Kategorien
Fernsehen Rundfunk Politik

14 Millionen Schläfer

Ges­tern Abend hat­ten sie mich so weit, da war ich plötz­lich einer der vie­len Mil­lio­nen Deut­schen, die sich Gün­ther Jauch als Bun­des­kanz­ler wünsch­ten.

Zuge­ge­ben: Nach dem „TV-Duell“, des­sen VHS-Auf­zeich­nun­gen seit heu­te früh in Apo­the­ken als Mit­tel gegen Schlaf­lo­sig­keit zu haben sind (aller­dings nur auf Rezept!), hät­te ich auch Rein­hold Beck­mann noch als sprit­zig und sym­pa­thisch emp­fun­den. Aber das hat­te schon was, wie Jauch sich da in sei­ner ehe­ma­li­gen Bei­na­he-Sen­dung – die jetzt „Anne Will“ heißt – im Ses­sel fläz­te, gut­ge­launt das eben Durch­lit­te­ne in Wor­te fass­te, die auch an jedem Stamm­tisch hät­ten fal­len kön­nen, und dann als Zuga­be noch das aus­sprach, was ich zuvor auch gedacht hat­te: Schwarz-Rot macht jetzt noch zwei, drei Jah­re wei­ter, dann kommt der gro­ße Knall und das gro­ße Expe­ri­ment und dann ist Klaus Wowe­reit mit Hil­fe der Links­par­tei Kanz­ler.

Mit­ten in die­ser The­ra­pie­sit­zung der Selbst­hil­fe­grup­pe „Gro­ße Koali­ti­on“ hat­te sich eine Erin­ne­rung in mein Bewusst­sein geschli­chen, die da zum wirk­lich fal­schen Zeit­punkt kam: Ich muss­te ein Jahr zurück­den­ken, an den Wahl­kampf in den USA, an die Fern­seh­de­bat­ten, die cha­ris­ma­ti­schen Kan­di­da­ten auf bei­den Sei­ten, an die „Schick­sals­wahl“ und den zum Heils­brin­ger dekla­rier­ten Barack Oba­ma. Nach dem Beam­ten­mi­ka­do zur Prime­time hät­te auch Rudolf Schar­ping noch einen glaub­wür­di­gen Heils­brin­ger abge­ge­ben.

Anders als bei der Bun­des­tags­wahl vor sie­ben Jah­ren, wo „Stoi­ber ver­hin­dern“ noch eine Art von Sys­tem­kampf aus­ge­strahlt hat­te, geht es die­ses Jahr um nichts. Die Regie­rungs­ko­ali­ti­on ist uner­heb­lich, das Volk wird aus uner­find­li­chen Grün­den sowie­so der Mei­nung sein, dass Ange­la Mer­kel eine gute „Arbeit“ mache. Das Signal des gest­ri­gen „Duells“ (wer eine Aus­sa­ge trifft, hat ver­lo­ren) war ganz klar: Deutsch­land ist ein Land, das jeder füh­ren kann, der sich irgend­wann mal für die geho­be­ne Beam­ten­lauf­bahn qua­li­fi­ziert hat. Man muss kei­ne Ideen haben, für Deut­sche ist es völ­lig aus­rei­chend, wenn sie ver­wal­tet wer­den.

Zu scha­de, dass Gün­ther Jauch nicht antritt.

Alles Wich­ti­ge zum TV-Duell hat Peer im FAZ.net-Fernsehblog noch mal zusam­men­ge­fasst.