Im Bochumer Schneegestöber baut Lukas sein musikalisches Lagerfeuer auf, an das Ihr Euch alle kuscheln könnt: Nach einer etwas ausufernden, sehr persönlichen Rückschau auf das allerletzte Pale-Konzert vergangene Woche in Köln spielt Lukas neue Songs von Nia Archives, Freekind und Maro und den deutschen Beitrag zum ESC 2023. Von herzerwärmend bis Kleinholz ist also alles dabei!
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Alles Songs:
Pale – Someday You Will Know
Kilians – Fight The Start
Nia Archives – Conveniency
Freekind – Good Vibrations
Scowl – Opening Night
Lord Of The Lost – Blood & Glitter
Maro – Em porta trancada
Rufus Wainwright feat. Brandi Carlile – Down In The Willow Garden
Ich erinnere mich, wie ich am ersten Arbeitstag des Jahres 2006 die Post in der Musikredaktion von CT das radio öffnete und darin die Promo für die neue Tomte-CD („Watermarked #89“) lag. Wie ich die CD am Abend zum ersten Mal hörte und wusste, dass ich viel Zeit mit diesem Album verbringen würde.
Ich erinnere mich, wie ich Thees Uhlmann zum Interview im Düsseldorfer Zakk traf. Wie ich ihm unbeholfen das Demo einer befreundeten Band in die Hand drückte, das ich eigentlich für Simon Rass vom Grand Hotel van Cleef mitgebracht hatte, der aber gar nicht vor Ort war, und wie Thees zum ersten Mal die Kilians hörte.
Ich erinner mich, wie ich um vier Uhr morgens in Dinslaken aufstand und zum Düsseldorfer Flughafen fuhr, um nach Nürnberg zu fliegen (mein allererster Flug ohne Eltern!). Wie ich mit dem Zug nach Erlangen weiterfuhr, um die Kilians zu treffen, die jetzt, acht Wochen nach dem Interview, bei Tomte im Vorprogramm spielten. Ich stellte mich als Backliner und Roadie vor, bekam meinen eigenen Backstage-Pass und vergaß direkt am ersten Abend den Teppich, der auf der Bühne unter Micka Schürmanns Schlagzeug liegen sollte, in einer Ecke des E-Werks.
Ich erinnere mich daran, Tomte vier Tage hintereinander live zu sehen, die neuen Songs zu hören, die ich schon in- und auswendig kannte, und zu spüren, wie diese Band auf der Welle der Emotionen surfte, die ihnen entgegengebracht wurde. An die Zeile „Und du sagtest: Da ist zu viel Krebs in deiner Familie“, die mir jeden Abend die Tränen in die Augen trieb, weil mein geliebter Großonkel gerade im Krankenhaus lag und vier Monate später an dieser Arschloch-Krankheit starb. An Soundchecks, Backstageräume und den Deckel einer Rohlingspindel, aus dem Thees Wodka-O trank, bevor ich ihn auf die Stirn küsste.
Ich erinnere mich an zahlreiche Festivals im Sommer, auf denen ich Tomte immer wieder live sah, und wie wir beim Essen Original so nass wurden, dass das Wasser beim Gehen aus unseren Schuhen schwappte.
Ich erinnere mich, wie ich für CT eine eigene Version von „New York“ zusammenschnitt, weil die Albumversion zu lang war, aber auf der Singleversion das tolle Intro fehlte. (Ich glaube, das ist illegal, und die Band und ihr Produzent Swen Meyer könnten mich wahrscheinlich heute noch verklagen.)
Ich erinnere mich, wie ich im September für drei Monate zu meiner amerikanischen Familie nach San Francisco flog und dachte, dass es ja ein merkwürdiger Zufall ist, dass Thees mit „Walter & Gail“ ein Lied über seine amerikanische Familie geschrieben hatte.
Ich erinnere mich, wie ich mit meinem Onkel nach New York flog, das damals wirklich noch die „Stadt mit Loch“ war. Dass ich am Chelsea Hotel vorbeiging und wir am Sonntagnachmittag durch den Central Park spazierten und bei Sonnenuntergang das Reservoir erreichten und wie ich dachte, dass manchmal einfach alles einen Sinn ergibt.
