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Musik

Und dann kam Polli

Vor vielen Jahren schrieb ich in einer der Rezensionen, die ich damals in Fließbandarbeit für ein Online-Musikmagazin anfertigte, über das völlig okaye Debütalbum von Jona Steinbach den folgenden, weder klugen noch schönen Satz:

Vielleicht schafft man es irgendwann, eine CD mal nicht als Manifest einer gescheiterten Generation, sondern einfach nur als Tonträger zu begreifen.

Als ein gutes Jahr später das Zweitwerk des Kölners erschien, stand auf der dazugehörigen Presseinfo das folgende, angebliche Zitat:

Das Manifest einer gescheiterten Generation.

Spätestens da wusste ich: Diese, auch “Waschzettel” genannten, Presseinfos sind das Schlimmste, was das Musikbusiness zu bieten hat. (Und das Musikbusiness hat immerhin Prof. Dieter Gorny zu bieten.)

Selbst Sätze, die einem unter normalen Umständen nicht weiter auffallen würden, wirken in Presseinfos dumm und gestelzt. Und dann gibt es ja noch die ganze Klischee-Grütze von wegen “in keine Schublade passen”, “reifer geworden” und “ihr bisher bestes Album”. Wenn man Glück hat (ja, wirklich: Glück) steht da wenigstens noch eine Latte von Künstlern, die angeblich so ähnlich klingen, und man kann schon vor dem Hören abschätzen, ob man sich das jetzt wirklich antun will.

Wenn ich selbst Pressetexte verfassen sollte (zum Beispiel, damit Dinslakener Lokalredaktionen ausführliche Ankündigungen von Konzerten abdrucken konnten, in die sie keine Sekunde eigener Arbeit investieren mussten), dann ging das nur mit sehr viel Überwindung und unter Selbsthass und Schmerzen.

Dennoch überwinde ich mich etwa einmal im Jahr und hacke eine Presseinfo in die Tasten — wenn man anschließend eine halbe Stunde heiß duscht, geht’s meistens wieder. Die zu lobpreisenden Künstler müssen aber a) Freunde von mir sein und b) Musik machen, die mir wirklich, wirklich gefällt. Beides war im Fall von Polyana Felbel gegeben und so schrieb ich die Presseinfo, um alle Presseinfos zu beenden.

Polyana Felbel, das sind Polyana Felbel und Taka Chanaiwa aus Köln (“einer Stadt, die man nicht gerade mit den Weiten des nordamerikanischen Kontinents oder den Wäldern Skandinaviens verbindet”, wie es in der Presseinfo faktisch einigermaßen korrekt heißt) und gestern haben sie dort ihr erstes offizielles Konzert gespielt. Rund 50 Menschen hatten sich im Theater der “Wohngemeinschaft” (ein etwas bemüht im urbanen Retro-Chic gehaltenes Etwas mit Kneipe, Hostel und Bühne) versammelt und den Raum damit auf muckelige 30° Celsius aufgeheizt. Einige kamen gar verkleidet, was sich allerdings mit der Rheinländern offenbar innewohnenden, ansonsten aber völlig unverständlichen Affinität zu Schnapszahl-Daten erklären lässt.

Das Vorprogramm bestritt ein aufstrebender Singer/Songwriter und Zollbeamten-Bespaßer aus Bochum, dann ging es richtig los: Polli und Taka eröffneten mit einem Cover von Coldplays “Green Eyes” und es dauerte ungefähr zehn Sekunden, bis sich Gänsehaut und Sprachlosigkeit Raum brachen. Mit jedem weiteren Stück – neben einigen Eigenen auch Neuinterpretationen von “The Blower’s Daughter” (Damien Rice), “Use Somebody” (Kings Of Leon) und “Kids” (MGMT) – wuchs die Begeisterung und am Ende des Abends war ein Jeder, ob Männlein oder Weiblein, ein bisschen in Polli verliebt.

Das ist aber auch tolle Musik, dieser Folk, den die beiden da machen: Einerseits filigran wie ein letztes, vertrocknetes Blatt im Herbstwind, andererseits mit einer ungeheuren Kraft und Stimmgewalt vorgetragen. Vergleiche mit Kathleen Edwards, Lori McKenna oder Hem klopfen an und müssen nicht gescheut werden (um eine in der Presseinfo unbenutzte Phrase doch noch zu verbraten). Es ist einfach toll zu sehen, wie zwei junge Menschen mit Spaß und Ernsthaftigkeit Musik machen und damit einen voll gepackten Raum zum Schweigen und Schwelgen bringen.

