Kategorien
Print

Franz Josef Wagner schaut in den Abgrund

Franz Josef Wag­ner ist ja dafür bekannt, dass er mit­un­ter recht inter­es­san­te Gedan­ken­gän­ge hat und sich nicht scheut, die­se den Mil­lio­nen Lesern der „Bild“-Zeitung auch mit­zu­tei­len. Man kann ihn wegen sei­ner Brie­fe für völ­lig durch­ge­knallt hal­ten oder für bril­lant. Ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, was ich von ihm hal­ten soll und lese sei­ne Kolum­nen auch zu sel­ten, um mir ein fina­les Urteil zu erlau­ben. Des­we­gen habe ich auch erst gera­de via Spie­gel­fech­ter mit­be­kom­men, was Wag­ner ges­tern für einen Brief an die Bun­des­kanz­le­rin geschrie­ben hat, der in den fol­gen­den Sät­zen … äh: gip­felt.

Lie­be Ange­la Mer­kel, schreibt die Welt­pres­se Sie so hoch oder sind Sie wirk­lich so hoch auf dem Gip­fel Ihres Lebens?

Mir wür­de schwin­de­lig wer­den auf die­sem Gip­fel. Wenn ich in den Abgrund schaue.

Die gan­ze Pro­sa in 116 Wör­tern gibt’s hier – und nächs­tes Jahr ver­mut­lich im Deutsch-Zen­tral­ab­itur.

Kategorien
Print

Der doppelte Pfarrer

Eigent­lich woll­te ich nicht mehr so viel über Dins­la­ken blog­gen, aber die The­men lie­gen da im Moment echt auf der Stra­ße

Am Sonn­tag wur­de der Pfar­rer, bei dem ich mei­nen Zivil­dienst abge­leis­tet habe, in den Ruhe­stand ver­ab­schie­det. Ein wich­ti­ges Ereig­nis für sei­ne Gemein­de, ja: für die gan­ze Stadt. Die Bür­ger­meis­te­rin sprach ein Gruß­wort, eben­so die Ver­tre­ter ande­rer Kir­chen­ge­mein­den und diver­ser Ver­ei­ne. Ich war auch da und natür­lich durf­te auch die Lokal­pres­se nicht feh­len. Heu­te konn­te ich dann im Inter­net nach­le­sen (die Print-Ver­sio­nen lie­gen mir noch nicht vor), was ich erlebt hat­te.

Im Online-Ange­bot der NRZ stand:

Der Bet­saal Bruch platz­te am Pfingst­sonn­tag aus allen Näh­ten. So vie­le kamen, um ihren Pfar­rer Karl-Heinz Tacken­berg nach fast 25 Jah­ren in den Ruhe­stand zu ver­ab­schie­den. Got­tes­dienst und Abschieds­fei­er gerie­ten zu einem tages­fül­len­den Pro­gramm. Jugend­lei­te­rin und Mit­ar­bei­ter­pres­by­te­rin Sabi­ne Fischer-Bor­gardts, die mit Pres­by­ter Die­ter Tepel durchs Pro­gramm führ­te, brach­te es auf den Punkt. „Das Pro­gramm dau­ert solan­ge, weil wir uns nicht tren­nen kön­nen.“

Auch die direk­te Kon­kur­renz, die Rhei­ni­sche Post, nähert sich dem Ereig­nis atmo­sphä­risch:

Der Bet­saal Bruch platz­te am Pfingst­sonn­tag aus allen Näh­ten. So vie­le kamen, um ihren Pfar­rer Karl-Heinz Tacken­berg nach fast 25 Jah­ren in den Ruhe­stand zu ver­ab­schie­den. Got­tes­dienst und Abschieds­fei­er gerie­ten zu einem tages­fül­len­den Pro­gramm. Jugend­lei­te­rin und Mit­ar­bei­ter­pres­by­te­rin Sabi­ne Fischer-Bor­gardts, die mit Pres­by­ter Die­ter Tepel durchs Pro­gramm führ­te, brach­te es auf den Punkt. „Das Pro­gramm dau­ert solan­ge, weil wir uns nicht tren­nen kön­nen.“

Erst dach­te ich, ich wäre mög­li­cher­wei­se mit mei­nen zahl­rei­chen Fire­fox-Tabs durch­ein­an­der gekom­men. Dann dach­te ich, ich sei ges­tern ein­fach zu spät ins Bett gegan­gen. Schließ­lich erkann­te ich die unter­schied­li­chen Anfüh­rungs­zei­chen und las wei­ter:

