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Kein Gebot vom Kaiser Augustus

Es gibt ver­mut­lich kei­ner­lei ech­ten Zusam­men­hang, aber das Timing ist trotz­dem merk­wür­dig: Weni­ge Tage vor der gro­ßen Demo gegen Vor­rats­da­ten­spei­che­rung in Ber­lin beschließt der Bun­des­tag eine neue Volks­zäh­lung. Nach allem, was die Staats­si­cher­heits­po­li­ti­ker der CDU/​CSU in den letz­ten Wochen und Mona­ten so gefor­dert haben, dürf­te nie­mand mehr ernst­lich über­rascht sein, wenn aus ihrer Rich­tung plötz­lich der Vor­schlag käme, die der­art erho­be­nen Daten doch nicht zu anony­mi­sie­ren und zu löschen wie vom Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt gefor­dert, son­dern sie direkt für die Füt­te­rung der zen­tra­len Anti­ter­ror­da­tei wei­ter zu ver­wen­den. Das wäre ja auch prak­tisch, wenn man die Daten für 450 Mil­lio­nen Euro eh schon mal erho­ben hat.

Ich bin­ein biss­chen über­rascht, dass es in Zei­ten digi­ta­ler Kar­tei­en und umfas­sen­der Ver­net­zung wirk­lich noch Daten gibt, die der Staat nicht von sei­nen Bür­gern kennt, und man noch mal los­zie­hen muss, um die Leu­te zu befra­gen. Aber offen­bar rei­chen Ein­woh­ner­mel­de­re­gis­ter und Hoch­rech­nun­gen nicht aus, wie die Finan­cial Times Deutsch­land dpa zitiert:

Sta­tis­ti­ker for­dern schon seit län­ge­rem eine neue Daten­ba­sis. Nach ihrer Schät­zung leben in Deutsch­land rund 1,3 Mil­lio­nen Men­schen weni­ger, als auf Basis der Volks­zäh­lung von 1987 fort­ge­schrie­ben wur­de. Das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt geht der­zeit von 82,3 Mil­lio­nen Ein­woh­nern aus. Auch die Zahl der Aus­län­der wur­de nach Schät­zun­gen wahr­schein­lich zu hoch geschätzt.

FDP und Grü­ne ent­hiel­ten sich bei der gest­ri­gen Abstim­mung ihrer Stim­men, nur die Links­par­tei stimm­te dage­gen. Da sogar der Daten­schutz­be­auf­trag­te der Bun­des­re­gie­rung Peter Schaar nichts gegen die Akti­on ein­zu­wen­den hat­te, ist es eher unwahr­schein­lich, dass noch ein­mal ein Auf­ruhr durchs Volk geht wie bei der letz­ten Volks­zäh­lung in den Acht­zi­ger Jah­ren. Die Men­schen, die sich damals gegen den „glä­ser­nen Bür­ger“ wand­ten, haben schließ­lich mitt­ler­wei­le alle ihre Kun­den- und Rabatt­kar­ten und geben so fast an jeder Super­markt­kas­se mehr von sich preis, als der Staat damals wis­sen woll­te.