Für die nun dräuenden dunklen Abende seien Ihnen Polyana Felbel daher schwerstens ans Herz gelegt. Hörproben gibt es auf einer obskuren kleinen Internetseite namens MySpace und hier:

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Musik Kultur

No Use For A Frame

So glamourös, wie man es sich vielleicht vorstellt, ist es es gar nicht, als Fotograf bei Rockkonzerten zu arbeiten: Gewiss, man kommt kostenlos rein, aber man muss auch Bands fotografieren, die man selbst unerträglich findet, und die Arbeitsbedingungen verschlechtern sich zusehends. Wenn’s besonders schlimm läuft, kommt beides zusammen.

Wir wollen sie also lobpreisen, die Männer und Frauen, die sich mit teurem Equipment in die schmalen Gräben vor der Bühne drängeln, nur durch hüfthohe Gitter getrennt von hysterischen Konzertgängern in den ersten Reihen und jederzeit in Wurfweite exzentrischer Musiker. Ihnen verdanken wir 500-teilige Klickstrecken “So war das bei Prince in der Waldbühne” und manchmal schaffen sie Bilder, die die rohe Energie eines Gigs einfangen und somit selbst zu Klassikern werden.

Rahmenlos 360° (Plakat)Drei dieser Menschen haben jetzt genug Material zusammengetragen, um daraus eine Ausstellung zusammenzustellen: Die “Musikfotografen” Michael Kellenbenz, Juliane Duda und meine gute Freundin Martina Drignat, stellen ab morgen im Hamburger Knust aus.

Der Titel der Ausstellung lautet “Rahmenlos 360°” und ist damit – um mal eine Phrase zu vermeiden – Programm: Statt in Rahmen werden die Bilder nämlich in teils aufwendigen Installationen präsentiert.

Die Ausstellung läuft bis zum 1. November, morgen um 18 Uhr ist feierliche Eröffnung mit Livemusik.

Rahmenlos 360°
im Knust, Hamburg
6. August – 1. November 2010

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Musik

Babies Of The 80’s

Am Abend des 24. März 2009 traten in Hamburg Franz Ferdinand und Mando Diao auf und damit gegeneinander an.

Einen derart Zielgruppenzerfetzenden Abend hat Köln am 15. Juni 2010 nicht ganz erlebt — aber es war verdammt nah dran: Während im Luxor die wiedervereinten Get Up Kids aufspielten, legten The Hold Steady im Gebäude 9 los.

Bei beiden Konzerten gleichzeitig war vermutlich niemand, aber dies hier wäre nicht das Dienstleistungsblog Coffee And TV, wenn wir dafür nicht eine Lösung gefunden hätten:

Konzertbericht The Get Up Kids
Konzertbericht The Hold Steady

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Musik Unterwegs

Tag 5: Düsseldorf

Dieser Eintrag ist Teil 6 von bisher 9 in der Serie Das Simon den Hartblog

Mittwoch, 7. April 2010

Heimspiel

Wir sitzen im sonnigen Biergarten und unser Tourmanager runzelt die Stirn, man sieht Zahnräder in seinem Kopf mahlen und er starrt auf den Bildschirm seines Laptops, als wäre es das Aufgabenblatt einer Mathe-Klassenarbeit. Der Grund: Die Gästeliste ist zu lang. Kein Wunder, denn heute ist Heimspiel. Keiner von uns wohnt in Düsseldorf, doch Düsseldorf ist diejenige Stadt dieser Tour, die unseren Heimatstädten am nächsten liegt. Deshalb wird es auch nicht lange dauern, bis es hier von Freunden von uns und Bandkumpanen anderer Musikformationen Simon den Hartogs wimmelt. Da wirkt die Band direkt viel nervöser, denn heute gilt es zu glänzen, sonst muß man sich die nächsten fünf Jahre auf jeder dritten Party den Schwank über das legendäre Düsseldorfer Konzert anhören, über von der Bühne fallende Sänger, vom Hocker fallende Schlagzeuger, aus der Rolle fallenden Bassisten, Tastenheinis und Gitarristen. Die waren wieder mal alle zu besoffen, heißt es dann wieder, und meistens stimmt das ja auch. Aber besoffen oder nüchtern, gestern wurde geglänzt, keiner fiel von irgendwas oder gar aus der Rolle.

