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Sex outside marriage is against our religion

Es ist überhaupt nicht schlimm, wenn Sie nicht auf Anhieb wissen, wer Levi Johnston ist. Immerhin würde diese Unkenntnis belegen, dass die albernen Nicht-Schlagzeilen deutscher Boulevardmedien vergangene Woche an Ihnen vorbei gegangen sind. Levi Johnston jedenfalls ist der Vater des Enkelkinds von Sarah Palin, Punkt.

Die Namen Nick Hornby und Ben Folds sollten Ihnen – gerade als regelmäßige Coffee-And-TV-Leser – allerdings schon etwas sagen. Der englische Bestsellerautor hat Texte geschrieben, die vom amerikanischen Pianobarden vertont wurden — was ja an sich schon mal eine Traummeldung für Musiknerds ist.

Um die beiden etwas wackelig in der Luft hängenden Absätze dort oben mal zusammenzuführen: Nick Hornby und Ben Folds haben einen Song namens “Levi Johnston’s Blues” geschrieben (Kerntextzeile: “Ya fuck with me and I’ll kick your ass”). Und den gibt es jetzt bei der “Huffington Post” zu hören.

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Selbstbezogen und unprofessionell

Der “Spiegel” hat sich eine self-fulfilling prophecy gebastelt. “Die Beta-Blogger” steht drüber – ein Wortspiel, das im für schlechte Wortspiele bekannten Blog coffeeandtv.de noch vor der Endkontrolle den Gnadenschuss bekommen hätte – und sie füllt in der morgen erscheinenden Ausgabe drei Seiten.

Egal, was man über Blogger schreibt, hinterher wird man von ihnen doch nur verdroschen, weil man nix verstanden oder mit den falschen Leuten gesprochen hat.

steht da ziemlich zu Beginn und damit ist eigentlich alles gesagt.

Genauso gut könnte da auch stehen “das Ganze nach dem Würzen eine halbe Stunde ziehen lassen”, oder “Schönes Wetter draußen, was?”, aber das würde vermutlich nicht dazu führen, dass diese schrecklich selbstreferentiellen Blogger hinterher schreiben, der “Spiegel” hätte nichts verstanden.

Gleich drei Autoren haben an dem “Stück” (“Spiegel”-Sprech) mitgestrickt, was der Kohärenz etwas schadet, dem Text aber ansonsten nicht hilft. Wer sich für Blogs interessiert, erfährt nichts Neues, und wer vorher noch nie von Blogs gehört hatte, wird nachher (“Ist ein bisschen so, als würde man sich einer Sekte nähern, die in internen Grabenkämpfen versunken ist.”) nichts mehr davon hören wollen.

Der Artikel krankt schon an der Grundannahme, die Journalisten jedes Mal tätigen, wenn sie einem sogenannten Massenphänomen gegenüberstehen, das sie nicht verstehen: sie verallgemeinern, scheren alle über einen Kamm und wollen Zusammenhänge sehen, wo keine sind. Normalerweise lautet das Wort, das solche Texte durchzieht “Generation irgendwas”, diesmal heißt es “Blogosphäre”.

Dabei ist die Blogosphäre weder eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, noch ist sie völlig zerstritten – sie ist eine völlig alberne Modellvorstellung, deren Sinnlosigkeit einem klar wird, wenn man das Wort einfach mal durch “Gesellschaft” ersetzt. In Wahrheit heißt Blogosphäre nämlich: die schiere Summe aller Menschen, die bloggen.

Es gibt bloggende Journalisten, bloggende Hausfrauen, bloggende Schüler, bloggende Bestatter und bloggende Hartz-IV-Empfänger – man könnte von einer bloggenden Gesellschaft sprechen. Und all diese Menschen haben so viel oder wenig gemeinsam, wie Journalisten, Hausfrauen, Schüler, Bestatter und Hartz-IV-Empfänger im Alltag gemeinsam haben. Blogs sind ein Medium, ein Mittel zum Zweck. Man wird unter Bloggern auf ähnliche viele nette Menschen, auf ähnlich viele Arschlöcher treffen, wie in der Welt da draußen – vielleicht gibt es unter Bloggern überdurchschnittlich viele Menschen mit einem gewissen Mitteilungsbedürfnis, aber das ist dann auch schon alles.

Natürlich gibt es Blogger, die aktiver sind und sich beispielsweise regelmäßig treffen – aber auch das gibt es in Form von Stammtischen, Vereinen und Freundeskreisen in der Wirklichkeit und hat vielleicht mehr mit den entsprechenden Leuten zu tun als mit ihrer Profession.