NRZ RP
Super­in­ten­dent Mar­tin Duscha wür­dig­te den viel­fäl­ti­gen Dienst und wies in sei­ner offi­zi­el­len Ent­pflich­tung vom Dienst in der Pfarr­stel­le dar­auf hin, dass nicht alles aus dem Dienst eines Pfar­rers vor Augen liegt, son­dern viel­mehr vie­les im Ver­bor­ge­nen lie­ge. Super­in­ten­dent Mar­tin Duscha wür­dig­te den viel­fäl­ti­gen Dienst und wies in der offi­zi­el­len Ent­pflich­tung Tacken­bergs vom Dienst in der Pfarr­stel­le dar­auf hin, dass nicht alles aus dem Dienst eines Pfar­rers vor Augen, son­dern vie­les im Ver­bor­ge­nen lie­ge.
   
Bür­ger­meis­te­rin Sabi­ne Weiss dank­te Karl-Heinz Tacken­berg für sein Enga­ge­ment im kom­mu­na­len Bereich, beson­ders in der Agen­da­ar­beit. Der katho­li­sche Pas­tor von St. Jako­bus, Gre­gor Wol­ters, sprach Segens­wün­sche aus. Auch die Ver­tre­ter der Ver­ei­ne in der Feld­mark dank­ten für gute Zusam­men­ar­beit. Bür­ger­meis­te­rin Sabi­ne Weiss dank­te Karl-Heinz Tacken­berg für sein Enga­ge­ment im kom­mu­na­len Bereich, beson­ders in der Agen­da­ar­beit. Der katho­li­sche Pas­tor von Sankt Jako­bus, Gre­gor Wol­ters, sprach Segens­wün­sche aus. Auch die Ver­tre­ter der Ver­ei­ne in der Feld­mark dank­ten für die gute Zusam­men­ar­beit.
   

Natür­lich fie­len auch mir die Unter­schie­de gleich ins Auge: Im NRZ-Text könn­te auch der Super­in­ten­dent ent­pflich­tet wor­den sein, in der RP ist es ein­deu­tig der Pfar­rer. Außer­dem ist „Sankt“ bes­ser zu lesen als „St.“ und in der RP steht ein „die“ mehr. Im buch­stäb­lich letz­ten Satz war­tet die RP dann sogar noch mit einer, äh: Über­ra­schung auf:

Als er, beglei­tet von Toch­ter Bet­ti­na, in einem Abschieds­lied zurück und nach vor­ne blick­te, konn­te man­cher der Besu­cher eine weh­mü­ti­ge Trä­ne nicht ver­ber­gen. Als er dann zur Über­ra­schung aller, beglei­tet von Toch­ter Bet­ti­na, in einem Abschieds­lied zurück und nach vor­ne blick­te, konn­te man­cher der zahl­rei­chen Besu­cher eine weh­mü­ti­ge Trä­ne nicht ver­ber­gen.
   

Ich weiß nicht, wie vie­le Dins­la­ke­ner bei­de Lokal­zei­tun­gen (die zumin­dest frü­her auch mal die unter­schied­li­chen poli­ti­schen Lager reprä­sen­tier­ten) lesen – und wie vie­le von denen die­se etwas merk­wür­dig anmu­ten­de Dop­pe­lung bemerkt haben wer­den. Wie vie­le dann noch Lust dar­auf hat­ten, einen pol­tern­den Leser­brief (natür­lich zwei­mal den glei­chen!) an die Lokal­re­dak­tio­nen zu schi­cken, kann ich im Moment nur raten. Selt­sam fin­den kann ich es aber jetzt schon.

Der Autor des Tex­tes der Tex­te ist übri­gens selbst Dins­la­ke­ner Pfar­rer und hät­te des­halb durch­aus einen guten Grund, sei­nem lang­jäh­ri­gen Kol­le­gen und Weg­ge­fähr­ten gleich zwei­mal öffent­lich Tri­but zu zol­len. Die­se Tat­sa­che kann man in der NRZ, für die er des öfte­ren schreibt, aber allen­falls aus dem Autoren­kür­zel, in der Rhei­ni­schen Post (zumin­dest in der Online­aus­ga­be) gar nicht ent­neh­men. Außer­dem muss man sich in der Lokal­re­dak­ti­on der Rhei­ni­schen Post jetzt natür­lich die Fra­ge gefal­len las­sen, ob man kei­nen eige­nen Autor hat­te, der ähn­lich kom­pe­tent, aber viel­leicht aus einem ande­ren Blick­win­kel, über die Ver­ab­schie­dung hät­te berich­ten kön­nen.

