ren und zuge­schüt­tet mit grau­en­haf­ten Dia­log­zei­len der Sor­te: „Ah, mei­ne Umwelt­pla­ket­te, end­lich!“

Mar­kus Brauck rech­net im „Spie­gel“ mit der „Lin­den­stra­ße“ ab. Dazu gibt es eine Bil­der­ga­le­rie, die dem Wort „Grau­stu­fen“ eine ganz neue Bedeu­tung zukom­men lässt. (Bit­te mar­kie­ren Sie sich die­sen Tag im Kalen­der: ich emp­feh­le eine Bil­der­ga­le­rie bei „Spie­gel Online“!)

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Das ist die wohl unge­wöhn­lichs­te Mel­dung des Tages: Die ARD kauft RTL die Serie „Die Anwäl­te“ ab – also die Serie, die RTL Anfang des Jah­res nach nur einer Fol­ge, die mit 10,8 Pro­zent Markt­an­teil die Erwar­tun­gen nicht erfül­len konn­te. aus dem Pro­gramm genom­men hat. Fort­an dien­te die Serie als Mus­ter­bei­spiel für feh­len­des Ver­trau­en der Sen­der in die eige­nen Pro­duk­tio­nen.

DWDL.de berich­tet über das über­ra­schen­de Come­back einer Serie, die (also deren ers­te Fol­ge) ich eigent­lich ganz gut fand und deren Abset­zung mein Ver­hält­nis zu RTL nach­hal­tig gestört hat.

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Ein­fa­cher wäre zu sagen: Ich mag ihn. Ich freue mich, dass ich neben dem Mit­glied der „Ach­se des Guten“ auch schon drei Mal dort als Gast­au­tor auf­tre­ten durf­te und dass wir nun gemein­sam ein Netz­werk Gegen­re­cher­che star­ten.

Timo Rieg erläu­tert in der „Spie­gel­kri­tik“ die Hin­ter­grün­de zu einem sehr, sehr merk­wür­di­gen „Spie­gel Online“-Artikel über einen der angeb­lich ganz weni­gen deut­schen TV-Blog­ger.

War­um die­se Geschich­te nur mit äußers­ter Vor­sicht zu genie­ßen ist (wenn über­haupt), erzäh­le ich Ihnen spä­ter steht hier.

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Einen Vor­schlag zur Güte hat­te Bro­der abge­lehnt. Er wer­de sich kei­nen „Maul­korb“ ver­pas­sen las­sen, „weil sonst Anti­se­mi­ten ent­schei­den dürf­ten, was Anti­se­mi­tis­mus ist“. Nun befan­den die Rich­ter, Bro­ders Vor­wurf habe die Gren­ze zur Schmäh­kri­tik über­schrit­ten, weil „im kon­kre­ten Kon­text der Äuße­rung die Dif­fa­mie­rung der Klä­ge­rin, nicht die Aus­ein­an­der­set­zung in der Sache im Vor­der­grund“ gestan­den hät­te.

Hen­ryk M. Bro­der stand mal wie­der vor Gericht und die „taz“ ver­sucht zu erklä­ren, was los war.

Patrick Bah­ners hat­te vor eini­gen Wochen in der „Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung“ eben­falls über den Pro­zess geschrie­ben und Bro­ders Lebens­werk damals beein­dru­ckend zusam­men­ge­fasst:

Sei­ne preis­ge­krön­te publi­zis­ti­sche Stra­te­gie der ver­ba­len Aggres­si­on nutzt den Spiel­raum der Mei­nungs­frei­heit, um ihn ein­zu­schrän­ken: Kri­ti­ker Isra­els sol­len ein­ge­schüch­tert wer­den.

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Wei­te­re Link­tipps kön­nen Sie übri­gens seit Neu­es­tem dem deli­cious-Account von Cof­fee And TV ent­neh­men. Und falls ich end­lich raus­krie­ge, wie ich den dazu­ge­hö­ri­gen Feed hier in die Side­bar ein­ge­baut krie­ge, wird das alles viel prak­ti­scher und über­sicht­li­cher.

