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I woke up to the Sound of German hip hop in my head

Es nützt ja nichts mehr, das zu leug­nen: Ich glau­be, ich mag jetzt deutsch­spra­chi­gen Hip-Hop. Zumin­dest teil­wei­se.

Alles begann mit der „Echo“-Verleihung im März, als Cas­per mit sei­nem Album „XOXO“ in der Kate­go­rie „Hip-Hop /​ Urban“ obsieg­te. „Toll: Wenigs­tens die­ser sym­pa­thi­sche Schluf­fi und nicht so homo­pho­be Hon­ks wie Bushi­do oder Sido“, dach­te ich, klick­te bei Cas­pers Face­book-Pro­fil auf „Gefällt mir“ und kauf­te „XOXO“ sofort bei iTu­nes.

Dann dau­er­te es ein biss­chen, bis ich mich in das Album rein­ge­fun­den hat­te, aber inzwi­schen haben drei Songs in mei­nem iTu­nes die Höchst­wer­tung von fünf Ster­nen. Hier ist einer davon:

Als Cas­per beim Geburts­tags­fes­ti­val vom Grand Hotel van Cleef vor­letz­ten Sonn­tag in Ham­burg als Über­ra­schungs­gast auf die Büh­ne kam, um erst bei Thees Uhl­manns „Und Jay‑Z singt uns ein Lied“ mit­zu­rap­pen und dann mit der Band sein eige­nes Uhl­mann-Duett „XOXO“ per­form­te, war das einer der groß­ar­tigs­ten Momen­te, den ich die­ses Jahr auf einem Kon­zert erlebt habe.

Über Cro hat­te ich ja neu­lich schon geschrie­ben, hier aber auch noch mal ein Fünf-Ster­ne-Song:

Seit ein paar Wochen läuft jetzt die gemein­sa­me Sin­gle von Mar­te­ria, Yasha & Miss Plat­num im Radio. Und nach ein paar Durch­gän­gen war ich mir sicher, dass mir auch „Lila Wol­ken“ gefällt:

Und irgend­wann wer­den die Plat­ten­fir­men sicher auch ver­stan­den haben, dass Hörer, denen ein Song gefällt, die­sen am Liebs­ten sofort kau­fen wür­den – und nicht erst ein paar ver­damm­te Wochen spä­ter.

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Fähnchen im Wind

Eines der bes­ten Alben des ver­gan­ge­nen Jah­res ist ganz klar „Trou­ba­dour“ von K’na­an. Die­ses phä­no­me­na­le Hip-Hop-Album des gebür­ti­gen Soma­liers hat es hier im Blog auf kei­ne Lis­te geschafft, weil ich es (wie üblich) zu spät ent­deckt habe – sei­ne Taug­lich­keit als Reno­vie­rungs- und Umzugs­sound­track hat es im Janu­ar dann aber voll unter Beweis gestellt.

Zu den bes­ten Songs des Albums zählt die­ser hier, „Wavin‘ Flag“:

Als ich hör­te, dass „Wavin‘ Flag“ die Hym­ne der Fuß­ball-WM wer­den soll, dach­te ich: „Geil. End­lich mal nicht so ein auf­ge­drück­ter Mist wie Ana­sta­cia (2002) oder so ein halb­ga­res Amal­gam wie bei Her­bert Grö­ne­mey­er (2006), son­dern ein jun­ger, auf­stre­ben­der Künst­ler mit einer Bot­schaft!“, und ich sah die Men­schen schon in den Stra­ßen ihre Fah­nen schwen­ken.

Nun ja: „Wavin‘ Flag“ ist der Wer­be­song eines Limo­na­den­her­stel­lers, der weder mit Afri­ka noch mit Fuß­ball son­der­lich viel am Hut hat, aber lang­jäh­ri­ger Part­ner des Fuß­ball­welt­ver­bands FIFA ist. Der Song bekam ein, zwei Make­overs ver­passt, bis zum Bei­spiel das hier pas­sier­te:

Aus dem Text wur­den die aller­meis­ten Ver­wei­se auf Armut, Hun­ger und Krieg getilgt, jetzt wird nur noch lus­tig gefei­ert – das Span­nungs­feld, das den Song mal aus­ge­macht hat, ist kaputt, dafür gibt es Nach­schub für die Sta­di­on-Mit­gr­öl-Chö­re. Das alles ist immer noch okay und bes­ser als die Bei­trä­ge von Ana­sta­cia und – bei allem Respekt – Her­bert Grö­ne­mey­er, nur irgend­wie ist es auch ziem­lich weich­ge­spült, um auch ja in jedem Win­kel der Welt gut rüber­zu­kom­men.