Ich bin es inzwi­schen gewohnt, dass rei­ne Nach­rich­ten in den aller­meis­ten Tages­zei­tun­gen und auf Inter­net­sei­ten direkt aus Agen­tur­mel­dun­gen über­nom­men wer­den. Ich bin gewohnt, dass Ver­an­stal­tungs­an­kün­di­gun­gen in Lokal­zei­tun­gen oft genug iden­tisch sind – iden­tisch auch mit den Pres­se­mit­tei­lun­gen der Ver­an­stal­ter. Dass aber die Nach­be­richt­erstat­tung, also die Beschrei­bung eines Ereig­nis­ses, bei dem der Leser ent­we­der dabei war oder von dem er wis­sen will, wie es war; dass also die­se Nach­be­richt­erstat­tung auch nahe­zu iden­tisch ist, sehe ich mit sehr ungu­ten Gefüh­len. Denn gera­de im loka­len Bereich haben die Bürger/​Leser nicht vie­le Quel­len, um sich über Ereig­nis­se zu infor­mie­ren. Wenn in bei­den Zei­tun­gen (fast) das Glei­che steht, ver­lie­ren die­se ihre Unter­schei­dungs­merk­ma­le und über kurz oder lang droht min­des­tens eine von ihnen über­flüs­sig zu wer­den.

Nun ist ein dop­pel­ter Arti­kel über die Ver­ab­schie­dung eines Pfar­rers natür­lich noch nicht gleich der Unter­gang einer plu­ra­lis­ti­schen Pres­se. Jeder Jour­na­list, der dar­über hät­te berich­ten sol­len, hät­te über die ver­schie­de­nen Pro­gramm­punk­te geschrie­ben und die Ver­diens­te des Neu-Pen­sio­närs gewür­digt. Ich bin aber gera­de des­halb der Mei­nung, dass man zwei unter­schied­li­che Tex­te dar­über hät­te schrei­ben sol­len: Wie sieht das denn aus, wenn man mit einer Art Seri­en­brief in den Ruhe­stand ver­ab­schie­det wird?

Die dazu­ge­hö­ri­gen Fotos sind – das sei nicht uner­wähnt gelas­sen – von zwei ver­schie­de­nen Foto­gra­fen zu zwei ver­schie­de­nen Zeit­punk­ten geschos­sen wor­den. Dass die RP-Bild­un­ter­schrift nicht so direkt mit dem Motiv über­ein­stimmt, ist jetzt auch egal.

Kategorien
Film Politik

Ronald Reagan Revisited

Der Bun­des­prä­si­dent hat ent­schie­den, von einem Gna­dener­weis für Herrn Chris­ti­an Klar abzu­se­hen.

Mit einer so unspek­ta­ku­lä­ren Ver­laut­ba­rung hat Bun­des­prä­si­dent Horst Köh­ler heu­te eine mona­te­lan­ge, hit­zi­ge Debat­te been­det und damit irgend­wie mal wie­der genau die rich­ti­gen Wor­te gefun­den. Die klü­ge­ren Poli­ti­ker haben die­se Ent­schei­dung des höchs­ten Man­nes im Staa­te ent­spre­chend auch als „sou­ve­rä­ne Ent­schei­dung des Bun­des­prä­si­den­ten“ ange­nom­men und dar­auf ver­zich­tet, noch ein­mal nach­zu­tre­ten.

Aber jetzt sit­zen wir hier, haben plötz­lich kein The­ma mehr für Talk­shows und Nach­rich­ten, Bei­trä­ge über das hei­ße Wet­ter kann man auch kei­ne mehr sen­den und Knut ist ver­mut­lich so gut wie aus­ge­wach­sen. Das lädt zu Gedan­ken­spie­len ein: Wie viel spek­ta­ku­lä­rer wäre es z.B. gewe­sen, wenn Horst Köh­ler sich vor die Kame­ras gestellt und Clint East­wood zitiert hät­te?

Gna­de ist heu­te aus!