Sonnige Band im sonnigen Düsseldorf.
Sonnige Band im sonnigen Düsseldorf.

Schön, wenn man seinen Liebsten mal zeigen kann, was man den Rest der Woche über eigentlich so treibt.
Deshalb ist das Heimspiel für den Soundmann auch etwas ganz besonderes. In der Heimat wird der Soundmann nämlich auch von hübschen Mädels umringt, als wäre er der Sänger und das Mischpult seine Bühne.

So kam es dann auch, dass ich angeschwipste Mädchen mit 300 PS zurück nach Köln kutschieren durfte. Böse Zungen behaupten, ich wäre der passivste Autofahrer der Welt und wahrscheinlich haben sie recht. Anders kann ich mir die “drück drauf“- und “gib doch mal Gas”-Sprüche meiner Hochgeschwindigkeitsbeifahrerinnen nicht erklären.

Natürlich hab ich mal wieder den größten aller Tourfehler begangen: Beim Verlassen der Wohnung das Bett abgezogen, aber nicht frisch bezogen. Natürlich ist das letzte was man nach fünf anstregenden Tour-Tagen machen möchte, sein Bett beziehen. Dann ist stundenlanges Rumgammeln vorprogrammiert, bis die Müdigkeit die Faulheit besiegt.

Auch wenn morgen der Beginn der Rückrunde besonders hart wird, da ich mein geliebtes Bett, meine Kaffeemaschine und meine Badewanne nach diesem kurzen Intermezzo wieder zurücklassen muss, freue ich mich sehr auf die restlichen drei Shows. Zunächst geht es nach Osnabrück in die kleine Freiheit. Übrigens für den Schlagzeuger Christoph das nächste Heimspiel, der war hier nämlich aufm Gymmi…

Der Soundmann. Nicht im Bild: Hübsche Mädchen.
Der Soundmann. Nicht im Bild: Hübsche Mädchen.
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Musik

Ich erinner’ mich an alles

Alles hatte mit Tom Liwa angefangen. Auf meinem ersten Festival, Haldern 2000. Zwischen all den rockenden Bands (also: soweit man in Haldern von “rocken” sprechen kann, es war irgendwann zwischen Soulwax, Embrace, K’s Choice und Paul Weller) stand da ein Mann auf der Bühne, der zur Akustikgitarre irgendwelche deutschen Texte näselte, in denen Formulierungen wie “jetzt darfst Du mich anfassen” und “der Mittelstreifen wird niemals für uns beide reichen” vorkamen. Mein bester Freund und ich fanden’s doof — aus Prinzip. Aber der Mann brauchte keine vierzig Minuten, um uns durch die Emotionen “Ablehnung”, “Mitleid”, “Respekt” und “Bewunderung” zu schicken. Anschließend baten wir höflich um Autogramme und waren Fans.

Das erste Konzert, für das wir uns alleine mit der Bahn von Dinslaken aus auf den Weg in die große weite Welt machten, war Tom Liwa im Bahnhof Langendreer (auf der Rückfahrt ereignete sich diese Episode). Obwohl wir mit 17 noch nicht die volle Dimension der Liwa’schen Texte erfassen konnten, waren Zeilen wie “Du bist ein seltsames, seltsames Mädchen” oder “Es gab eine Zeit, da waren wir alle verliebt in Dich — auch ich” natürlich auch damals schon greifbar. Liwa brachte mir deutschsprachige Musik nahe, lange bevor ich kettcar oder Tomte kannte.

Innerhalb von 13 Monaten sah ich Tom Liwa fünf Mal live, davon einmal auf dem Kirchentag in Frankfurt, wo er zuvor bei einer Podiumsdiskussion irgendein Mitglied der Söhne Mannheims … nun ja: gedisst hatte. Der bisher letzte Konzertbesuch war am 13. September 2001 in Wesel: Die ganze Welt war durcheinander und Tom Liwa stand auf der Bühne des Karo und bretterte mit seiner Post-Punk-Band No Existe durch sein sonst so filigranes Werk. Alles war surreal, aber es passte. Auf dem Heimweg fühlten wir uns ein Stück weit sicherer.

