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Unterwegs

If you’re going to San Francisco … (Teil 2)

Nachdem wir im ersten Teil unseres großen San-Francisco-Reiseführers “Cocoa And Books” ein wenig Shoppen waren (und dabei so tolle Läden wie Fox Hardware, sämtliche Luxus-Kaufhäuser am Union Square und den ganzen Touristenramsch am Fisherman’s Wharf unerwähnt gelassen haben), wollen wir uns nun ein wenig um das leibliche Wohl in der schönsten Stadt der Welt kümmern.

Teil 2: Kneipen und Restaurants

Erwarten Sie von mir keine Besprechungen kulinarischer Tempel — dafür habe ich viel zu wenig Ahnung, die geschätzten Autoren von Go to Rio dafür umso mehr. Hier und jetzt soll es um Ambiente, Originalität und Satt werden gehen. Und das geht so:

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Leben Gesellschaft

Paradigm City (Eine Odyssee)

Nicht gänzlich überraschend endete vor zwei Wochen auch die letzte aller Übergangsfristen im langsamsten aller Bundesländer – und so trat auch im von kolumbianischen Tabakkartellen kontrollierten Nordrhein-Westfalen das in Kraft, was man leichtfertig “Rauchverbot” nennt. In Bochum, immerhin der Kneipenhauptstadt des Ruhrgebiets, hört man von einzelnen Gaststätten, die sich auch dran halten.

Am vergangenen Wochenende weilte ich zu Verwandtenbesuchen in Dinslaken. Die Stadt krankte schon zu meiner Zeit daran, dass man dort eigentlich nichts anderes tun kann als sich zu betrinken, es aber keine geeigneten Lokalitäten für derartige Pläne gibt. Am Samstagabend hatte ich aber einige liebe Menschen um mich gesammelt und gemeinsam fühlten wir uns unbesiegbar für unser Vorhaben: Jetzt, wo nirgends mehr geraucht werden darf, wollten wir endlich mal eine Kneipentour durch all die Schuppen machen, in die wir uns bisher nicht hineingetraut hatten.

Um den halbherzigen Versuch eines Spannungsaufbaus direkt an dieser Stelle abzuwürgen: wir sind gescheitert. Kläglich. Mit wehenden Segeln, Pauken und Trompeten. Es begann nämlich schon mal damit, dass die Sommerferien keine gute Zeit für Kneipentouren sind. Gut die Hälfte der Gaststätten auf unserer imaginären Liste begrüßte uns mit geschlossenen Rollläden und dem Hinweis auf ausgedehnte Betriebsferien. Immerhin: die Vorstellung, dass sämtliche Altherrenkneipenwirte der Stadt einen gemeinsamen Kegelurlaub verbrachten, die hatte was.

Die nächsten Läden, die wir passierten, waren inzwischen in Raucherclubs umgewandelt worden. Damit schieden sie für unser Vorhaben der rauchfreien Kneipentour natürlich aus und auch sonst werde ich jetzt weder den einen noch den anderen Schuppen jemals von innen zu sehen bekommen – was angesichts dessen, was man schon von außen sehen kann, allerdings aufs Heftigste begrüßt werden muss. Auch auf die Gefahr hin, den Ruf sämtlicher Dinslakener Innenarchitekten für immer zu zerstören: Kneipen, die wie die Gastronomiezeile eines Sonnenstudios aussehen, gehen gar nicht!

Nach zwanzig Minuten Rumgegurke auf nicht ganz verkehrssicheren Fahrrädern durch eine glücklicherweise verkehrsfreie Innenstadt (in der es nach dem Hochklappen der Bürgersteige übrigens nach Pferdemist riecht) blieben noch genau zwei Lokale übrig: die über die Grenzen der Stadt bekannte “Szenekneipe” “Ulcus” und das Lehrer-in-Lederwesten-trinken-Rotwein-Lokal “Zur Adler-Apotheke”.

