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Listenpanik 02/​09

Der Febru­ar ist ein blö­der Monat: Ver­dammt kurz, aber vol­ler span­nen­der Ver­öf­fent­li­chun­gen. Alles habe ich nicht geschafft zu hören, eini­ge waren erschre­ckend öde, aber irgend­wie sind mir dann doch noch genug Alben und Songs ein­ge­fal­len, die man sich für die Jah­res­end­lis­te vor­mer­ken soll­te.

Bevor im März mit Star­sail­or und Ben Lee das ganz gro­ße Fan-Fass auf­ge­macht wird, hier erst­mal der Febru­ar:

Alben
Lily Allen – It’s Not Me, It’s You
Sel­ten habe ich mich im Bekann­ten­kreis für etwas so sehr recht­fer­ti­gen müs­sen wie für mei­ne Lily-Allen-Ver­eh­rung. Aber im Gegen­satz zu die­sen gan­zen Café- und Fami­li­en­kom­bi­beschal­le­rin­nen (Duffy, Amy Wine­house, Amy Mac­Do­nald, Ade­le, Gabrie­la Cil­mi, …) hat Lily Allen Eier (das hört sich im Bezug auf Frau­en immer komisch an, weil Frau­en natür­lich gene­rell Eier haben – ganz anders als Män­ner). Ihre Songs sind klug und wit­zig, gehen ins Ohr und in die Füße und ihr zwei­tes Album setzt das phan­tas­ti­sche Debüt kon­se­quent fort. So und nicht anders soll­ten jun­ge Frau­en mit 23 klin­gen.

Bei­rut – March Of The Zapo­tec /​ Real­peo­p­le: Hol­land
Und damit zum nächs­ten Musi­ker, der jün­ger als ich ist: Zach Con­don hat mit sei­ner Band Bei­rut bereits zwei Alben ver­öf­fent­licht, jetzt kommt eine Dop­pel-EP, bestehend aus sechs Songs, die er mit einer 19-köp­fi­gen Band in Mexi­ko auf­ge­nom­men hat, und fün­fen, die er schon vor län­ge­rer Zeit mit sei­nem Elek­tro­nik-Pro­jekt Real­peo­p­le auf­ge­nom­men hat. Der ers­te Teil ist Welt­mu­sik für Leu­te, die sonst kei­ne Welt­mu­sik mögen, der zwei­te Elek­tro­nik für Leu­te, die sonst kei­ne Elek­tro­nik hören. Trotz die­ser zwei doch recht unter­schied­li­chen Ansät­ze wird das Album (die Dop­pel-EP) von Con­dons Stim­me und sei­nen Ideen wun­der­bar zusam­men­ge­hal­ten.

U2 – No Line On The Hori­zon
U2 zäh­len zu jenen Bands, die ich durch­aus schät­ze, die mir aber nie in den Sinn kämen, wenn es um die Nen­nung mei­ner Lieb­lings­bands geht. „No Line On The Hori­zon“ wird jetzt als ihr bes­tes Album seit lan­gem gefei­ert und erst­mals seit lan­ger Zeit höre ich ein Album, von dem bei mir so gar nichts hän­gen blei­ben will. Nach etli­chen Durch­gän­gen könn­te ich gera­de andert­halb Refrains benen­nen, ansons­ten geht das Album ein­fach so durch mei­nen Kopf durch. Selt­sa­mer­wei­se weiß ich trotz­dem, dass ich das Album gut fin­de.

Mor­ris­sey – Years Of Refu­sal
Ja, klar: The Smit­hs waren schon sehr, sehr groß und Mor­ris­sey ist eine coo­le Sau. Trotz­dem haben mich die Alben des Man­nes, den Musik­jour­na­lis­ten stets wis­send mit merk­wür­di­gen Attri­bu­ten beden­ken, nie so wirk­lich inter­es­siert. Die Sin­gles: ja („First Of The Gang To Die“ als abso­lu­ter Über­hit), aber sonst? „Years Of Refu­sal“ ist da anders: Das Album rockt und bockt und zickt und alle schrei­en laut „Ach Gott, ach Gott, das kann er doch nicht machen. Und jetzt hört man auch noch die Ver­zer­rer und das schep­pern­de Schlag­zeug …“. Und ich fin­de es zum ers­ten Mal rich­tig inter­es­sant.

The Whitest Boy Ali­ve – Rules
In einem wachen Moment mei­ner by:Larm-Berichterstattung hat­te ich Erlend Øye als „eine Art Thees Uhl­mann Nor­we­gens“ beschrie­ben, was sich aller­dings pri­mär auf die Mas­kott­chen- und Paten­haf­tig­keit der Bei­den für die jewei­li­gen Musik­sze­nen bezog. (Wit­zi­ger­wei­se ist Øye ja unge­fähr so sel­ten in Nor­we­gen wie Uhl­mann in Ham­burg, weil bei­de in Ber­lin woh­nen, der Stadt, in der man halt wohnt.) Außer­dem sind Bei­de – zumin­dest in der öffent­li­chen Wahr­neh­mung – jeweils ihre Band. Kaum jeman­den inter­es­siert, wer sonst noch bei The Whitest Boy Ali­ve bzw. bei Tom­te spielt – aber damit ist end­lich Schluss mit den Gemein­sam­kei­ten, denn The Whitest Boy Ali­ve sind per­ma­nent so fun­ky wie Tom­te in ihren fun­kigs­ten Momen­ten. „Rules“ ist von vor­ne bis hin­ten eine Auf­for­de­rung zum Tanz, eine Plat­te, die man erst mit den Füßen hört und dann mit den Ohren (eine ana­to­misch etwas abwe­gi­ge Idee), ein­fach schö­ner, klang­vol­ler Pop.