Dann diffundierte Liwas Werk ins Esoterische: Er nahm Platten auf, die mir gar nichts gaben, bot irgendwelche Seminare an, über deren Inhalt und Sinn ich nicht urteilen kann, und reformierte die Flowerpornoes für ein auch eher außergewöhnlich zu nennendes Album. Im vergangenen Jahr dann “Eine Liebe ausschließlich”: Tom Liwa wieder völlig reduziert und ganz bei sich, dazu je ein Cover von Dylan und Snow Patrol.

Und jetzt: Tom Liwa, Bahnhof Langendreer. (Almost) ten years after. Die anfängliche Angst, dass man da alleine sitzen würde, verfliegt schnell. Nebenan tritt Johann König auf — auch nicht schön, aber so sind sie, unsere Kulturzentren: Ein Spiegel der Gesellschaft und ihres Geschmacks. Liwa eröffnet mit “I’ll Keep It With Mine” auf der Ukulele und Bob Dylan ist ein gutes Stichwort: Ein Greatest-Hits-Programm werde er spielen, sagt Liwa, “was ein bisschen schwierig ist, weil ich ja nie Hits hatte”. Aber was er spielt, ist genau das, was ich hören will, und was mich tatsächlich um zehn Jahre zurückwirft.

Nach einer Dylan-mäßig dekonstruierten Fassung von “Für die linke Spur zu langsam” (Wie jetzt, “nie Hits”?!) folgen viele Sachen von den ersten beiden Soloalben, Neil Young, Joni Mitchell und so ziemlich das Schönste aus Flowerpornoes-Zeiten (“Nicht müde genug”, “Eng in meinem Leben”, “Herz aus Stein”, “Respekt”). Tom Liwa ist blendend aufgelegt, er hat privat ordentlich was durchgemacht, wie er andeutet, aber alles überwunden. Nach Elliott Smith, Vic Chesnutt und Mark Linkous tut es gut, einen Musiker zu sehen, dem es offensichtlich gut geht. Seine Ansagen lassen den nebenan auftretenden Comedian alt aussehen. Und dann zwei Stunden lang diese Songs in einer Atmosphäre, in der man Stecknadeln Handys fallen hören kann …

Man kann und will das nicht glauben, dass es schon fast eine ganze Dekade her sein soll, als man in seinem Jugendzimmer saß, “St. Amour” ins CD-Laufwerk des PCs einlegte und sich der Melancholie von Songs hingab, die sich einem zum großen Teil erst jetzt erschließen. Wenn grad nicht Tom Liwa lief, liefen die Smashing Pumpkins, an diesen dunklen, nassen Herbstabenden, die im Rückblick ganze Jahre füllten. Billy Corgan schreibt heute Songs mit Jessica Simpson, Tom Liwa ist immer noch da. Und er ist so gut wie eh und je.

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Musik

Interview mit James Walsh (Starsailor)

Starsailor können sich noch so Mühe geben: Wirklich cool werden die vier Briten in diesem Leben nicht mehr.

Als James Walsh am Montagnachmittag in der CD-Abteilung des Hamburger Saturn-Marktes ein kurzes Akustikset spielt, stehen die Fans (von denen nicht mordsmäßig viele gekommen sind) zwischen Regalen, die mit “Schlager” beschriftet sind, um Autogramme an. Da kann man dann auch noch Abbas “Dancing Queen” covern, ohne dass es Einfluss auf die credibility hätte. Schön ist es trotzdem.

Zweieinhalb Stunden später sitzt James Walsh im Backstageraum der Fabrik und langweilt sich. Ich werde das Gefühl nicht los, dass er das auch während unseres Interviews (siehe unten) tut, aber da müssen wir gemeinsam durch. Die Themen: Rock’n’Roll-Klischees, Politik und Jeremiah Duggan, über dessen mysteriösen Tod die Band vor vier Jahren einen Song geschrieben hat. Walsh antwortet höflich bis nett und dass er eine Stunde vor dem Auftritt keinen Bock hat, endlos zu reden, kann man ja auch verstehen.