Ich erinnere mich, wie ich im Dezember wieder in meinem WG-Zimmer im Bochumer Studentenwohnheim saß, die Platte und „New York“ in all meinen Jahresbestenlisten auf Platz 1 setzte und dachte, dass es wahrscheinlich nie wieder ein Album geben würde, das so eng mit meinem Leben verbunden ist — und dass das auch okay sein würde.
Heute vor 15 Jahren erschien „Buchstaben über der Stadt“ von Tomte. L.Y.B.E.
In “Almost Famous” warnt der Musikjournalist Lester Bangs seinen jungen Kollegen William Miller davor, sich mit Musikern anzufreunden. Die wollten eh nur, dass man gut über sie schreibe, und wenn die Distanz weg sei, könne man auch gleich aufhören.
So gesehen habe ich meine Musikjournalisten-Karriere im Frühjahr 2006 in den Wind geschossen, als ich Thees Uhlmann nicht nur das Demo einer jungen Nachwuchsband aus meiner niederrheinischen Heimat in die Hand gedrückt habe, sondern acht Wochen später auch noch als Teil des Tomte/Kilians-Trosses durch den Süden der Republik getourt bin.
Das erste Album, das ich Anfang des Jahres bei CT das radio aus dem Berg von Bemusterungspost gefischt hatte, war die “Buchstaben über der Stadt” gewesen, deren Songs ich dann vier Abende hintereinander live gehört habe, und als ich Anfang November im Central Park am Reservoir (ja, das aus “New York”) stand, dachte ich: Von so einem Jahr kann man sich nur erholen, wenn man beim ESC live vor Ort ist, wenn Deutschland gewinnt.
Jahrelang trafen wir uns immer wieder in den Backstageräumen nordrhein-westfälischer Indierock-Veranstaltungsorte, auf Festivals und im legendären, inzwischen natürlich geschlossenen, Dinslakener Jägerhof, wo Thees mich bei der Kilians-Releaseparty auf die Stirn küsste. (Die genaueren Details sind mir entfleucht und ich möchte diesbezüglich nur Falco paraphrasieren.)
Wie es sich für eine ordentliche Freundschaft gehört, wurde unsere aber auch auf eine harte Probe gestellt: Tomte liefen nach jede Menge Line-Up-Wechseln aus und Thees veröffentlichte 2011 ein selbstbetiteltes Soloalbum, mit dem ich auch nach gründlichem Hören irgendwie nicht warm wurde. Auf “Walter & Gail” hatte er 2006 noch gegen das Mittelmaß angesungen, jetzt feierte er “Das Mädchen von Kasse 2” und das Leben auf dem Dorf, obwohl doch alle Songs, die wir jemals gut gefunden hatten, davon handelten, das Scheiß-Leben auf dem Land endlich hinter sich zu lassen. Ich fühlte mich betrogen.
Thees war damals weiter als ich: Vater geworden, Beziehung zerbrochen, dabei, das Glück im Kleinen zu suchen. Nun wäre es bescheuert, zum besseren Verständnis von Pop-Platten die eigenen Pläne vom Familienleben zu sabotieren, aber ein paar Jahre stand ich da in seinen Schuhen und als Thees und seine Band vor zwei Jahren in Hamburg auf dem 15. Geburtstag seines Labels Grand Hotel van Cleef spielten, stellte ich fest, dass ich die Songs des ersten Soloalbums mit großer Hingabe und Gänsehaut mitsang (“Meine Wahrheit in 17 Worten: Ich hab ein Kind zu erziehen, Dir einen Brief zu schreiben und ein Fußball Team zu supporten”). Dann kam diese Millisekunde, als inmitten dieses Sets mit Solo-Songs das Schlagzeug-Intro zu einem Tomte-Song erklang und noch ehe mein Gehirn exakt erfasst hatte, welcher das eigentlich war, war ich in der Luft und in meiner Erinnerung habe ich für die nächsten 4 Minuten und 20 Sekunden den Boden nicht mehr berührt — ich flog, während ich mir gemeinsam mit dem Text zu “Schreit den Namen meiner Mutter” die Seele aus dem Leib brüllte, und alles war aus Gold. Fünf Tage zuvor war meine Oma gestorben und das hier war genau das, was ich in diesem Moment brauchte, die letzten drei Jahre gebraucht hätte.
