Vor vielen Jahren, als ich noch im Usenet unterwegs war, kam in einer der Musik-Newsgruppen die Idee auf, einen Internationalen Strafgerichtshof für Coverversionen (Sitz: Tötensen) einzusetzen. Ich habe diese Idee über die Jahre etwas aus den Augen verloren, aber ich denke, jetzt ist die Zeit reif.
Dabei will ich keineswegs die Auffassung vertreten, Coverversionen seien per se von niederem kulturellen Rang und ideenlos. Wer das Nachspielen andererleuts Liedgut für “Klauen” oder “Profitieren von fremden Ideen” hält, hat einen wesentlichen Teil der Grundidee von Popkultur nicht verstanden. Auch war es ja in den 1950er bis 1970er Jahren durchaus üblich, dass man kaum wusste, was eigentlich ein Original und was ein Cover war — so viele Versionen eines Songs waren gleichzeitig auf dem Markt.
Und dennoch: Wir müssen reden.
Da war zunächst Leona Lewis’ haarstrübende Version des eigentlich sehr schönen Songs “Run” von Snow Patrol, über die ich bereits im Dezember gerichtet hatte. Kürzlich stolperte ich dann über eine gewagte Neuinterpretation, die das Kurzzeit-Internet-Sternchen Mina von “Love Hurts” aufgenommen hatte — vom Incubus-Song dieses Namens, wohlgemerkt, nicht vom milliardenfach gecoverten Everly-Brothers-Klassikers.
In eine völlig neue Dimension vorgestoßen ist allerdings ein … äh: Tondokument, das ich vergangene Woche versehentlich im Radio gehört habe. Ein Werk, das sogar der kanonischen schlechtesten Coverversion aller Zeiten (William Shatner does “Lucy In The Sky With Diamonds”) gefährlich werden könnte.
Meine Damen und Herren: Annie Lennox vernichtet “Shining Light”!
(Die Plattenfirma hat aus guten Gründen die Einbettung des Videos unmöglich gemacht.)
Für alle, die das Original gar nicht kennen: Es stammt von Ash und spielte damals (vor – *schluck* – acht Jahren) eine wichtige Rolle bei meinem Erwachsenwerden.
Hoffen wir, dass Lennox’ Version ein Riesenhit wird, damit das Schmerzensgeld für Tim Wheeler wenigstens hoch genug ausfällt.