James Walsh im Interview.

Nach zwölf Minuten sind Martina und ich fertig mit Fotos und Interviews und es kommt noch zu einer Norbert-Körzdörfer-esken Szene, als Walsh uns mit großer Geste auffordert, uns doch noch aus dem Kühlschrank zu bedienen. “It’s Guinness, that’s the real thing”, sagt er und ich denke, ich hätte mal besser gucken sollen, von welcher Marke seine Armbanduhr war.

Nach der Vorband (Oh, Napoleon aus Krefeld, hören Sie da ruhig mal rein) steht ein anderer James Walsh auf der Bühne: Er ist hellwach, scherzt mit seiner Band und erinnert kein bisschen mehr an den scheuen Anfang-Zwanziger, der sich vor acht, neun Jahren am liebsten hinter dem Mikrofonständer versteckt hätte. Anders als bei den letzten Touren gibt es keinen zusätzlichen Gitarristen mehr, Walsh spielt alles selbst und das kann er durchaus gut. Fünf Songs spielen Starsailor vom aktuellen Album “All The Plans” — einen weniger als vom Debüt “Love Is Here”.

Starsailor live.

Was einem vermutlich wieder keiner glauben wird: Die Band hat live in den letzten Jahren schon immer ordentlich gerockt, heute Abend tut sie es besonders. Walsh freut sich über das beste Publikum, das sie in Deutschland je gehabt hätten, und man ist geneigt, das nicht als Spruch abzutun: Die Fabrik kocht und wenn ich im Schätzen von Menschenmassen nicht so unfassbar schlecht wäre, könnte ich meine Behauptung, es handele sich auch um das größte Publikum, das die Band in Deutschland je hatte, auch ein wenig untermauern. Wirklich viele waren es leider trotzdem nicht.

Der Stimmung tut das keinen Abbruch, neue Songs werden warm aufgenommen, alte bejubelt. Ein Fan sagt, er sei aus Japan gekommen, will aber seinen Namen nicht nennen: “Liking Starsailor can get you into real trouble”, lacht James Walsh und man ist sich gar nicht sicher, ob das jetzt Koketterie oder eine realistische Einschätzung des Bandimages ist. Aber Image ist nichts, entscheidend ist auf der Bühne: “Four To The Floor” wird fast von seinen kompletten Disco-Streichern befreit und kommt als krachiger Britpop-Stampfer daher und wird direkt anschließend noch mal in der Remix-Version angestimmt. Letzteres ist zwar nicht neu, macht aber immer wieder Spaß.

Nach dem regulären Schlusssong “Good Souls” gibt es noch eine weitere Zugabe: “Tomorrow Never Knows” von den Beatles. An denen kommt man im Moment wirklich nicht vorbei — auf dem Sofa im Backstageraum lag auch eine der frisch remasterten CDs herum.

Starsailor live.

Und hier das Interview im Coffee-And-TV-Podcast:

Interview mit James Walsh (Zum Herunterladen rechts klicken und “Ziel speichern unter …” wählen.)

Sie können die Podcasts übrigens auch als eigenen Feed oder direkt in iTunes abonnieren.

Starsailor spielen das letzte Konzert ihrer Deutschlandtour am Sonntag, 27. September im Gloria in Köln.

Fotos: © Martina Drignat.

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Unterwegs Musik

Bochum Total 2009

In den letzten Tagen war Bochum mal wieder der Mittelpunkt irgendeiner Welt — mutmaßlich der Musikwelt Nordrhein-Westfalens. Jedenfalls war Bochum Total und aus mir selbst nicht ganz nachvollziehbaren Gründen wollte ich möglichst viel davon mitkriegen.