Wesent­lich span­nen­der ist da das Mix­tape „The Mes­sen­gers“, das K’na­an gemein­sam mit J.Period zusam­men­ge­stellt hat: Nach­ein­an­der wer­den Fela Kuti, Bob Mar­ley und Bob Dylan gewür­digt, was – vor allem bei Dylan, der auf den ers­ten Blick nicht so ganz in die musi­ka­li­sche Linie pas­sen will – groß­ar­tig funk­tio­niert.

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Musik

I Wish I Knew Natalie Portman

Hip-Hop gehört ja nicht unbe­dingt zu den Kern­ge­bie­ten mei­nes musi­ka­li­schen Inter­es­ses, aber dass K‑OS zu den Guten gehört, das wuss­te ich. Dass er im Okto­ber ein neu­es Album ver­öf­fent­licht hat, wuss­te ich bis eben nicht. Auch nicht, dass sei­ne aktu­el­le Sin­gle Sau­kra­tes und Nel­ly Fur­ta­do fea­tured, Phan­tom Pla­nets „Cali­for­nia“ zitiert und „I Wish I Knew Nata­lie Port­man“ heißt.

Jetzt weiß ich es – und der Song ist ver­dammt cool:

[via Uwe Vieh­mann]

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Musik Rundfunk Radio

Don’t Listen To The Radio

Man kann nicht immer alles gut fin­den und abfei­ern. Selbst wenn an einem Tag zwei Plat­ten erschei­nen, auf die ich mich freue wie als Kind auf Weih­nach­ten, so kom­men am glei­chen Tag doch min­des­tens genau­so­vie­le Plat­ten, die auf deut­lich ande­re Käu­fer hof­fen müs­sen. Auch im Radio kom­men auf einen guten Song min­des­tens drei okay und eine rich­ti­ge Ner­ven­sä­ge (das ist jetzt nur geschätzt, ich bin aber fast bereit, Feld­ver­su­che durch­zu­füh­ren) – und das fern­ab von Tokio Hotel, Xavier Naidoo und Sil­ber­mond.

Des­we­gen jetzt und hier: Die „Dar­um tret‘ ich Dein Radio ein“-Charts – total sub­jek­tiv und krass pole­misch.

05. Snow Pat­rol – Shut Your Eyes
Snow Pat­rol sind eine recht ordent­li­che Band. Man kann jedes Mal beto­nen, dass „Final Straw“, das Album vor dem Durch­bruch, deut­lich bes­ser war als das Durch­bruch­s­al­bum „Eyes Open“ selbst. „Cha­sing Cars“ war eine Mör­der­hym­ne, aber „Shut Your Eyes“ hat zu wenig Melo­die, zu wenig Span­nung, zu wenig Song. Ein­fach nur öde.

04. Incu­bus – Love Hurts
Ich hab Incu­bus immer schon für eine schwa­che Red-Hot-Chi­li-Pep­pers-Tri­bu­te-Band gehal­ten und die­se Sin­gle bestä­tigt mich in mei­nem Glau­ben. Green Days „Bou­le­vard Of Bro­ken Dreams“ auf Vali­um.

03. Razor­light – Befo­re I Fall To Pie­ces
Razor­light sind ein wei­ches Ziel, noch extre­mer als Kea­ne: kein Musik­jour­na­list wür­de je öffent­lich zuge­ben, die Band um den Fünf-Minu­ten-Liber­ti­nes-Bas­sis­ten John­ny Bor­rell auch nur ansatz­wei­se gut zu fin­den – trotz­dem war „Ame­ri­ca“ ein net­ter Pop­song. „Befo­re I Fall To Pie­ces“ ist jetzt aber eine ster­bens­lang­wei­li­ge Rock’n’Roll-Par­odie, die selbst gegen Neun­zig­jäh­ri­ge nicht ankommt.

02. Den­de­mann – End­lich Nicht­schwim­mer
Bis hier­her waren die Songs nur öde, jetzt wer­den sie ner­vig – und das rich­tig schnell und ganz doll. Der „Blues­sän­ger auf Abwe­gen“ Den­de­mann rappt sich durch Uralt­beats und Dicke-Hose-Stro­phen und krönt den Track mit einem der ner­vigs­ten Refrains ever.