Songs
Lily Allen – Who’d Have Known
Die Idee, ein­fach den Refrain eines Hits vom Take-That-Come­back-Album zu neh­men („Shi­ne“) und dar­aus einen kom­plett neu­en Song zu ent­wi­ckeln, ist so uncool und absurd, dass man sie ein­fach lie­ben muss. Ansons­ten ist „Who’d Have Known“ auch noch ein so rüh­rend unschul­di­ges Lie­bes­lied, in dem sich Roman­tik und all­täg­li­ches Rum­lun­gern auf sehr sym­pa­thi­sche Wei­se tref­fen. Bezie­hung durch Gewohn­heits­recht, qua­si.

Klee – Ich lass ein Licht an für Dich
Und gleich noch so eine rüh­rend unschul­di­ge Num­mer: „Ber­ge ver­set­zen“, das aktu­el­le, mit­un­ter an Goldf­rapp erin­nernd Klee-Album, war ein biss­chen an mir vor­bei­ge­gan­gen, bis mir der Shuff­le Mode die­sen Song in die Ohren und direkt ins Herz jag­te. Die­ses Lied ist der bes­te Beweis, wie man auch in deut­scher Spra­che völ­lig unpein­lich ganz gro­ße Gefüh­le behan­deln kann. (Ich muss da immer an „Halt Dich an Dei­ner Lie­be fest“ den­ken.)

Kili­ans – Said And Done
Lus­tig: Wenn man es direkt nach „Ich lass ein Licht an für Dich“ hört, klingt es fast wie die Fort­set­zung des Songs. Irgend­je­mand muss ja auch mal „Never Thought I’d Say That It’s Alright“ und „When Did Your Heart Go Miss­ing“ beer­ben, was gene­ra­tio­nen­über­grei­fen­den Air­play angeht. War­um also nicht die Kili­ans, die mit ein paar Strei­chern im Rücken das Feld beackern, das seit dem Ende von Rea­dy­ma­de und Miles brach liegt? Und kei­ne Angst vor dem Pop: Das Album rockt dann wie­der mehr.

Man­do Diao – Go Out Tonight
Wirk­lich span­nend ist auch deren neu­es Album nicht gewor­den (wenn auch nicht ganz so öde wie das von Franz Fer­di­nand), aber kurz vor Schluss kommt dann wenigs­tens so eine Man­do-Diao-typi­sche Schun­kel­num­mer mit Motown-Rhyth­mus, Melan­cho­lie und ordent­lich Feu­er in den Stim­men.

[Lis­ten­pa­nik, die Serie]

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Musik

Kinder, die Charts sind gar nicht so schlimm!

Vor genau einem Jahr hat­te das taz-Pop­b­log über die „schlech­tes­ten Charts aller Zei­ten“ berich­tet – und für­wahr: mit Schnuf­fel auf 1, 3 mal DJ Ötzi und 2 mal De Höh­ner in den Top 20 klang das tat­säch­lich eher nach der irren Phan­ta­sie eines akus­ti­schen Sadis­ten als nach irgend­was, was ent­fernt mit Musik zu tun gehabt hät­te.

Neu­lich stieß ich dann ver­se­hent­lich beim Zap­pen auf eine Viva-Sen­dung, in der fünf okay bis groß­ar­ti­ge Songs hin­ter­ein­an­der lie­fen: „Human“ von den Kil­lers, „Allein allein“ von Polar­kreis 18, „Hot N Cold“ von Katy Per­ry, „Dance With Some­bo­dy“ von Man­do Diao und „Bro­ken Strings“ von James Mor­ri­son und Nel­ly Fur­ta­do. Wie sich her­aus­stell­te, hat­te ich gera­de die Top 5 der deut­schen Sin­gle­charts gese­hen.

Die deutschen Single- und Albumcharts.

Dass all das, was mal „Indie“ war, inzwi­schen Main­stream ist, wis­sen wir spä­tes­tens seit Cold­play, My Che­mi­cal Romance und Franz Fer­di­nand. Trotz­dem war ich hoch­gra­dig über­rascht, als im ver­gan­ge­nen Herbst „Allein allein“ über Wochen Platz 1 der deut­schen Charts blo­ckier­te. Gewiss: Der Mar­ke­ting­auf­wand (Trai­ler­mu­sik für das „TV Total Turm­sprin­gen“ und „Kra­bat“, mas­si­ver Air­play bei MTVi­va) war hoch gewe­sen, hat­te sich aber offen­bar aus­ge­zahlt und aus dem eins­ti­gen Indie-Geheim­tipp Polar­kreis 18 qua­si über Nacht eine gro­ße Num­mer gemacht, die beim „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ prompt Platz 2 hin­ter dem unein­hol­ba­ren Peter Fox beleg­te. ((Wenn ich bei den Recher­chen nichts über­se­hen habe, war „Allein allein“ übri­gens der ers­te Num­mer-Eins-Hit einer deut­schen, aber eng­lisch­spra­chi­gen Band seit „Wind Of Chan­ge“ 1991 „Lemon Tree“ 1996 – trotz sei­nes deut­schen Titels.))