Ort der Gegensätze: Bochum Total

Vier Tage, 60 Bands, hunderttausende Liter Bier und noch ein bisschen mehr Regenwasser — eine persönliche Dokumentation:

Donnerstag, 2. Juli

Man kann nicht behaupten, ich sei schlecht vorbereitet gewesen: Centimeterdick hatte ich Sonnencreme aufgetragen, um eine zerfetzte Nase wie nach meinem Nordsee-Urlaub zu vermeiden. Ich hatte eine Sonnenbrille auf, die nicht nur ungefährdetes fassungsloses Anstarren bizarr gekleideter Menschen ermöglichte, sondern auch derbste Gewittertierchen-Schwärme davon abhielt, mir in die Augen zu fliegen. Warum das alles nur halbgut vorbereitet war, lesen Sie gleich …

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Musik

Domino Dancing

Wer sich mit pubertären Abgrenzungssorgen trägt, tut gut daran, Popkonzerte oder Fußballspiele zu besuchen. Die Erkenntnis “Ja, auch mit diesen Menschen habe ich offenbar etwas gemeinsam”, kann gleichermaßen befreiend wie verstörend wirken. Aber ist es nicht beruhigend zu wissen, dass auch Menschen, die Ed-Hardy-T-Shirts tragen, die gleiche Musik gut finden dürfen wie man selbst?

Gestern stand ich also als einer der jüngsten Besucher ohne elterliche Begleitung im Kölner Palladium (das dringend auf meine imaginäre Liste der unbrauchbarsten Konzerthallen NRWs gehört) und guckte mir die Pet Shop Boys an. Dass ich satte 50 Euro Eintritt gelatzt hatte – und das Konzert daher in jedem Fall gut finden müsste -, kam mir am Abend ungefähr ein Mal in den Sinn. Der Gedanke lautete vollständig: “Doch, die 50 Ocken ham’ sich gelohnt”.

Pet Shop Boys live

Bei der Bühne hatten sich der studierte Architekt Chris Lowe und der ehemalige Musikjournalist Neil Tennant (sowie deren Mitarbeiter) sichtlich Mühe gegeben, den feuilletonistisch angehauchten Besuchern Steilvorlagen zu liefern: Aus großen weißen Würfeln wurden immer wieder neue Wände zusammengepuzzelt, die dann als Projektionsflächen für Videos dienten — fast genau so, wie die Musiker auch ihr eigenes Werk immer wieder neu zusammenpuzzelten: “Pandemonium” wurde mit “Can You Forgive Her?” gekreuzt, “Building A Wall” mit “Integral” und “Domino Dancing” ging schnell in Coldplays “Viva La Vida” über, dessen “Oh-oh-ooh-ooooooh-oh”-Chöre sich übrigens als nächstes “Seven Nation Army” empfehlen.

Gemeinsam mit den Tänzern (drei Frauen und ein Mann in unterschiedlichsten Kostümierungen) erinnerte die Show mitunter schon ein wenig an ein Musical — aber das geht schon in Ordnung, denn auch sowas haben die Pet Shop Boys in ihrer langen Karriere ja schon gemacht. Und nur Neil Tennant beim Wechseln von Jacken und Hüten und Chris Lowe beim Bedienen verschiedenster elektronischer Instrumente zuzusehen, wäre ja auch irgendwie langweilig gewesen.

Das Bühnenbild bei den Pet Shop Boys (nachgestellt)

Dass die Setlist für mich zwischendurch ein paar Hänger aufwies (ich bin halt erst seit “Very” dabei), kann man schwerlich der Band anlasten. Die älteren Fans (also ungefähr alle anderen in der Halle) haben sich sichtlich gefreut, dass neben einigen unvermeidlichen Hits auch ein paar nicht so Formatradio-erprobte Klassiker dabei waren. Neben dem alten Material lag der Schwerpunkt dann vor allem auf dem phantastischen neuen Album “Yes” — Stücke von “Release” fehlten im Set völlig, “Fundamental” und “Bilingual” waren auch deutlich unterrepräsentiert und selbst von “Very” kam nur “Go West” vollständig zum Einsatz.

Von dieser ganzen Exegese ab war das Konzert aber auch einfach eine gelungene Party, bei der lediglich die etwas zu leise Stimme und das mitunter unschön dröhnende Keyboard negativ auffielen. Und die Preise fürs Merchandising natürlich …

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Musik

Silence always wins

Es gibt Bands und Musiker, die begleiten einen ein Leben lang, ohne dass man es merkt. Als Patricia Kaas beim Grand Prix für Frankreich sang, überkam mich ein wohliger Erinnerungsschauer, der mich an viele Geburtstagsfeiern meiner Eltern denken ließ und an die unzähligen namenlosen Hits der Star-Chanteuse, die solche Veranstaltungen beschallt haben, als ich noch ein Kind war.