Anfang August kam nun endlich das erste musikalische Lebenszeichen seit sechs Jahren: die Single “Fünf Jahre nicht gesungen”. Mein Sohn und ich waren gerade zu Besuch in Berlin, er schlief neben mir im Bett, als ich um Mitternacht Spotify öffnete und auf “Play” drückte:
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Ich würde nicht behaupten, dass ich komplett verstehe, wovon Thees da singt, aber die Stellen, die ich verstehe, fühle ich sehr hart. Drei Wochen später war ich beim Konzert in Essen, was auf den Tag zehn Jahre nach einem der letzten Tomte-Konzerte war, das ich gemeinsam mit den Kilians besucht hatte. Thees und ich sahen uns nach der Show zum ersten Mal seit Jahren wieder, ich bestellte brav Grüße von meiner Mutter (“Der Thees hat mir damals beim Kilians-Konzert den Tipp gegeben, einfach Taschentücher ins Ohr zu stopfen, wenn es zu laut ist. Das ist gut!” — wenn das nicht Rock’n’Roll ist, weiß ich es auch nicht!) und wir sabbelten über The Clash, “Paw Patrol” und Berlin, als hätten wir uns vor ein paar Wochen zuletzt gesehen.
Eine Woche später bekam ich vom Grand Hotel das zugeschickt, was im Jahr 2019 einer gebrannten Bemusterungs-CD entspricht: Einen personalisierten Streaming-Link, unter dem ich Thees’ neues Album “Junkies und Scientologen” hören konnte. Ich klickte drauf, legte den Sound meines MacBooks auf meine Anlage und drückte etwas unsicher auf “Play”. Fünfzig Minuten später saß ich erschöpft (ich hatte ein paar Mal headbangend durch die Wohnung hüpfen müssen) und aufgewühlt (ich hatte ein paar Mal Tränen in den Augen gehabt) auf meiner Couch und verfluchte mich dafür, dass ich an dem Abend verabredet war und das Album jetzt nicht direkt zehn Mal hintereinander hören konnte.
Olli Schulz sagt, “Junkies und Scientologen” sei das Beste, was Thees seit “Hinter all diesen Fenstern” gemacht hat, was ich nur deswegen nicht unterschreiben kann, weil deren Nachfolger “Buchstaben über der Stadt” bei mir eben so eine unglaubliche Sonderstellung einnimmt. Genauso wie kettcar die lange Pause vor “Ich vs. Wir” so gut getan hat, dass sie mal eben ihr vielleicht bestes Album aufgenommen haben, ist auch Thees nach so langem Warten auf dem Höhepunkt seines Schaffens: Auf “Junkies und Scientologen” sind er und seine Band musikalisch so tight wie selten, textlich ist er noch besser geworden.
Thees hat ja schon immer versucht, Denkmäler zu errichten, hier beschriftet er die Messingtafeln teilweise ganz schlicht: “Avicii” ist tatsächlich ein völlig unironisches Loblied auf den verstorbenen DJ, den er gerne gerettet hätte; “Katy Grayson Perry” schon ein Stück komplexer, weil er sowohl die amerikanische Sängerin als auch den britischen Künstler gemeinsam zu seinem Label holen will. In “Was wird aus Hannover” feiert er die Stadt, die vor allem für ihre völlige Egalheit bekannt ist, und singt über deren bekannteste Band: “Du hast über die Scorpions gelacht, aber die sind in ‘Stranger Things'” — da muss man die Serie nicht mal geguckt haben, um zu verstehen, wie er das meint.