Man­do Diao schlu­gen mit „Dance With Some­bo­dy“ auf Platz 3 der deut­schen Sin­gle­charts ein und gin­gen dann auf 2, wo sie sich seit fünf Wochen hal­ten, wäh­rend ihr Album „Give Me Fire“ wie selbst­ver­ständ­lich auf Platz 1 lan­de­te. Zwar wer­den sie ver­mut­lich nächs­te Woche von U2 ver­drängt wer­den, aber mit Peter Fox, Bruce Springsteen und Mor­ris­sey sieht es auf den fol­gen­den Rän­gen auch gar nicht so schlecht aus. Lily Allen steht plötz­lich in den deut­schen Top 20, die Kil­lers schaff­ten es mit „Day & Age“ auf Platz 8 – und lagen damit zwei Plät­ze hin­ter der bes­ten Plat­zie­rung von „Sam’s Town“.

Völ­lig gro­tesk wird es, wenn man sich das Track­lis­ting der aktu­el­len „Bra­vo Hits“ ((Num­mer 64, that is.)) ansieht: Man­do Diao, The Kil­lers, Razor­light, Snow Pat­rol, Cold­play, Franz Fer­di­nand, Kings Of Leon, MGMT, Deich­kind, Ingrid Micha­el­son und Peter Fox tum­meln sich da zwi­schen Queens­ber­ry, Brit­ney Spears, The Ras­mus und Sido. ((Wun­dern Sie sich aber nicht zu stark: auf „Bra­vo Hits 52“ waren Tom­te und Wir Sind Hel­den ver­tre­ten.))

Hat die Jugend plötz­lich Musik­ge­schmack ((Also das, was wir als arro­gan­te Musik­snobs mit „Musik­ge­schmack“ gleich­set­zen: unse­ren.)) oder ist irgend­was ande­res pas­siert?

Ver­mut­lich han­delt es sich um eine Mischung aus Bei­dem: Wäh­rend sich Tei­le der Jugend Songs ent­we­der an den Zähl­wer­ken von Media Con­trol vor­bei beschafft oder als Klin­gel­ton kauft, ((Bit­te wer­fen Sie einen Blick in die Klin­gel­ton­charts, um rasch auf den har­ten Boden der Tat­sa­chen zurück­zu­keh­ren!)) kau­fen ein ande­rer Teil und vie­le älte­re Men­schen – wobei ich in die­sem Fall schon zu den „Älte­ren“ gehö­re – plötz­lich Man­do-Diao-Sin­gles bei iTu­nes und ver­schafft den Schwe­den somit mal eben einen Platz knapp hin­ter der Chart­spit­ze.

Treue Fans kau­fen nach wie vor die Alben ihrer Lieb­lings­bands (wes­we­gen Tom­te in der ers­ten Woche auf Platz 9 der Album­charts knal­len), Musik­fern­se­hen gibt es in Deutsch­land ja eh kei­nes mehr, die Haupt­ver­brei­tungs­ka­nä­le für neue Musik hei­ßen You­Tube und MySpace, zahl­rei­che eher alter­na­ti­ve Acts lau­fen im Radio rauf und run­ter, und so kommt eines zum Ande­ren und am Ende sehen die Charts eben aus, als habe jemand den Indie-Bal­ler­mann über den Top 10 aus­ge­gos­sen.

Wobei wir uns da nicht ver­tun soll­ten: Man­do Diao erschie­nen schon immer bei einem Major (frü­her EMI, jetzt Uni­ver­sal), Lily Allen hat­te schon bei einer EMI-Toch­ter unter­schrie­ben, als ihr MySpace-Hype los­ging, und von den „ech­ten“ Indie-Acts ver­kau­fen nicht mal gro­ße Namen wie …And You Will Know Us By The Trail Of Dead in Deutsch­land viel mehr als 10.000 Exem­pla­re. Das mit der Nach­wuchs­för­de­rung ist hier­zu­lan­de nach wie vor Glücks­sa­che und leben kön­nen die aller­we­nigs­ten Musi­ker von ihrer Musik allein.

Aber für den Moment kön­nen wir uns ja ein­fach mal freu­en, wenn die Charts mal nicht die schlech­tes­ten aller Zei­ten sind.

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Relaunch My Fire

Ich habe ja nie ernst­haft in einer Redak­ti­on gear­bei­tet, könn­te mir aber vor­stel­len, dass an dem Tag, an dem man dort beschließt, den gra­fi­schen Auf­tritt des Pro­dukts zu über­ho­len (also zu „relaun­chen“), dass an die­sem Tag also neben Gra­fi­kern auch Ner­ven­ärz­te und Seel­sor­ger die Redak­ti­ons­räu­me bezie­hen. Die Gra­fi­ker für das Design, die Seel­sor­ger für die Leser­be­schwer­den und die Ner­ven­ärz­te für die von den eige­nen Lesern gepei­nig­ten Redak­teu­re.