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Musik Digital

Die Messe Berlin und das allgemein zugängliche Internet

Frü­her war alles bes­ser: die Pop­komm war ein rau­schen­des Fest einer flo­rie­ren­den Bran­che, das all­jähr­lich in Köln statt­fand – und ihr wich­tigs­ter Ort war der Mexi­ka­ner am Prime Club. Heu­te liegt die Musik­in­dus­trie röchelnd am Boden, die wich­ti­gen Musik­mes­sen hei­ßen c/​o Pop und Pop Up, die Pop­komm ist (wie jeder ande­re Krea­ti­ve) nach Ber­lin gezo­gen und der Mexi­ka­ner am Prime Club ist schon lan­ge zu. ((Gerüch­ten zufol­ge ste­hen Pop­komm-Umzug und Nie­der­gang des Mexi­ka­ners in direk­tem Zusam­men­hang – nach Schät­zun­gen ins Blaue wur­de dort am Pop­komm-Wochen­en­de der hal­be Jah­res­um­satz erwirt­schaf­tet.))

Es gibt kei­nen wirk­li­chen Grund, noch zur Pop­komm fah­ren zu wol­len – außer, um dort Kon­tak­te zu knüp­fen, sie zu pfle­gen, die Mischung aus Zweck­op­ti­mis­mus, Welt­frem­de und Ver­zweif­lung in sich auf­zu­sau­gen und viel­leicht das eine oder ande­re Kon­zert mit­zu­neh­men. Aller­dings ist Ber­lin vom Ruhr­ge­biet deut­lich wei­ter ent­fernt als Köln, so dass sich Tages­trips eher nicht anbie­ten.

Ich woll­te mich also als Pres­se­ver­tre­ter für die Pop­komm akkre­di­tie­ren las­sen und ging auf die ent­spre­chen­de Web­site. Dass es nicht ganz so ein­fach wer­den wür­de wie in Köln, wo man ein­fach mit dem aus­ge­druck­ten Impres­sum eines Musik-E-Zines rein­kam, in dem der eige­ne Name stand, hat­te ich mir wohl gedacht – dass es schlicht unmög­lich wer­den wür­de, nicht. Ich füll­te brav und wahr­heits­ge­mäß ein For­mu­lar aus, foto­gra­fier­te mei­nen Jugend­pres­se­aus­weis (den ich in fünf Jah­ren damit zum drit­ten Mal her­vor­ho­len muss­te) und schick­te alles ab.

Am nächs­ten Tag erhielt ich eine E‑Mail von der Mes­se Ber­lin, wonach mei­ne Unter­la­gen unvoll­stän­dig sei­en. Man gab mir den freund­li­chen Hin­weis, dass ich als „Ver­tre­ter von Jugend­pres­se­or­ga­ni­sa­tio­nen“ „gegen Vor­la­ge aktu­el­ler Bele­ge“ „ein­ma­lig eine Tages­kar­te an den Akkre­di­tie­rungs­coun­tern des Mes­se­ge­län­des“ erhal­ten wür­de. Da ein Tag Mes­se die Anrei­se nicht lohnt, schrieb ich zurück, dass ich ger­ne län­ger hin­wol­le und schließ­lich ein Blog zu den The­men­kom­ple­xen Pop­kul­tur und Medi­en betrie­be.

Die Ant­wort lau­te­te:

Guten Tag,
Blog­ger und deren Betrei­ber wer­den, wie ande­re Ver­tre­ter von all­ge­mein zugäng­li­chen Online-Publi­ka­tio­nen aus­schließ­lich gegen Vor­la­ge eines gül­ti­gen Pres­se­aus­wei­ses (für haupt­be­ruf­lich täti­ge Jour­na­lis­ten) akkre­di­tiert.

Das deckt sich mit den Akkre­di­tie­rungs­richt­li­ni­en, die bei der Mes­se Ber­lin offen­bar für jede Ver­an­stal­tung gel­ten:

Mit­glie­der von Inter­net-Redak­tio­nen wer­den auf­grund der all­ge­mei­nen Zugäng­lich­keit des Inter­nets und der damit ver­bun­de­nen man­geln­den Über­prüf­bar­keit der eige­nen jour­na­lis­ti­schen Leis­tung nur gegen Vor­la­ge eines aner­kann­ten Pres­se­aus­wei­ses akkre­di­tiert. Aus­nah­me: Inter­net-Redak­tio­nen, die zu Voll­re­dak­tio­nen oder Ver­la­gen gehö­ren, z.B. Focus Online usw.