Dieses Abkulten von Menschen, berühmten wie unbekannten, erreicht im Titeltrack seinen Höhepunkt: Die Strophen sind eine einzige Aneinanderreihung von Widmungen (“Für das Mädchen im Ramones Shirt”, “Für jeden, der in seiner Straße Stolpersteine poliert”, “Für die Vierfaltigkeit der Bobs: Bob Marley, Bob Dylan, Bob Andrews und Bob Ross”), der Refrain ein leuchtender Bengalo im Morgengrauen:
Aber die Zukunft ist ungeschrieben
Die Zukunft ist so schön vakant
Und ich komme dich besuchen
Egal ob Stammheim oder Bundeskanzleramt
Da haben wir in vier Zeilen: Ein Joe-Strummer-Zitat, ein Fremdwort, das sonst kaum in Liedtexten auftaucht, und das Name-Checking von zwei zentralen Orten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Nenn mir einen dieser jungen Deutschpop-Clowns, der etwas Ähnliches hinbekommen würde!
Natürlich konnte man Thees dieses Pathos seiner Texte auch schon immer vorwerfen. Aber es ist ein anderes Pathos als das von “Auf uns” oder “Tage wie dieser”, denn Thees’ Lieder taugen nicht zur Untermalung von Fußballturnier-Supercuts. Vielleicht gibt es für Außenstehende auf dem Papier auch gar keinen Unterschied, aber für mich ist es auch eine hermeneutische Kategorie, wer da spricht oder singt. Ich weiß noch, wie ich damals erst die Texte von Tomte und dann Thees selbst kennenlernte und dachte: Da ist jemand, der packt das in Worte, was ich irgendwo in mir drin gefühlt habe und niemals hätte ausdrücken können. Thees gab mir das Vokabular für Liebesbekundungen, Therapiesitzungen und Blog-Einträge.
Morgen erscheint “Junkies und Scientologen” dann offiziell. Für mich endet damit diese Phase, in der man sich wie ein Mitverschwörer fühlen kann, weil man Songs kennt, die erst wenige Menschen gehört haben. Aber ich bin mir sicher, dass es da draußen Tausende gibt, die diese Lieder genauso lieben werden wie ich und denen sie genauso viel (und gleichzeitig etwas völlig anderes) bedeuten werden.
Im letzten Lied der Platte singt Thees:
Ich bin der Letzte mit einem Bierglas in einer Welt voller Champagner
Die Welt ist von sich selbst besoffen, aber ich bleib beim Bier
Du Astra, ich Fiege! Auf “Junkies und Scientologen”!
Ich hab’s verpasst: Am Sonntag jährte sich zum zehnten Mal das Tomte-Konzert im Düsseldorfer Zakk, wenige Tage vor Veröffentlichung der “Buchstaben über der Stadt”. Ich war zum Interview mit Thees Uhlmann verabredet und entsprechend früh da, war aber trotzdem etwas erstaunt, als mich der Künstler dann höchstselbst auf dem Handy anrief und zum Gespräch bat.
Als er die Tür zum Backstageraum öffnete, trug er einen Blink-182-Kapuzenpullover, hatte ein Rotweinglas in der Hand und grinste mich an. Es war unser zweites Interview, wovon er aber vermutlich nichts wusste. Ich hatte das Album schon seit Anfang des Jahres und war schwer begeistert, musste aber erst noch was anderes loswerden:
“Hi, ist Simon nicht da? Ich hätte hier ein Demo für ihn. Sind Bekannte von mir, die machen so Strokes-mäßigen Indierock.”
Und Thees sagte so was wie: “Zeig mal hier”, guckte auf die Tracklist und sagte triumphierend: “Gott sei Dank, sie singen Englisch!” Dann legte er die CD in seinen Laptop und drückte auf Play. Zu den ersten Takten von “At All” sang er “Ein Volk steht wieder auf …”, weil der Beat was von kettcars “Deiche” hat. Er skippte sich durch die sechs Songs und sagte die goldenen Worte: “Wenn ich die morgen noch geil finde, wenn ich wieder nüchtern bin, dann sign ich die!” Dann erst konnte ich mein Interview beginnen.
Als Gerne Poets, der Manager, während des Interviews kurz vorbeischaute, erklärte ihm Thees im Überschwung, er habe gerade ein Demo gehört und werde eine neue Band beim Grand Hotel van Cleef unter Vertrag nehmen. Gerne dachte vermutlich das gleiche wie ich: “Ja, klar. Laberlaber!” Acht Wochen später stand ich im E-Werk in Erlangen und sah die Kilians im Vorprogramm von Tomte spielen.