Wie kon­ser­va­tiv ein Mensch wirk­lich ist, kann man ganz leicht über­prü­fen, indem man sei­ne Tages­zei­tung neu gestal­tet: Men­schen, die alle paar Jah­re mit ihren jewei­li­gen Part­nern umzie­hen, viel Geld bei der Typ­be­ra­tung las­sen und nicht davor zurück­schre­cken wür­den, Pri­vat­fern­seh-Wohn­raum­ex­per­ten durch ihre eige­nen vier Wän­de pflü­gen zu las­sen, legen eine erschüt­tern­de Kom­pro­miss­lo­sig­keit an den Tag, wenn es um ihre täg­li­che Lek­tü­re geht. Was inso­fern erstaun­lich ist, als mir spon­tan kei­ne ein­zi­ge deut­sche Zei­tung oder Zeit­schrift ein­fie­le, die wirk­lich unein­ge­schränkt schön und in ihrem jet­zi­gen Zustand bewah­rens­wert wäre. Aber Leser fin­den den Relaunch ja in der Regel auch nicht häss­lich, son­dern nur anders.

Inso­fern wün­sche ich den Redak­teu­ren vom „Musik­ex­press“ jetzt schon mal viel Kraft (und sta­bi­le Tisch­plat­ten) für die nächs­ten Wochen. Wie ich näm­lich kürz­lich am Bahn­hof fest­stel­len muss­te, ist das Blatt ganz neu gestal­tet wor­den und sieht jetzt end­lich auch so aus wie „intro“, „Spex“, „Neon“, „Zeit Cam­pus“ und „brand:eins“.

Der neue "Musikexpress"

Der neue "Musikexpress"

Der neue "Musikexpress"

Der neue "Musikexpress"

Der neue "Musikexpress"

Als Design-inter­es­sier­ter, aber weit­ge­hend ‑unkun­di­ger Leser wür­de ich sagen: Die neue Über­schrif­ten-Schrift­art (die mich ein biss­chen an die im „New Yor­ker“ erin­nert) ist gar nicht schlecht, die neue Stan­dard-Schrift­art nett, aber ver­braucht (s.o.). Die Idee, Über­schrif­ten über mehr als eine Heft­sei­te zu zie­hen („Selek­tor“), wirkt auf den ers­ten Blick ori­gi­nell, ist aber ver­mut­lich auch schon zehn Jah­re alt, und das, was da bei „Spielt die Gren­zen fort“ pas­siert ist, sieht eher wie ein Unfall aus als wie eine Über­schrift.

Gut gefällt mir die Kom­bi­na­ti­on aus eng beschrie­be­nen Spal­ten und den rela­tiv gro­ßen Weiß­flä­chen (wobei Weiß­flä­chen ver­mut­lich auch „sooo 2002“ sind) – nur in der „News“-Rubrik hät­te min­des­tens ein Tren­ner-Sym­bol zwi­schen den ein­zel­nen Mel­dun­gen Not getan.

Dafür, dass ich so sel­ten Musik­zeit­schrif­ten lese (und der US-„Rolling Stone“ auf dem Gebiet ein zeit­lo­ses Klas­si­ker-Design vor­ge­legt hat), gefällt mir der neue „Musik­ex­press“ ganz gut. War­um es aller­dings plötz­lich ein Pos­ter als Bei­la­ge braucht (so wie seit einem hal­ben Jahr in der „Visi­ons“), erschließt sich mir nicht so ganz. Mit Man­do Diao und Peter Fox zeigt die­ses auch noch zwei Acts, die man genau­so gut in der „Bra­vo“ fin­den könn­te.

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Musik

Listenpanik 01/​09

Zu Beginn des neu­en Jah­res gibt es mal wie­der ein paar Ver­än­de­run­gen an der Lis­ten­pa­nik: Ich habe mich von die­sem doo­fen Top-Five-Den­ken ver­ab­schie­det.

Es gibt Mona­te, in denen könn­te man acht Alben loben, und es gibt wel­che, da fal­len einem eben nur drei ein. In der Ver­gan­gen­heit stan­den öfter gera­de noch okaye Alben in den Monats­lis­ten, wäh­rend gute Alben fehl­ten – dies wird für­der­hin nicht mehr der Fall sein. Ich schrei­be ein­fach alles auf, was mir gefal­len hat, und ver­su­che auch nicht mehr ganz so krampf­haft, eine Rei­hen­fol­ge fest­zu­le­gen.

Was bleibt: Die Lis­ten sind streng sub­jek­tiv, erhe­ben kei­nen Anspruch auf Voll­stän­dig­keit, und das bes­te Album des Jah­res fin­det man sowie­so immer erst viel spä­ter.

