Kategorien
Radio Musik

Von Blumen und Hunden, Euros und Quoten

„Fünf Jah­re nach mir und drei Jah­re nach Blum­feld /​ Kau­fen sie alles ein, was deutsch singt“ sang Tom Liwa, der in die­ser Bezie­hung erschre­ckend visio­nä­re Sän­ger der Flower­porn­oes, 1993 in „Titel­sto­ry gegen ganz­sei­ti­ge Anzei­ge“. Jetzt, zwei Jah­re nach Madsen und im Wind­schat­ten von Bands wie Sil­ber­mond, Juli und Revol­ver­held, scheint die Musik­in­dus­trie – ihrer seit Jah­ren anhal­ten­den schwe­ren Kri­se zum Trotz – wirk­lich alles signen zu müs­sen, was jung ist, eine Gitar­re hal­ten kann und deutsch spricht bzw. singt. Was ja für sich betrach­tet erst mal weder gut noch schlecht ist – die Nach­wuchs­för­de­rung ist sogar aufs hef­tigs­te zu begrü­ßen.

Die neu­es­te Sau, die der­art durchs Dorf gejagt wird, heißt Kar­pa­ten­hund. Ihre Sin­gle „Gegen den Rest“ (die man bei MySpace hören kann), konn­te in den Indie-ori­en­tier­ten Cam­pusCharts genau­so punk­ten (Platz 1 am 16. April wie in den deut­schen Sin­gle­charts (Neu­ein­stieg auf Platz 43). Der Pop­kul­tur­jun­kie las im aktu­el­len Spie­gel (Arti­kel online nicht ver­füg­bar) unter ande­rem:

Für über 30 000 Euro wird Kar­pa­ten­hund Prä­senz auf MTV gesi­chert, dazu zählt, dass „Gegen den Rest“ im April 16-mal die Woche gespielt wird.

und

Bericht im ‘WOM-Maga­zin’ und Son­der­pla­zie­rung bei WOM und Kar­stadt? Rund 15 000 Euro. Bei der süd­deut­schen Laden­ket­te Mül­ler pro­mi­nent auf­tau­chen? 3000 Euro. Pla­zie­rung bei Ama­zon als Neu­heit? 2500 Euro.

Mal davon ab, ob die­se Zah­len so stim­men (die uns übri­gens wie­der zur Liwa’schen Titel­sto­ry brin­gen) und dass die­se Pra­xis so neu und exo­tisch auch nicht ist, klingt die Musik auch noch. Und zwar so, wie deutsch­spra­chi­ge Indie­bands, die auf ein stu­den­ti­sches Publi­kum zie­len, eben so klin­gen. Die Braut Haut Ins Auge, die Las­sie Sin­gers oder die Mouli­net­tes (mit deren Best Of die Kar­pa­ten­hund-Sin­gle übri­gens ver­blüf­fen­de Cover-Ähn­lich­kei­ten hat) klan­gen so schon vor län­ge­rem.

„Gegen den Rest“ ist ein net­ter Schubi­du-Pop­song, zu dem man in der Indi­edis­co tanzt und ihn auf dem Heim­weg schon wie­der ver­ges­sen hat – Hund Am Strand 2007 halt. Ich fin­de es nur immer ein biss­chen scha­de, dass die klei­ne­ren, eigent­lich span­nen­de­ren Acts wie Jona, Jan­ka oder Zuhau­se, die nicht so eine gro­ße Pro­mo­ma­schi­ne im Rücken haben wie Kar­pa­ten­hund, Fotos oder Madsen, mal wie­der irgend­wie unter­ge­hen. Und dann blo­ckiert auch noch die (übri­gens fan­tas­ti­sche) neue Sin­gle von Wir Sind Hel­den die Radio­sen­der.

Es ist übri­gens noch kei­ne drei Jah­re her, da for­der­ten ein paar über­wie­gend älte­re, haupt­säch­lich unspan­nen­de und auch sonst eher ner­vi­ge Musi­ker (z.B. Heinz Rudolf Kun­ze) unter Mit­hil­fe der dama­li­gen Bun­des­tags­vi­ze­prä­si­den­tin Ant­je Voll­mer eine sog. Deutsch­quo­te. Die damals ver­ein­zelt ange­reg­ten Alter­na­ti­ven wür­de ich heut­zu­ta­ge nur zu ger­ne mal dem Peti­ti­ons­aus­schuss vor­stel­len …