Seitdem ist viel passiert: Die Bands gibt es nicht mehr, einige von uns sind Väter geworden, die meisten Leute habe ich seit Jahren nicht gesehen. Aber diese vier Tage, die ich mit Tomte und den Kilians auf Tour war, als wir in Stuttgart im Copy Shop hunderte von CD-Booklets nachdrucken lassen mussten und auf allen verfügbaren Laptops diese EP gebrannt haben (teilweise am Merchstand: “Hi, ich hätte gerne die CD von der Vorgruppe!” — “Ja, kleinen Moment, gleich ist wieder eine fertig!”), als ich die Songs von Tomte Abend für Abend gehört habe, als sich mein Leben wie “Almost Famous” anfühlte und wir für eine kurze Zeit überzeugt davon waren, dass es im Leben nichts wichtigeres, bedeutsameres und größeres geben könne als Rockmusik, das alles wird für immer bleiben. Auf einem Platz in meinem Herz steht Dein Name an der Wand und ich will, dass Du es erfährst.
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Ich habe noch ziemlich lebhaft vor Augen, wie mein kleiner Bruder mir irgendwann Ende September 2005 ein paar MP3s mit dem Hinweis schickte: “Hier, das sind Kumpels von mir — hör Dir das mal an!” Ich hatte ungefähr 20 Sekunden gehört, als mein Unterkiefer buchstäblich herunterklappte. “Kumpels von Dir, ja? Aus Dinslaken?! Nicht aus New York?!”
Rund vier Wochen später sah ich die Band zum ersten Mal live, am vielleicht un-rock’n’rolligsten Ort der Welt: Im Bochumer “Haus der Freunde” auf einer Party des Modellstudiengangs Medizin. Neben einem kalten Buffet standen fünf Jungs mit ihren Instrumenten und ich weiß noch, dass ich damals dachte: “Das sind ja noch Kinder!” Gerockt haben sie damals aber schon wie die ganz Großen und so notierte ich am folgenden Tag in meinem Tagebuch:
The Kilians gestern waren so fein, wie ich es erwartet hatte. Mann, die werden hoffentlich mal richtig groß.
Vier Monate später spielte die Band im Vorprogramm von Tomte — ein Triumphzug durch die mittelgroßen Konzerthallen der Republik. Der Artikel aus dem Bandnamen verschwand, das Debütalbum wurde von der Musikpresse vorsichtig euphorisch aufgenommen, die Band wurde zwei Mal für die “Einslive-Krone” nominiert und erspielte sich als Support von Coldplay, auf den Festivals und in den Clubs der Republik eine treue Fangemeinde.
Aus den Kindern von damals sind inzwischen erwachsene Männer geworden und das ist auch der Grund, warum die Kilians jetzt den Stecker ziehen:
Job, Studium und Familie ließen sich kaum mit einer Festivalsaison oder gar einem neuen Album vereinen.
Bevor die Band in die ewigen Jagdgründe – oder in den Limbus vor der Comeback-Tour – geschickt wird und sich die Jüngeren nur noch an das Sample in Cros “Einmal um die Welt” erinnern können, haben die Kilians im Sommer eine Abschiedstour angekündigt.
Unter der knackigen Überschrift “Das letzte Mal live und in Farbe, fresh und unbekannt, die Strokes vom Niederrhein” geht es in zwei Wochen ein letztes Mal auf die Straße:
Das “Haus der Freunde” in Bochum oder die Kathrin-Türks-Halle in Dinslaken sind diesmal also nicht dabei, aber für den Dortmunder Auftritt verlosen wir mit der freundlichen Unterstützung vom Grand Hotel van Cleef2×2 Gästelistenplätze.
Beantworten Sie dazu bitte folgende Frage: Welchen Kilians-Song hat Cro bei “Einmal um die Welt” gesampelt?
Die Gewinner werden unter all denen gezogen, die die richtige Antwort bis zum 3. Dezember 2013, 23:59:59, an gewinnegewinnegewinne@coffeeandtv.de schicken, und anschließend benachrichtigt.