Alben
Bon Iver – Blood Bank
„For Emma, Fore­ver Ago“ habe ich erst spät ent­deckt und nach wochen­lan­gem Hören bin ich mir sicher, dass Platz 8 in den Jah­res­charts viel zu weit hin­ten war. Es ist aber nicht nur Wie­der­gut­ma­chung, die­se EP jetzt an expo­nier­ter Stel­le zu loben, denn die gera­de mal vier Tracks haben es in sich. Der Titel­track ent­stand gemein­sam mit den Album-Songs, aber „Woods“ klingt bei­spiels­wei­se völ­lig anders: Er besteht nur aus Jus­tin Ver­nons Stim­me, bzw. dem, was Auto­tu­ne davon übrig gelas­sen hat. Trotz­dem klingt es nicht grau­en­haft, wie auf dem letz­ten Kanye-West-Album, son­dern unge­fähr so packend wie Imo­gen Heaps „Hide And Seek“. Mann kann’s nicht beschrei­ben, man soll­te es hören!

Ant­o­ny And The John­sons – The Crying Light
„Kun­den, die Bon Iver kauf­ten, kauf­ten auch … Ant­o­ny And The John­sons“. Ich hab lan­ge über­legt, ob ich vor­her eigent­lich schon mal einen Song von Ant­o­ny Hegar­ty und sei­ner Band gehört habe. Ja, sagt Wiki­pe­dia, in „V for Ven­det­ta“. Ich kann mich nicht dar­an erin­nern, ver­spre­che aber, die­se Bil­dungs­lü­cke zu schlie­ßen, denn „The Crying Light“ ist ein groß­ar­ti­ges Album: Kam­mer­kon­zert­ar­ti­ge Instru­men­tie­rung (wes­we­gen die Band auch unter „Cham­ber pop“ ein­sor­tiert ist), über­ra­schen­de Wech­sel in Takt und Har­mo­nie und über allem eine Stim­me, die man nur mit dem Adjek­tiv „ent­rückt“ beschrei­ben kann. Wenn die Engel­chen backen und sich der Him­mel am Hori­zont rosa ver­färbt, hören sie ver­mut­lich sol­che Musik.

Black Rust – Medi­ci­ne & Meta­phors
Ein Album, wie geschaf­fen für den Janu­ar: Es passt zu grau­en Nach­mit­ta­gen eben­so wie zu Schnee­spa­zier­gän­gen im Son­nen­schein. Da ist ein Song­ti­tel wie „New Year’s Day“ nur noch das Tüp­fel­chen (viel­leicht sogar das Herz­chen) auf dem i. Was mir an die­ser Akus­tik­rock-Plat­te so gefällt, steht aus­führ­li­cher hier.

Songs
Lily Allen – The Fear
Spä­tes­tens seit ich sie vor zwei­ein­halb Jah­ren live gese­hen habe, bin ich ein biss­chen in Lily Allen ver­liebt. Ich bin also nicht sehr objek­tiv, was ihre Musik angeht. Aber „The Fear“ ist auch mit etwas ver­such­tem Abstand ein tol­ler Song: aus­ge­wo­gen zwi­schen Melan­cho­lie (Akus­tik­gi­tar­ren, der Text) und Par­ty­stim­mung (die Beats, das Gezir­pe) geht er sofort ins Ohr, ohne dabei zu chee­sy zu sein. Und zu der Idee, nicht wie­der mit Mark Ron­son zusam­men­zu­ar­bei­ten (und damit so zu klin­gen wie all die­se Sän­ge­rin­nen, die nach ihr kamen), kann man ihr sowie­so nur gra­tu­lie­ren.

Man­do Diao – Dance With Some­bo­dy
Es ist natür­lich rei­ner Zufall, dass aus­ge­rech­net in dem Monat, in dem Franz Fer­di­nand am Umgang mit Syn­the­si­zern schei­tern, ihre schwe­di­schen Wie­der­gän­ger einen der­art gelun­ge­nen Tanz­bo­den­stamp­fer aus dem Ärmel schüt­teln. Ein paar Tak­te „Eno­la Gay“; ein Sound der klingt, als habe man die eigent­li­che Band gegen The Ark aus­ge­tauscht, und ein Refrain, der so schlicht ist, dass man ihn nur lie­ben oder has­sen kann.

Bruce Springsteen – The Wrest­ler
Das neue Album „Working On A Dream“ will mich irgend­wie nicht so recht packen, alles klingt so alt­be­kannt. Aber dann kommt „The Wrest­ler“, der Gol­den-Glo­be-prä­mier­te Bonus­track, der an „The River“, „Secret Gar­den“ oder „Dead Man Wal­king“ erin­nert, und ich bin wie­der hin und weg. Die gan­ze Schwe­re der Welt in einem Song und auf den Schul­tern eines Man­nes, der das aus­hält.

Ant­o­ny And The John­sons – Her Eyes Are Under­neath The Ground
„Mut­ti, wovon singt die­ser Mann?“ – „Dass er mit sei­ner Mut­ter in einem Gar­ten eine Blu­me gestoh­len hat.“ – „Aha!“ Fra­gen Sie mich nicht, aber die­ses Lied ist ver­dammt groß.