Kategorien
Musik Digital

Mehr Abwechslung wagen

Ich will auf kei­nen Fall den Ein­druck erwe­cken, ich hät­te nichts bes­se­res zu tun, als renom­mier­ten Musik­ma­ga­zi­nen ver­gleichs­wei­se neben­säch­li­che Schreib­feh­ler nach­zu­wei­sen. Zum einen ist es bei den Kili­ans, die vor­her The Kili­ans hie­ßen, wirk­lich nicht ganz ein­fach mit dem Namen (bis auf die Tat­sa­che, dass da immer nur ein L im Band­na­men war); zum ande­ren habe ich erst letz­te Woche den Namen von Conor Oberst mal wie­der falsch geschrie­ben. Neh­men wir das nun fol­gen­de also lie­ber als Bei­spiel dafür, wie man durch ver­schie­dens­te Schreib­wei­sen läs­ti­ge Wie­der­ho­lun­gen ver­mei­det und die eige­ne Arbeit auf­lo­ckert.

Das Dort­mun­der Musik­ma­ga­zin VISIONS hat in sei­nem aktu­el­len E‑Paper u.a. einen Arti­kel über besag­te Dins­la­ke­ner Nach­wuchs­band. Die­ser wird auf visions.de so ange­kün­digt:

visions.de: “The Killians”

Im Inhalts­ver­zeich­nis des E‑Papers erfährt man dann, auf wel­cher „Sei­te“ man den Arti­kel fin­det:

visions-weekly.de: “Kilians”

Und der Arti­kel selbst wird dann so über­schrie­ben:

visions-weekly.de: The Kilians
(Alle Screen­shots: visions.de/visions-weekly.de, Her­vor­he­bun­gen: Cof­fee And TV)

Kategorien
Rundfunk Fernsehen

Lindenstraße…eeeeh, Douglasienboulevard…ach Quatsch: Ahornallee!

Sei­te heu­te 17 Uhr gibt es auf RTL eine neue Serie: Ahorn­al­lee.

Die Geschich­te ist schnell erzählt: Wit­wer zieht wegen Arbeits­lo­sig­keit von der Ost­west­fa­len­me­tro­po­le Her­ford nach Düs­sel­dorf (genau­er: in die Ahorn­al­lee), um dort einen neu­en Job als Haus­meis­ter anzu­tre­ten. Dort soll er sich um eine Schi­cki­mi­cki- Vil­la küm­mern. Erwar­tungs­ge­mäß fin­det er dort als boden­stän­di­ger Mensch kei­nen Anschluss. Oder, um mal die Wiki­pe­dia zu zitie­ren:

Die Serie zeigt vor allem gesell­schaft­li­che Dif­fe­ren­zen auf, der Klein­krieg der armen Fami­lie mit den ande­ren, höher­ste­hen­den Bewoh­nern der Ahorn­al­lee.

Es woh­nen im Haus:

  • Der neue Haus­meis­ter Wil­li Schlos­ser nebst Toch­ter Petra und Sohn Jan, die Mut­ter ist ein Jahr zuvor gestor­ben
  • „Gön­ner“ Kars­ten Win­ter­berg, der den Haus­meis­ter ein­ge­stellt hat, sei­ne Frau Eri­ka, sei­ne Schi­cki­mi­cki- Toch­ter Julia und der ver­kom­me­ne Sohn Ste­fan, der das Inter­nat geschmis­sen hat
  • Ilo­na und Ste­fan Kel­ler, er Schön­heits­chir­urg, haben ne Toch­ter namens Jas­min, die sich in den Haus­meis­ter­sohn ver­guckt
  • Das Por­no- Pär­chen Isa­bel­le Feren­c­zy und Udo Meis­ter, bei­de rela­tiv schlei­mig und unsym­pa­thisch
  • Leh­re­rin Sil­via Eich­hoff mit Sohn Lukas mit HIM-Shirt, But­tons und Jeans­ja­cke

Klei­ne Fak­ten am Ran­de:

  • Der Umzugs-LKW der Haus­meis­ter­fa­mi­lie ist lie­be­voll mit Müll dra­piert
  • Ehe­paar Kel­ler besteht aus Clau­dia Nei­dig und Hans Holz­be­cher, die bereits vor eini­ger Zeit bei Unter Uns einen Auf­tritt fan­den.
  • Wil­de Schnitt­füh­rung, fie­se Kame­ra­füh­rung
  • Klas­si­scher Kon­flikt: Arm vs. Reich
  • Flip­pi­ge Sound­track- Musik (von Bil­ly Talent bis Gwen Ste­fa­ni)
  • Schlecht gemach­te Fake- Wun­den
  • Gedreht wird in einer ech­ten Vil­la in Mün­chen

Hin­ter den Kulis­sen der „Ahorn­al­lee“ arbei­ten bei Tre­sor TV rund 70 Per­so­nen an der Her­stel­lung der Serie. Im Haus wird mit drei Kame­ras gedreht, im Außen­dreh kommt eine vier­te Kame­ra zum Ein­satz. Inno­va­tiv ist der so genann­te „tape­l­ess work­flow“. Erst­mals wer­den im Rah­men einer RTL-Seri­en­pro­duk­ti­on alle Sze­nen auf Fest­plat­te auf­ge­zeich­net und wei­ter­ver­ar­bei­tet. Bän­der wer­den nur noch zur Archi­vie­rung und für Back­ups ver­wen­det. (Quel­le)

Fazit: Eine wei­te­re Soap, die eigent­lich kei­ner braucht.