Kleingedrucktes: Die E-Mails und dazugehörigen E-Mail-Adressen werden nur für das Gewinnspiel verwendet und danach entsorgt. Jeder Teilnehmer darf nur eine E-Mail schicken. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Es ist womöglich schon mal an der einen oder anderen Stelle angeklungen, dass ich 20 Jahre meines Lebens in einer Stadt verbracht habe, die Dinslaken heißt.
Das lässt sich jetzt nicht mehr ändern, aber ich kann natürlich versuchen, daraus irgendwie Kapital zu schlagen. Deswegen habe ich, als wir fürs Duslog in Düsseldorf waren, Stefan Niggemeier einfach mal kurz nach Dinslaken geschleift und ihm meine alte Heimat gezeigt.
Herausgekommen ist ein etwas spezieller Imagefilm, der bald bei der Dinslakener Stadtinformation käuflich zu erwerben sein wird:
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Wenn Wolfgang Niedecken der Dylan der Südstadt ist, ist Simon den Hartog dann der Adam Green von Ehrenfeld? (Und – was viel wichtiger ist – wird er mich für diesen Vergleich schlagen, wenn wir uns das nächste Mal sehen?)
Hier in Oslo erhalte ich täglich neue Einblicke ins TV- und Musikgeschäft. Eine besondere Erkenntnis verdanke ich allerdings einer Meldung aus der Heimat:
Nach einer langen Pause melden sich die Kilians zurück.
preist das Label den Arbeitsbeginn am dritten Album an.
Eine “lange Pause” entspricht im schnelllebigen Musikbiz von heute also wahlweise vierzehn oder gleich viereinhalb Monaten.
Wie Vertigo FM das angedeutete neue Album von Public Image Ltd. ankündigen würde, mag man sich angesichts einer 18-jährigen Pause kaum ausmalen.
Wir überqueren gerade die ehemalige Deutsch-Deutsche Grenze. Auch wenn die Grenze seit über 20 Jahren nicht mehr existiert, wirkt die Grenzstation der Transitstrecke immer noch gruselig. Man hat die ganze Zeit das Gefühl etwas Verbotenes zu tun und gleich dabei erwischt zu werden. Aus der Grenzstation
einen schicken grauen Rasthof zu machen hat auch nicht viel geholfen.
Gestern waren wir in Osnabrück in der kleinen Freiheit, ein liebevoll eingerichteter Club mitten im industriellen Nirgendwo. Die traumhafte Strandbar des Clubs und tonnenweise Sand können bei 4 Grad aber nicht von unseren dicken Jacken ablenken.
Sekunden vor ihrem Auftritt hätte ich Kate und Damon von An Horse fast im Backstage-Raum eingesperrt. Eigentlich hab ich sie sogar eingesperrt, wurde bei meiner niederträchtigen Sabotage aber zum Glück von einem wachsamen Mitarbeiter erwischt.
In Osnabrück passiert es dann endlich, das erste Simon den Hartog und Band Konzert mit der von uns seit Tagen erwarteten Abstemplung und Schubladeneinsortierung. “Die Kilians klingen wie die Strokes und Simon den Hartog klingt wie die Strokes in langsam.“ Und dieser Aussage kann ich nur recht geben, immer wenn ich Lipstick Jungle höre, – zur eigenen Meinungsbildung zu hören auf Simons Seite – muss ich sofort an die Strokes denken, nur eben irgendwie in langsam.
Noch 170 Kilometer bis Berlin, Hotelzimmer wurden abbestellt, Partyprogrammplanungen in Auftrag gegeben. Es ist Wochenende und wir mögen Berlin, hoffentlich mag Berlin uns auch. Wenn nicht, kriechen wir heimlich ins Doppelzimmer von An Horse und werden wie treue Fifis am Fußende ihres Bettes
unseren Rock’n’Rausch auschlafen…
Phil Collins, Thom Yorke, James Dean Bradfield, … — die Liste der Sänger, die sich auch mal außerhalb ihrer Bands (Genesis, Radiohead, Manic Street Preachers) austoben wollten, ist lang. Jetzt also Simon den Hartog.