The Fray – You Found Me
Eigent­lich soll man sich ja nicht für sei­nen Geschmack ent­schul­di­gen, aber bei Col­lege Rock habe ich immer das Gefühl, es trotz­dem tun zu müs­sen. Ich lie­be das Debüt­al­bum von The Fray (die Melan­cho­lie, die Tex­te, das Kla­vier!) und es ist mir egal, dass sie als „christ­li­che Rock­band“ gel­ten. „You Found Me“, die Vor­ab­sin­gle ihres zwei­ten, selbst­be­ti­tel­ten Albums, läuft angeb­lich bei Eins­li­ve rauf und run­ter (Lily Allen läuft sogar auf WDR 2), aber das macht nichts. Die ers­te gro­ße Pathos-Hym­ne des Jah­res 2009 hat Auf­merk­sam­keit ver­dient.

Ani­mal Coll­ec­ti­ve – Brot­her Sport
„Mer­ri­wea­ther Post Pavil­lon“, das neue Album von Ani­mal Coll­ec­ti­ve (von denen ich bis­her nichts kann­te), fällt bei mir in die Kate­go­rie „Sicher nicht schlecht, aber ich wüss­te nicht, wann ich mir sowas noch mal anhö­ren soll­te“ – und befin­det sich dort mit Radio­head und Port­is­head in bes­ter Gesell­schaft. „Brot­her Sport“ unter­schei­det sich in Sachen Unzu­gäng­lich­keit und Melo­die­lo­sig­keit nicht groß vom Rest des Albums, hat aber den­noch irgend­was (sehr prä­zi­se, ich weiß), was mich zum Hin­hö­ren bringt. Das Repe­ti­ti­ve nervt dies­mal nicht, son­dern ent­fal­tet sei­ne ganz eige­ne hyp­no­ti­sche Wir­kung. Aus irgend­wel­chen Grün­den erin­nert mich das an den Tanz der Ewoks am Ende von „Return of the Jedi“, auch wenn ich nicht den Hauch einer Ahnung habe, wie­so.

[Lis­ten­pa­nik, die Serie]

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Musik

Listenpanik 10/​07: Ein wenig unentschlossen

Eigent­lich mache ich die­se Bes­ten­lis­ten ja nur, damit ich am Ende des Jah­res weiß, wel­che Plat­ten und Songs ich bei diver­sen Jah­respolls, Abstim­mun­gen und Leser­um­fra­gen in die For­mu­la­re ein­tra­gen muss. Gucken wir also mal, was im Okto­ber so auf dem Schreib­tisch lie­gen- und im Ohr hän­gen­ge­blie­ben ist. Sie fin­den mich ein wenig unent­schlos­sen vor, man­ches Lob mag auch als Ver­riss durch­ge­hen und vice ver­sa. Bei eini­gen Punk­ten wer­de ich wohl Vor­wür­fe der Wan­kel­mü­tig­keit über mich erge­hen las­sen müs­sen. Aber egal: Man soll­te Musik mei­ne Mei­nung ja eh nicht so ernst neh­men.

Alben
1. Kate Nash – Made Of Bricks
Es wur­de auch mal lang­sam Zeit für eine „neue Lily Allen“, die alte ist schließ­lich schon seit mehr als einem Jahr dabei. Ja, Kate Nash ist tat­säch­lich erst 20 Jah­re alt und bas­telt ihre Songs zuhau­se am Lap­top zusam­men. Das an sich ist aber noch kei­ne Sen­sa­ti­on, lie­be Musik­jour­na­lis­ten! „Made Of Bricks“ ist auch kei­ne, aber den­noch ein über wei­te Stre­cken gutes, in eini­gen Momen­ten gar bril­lan­tes Album. So klingt im Jahr 2007 von Frau­en gemach­te Pop­mu­sik, wenn es wirk­lich um die Musik und nicht um Foto­stre­cken geht.

2. Radio­head – In Rain­bows
Hat­te ich nicht geschrie­ben, das neue Radio­head-Album sei sehr gut, gebe mir per­sön­lich aber nichts? Doch, das hat­te ich. Aber außer­halb der eige­nen vier Wän­de, in einer reg­ne­ri­schen, kal­ten Okto­ber­nacht, bekam ich dann doch plötz­lich eine Gän­se­haut bei „All I Need“. So ganz warm gewor­den mit „In Rain­bows“ bin ich immer noch nicht, aber es ist schon ein beein­dru­cken­des Album.

3. Jim­my Eat World – Cha­se This Light
Hat­te ich nicht geschrie­ben, das Album wäre eigen­schafts­los und „irgend­wie egal“? Natür­lich hat­te ich das. Aber irgend­ei­nen Grund muss es ja geben, dass ich „Cha­se This Light“ in den letz­ten Wochen trotz­dem bei­na­ge täg­lich gehört habe. Mög­li­cher­wei­se gefällt es mir also doch, obwohl es dafür eigent­lich gar kei­nen Grund gäbe. Aber man muss ja nicht immer für alles einen Grund haben.