Ich kann das Bedürfnis verstehen, all das Tolle, Kluge, Beunruhigende, Abstoßende und Neue, das man in Blogs so finden kann, irgendwie einer größeren Leserschaft zu vorstellen zu wollen. In Blogs kann man meistens für eine klar umrissene Zielgruppe mit Vorkenntnissen schreiben, aber Journalismus braucht Prototypen und deshalb ist Keith Richards Rock’n’Roll, Kurt Cobain Grunge und Gerard Way Emo (wenn nicht gerade Hanni, Nanni und Kaffeekanni Emo sind).

Also setzt man sich hin, schreibt alles auf, was einem dazu einfällt (BILDblog, Don Alphonso, Politically Incorrect, Huffington Post) und guckt im Telefonbuch unter “B” wie “Blogger” nach. Nur wird man dem Thema Blogs damit ungefähr so gerecht wie ein Blogeintrag über Journalismus, der von “Bild”, “Spiegel” und irgendeiner Schülerzeitung handelt und bei dem Roger Willemsen, Günther Jauch und Thomas Leif was über Journalismus sagen dürfen. Es ist letztlich wie mit den Blinden und dem Elefanten.

Jeder Blogger schreibt über die Themen, die ihn interessieren, und wenn sich niemand zur “globalen Finanzkrise”, dem “Mindestlohn” oder der “Verarmung des Mittelstands” äußern will, dann tut das halt niemand. Natürlich tut es trotzdem jemand, denn auch in den Leserbriefspalten und Call-In-Sendungen der Radiostationen äußern sich ja Leute zu diesen Themen, von denen sie keine Ahnung haben. Es braucht keine Vorschriften und keine Listen, was in deutschen Blogs falsch läuft.

Der Vergleich mit amerikanischen Blogs (also den relevanten, nicht denen bei MySpace) ist natürlich naheliegend, aber auch unfair: die Unterschiede zwischen Deutschland und den USA sind einfach zu groß. In den USA gibt es Mainstream-Medien mit extremen Positionen, die eine Gegenöffentlichkeit brauchen. Wir könnten uns ja glücklich schätzen, wenn deutsche Medien überhaupt irgendwelche Positionen verträten. Außerdem gibt es hierzulande einfach keine Debattenkultur, die man digital fortsetzen könnte.

Für mich gilt außerdem: Ich will gar keine gesellschaftliche Relevanz haben. Ich schreibe, weil mir Schreiben Spaß macht, seit ich denken kann – sogar schon länger, als ich eigentlich schreiben kann. Statt orthographisch fragwürdiger Geschichten über einen “Baua”, der “in Unmacht fellt”, und die meine Eltern lesen (und loben) mussten, kann hier heute jeder, den es interessiert, lesen, welche Musik mir gefällt und was mich alles am derzeitigen Zustand des deutschsprachigen Journalismus stört. Ich habe auch immer schon lustige kleine Videofilme gedreht – früher mussten die Freunde meiner Eltern deren Vorführung durchleiden, heute kann das via YouTube jeder, der will. Das Internet ist das einfachste Mittel, den Kram, den ich sonst für mich selbst machen würde, unverbindlich einem größeren Publikum zur Verfügung zu stellen. Das erfolgt für beide Seiten freiwillig (wer’s nicht lesen mag, muss nicht, und wenn ich keinen Bock hab, schreib ich nichts) und kostenlos.

Und natürlich werden jetzt jede Menge Blogger über den Artikel schreiben und sich aus diesem oder jenem Grund darüber aufregen. Wer sich für Blogs interessiert, erfährt daraus nichts Neues, und wer vorher noch nie von Blogs gehört hatte, wird es sowieso nicht lesen. Durch die ständige Gegenüberstellung der Begriffe “Blogger” und “Journalist” entsteht der Eindruck, es ginge um zwei unvereinbare Lager und Blogger würden Journalisten grundsätzlich hassen (was zumindest auf mich nicht zutrifft). Es gibt keinen Kampf, deswegen wird es auch keine Gewinner und Verlierer geben. Außer natürlich die “Spiegel”-Autoren, die am Ende Recht behalten mit ihrer Vorhersage.

(Immerhin steht vor dem Wort “Blog” jedes Mal der Artikel “das”. Man wird ja bescheiden.)

Nachtrag, 21. Juli: Den Artikel gibt’s jetzt auch bei “Spiegel Online”. Dabei hätte ich es tausend Mal lustiger gefunden, einen Artikel über Blogs nur offline zu verbreiten.