Kategorien
Print

„Die wichtigen medienethischen Grundsätze“

Die Kar­rie­re des Bodo Hom­bach ist geprägt von merk­wür­di­gen Zufäl­len. So war er z.B. neun Mona­te Kanz­ler­amts­mi­nis­ter unter Ger­hard Schrö­der, ehe er u.a. wegen Vor­wür­fen, der Ener­gie­kon­zern VEBA habe den Bau sei­nes Pri­vat­hau­ses in Mül­heim a.d. Ruhr mit einer sechs­stel­li­gen Sum­me unter­stützt, zurück­trat. Dar­auf­hin wur­de er Spe­cial Coor­di­na­tor of the Sta­bi­li­ty Pact for South-East Euro­pe bei der EU und soll­te u.a. dabei hel­fen, die Kor­rup­ti­on in Süd­ost­eu­ro­pa zu bekämp­fen.
Seit 2002 ist Hom­bach Geschäfts­füh­rer der WAZ-Medi­en­grup­pe, die dar­auf­hin eine mono­pol­ähn­li­che Stel­lung auf dem Medi­en­markt Süd­ost­eu­ro­pas auf­bau­te.

Das alles soll uns aber gar nicht inter­es­sie­ren, denn die­ser Bodo Hom­bach von die­ser WAZ-Medi­en­grup­pe hat nun einen Ver­hal­tens­ko­dex vor­ge­stellt, der u.a. eine kla­re Tren­nung von redak­tio­nel­len Inhal­ten und Wer­bung vor­sieht:

Wer­be­bot­schaf­ten dür­fen nicht in einer Auf­ma­chung (Schrift­art und Typo­gra­phie) prä­sen­tiert wer­den, die für redak­tio­nel­le Bei­trä­ge üblich ist.

Die Idee ist natür­lich weder neu noch blöd, genau genom­men fin­det man sie auch unter Zif­fer 7 im Pres­se­ko­dex, an den sich alle Jour­na­lis­ten hal­ten soll­ten – die Ergeb­nis­se sind bekannt.

Span­nen­der ist schon, was der Kodex zur immer wie­der kri­ti­sier­ten Pra­xis bei Rei­se­re­por­ta­gen (das Rei­se­un­ter­neh­men zahlt, der Arti­kel fällt ent­spre­chend wohl­wol­lend aus) zu sagen hat:

Für Pres­se­rei­sen, bei denen der Ver­an­stal­ter alle Kos­ten über­neh­men will, ist vor einer Zusa­ge der jour­na­lis­ti­sche Wert kri­tisch zu prü­fen. Anzu­stre­ben ist die Her­aus­rech­nung eines WAZ-Kos­ten­an­teils, den der Ver­lag bezahlt. Von der Grund­re­gel der Kos­ten­über­nah­me kann abge­wi­chen wer­den, wenn die Her­aus­rech­nung eines Eigen­an­teils nicht prak­ti­ka­bel ist oder bei den Ein­la­dern des Anlas­ses auf Befrem­den sto­ßen wür­de – zum Bei­spiel bei Eröff­nungs­flü­gen.
Rei­ne „Lust­rei­sen“ müs­sen abge­lehnt wer­den.

Auch die Vor­tei­le der sog. Jour­na­lis­ten­ra­bat­te sol­len ein­ge­schränkt wer­den:

Die Inan­spruch­nah­me von Pres­se­ra­bat­ten ist dem Chef­re­dak­teur /​ der Chef­re­dak­teu­rin anzu­zei­gen, wenn die Vor­teils­ge­wäh­rung deut­lich über den Rah­men han­dels­üb­li­cher Rabat­te hin­aus­geht. Die­se Rege­lung dient der Ver­mei­dung von Inter­es­sen­kol­li­sio­nen.

Und auch ein paar eh gesetz­lich gere­gel­te Sachen wer­den noch mal klar­ge­stellt:

Auf nicht-öffent­li­chen Vor­aus­in­for­ma­tio­nen beru­hen­de Insi­der-Geschäf­te mit Wert­pa­pie­ren sind ver­bo­ten. Eine Vor­ab-Unter­rich­tung darf nur für die jour­na­lis­ti­sche Ver­öf­fent­li­chung, nicht aber geschäft­lich und zur per­sön­li­chen Vor­teils­ge­win­nung genutzt wer­den.

Lei­der fin­det sich im WAZ-Kodex kein Wort zum The­ma Ideen­dieb­stahl und Quel­len­an­ga­ben. Viel­leicht geht man davon aus, dass nie­mand bei der WAZ je auch nur auf die Idee käme, irgend­was irgend­wo abzu­schrei­ben und ver­traut auf die Auf­rich­tig­keit sei­ner Autoren. Wo man doch jetzt das Qua­li­täts­sie­gel des Deut­schen Jour­na­lis­ten­ver­bands hat.