4. Under­world – Obli­vi­on With Bells
Ich kann nicht über elek­tro­ni­sche Musik schrei­ben. Es wür­de wir­res Zeug dabei raus­kom­men mit ver­un­glück­ten Meta­phern und bedeu­tungs­lo­sen Wor­ten wie „plu­ckern“, „urban“ oder „sphä­risch“. Also schwär­me ich lie­ber davon, wie toll es ist, zu den Klän­gen von Under­worlds neu­er CD durch dunk­le Groß­städ­te zu lau­fen oder U‑Bahn zu fah­ren. „Obli­vi­on With Bells“ ist für mich die bes­te Elek­tro-Plat­te seit dem Pos­tal-Ser­vice-Debüt, aber was weiß ich von Elek­tro?

5. Man­do Diao – Never Seen The Light Of Day
Weil sie den Ver­trag mit ihrer Plat­ten­fir­ma mög­lichst schnell erfül­len woll­ten, haben Man­do Diao inner­halb von zwei Wochen mit Björn Ols­son von The Sound­track Of Our Lives ein Album ange­nom­men, das betont unkom­mer­zi­ell und ver­stö­rend sein soll. Die­se Vor­ge­schich­te zu ken­nen ist wich­tig, weil man ansons­ten hoch­gra­dig ver­wirrt sein könn­te. Her­aus­ge­kom­men ist eine erstaun­lich akus­ti­sche, melan­cho­li­sche, erwach­se­ne, mit­un­ter auch ein­fach kran­ke Plat­te, die in ihren bes­ten Momen­ten an die Shout Out Louds erin­nert, in ihren schwä­che­ren an die übli­chen Man­do-Diao-Num­mern.

Songs (inkl. You­Tube-Links)
1. Kate Nash – Foun­da­ti­ons
Wenn Sie mal gezwun­gen wer­den soll­ten, zu erklä­ren, war­um eng­lisch­spra­chi­ge Pop­mu­sik im Zwei­fels­fal­le bes­ser ist als deutsch­spra­chi­ge, ver­wei­sen Sie auf „Foun­da­ti­ons“: So einen char­man­ten Text über eine deso­la­te Bezie­hung wür­den Sil­ber­mond, Juli oder Yvonne Cat­ter­feld im Leben nicht hin­krie­gen. Und dann ist da noch die­ser groß­ar­ti­ge Refrain und die­ser wun­der­vol­le Akzent. Ver­wei­sen Sie ein­fach auf „Foun­da­ti­ons“, wenn Sie irgend­was im Bezug auf Pop­mu­sik erklä­ren sol­len.

2. Bruce Springsteen – Radio Nowhe­re
Sagen Sie nichts gegen Bruce Springsteen! Wirk­lich: Nichts!
Der gro­ße alte Mann (inzwi­schen auch schon 58) des ame­ri­ka­ni­schen Sta­di­on­rocks hat es nach wie vor raus und zeigt dem Nach­wuchs mal kurz, wie man eine cat­chy Radio-Sin­gle schreibt, die trotz­dem rich­tig gut ist.

3. Babysham­bles – Deli­very
Mensch­lich wäre es tra­gisch, wenn Pete Doh­erty wie­der rück­fäl­lig wür­de. Musi­ka­lisch aber auch, denn das neue Babysham­bles-Album, das er angeb­lich clean auf­ge­nom­men hat, ist ganz aus­ge­zeich­net gewor­den. „Deli­very“ ist bes­ser als alles, was die Babysham­bles bis­her ver­öf­fent­licht haben, der Song kommt sogar an die bes­ten Liber­ti­nes-Sachen her­an. Was will man mehr? Außer, dass Doh­erty sau­ber bleibt …

4. Ste­reo­pho­nics – Dai­sy Lane
Ein bezau­bern­des, vor sich hin schlur­fen­des Lied über all­täg­li­che Gewalt. Das deut­li­che High­light der auch ansons­ten recht gelun­ge­nen neu­en Ste­reo­pho­nics-Plat­te „Pull The Pin“.

5. Com­mon feat. Lily Allen – Dri­vin‘ Me Wild
Bevor sie knapp die Hälf­te ihres Kör­pers­ge­wichts abnahm und Unter­wä­sche-Model wur­de, war Lily Allen für etwa ein Jahr auch mal als Musi­ke­rin bekannt. Ver­mut­lich wird sie bald auf jedem zwei­ten Hip-Hop-Album als Gast­star zu hören sein, aber wenn das immer so … äh: char­mant klingt wie die Zusam­men­ar­beit mit dem Chi­ca­go­er Rap­per Com­mon, geht auch das völ­lig in Ord­nung.

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Musik

Bochum-Total-Tagebuch (Tag 3)

Das Ruhr­ge­biet im All­ge­mei­nen und Bochum im Spe­zi­el­len ist ein Ort, an dem sich Men­schen, die von unse­ren Eltern in den Acht­zi­gern „Gruf­ties“ genannt wur­den, ger­ne tref­fen und gemein­sam Musik hören, die von sehr teu­ren Syn­the­si­zern erzeugt wird, und zu der Män­ner (tief) und Frau­en (hoch) Tex­te sin­gen, die im All­ge­mei­nen von Schmerz, Tod und Nacht han­deln. Die ein­zi­ge Musik­rich­tung, die mich noch weni­ger inter­es­siert als Gothic/​EBM ist Reg­gae, aber wer wäre ich, das Line-Up des Bochum Total zu kri­ti­sie­ren, zumal nach die­sem Auf­takt? Es ist halt wirk­lich für jeden Geschmack etwas dabei und so kam ich am gest­ri­gen Sams­tag wie­der zwei­mal auf mei­ne Kos­ten:

Sugar­plum Fairy (Eins-Live-Büh­ne)
Vic­tor und Carl Norén, die bei­den Sän­ger von Sugar­plum Fairy sind die klei­nen Brü­der von Gus­taf Norén von Man­do Diao. Als letz­te­re vor zwei Jah­ren auf dem Hald­ern Pop spiel­ten, reg­ne­te es in Strö­men, ich saß im Pres­se­zelt und lang­weil­te mich, denn die Band war live min­des­tens so schwach wie Franz Fer­di­nand am Abend zuvor.

Ges­tern war also Bochum Total, es reg­ne­te immer mal wie­der, ich stand vor der Büh­ne und war hell­auf begeis­tert. Die klei­nen schwe­di­schen Rotz­löf­fel (hab grad extra nach­ge­guckt: wenigs­tens der Schlag­zeu­ger ist älter als ich, wenn auch nur eine Woche) haben sich natür­lich viel bei der Schwes­ter­band und vor allem bei Oasis abge­guckt, aber bei allem Gepo­se war noch der Spaß dahin­ter zu erken­nen und es klang ein­fach gut. Sie spiel­ten vie­le Songs vom aktu­el­len Album „First Round First Minu­te“, wobei sich Carl, Vic­tor und David Hebert stän­dig an Bass, Gitar­re, Orgel und Gesang abwech­sel­ten, was ich immer beson­ders schön fin­de. Die meis­te Stim­mung kam aber bei den Hits des Debüt­al­bums auf: bei „Mor­ning Miss Lisa“, „Sail Bey­ond Doubt“, „(And Plea­se) Stay Young“ und dem über­ra­gen­den „Sweet Jackie“, das Noel Gal­lag­her sicher ger­ne geschrie­ben hät­te, wenn die Noréns es nicht aus sei­nen größ­ten Hits zusam­men­ge­puz­zelt hät­ten.

Es wäre also ein rund­her­um gelun­ge­nes Rock’n’Roll-Kon­zert gewe­sen, hät­te Carl Norén nicht plötz­lich die vier­te Wand ein­ge­ris­sen und das Oasis’sche „Won­der­wall“ ange­stimmt. Da zeig­te sich näm­lich für einen Moment, dass Sugar­plum Fairy letzt­end­lich doch noch nur Ersatz­be­frie­di­gung für das laut­hals mit­grö­len­de Publi­kum waren. Ande­rer­seits haben Oasis ja auch oft genug die Beat­les geco­vert …

Toco­tro­nic (Eins-Live-Büh­ne)
Tocotronic beim Bochum Total 2007Beim bereits oben erwähn­ten Hald­ern 2005 kam mir Musik­ex­press-Redak­teur Josef Wink­ler im Pres­se­zelt ent­ge­gen­ge­rauscht, flö­te­te „Toco­trooooo­nic!“ und ent­schwand Rich­tung Büh­ne (in mei­ner Erin­ne­rung trug er ein Feen­ge­wand und Bän­der im Haar, aber ich mag mich da durch­aus irren). Der Auf­tritt damals war schlicht­weg fan­tas­tisch und das gro­ße Fina­le mit „Neu­es vom Trick­ser“ ende­te in dem Unwet­ter, was den Man­do-Diao-Auf­tritt beglei­ten soll­te.

Dies­mal nie­sel­te es nur leicht, was in Sachen Spe­zi­al­ef­fek­te ja bei­na­he lang­wei­lig ist. Trotz­dem waren Dirk „der Graf“ von Lowtzow und die Sei­nen wie all­ge­mein üblich sehr, sehr gut. Es gab eini­ges an neu­em Lied­werk vom noch unver­öf­fent­lich­ten Album „Kapi­tu­la­ti­on“ zu hören (das wie­der sehr gut wird) und eine Art Grea­test-Hits-Revue, die sich den Main­stream-Hits „This Boy Is Toco­tro­nic“ und „Let The­re Be Rock“ kon­se­quent ver­wei­ger­te. Dafür gab es bei­spiels­wei­se bei „Ich bin viel zu lan­ge mit euch mit­ge­gan­gen“ und dem fina­len „Frei­burg“ die wohl größ­ten Stu­den­ten­chö­re der Welt zu hören (Trai­nings­ja­cken inklu­si­ve) und bei „Aber hier leben, nein dan­ke“ flog kein ein­zi­ger Becher auf die Büh­ne.

Detail am Ran­de: Ein etwa sechs- bis acht­jäh­ri­ges Mäd­chen im Toco­tro­nic-Band­shirt auf den Schul­tern sei­nes Vaters, das den Refrain der aktu­el­len Sin­gle „Kapi­tu­la­ti­on“ begeis­tert und aus einem Schnei­de­zahn­lo­sen Mund mit­sang.

Das ver­wen­de­te Foto stammt von Kath­rin. Hier hat sie noch mehr vom Bochum Total.