Kategorien
Digital

Null-Blog-Generation (2)

Man kann ja ein durch­aus gespal­te­nes Ver­hält­nis zu Web 9 3/​4 und der Blogo­sphä­re haben. Irgend­wie sind wir hier ja auch ein Teil davon, aber trotz­dem kann ich nicht alles nach­voll­zie­hen und ver­ste­hen, was da vor sich geht. Muss und will ich aber auch gar nicht.

So ver­ste­he ich zum Bei­spiel nicht so ganz, war­um man sich als Ver­tre­ter eines digi­ta­len Medi­ums mit all des­sen Vor- und Nach­tei­len aus­ge­rech­net im Real Life tref­fen muss, um in einem Raum zu sit­zen und dann doch wie­der haupt­säch­lich den Lap­top auf dem Schoß zu haben. Aber wie man aller­or­ten lesen kann, schei­nen die Men­schen auf der re:publica durch­aus ihren Spaß gehabt und sich erfolg­reich aus­ge­tauscht zu haben. Und das wie­der­um fin­de ich gut, so wie ich Blogs an sich auch gut fin­de.

Die Macher von tagesschau.de fin­det Blogs auch gut, sonst hät­ten sie sich wohl kaum ein eige­nes ange­legt. Des­halb berich­ten sie auch groß über die re:publica und las­sen den Text sogar von jeman­dem schrei­ben, der Ahnung von der Mate­rie hat.

Nur: Wenn man im Inter­net einen Arti­kel über Blogs schreibt, der für nicht weni­ge Men­schen ein Ein­stieg ins The­ma Blogs sein könn­te, und in dem John­ny Haeus­ler, Mar­kus Becke­dahl, Sascha Lobo und Udo Vet­ter nament­lich und in ihrer Eigen­schaft als Blog­ger erwähnt wer­den, war­um in Drei­teu­fels­na­men ist dann auch hier KEIN EINZIGES Blog ver­linkt? Nir­gend­wo..

Kategorien
Musik Digital

Null-Blog-Generation

Wenn ich zu Spie­gel Online gehe, erwar­te ich natür­lich nicht pri­mär kom­pe­ten­te Betrach­tun­gen zum The­ma Musik. Dass die dor­ti­gen Plat­ten­kri­ti­ken unter ande­rem von Jan Wig­ger geschrie­ben wer­den, sorgt aber immer­hin für ein biss­chen Indie Cre­di­bi­li­ty und ein paar kurz­wei­li­ge Rezen­sio­nen.

Nun hat man Ende let­zen Jah­res bei SpOn fest­ge­stellt, dass es ja seit ein paar Jah­ren das sog. Inter­net und somit auch die­se hyper­mo­der­nen, völ­lig flip­pi­gen „Blogs“ gibt, von denen sich nicht weni­ge mit Musi­kern befas­sen, die noch nicht so bekannt sind. Auf der Suche nach hip­pem und preis­güns­ti­gem con­tent muss man also nur noch ein paar ein­schlä­gi­ge Blogs durch­le­sen oder sich auf der ein oder ande­ren Web­site her­um­trei­ben und *schwups* hat man ein Bün­del Neu­ent­de­ckun­gen unterm Arm, über die noch nie­mand sonst geschrie­ben hat man sich aus­las­sen kann.

Und in der Tat: Was Hei­ko Behr (Redak­ti­ons­mit­glied beim intro) bis­her zusam­men­ge­tra­gen hat, reicht von hei­mi­schen Geheim­tipps (Ich Jetzt Täg­lich, Gis­bert zu Knyphau­sen, Polar­kreis 18) über Soon-To-Be-Super­stars (Amy Wine­house und Mika), bis hin zu Künst­lern, die zwar schon län­ger bis lan­ge dabei sind, aber zumin­dest in Deutsch­land noch auf den gro­ßen Durch­bruch warte(te)n (Joseph Arthur, The Shins). Drum­her­um fin­den sich noch jede Men­ge ande­re Künst­ler und Bands, die ein mehr oder weni­ger genau­es Hin­hö­ren Wert sind.