Der “Ulcus” ist die vermutlich einzige Szenekneipe der Welt, in der junge Menschen beim Weggehen auf ihre eigenen Eltern treffen können, dafür wird Service dort in bester Berliner Szenekneipen-Tradition klein geschrieben (und das nicht nur, weil es sich dabei ursprünglich um ein englisches Wort handelte). In bester Verkennung des Gesetzestextes hatte man dort einen kleinen Nebenraum zur Nichtraucherzone erklärt, was witzigerweise dazu führt, dass man, wenn man in die Nichtraucherzone, auf Toilette oder zur Theke (Sie erinnern sich: Service) will, durch den vollgequalmten Hauptraum muss. Immerhin liegt der Nichtraucherbereich ein bisschen niedriger, so dass der Qualm einigermaßen draußen bleibt – eine Tür oder wenigstens einen Vorhang gibt es nämlich auch nicht. Das Argument, die meisten Gäste wollten ja rauchen, sollte jetzt besser niemand bringen, denn der Nichtraucherraum war voll, während wir im Raucherraum immerhin noch eine halbe Bank hätten besetzen können. Wollten wir aber nicht.

Also die “Apotheke” – wie der Name schon sagt eine alte Apotheke mit einer Inneneinrichtung aus der Kaiserzeit und viel Liebe zum Detail. Dass auch hier im Hauptraum (Theke, Eingang, Durchgang zu den Toiletten) geraucht werden darf und wir auf Anhieb gar keinen Nichtraucherraum erspähen konnten, war uns zu diesem Zeitpunkt egal. Wir hatten Durst und müde Knochen. Wir verbrachten einen netten Abend und die Bedienung war freundlich.

Das mit dem Rauchverbot aber, das scheint in Dinslaken noch in weiter Ferne zu liegen. Vielleicht hätte das Ordnungsamt nicht vorab in der Presse verkünden sollen, dass man eh nicht kontrollieren werde …

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Leben Gesellschaft

Ein Rauch von Nichts

Seit Jahren versuche ich, mit dem Rauchen anzufangen, aber ich schaffe es einfach nicht. Es könnte daran liegen, dass ich weder Zigaretten noch Feuerzeuge besitze und die Momente, in denen ich irgendwo stehe und mir denke, ich müsste jetzt dringend “eine qualmen”, somit ungenutzt verstreichen.

Eigentlich will ich überhaupt nicht rauchen. Das wäre auch absurd: Meine Eltern rauchen nicht, von meinen Freunden in der Schule hat niemand geraucht und wenn die Boulevardjournalisten auf der Suche nach jemandem wären, der auch in den tiefsten Momenten der Pubertät nie auch nur einmal an einer Zigarette gezogen hat, dann wären sie bei mir an der richtigen Adresse. Aber Boulevardjournalisten sind wohl eher auf der Suche nach Kindern, die mit zwölf Jahren ihre erste Alkoholvergiftung hatten und mit 14 die Katze der Nachbarstochter getötet haben. Nachdem sie die Nachbarstochter geschwängert haben.

Jedenfalls kannte ich bis zu meinem zweiundzwanzigsten Lebensjahr quasi keine Raucher und hatte auch nie das Bedürfnis, selbst einer zu werden. Als unser Englischlehrer in der zehnten Klasse mehrere Stunden damit füllte, uns auf Deutsch vorzurechnen, wie viel Geld wir sparen könnten, wenn wir es nicht für Zigaretten ausgäben, sondern zur Bank brächten, interessierte mich das nicht: Mein Taschengeld ging für CDs und Musikmagazine raus, da war an Rauchwaren und Sparkonten nicht zu denken.1

Eigentlich gibt es keine Argumente für das Rauchen: Es ist die einzige Droge, die keinen Rausch verursacht, den Körper aber trotzdem schädigt; es ist jetzt noch teurer als schon zu meinen Schulzeiten und es stinkt ekelhaft. Warum habe ich also Tage, an denen ich denke, ich müsste jetzt dringend rauchen? Vielleicht, weil es immer noch als Rock’n’Roll-Geste gilt? Oder weil ich das Gefühl habe, irgendwas mit meinen Händen und Lippen tun zu müssen, und ich nicht schon wieder zum Lippenpflegestift greifen kann, weil die Umstehenden dann (nicht ganz zu Unrecht) glauben, ich sei von dem Ding körperlich abhängig?