Bei a-ha kam diese Erkenntnis vor neun Jahren, als sich das norwegische Trio aus der Kreativpause zurückmeldete und mit “Minor Earth Major Sky” mal eben eines der besten Pop-Alben des Jahrzehnts veröffentlichte. Beim Konzert in der Arena Oberhausen (bei dem ein Freund und ich die einzigen Männer unter 30 waren und zur Strafe Reamonn als Vorgruppe ertragen mussten) dämmerte mir dann, wie viele a-ha-Lieder schon immer Teil meines Lebens gewesen waren. Allen voran natürlich “Take On Me”, diese unfassbar eingängige Achtziger-Hymne mit dem besten Musikvideo aller Zeiten, bei deren “Singstar”-Interpretation ich ungeschlagen bin.

Dreieinhalb Jahre ist das letzte a-ha-Album “Analogue” alt, das bei etwas kredibileren Künstlern als “beeindruckend dichtes Alterswerk” durchgegangen wäre, bei den ewigen Posterboys aber weitestgehend ignoriert wurde. Zeit für etwas Neues, zum Beispiel die Single “Foot Of The Mountain”, die letzte Woche beim Finale von “Germany’s Next Topmodel” in einer spektakulären Bühne der Weltöffentlichkeit präsentiert wurde:

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[Direktlink]

(Diese komischen Kisten scheinen übrigens sehr Frisurfeindlich gewesen zu sein.)

Man muss den Song vielleicht ein paar Mal hören, bevor er sich einem erschließt. Aber wenn man sich einmal an die stellenweise unkonventionelle Gesangsmelodie gewöhnt, wenn man die “Disarm”-Glocken im Refrain entdeckt und mal auf den zwischen Zynismus und Pathos schwankenden Refrain geachtet hat, dann will man den “Repeat”-Schalter gar nicht mehr zurückstellen. (Sie ahnen: Im Moment ist es etwas anstrengend, mit mir zusammenzuwohnen.)

Das Album, das auch “Foot Of The Mountain” heißen wird, erscheint in Deutschland am 19. Juni.

PS: Sehen Sie sich bitte auch unbedingt diese außergewöhnliche Liveversion von “Take On Me” an!

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Musik Politik

Familiar To Millions

Gallagher Lane in San Francisco, CA

In Manchester sorgt man sich um eine ordnungsgemäße Abwicklung der Europawahl am 4. Juni.

Der Grund: Um halb Zehn abends, eine halbe Stunde vor Schließung der Wahllokale, werden zwei Straßen gesperrt, weil im benachbarten Heaton Park ein Konzert von Oasis stattfindet.

Die Meldung in all ihrer absurden Schönheit steht bei der BBC.

Vermutlich dürften zu den drei angesetzten Open-Air-Konzerten in Manchester mehr Zuschauer erscheinen, als sich in ganz Großbritannien Wähler an der Europawahl beteiligen …

[via NME.com]

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Musik

Overwhelmed by their hometown

Gestern also spielten die Kilians anlässlich der Veröffentlichung ihres zweiten Albums “They Are Calling Your Name” (erscheint Ende nächster Woche, kann man jetzt schon bei last.fm hören) in ihrer Heimatstadt Dinslaken.

Wie es wirklich war, werden wir am Montag (also 60 Stunden nach dem Konzert) in den Lokalzeitungen lesen können. Da wird dann vermutlich auch die exakte Besucherzahl stehen (Coffee-And-TV-Schätzungen: 1.200 bis 1.500).

Bis dahin verweise ich auf ungefilterte Live-Eindrücke in 13 Fotos und sechs Tweets:

Auf in die Stadt, #Kilians gucken. l:Dinslaken
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Musik

Er war ein guter Simon

Gestern Abend war ich beim Konzert von Tomte in Mülheim an der Ruhr. Erwarten Sie keine allzu differenzierte Kritik — es war toll!

Und weil ja gerade Kilians-Festspiele sind, passt es natürlich supergut ins Konzept, dass da ein junger Mann auf die Bühne schlurfte, um die zweite Strophe von “Ich sang die ganze Zeit von Dir” zu schmettern:

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“Wer war das?” – “Das ist mein unehelicher Sohn, den ich in Mülheim hab. Mit einer wunderschönen Frau!”