Nur: Wenn man bei SpOn die Kate­go­rie „Top of the Blogs“ nennt und Zei­len wie

gleich meh­re­re Blogs begin­nen ihre Lobes­hym­nen über das Quin­tett mit iden­ti­schen Zei­len

ein­flie­ßen lässt, wenn man in jedem zwei­ten Satz die Vor­zü­ge der welt­wei­ten Ver­knüp­fung von Inhal­ten unter­ein­an­der anpreist, war­um in Drei­teu­fels­na­men ist dann KEIN EINZIGES Blog ver­linkt? Nir­gend­wo.

Kategorien
Print

BILDung für alle – und zwar umsonst

Das Som­mer­se­mes­ter hat begon­nen. Das erkennt man an der Ruhr-Uni Bochum unter ande­rem dar­an, dass noch mehr jun­ge Men­schen als sonst schon ver­wirrt durch die Gegend ren­nen und Gebäu­de, Räu­me oder ein­fach nur ihre Mama suchen. Selbst­ver­ständ­lich ist die Roll­trep­pe an der U‑Bahn-Hal­te­stel­le wie­der ein­mal defekt (was aller­dings kein Semes­ter­be­ginn­spe­zi­fi­sches Pro­blem ist: die Trep­pe fährt ein­fach grund­sätz­lich nicht, wenn vie­le Leu­te da sind) und diver­se Fir­men ver­su­chen auf dem Cam­pus, Neu­kun­den zu ködern.

Immer vor­ne mit dabei: Zei­tungs­ver­la­ge, die einem Gra­tis­aus­ga­ben ihrer Pro­duk­te in die Hand drü­cken und einen damit zum Abschluss eines sog. preis­re­du­zier­ten Stu­den­ten­abos bewe­gen wol­len. An die­sen Abos ver­die­nen die Ver­la­ge (fast) gar nichts mehr, aber gegen­über ihren Wer­be­kun­den kön­nen sie mit höhe­ren Abon­nen­ten­zah­len prot­zen. In der Ver­gan­gen­heit waren es vor allem die Qua­li­täts­zei­tun­gen FAZ und Süd­deut­sche, die sich vor­nehm­lich an die Geis­tes­wis­sen­schaft­ler her­an­schmis­sen – wel­che das wil­lig über sich erge­hen lie­ßen.

Als ich heu­te um kurz vor Zwei (also zu bes­ter Stu­den­ten­zeit) Rich­tung Uni schlurf­te, stan­den dort Men­schen in mit­leid­erre­gend war­men roten Regen­ja­cken und drück­ten den vor­bei­zie­hen­den Scha­ren Papier­bün­del in die Hand: die „Bild“-Zeitung. Nun ist „Bild“ eine Bou­le­vard­zei­tung, die es aus­schließ­lich in Kios­ken, Bahn­hofs­buch­hand­lun­gen, Auto­ma­ten, Tank­stel­len und ver­ein­zel­ten Bäcke­rei­en, jedoch (im All­ge­mei­nen) nicht im Abo, gibt. Da klopft natür­lich die Fra­ge an, was es dem Axel-Sprin­ger-Ver­lag bringt, Tau­sen­de Aus­ga­ben „Bild“ kos­ten­los an Men­schen zu ver­tei­len, die nicht unbe­dingt als Kern­ziel­grup­pe der Zei­tung bekannt sind.

Vie­le Stu­den­ten lehn­ten das Geschenk dann auch irgend­wo zwi­schen höf­lich und schroff ab, eini­ge weni­ge nah­men wort­los ein Exem­plar an und zer­ris­sen es sofort unter den Augen der Ver­tei­ler, aber vie­le grif­fen auch dan­kend zu und schlepp­ten die Zei­tun­gen bis in den Semi­nar­raum, in dem bezeich­nen­der­wei­se ein (dezent über­füll­tes) Semi­nar zum The­ma „Mas­sen­kul­tur“ statt­fand. Nun kann man natür­lich sagen: „Ach, das sind alles auf­ge­klär­te Stu­den­ten, die wer­den schon wis­sen, was sie da für einen Mist lesen, die ste­hen da intel­lek­tu­ell drü­ber und sehen in der Lek­tü­re die­ses Pro­le­ta­rier­blat­tes eine bewuss­te iro­ni­sche Bre­chung, sozu­sa­gen eine Stipp­vi­si­te aus dem Elfen­bein­turm im Dixi-Klo.“