Da beißt sich die Kat­ze in den Schwanz: Als Blog­ger hat man bei den vie­len Ver­bän­den immer noch kei­ne Chan­ce, an einen Pres­se­aus­weis zu kom­men. Man braucht ihn aber auch (außer viel­leicht für pein­li­che Pres­se­ra­bat­te) eher sel­ten. Eine klei­ne Umfra­ge ergab: Von den Print‑, Radio- und TV-Jour­na­lis­ten in mei­nem Bekann­ten­kreis ist nie­mand im Besitz eines Pres­se­aus­wei­ses. Ein frü­he­rer Kol­le­ge (heu­te bei einem Pri­vat­sen­der aktiv) schrieb mir gar, er habe „nie!!!! wirk­lich nie!!!!“ mit einem Pres­se­aus­weis gear­bei­tet.

Nur um sicher­zu­ge­hen, dass ich das alles rich­tig ver­stan­den hat­te, frag­te ich bei der Mes­se Ber­lin noch ein­mal nach:

Gera­de im Bereich Musik­jour­na­lis­mus dürf­ten die wenigs­ten Kol­le­gen über einen Pres­se­aus­weis ver­fü­gen, vie­le betreu­en ihre Online­ma­ga­zi­ne und Blogs nicht haupt­be­ruf­lich, aber mit hoher Kom­pe­tenz und eben sol­chem Auf­wand. Sehe ich das rich­tig, dass sie alle kei­nen Anspruch auf eine Akkre­di­tie­rung bei einer Ver­an­stal­tung in der Mes­se Ber­lin haben?

Die Ant­wort über­rasch­te mich nicht mehr wirk­lich:

Guten Tag,
Sie sehen das völ­lig rich­tig. Ohne Nach­weis der haupt­be­ruf­li­chen jour­na­lis­ti­schen Tätig­keit gibt es kei­ne Akkre­di­tie­rung.
Ein Recht auf Akkre­di­tie­rung besteht nicht, es gilt das Haus­recht der Ver­an­stal­tungs­stät­te.

Und bit­te nicht vom Becken­rand sprin­gen, ja?

Aber noch ein­mal ganz lang­sam: die Mes­se Ber­lin, die unter ande­rem die Pop­komm, die Inter­na­tio­na­le Funk­aus­stel­lung und die Jugend­mes­se „You“ aus­rich­tet ((Alles Mes­sen, zu deren Inhal­ten Gerüch­ten zufol­ge auch die­ses ver­rück­te neue Medi­um „Inter­net“ und des­sen Mög­lich­kei­ten gehö­ren sol­len. Im ver­gan­ge­nen Jahr fand sogar die „Web 2.0 Expo“ in der Mes­se Ber­lin statt.)), akkre­di­tiert aus­schließ­lich „haupt­be­ruf­lich täti­ge Jour­na­lis­ten“.

In den Richt­li­ni­en für die „You“ steht sogar klipp und klar:

Nut­zer von Blogs (Blog­ger) unter­lie­gen den genann­ten Richt­li­ni­en von Inter­net-Redak­tio­nen. Ohne gül­ti­gen Pres­se­aus­weis gel­ten Blog­ger als Pri­vat­per­son und wer­den nicht akkre­di­tiert.

Ob ich zur Pop­komm fah­re oder nicht (natür­lich nicht) war mir inzwi­schen egal. Ich woll­te auch gar nicht mehr wis­sen, ob eine Pres­se­ak­kre­di­tie­rung kos­ten­los ist oder nicht. ((Die Drei-Tages-Pres­se­päs­se in Köln, die man gegen Vor­la­ge eines „Redak­ti­ons­nach­wei­ses“ erhielt, kos­te­ten etwa 100 DM, wie sich ein Kol­le­ge erin­nert.))

Dafür woll­te ich von der Mes­se Ber­lin wis­sen, wie das zusam­men­passt: das Aus­rich­ten von Medi­en­mes­sen auf der einen und das Aus­gren­zen von Blog­gern, E‑Zinern und Bür­ger­jour­na­lis­ten auf der ande­ren Sei­te. Und ob die „all­ge­mei­nen Zugäng­lich­keit des Inter­nets“ es wirk­lich der­art unmög­lich macht, eine Aus­wahl zu tref­fen, wen man rein­lässt und wen nicht.

Das ist jetzt eine Woche her und es ist wohl nur kon­se­quent zu nen­nen, dass ich noch kei­ne Ant­wort bekom­men habe.