Ab Samstag tourt der quirlige Wahl-Kölner für eine Woche ohne seine Kilians durch die Republik, im Vorprogramm spielen die sehr empfehlenswerten An Horse (mehr zu denen bei den nächsten “Gesammelten Platten”). Das sieht dann so aus:
Wer es (skandalöserweise) nicht zu den Konzerten schafft, muss auf eine Überdosis Kilian nicht verzichten: Basti Boensch, verantwortlich für den Livesound, wird ein exklusives Tourblog schreiben. Und Sie ahnen nie, wo …
Äh, na gut.
Das Simon den Hartblog
ab ungefähr morgen
nur auf coffeeandtv.de
War Dinslaken vor den Kilians nur ein Fleck auf der Landkarte, haben die fünf Jungs aus der niederrheinischen Provinz das Städtchen für viele Fans zur deutschen Indie-Hauptstadt gemacht.
So etwas denke ich mir natürlich nicht aus, so etwas zitiere ich.
Oder anders formuliert, für unsere Leser über 50 70:
Aber ich fang’ mal besser von vorne an: Im nächsten Jahr, welches in weniger als zwei Wochen beginnt, wird das Ruhrgebiet ja Schauplatz des – so optimistische Schätzungen – größten kulturpolitischen Desasters seit dem Untergang des weströmischen Reichs — Wir sind “Kulturhauptstadt”!
Dass die Verkehrsinfrastruktur ein absolutes Desaster ist und die Verantwortlichen (u.a. Oliver Scheytt, Fritz Pleitgen und Dieter Gorny) schon seit Jahren den Eindruck vermitteln, als seien sie nicht nur Willens, sondern auch in der Lage, das ganze Großprojekt mit Pauken, Trompeten, wehenden Fahnen und Vollgas vor die Wand zu fahren, soll niemanden weiter stören. Im Ruhrgebiet sind wir es gewohnt, aus allem das Beste zu machen. Und wer den Niedergang der Montanindustrie überlebt, wird auch mit Dieter Gorny fertig.
Obwohl Essen es noch nicht ganz verstanden hat, ist übrigens das ganze Ruhrgebiet “Kulturhauptstadt”. In den 52 Wochen des Jahres sind 52 Städte sogenannter “Local Hero” — und mit welcher Stadt es losgeht, das erraten Sie nie!
Eine Woche lang gibt es Kulturevents am laufenden Band. Höhepunkt für Rockmusikinteressierte dürfte ohne Zweifel das Konzert am Freitag, 15. Januar sein:
In der Kathrin-Türks-Halle (in Dinslaken nur als “Stadthalle” bekannt) werden die Kilians, Dinslakens erfolgreichster Exportschlager außerhalb der Schlager-Branche, eines ihrer wenigen Konzerte des Jahres 2010 spielen. Als Vorbands spielen zwei weitere Bands, die gerade dabei sind, den Ruf Dinslakens als deutsches Omaha bzw. Borlänge in die Welt zu tragen: The Rumours und Cama Maya.
Entgegen der Ankündigung im Vorfeld sind Korrekturen an der Planung vorgenommen worden, die jugendliche Musikfreunde zufrieden quittieren dürften.
Und während Sie sich noch fragen, ob das Gekreische bei Konzerten dann als “Quittungston” durchgeht, bin ich schon bei den key facts:
Kilians, The Rumours & Cama Maya
15. Januar 2010, 19:30 Uhr
Stadthalle Dinslaken
Eintritt: 15 Euro
All Ages
Um das alles noch ein bisschen schöner zu machen, verlost Coffee And TV mit freundlicher Unterstützung von Liftboy2×2 Gästelistenplätze für das Konzert.
Beantworten Sie einfach die Quizfrage:
Wie heißt der aktuelle Bürgermeister von Dinslaken?
Die Gewinner werden unter all denen gezogen, die die richtige Antwort bis zum 10. Januar 2010, 23:59:59, an gewinnegewinnegewinne@coffeeandtv.de schicken.
Die Gewinner werden am 11. Januar benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
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