Aber selbst wenn zwei Drit­tel der neu­ge­won­ne­nen „Bild“-Leser einen BILD­blog-Abon­nen­ten­aus­weis besä­ßen (der den Trä­ger ja bekannt­lich berech­tigt, „auch in der Öffent­lich­keit die ‚Bild‘-Zeitung zu lesen, ohne sich dafür blö­de anma­chen las­sen zu müs­sen“), ein unwoh­les Gefühl bleibt bei der Sache: Mal ganz davon ab, dass wir inzwi­schen 500 Euro Stu­di­en­ge­büh­ren zah­len und somit eigent­lich wer­be­freie Pay Edu­ca­ti­on erwar­ten dürf­ten, zählt die „Bild“-Zeitung defi­ni­tiv zu den Pro­duk­ten, die ich am aller­we­nigs­ten in mei­nem direk­ten Umfeld haben möch­te. Da bin ich doch mal gespannt, wie sich AStA und ande­re links-alter­na­ti­ve Stu­den­ten­grup­pen dar­über das Maul zer­rei­ßen wer­den …

Nach­trag, 15. April 2007: Kat­ti hat sich so eine Zei­tung auf­schwat­zen las­sen und doku­men­tiert auch detail­liert das Bei­blatt, auf dem sich „Bild“ selbst vor­stellt („Gestat­ten, Bild!“).
Außer­dem gibt es bei indymedia.org eine – wie zu erwar­ten – „aus­ge­wo­ge­ne“ Aus­ein­an­der­set­zung mit der Geschich­te. Dort gibt es auch ein Wie­der­se­hen mit Tsang’s Law („Die Stu­die­ren­den for­dern …“).

Kategorien
Film

Hauptsache wir sind

Es gibt vie­le Grün­de, der Bild-„Zeitung“ gegen­über kri­tisch ein­ge­stellt zu sein, und jeden Tag lie­fert das Bild­Blog ein paar wei­te­re dazu. Fern­ab aller mora­li­scher und ideo­lo­gi­scher Grenz­gän­ge hat sich „Bild“ in den letz­ten Jah­ren aber vor allem mit einer Sache her­vor­ge­tan; mit einer Schlag­zei­le, die gram­ma­tisch grenz­wer­tig und inhalt­lich schlicht­weg Blöd­sinn ist, und die sich des­halb in den all­ge­mei­nen Sprach­ge­brauch ein­bren­nen muss­te: „Wir sind Papst!“

Es spricht sicher nicht für die Redak­teu­re diver­ser öffent­lich-recht­li­cher Sen­der in Deutsch­land, dass mir ges­tern gleich an meh­re­ren Stel­len flap­si­ge Mode­ra­tio­nen unter­ka­men, die nahe­zu völ­lig iden­tisch waren: „Jetzt sind wir nicht nur Papst, Fuß­ball-Welt­meis­ter der Her­zen und Hand­ball­welt­meis­ter, jetzt sind wir auch noch Oscar …“

Uff! So viel Dumm­heit muss man erst mal in so einen ver­gleichs­wei­se kur­zen Satz gewürgt krie­gen. Mal ganz davon ab, dass die­ses „wir“ ja immer noch eine höchst dif­fu­se Anga­be ist (die bei­spiels­wei­se genau dann über­haupt nicht mehr zutrifft, wenn Dani­el Gold­ha­gen ein Buch ver­öf­fent­licht), und „wir“ mit­nich­ten Oscar sind, son­dern ihn höchs­tens haben (aber dar­an soll sich Bas­ti­an Sick noch abar­bei­ten, das geschieht ihm recht): das plötz­li­che Bohei um den Oscar für „Das Leben der Ande­ren“ erscheint auch noch reich­lich will­kür­lich. Als „Nir­gend­wo in Afri­ka“ von Caro­li­ne Link 2003 als ers­ter deutsch­spra­chi­ger Film seit 1980 den Oscar erhielt, schlug die Mel­dung längst nicht so ein – dabei sind Fil­me, bei denen eine Frau Regie führ­te, bei den Oscars eine ech­te Beson­der­heit. Immer noch.