Ich wette, ich wäre einer dieser Menschen, bei denen Rauchen auch noch gänzlich uncool aussieht. Die ersten zehn, zwölf Stangen würde ich eh in einem alten Bunker im Wald rauchen müssen, damit mich keiner beim Husten und Schleim auswürgen beobachten kann. Ich müsste meine Klamotten jeden Abend auf den Balkon hängen, müsste aber im Gegenzug nicht mehr vor dem Waschen überlegen, ob ich in den nächsten Tagen noch weggehen will, weil sowieso alle meine Kleidungsstücke ganz grauenhaft röchen. Das ist auch der Grund, weshalb ich Raucher für verantwortungsloser halte als beispielsweise Heroinjunkies: Der Junkie setzt sich in einer dunklen Ecke seinen Schuss und riecht vielleicht ungewaschen, mit einer Handvoll Rauchern im Raum riechen danach alle ungewaschen. Ein Biertrinker, der einer anderen Person versehentlich ein halbes Glas Bier übers Hemd schüttet, müsste sich danach wer-weiß-was anhören und die Reinigung bezahlen. Ein Raucher alleine ist nicht weiter schlimm, in der Gruppe verdrecken sie aber allen Leuten in ihrer Umgebung die Kleidung, erhöhen deren Chancen, an Krebs zu erkranken, und zahlen niemandem die Reinigung. “Selbstmordattentäter”, nennt Volker Pispers diese Leute, die sich selbst töten und dabei noch so viele Unschuldige wie möglich mitnehmen.

Obwohl ich das Rauchen aus den oben genannten Gründen hasse und auch gerne lebenslanges Bahnverbot für die Menschen fordere, die auf den Toiletten ansonsten rauchfreier Züge ihrer Sucht frönen, finde ich Nichtraucher oft genug noch unerträglicher: Wer schon laut und affektiert hustet, wenn sich jemand knapp innerhalb seiner Sichtweite eine Zigarette ansteckt, hat vermutlich andere Probleme als den nahenden Tod durch Passivrauchen. Auch in diesen Momenten ärgere ich mich, dass ich nicht rauche.

Ich freue mich auf das Rauchverbot, das ab 1. Januar auch in NRW gelten soll. Es wird merkwürdig sein, in meiner Dinslakener Stammkneipe, die außer von meinem Freundeskreis hauptsächlich von älteren Herren und Stammtischbrüdern bevölkert wird, vom hintersten Tisch aus noch die Theke sehen zu können. Ich hoffe, dass die Gäste mit ihrer Sucht umzugehen lernen und dem Wirt kein finanzieller Nachteil entsteht. Ein Freund aus Baden-Württemberg berichtete mir kürzlich, dass es in den dortigen Clubs und Discotheken immer grauenhaft nach Schweiß und Bier stinke, seit dort nicht mehr geraucht werden darf. Das wäre in der Tat ein unschöner Nebeneffekt. Zu Beginn dieses Jahrzehnts war ein nach Melone duftendes Parfüm sehr in Mode, das mich auch heute immer noch verzückt, wenn ich es an jungen Damen rieche. Ich würde mir vom Bundesgesundheitsministerium wünschen, dass dieses Parfüm kostenlos an die Bevölkerung ausgegeben wird, bis uns eine andere Lösung eingefallen ist.

1 An Sparkonten ist auch heute noch nicht zu denken, wie mein Anlageberater neulich erst wieder feststellte.