Aber „Nir­gend­wo in Afri­ka“ war vor Papst­wahl und Fuß­ball-WM. Deut­sche Fil­me teil­ten sich in puber­tä­re Komö­di­en mit Til Schwei­ger, Kat­ja Rie­mann oder Tom Ger­hardt (also natio­nal erfolg­reich) und „gut, aber zu ernst“ (also inter­na­tio­nal erfolg­reich). Dass „Das Leben der Ande­ren“ trotz sei­ner völ­lig un-ost­al­gi­schen Geschich­te (und damit als Gegen­ent­wurf zu „Good Bye, Lenin“) ein Publi­kums­er­folg wur­de, darf da schon als Sen­sa­ti­on gel­ten. Und natür­lich ist auch der drit­te Oscar für einen deut­schen Film (und der zwei­te inner­halb von fünf Jah­ren) immer noch weit vom Regel­fall ent­fernt und ver­dient Respekt. Aber mit welch irrer Reflex­haf­tig­keit die Medi­en sofort wie­der die Fra­ge stell­ten, ob „der deut­sche Film jetzt wie­der da“ sei, das war schon irri­tie­rend. Wo soll er sein? Und war er da schon mal und war dann plötz­lich weg und ist jetzt wie­der da? Oder ging es nur dar­um, die Wor­te „deutsch“ und „wie­der da“ in einem Satz unter­zu­brin­gen, weil das so schön klingt?

Sicher­lich: es ist ein Ver­dienst der deut­schen und bay­ri­schen Film­för­de­rung, dass so ein Film mög­lich war. Das hat der Regis­seur Flo­ri­an Hen­ckel von Don­ners­marck in sei­ner Dan­kes­re­de auch deut­lich klar gemacht (der glei­chen Dan­kes­re­de übri­gens, in der er sei­ne Haupt­dar­stel­le­rin Mar­ti­na Gedeck ver­gaß, nach­dem die­se zuvor schon nicht zur Oscar-Ver­lei­hung mit­kom­men konn­te, weil der Regis­seur lie­ber sei­ne Gat­tin mit­ge­nom­men hat). Ansons­ten han­delt es sich bei „Das Leben der Ande­ren“ (anders als z.B. bei einer Sport­ver­an­stal­tung, bei der Tau­sen­de Fans ihr Team anfeu­ern) um das Werk einer nicht gera­de klei­nen, aber doch über­schau­ba­ren Grup­pe. Und wenn man der Pres­se Glau­ben schen­ken darf, vor allem um das Ver­dienst der über acht­zig­jäh­ri­gen Schau­spiel­agen­tin Erna Baum­bau­er, die das Star­ensem­ble für ’nen Appel und ’n Ei zusam­men­trom­mel­te. Aber statt die­se Ein­zel­leis­tun­gen zu wür­di­gen (der Vor­schlag, sei­ne Macher als Hel­den der Arbeit aus­zu­zeich­nen, dürf­te ange­sichts der The­ma­tik des Films als „unpas­send“ bis „zynisch“ ange­se­hen wer­den), statt Hen­ckel von Don­ners­marck trotz sei­nes etwas irri­tie­rend gro­ßen Selbst­be­wusst­seins und sei­ner nur bedingt sym­pa­thi­schen Aus­strah­lung als Bei­spiel für einen, der nach oben woll­te und es geschafft hat, dar­zu­stel­len, statt wenigs­tens die in wei­ten Tei­len vor­bild­li­che deut­sche Film­för­de­rung zu wür­di­gen, ist wie­der ganz platt und pla­ka­tiv vom „Oscar für Deutsch­land“ die Rede.

Forest Whita­ker, der als bes­ter Haupt­dar­stel­ler aus­ge­zeich­net wur­de, sag­te in sei­ner Dan­kes­re­de, wie unwahr­schein­lich es für einen schwar­zen Jun­gen aus Texas gewe­sen sei, Schau­spie­ler zu wer­den und den Oscar zu gewin­nen. Er beschrieb, ohne es expli­zit zu erwäh­nen, den klas­si­schen Ame­ri­can Dream, wonach es jeder nach oben schaf­fen kön­ne, der sich genug Mühe gebe und gut genug sei. Nach Sid­ney Poi­tier 1963, Den­zel Washing­ton 2002 und Jamie Foxx 2004 gilt es nicht ein­mal mehr eine grö­ße­re Sen­sa­ti­on, dass ein Schwar­zer als bes­ter Haupt­dar­stel­ler aus­ge­zeich­net wird. Aber wenn ein Deut­scher einen Oscar gewinnt, sol­len natür­lich gleich wie­der 82 Mil­lio­nen eine 30 Cen­ti­me­ter gro­ße ver­gol­de­te Sta­tue sein. Wir sind selt­sam!