01. Boundzound – Lou­der
Wenn das eigent­lich sehr gute Musi­ker­kol­lek­tiv See­ed mal gera­de Betriebs­fe­ri­en hat, machen die diver­sen Mit­glie­der was ande­res. Ob es unbe­dingt Musik sein muss, ist zumin­dest im Fall von Sän­ger Dem­ba Nabé eine berech­tig­te Fra­ge, denn die ers­te Sin­gle sei­nes Pro­jekts Boundzound ist nerv­tö­ten­der als vier Stun­den Nach­bars Alarm­an­la­ge hören – aber ähn­lich repe­ti­tiv und melo­di­ös. Sel­ten reagie­re ich kör­per­lich auf unlieb­sa­me Musik, hier ste­he ich kurz vor Schüt­tel­krämp­fen. Das Lied ist so doof, dass ich mir sogar den unglaub­li­chen Wort­witz von wegen Lei­ser­dre­hen spa­re.

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Musik

Mensch braucht HipHop

Sah ja fast schon so aus, als fehl­te dem Hip­Hop nur noch eine (wei­te­re) Kugel im Brust­korb zum end­gül­ti­gen Tod. Der Main­stream ist mitt­ler­wei­le der­art zuge­schis­sen wor­den mit auf­ge­pump­ten Hol­adris (und ihren jewei­li­gen Pos­ses), die gar nichts und noch weni­ger zu sagen haben, dass man schon froh ist, wenn irgend­je­mand mal ein Video ohne Frau­en­feind­lich­kei­ten zu Ende bringt. Die „Avant­gar­de“ bei den Vor­zei­ge­la­bels von Def Jux und Stones Throw scheint mir gleich­zei­tig ein biss­chen selbst­ge­fäl­lig gewor­den zu sein, kaum mehr aus­zu­bre­chen aus den selbst gesteck­ten, müh­sam erar­bei­te­ten The­men­be­rei­chen und Sound­wel­ten. Und Dan­ger­mou­se? Hat­te schon bei Gnarls Bar­kley und den Goril­laz nur noch am Ran­de mit Hip­Hop zu tun, bevor er zuletzt Plat­ten von The Rap­tu­re und The Good, The Bad & The Queen betreu­te. Das jüngs­te Rap­al­bum des­halb, das mich völ­lig auf­ge­fres­sen hat: Com­mons „Be“ aus 2005, klug betex­tet, kein Bull­shit drum­her­um und glän­zend pro­du­ziert von Kanye West, der damals noch Din­ge zu bewei­sen hat­te.

Das Gute nun an so einer Aus­gangs­si­tua­ti­on: Im Prin­zip konn­te es für Hip­Hop-07 nur auf­wärts gehen, wenigs­tens an den Rän­dern des Gen­res, wo es nie viel zu ver­lie­ren, aber umso mehr zu holen gab. Wie schnell und steil das gera­de pas­siert, fin­de ich trotz­dem min­des­tens genau­so über­ra­schend wie erfreu­lich. Der März fängt gera­de erst an, und es gibt trotz­dem schon Eini­ges her­zu­zei­gen:

Clip­se – Hell Hath No Fury
Wirkt am Anfang etwas tro­cken und sprö­de, lebt im End­ef­fekt aber vor allem von die­sen Eigen­schaf­ten. Unglaub­li­che Pro­duk­ti­on von den Nep­tu­nes, sehr redu­ziert und trotz­dem offen für Akkor­de­ons und sol­chen Quatsch. Die Tex­te der bei­den MCs dazu sind sehr böse und düs­ter, fast schon ver­bohrt in ihre Haupt­the­men (ca. Koks und Nut­ten), aber letzt­lich atem­be­rau­bend gut und kon­zen­triert. Per­fek­tes Poker­face, auch.

Dälek – Aban­don­ded Lan­guage
Sind weg­ge­kom­men vom Dröh­nen und Äch­zen der letz­ten Plat­te, jetzt ein biss­chen zugäng­li­cher und ein­fa­cher anzu­hö­ren. Der über­wäl­ti­gen­den Tie­fe ihrer Tracks hat das erstaun­li­cher­wei­se nicht gescha­det, es gibt immer noch aus­rei­chend zu bemer­ken und ver­ar­bei­ten, immer noch genug Rät­s­el­auf­ga­ben von Dälek, dem klei­nen, dicken MC mit der Don­ner­stim­me. My Bloo­dy Valen­ti­ne in Hip­Hop.

Talib Kwe­li & Mad­lib – Libe­ra­ti­on
Konn­te man sich Anfang des Jah­res kos­ten­los auf der Stones-Throw-Home­page run­ter­la­den und war eigent­lich nur als Warm-Up für Kwe­lis neue Plat­te gedacht, die irgend­wann spä­ter in 07 kom­men soll. Gera­de die­se zwang­lo­se Her­an­ge­hens­wei­se hat der Sache sehr gut getan, die Old-School-Blä­ser-Samples knack­sen und schlei­fen ganz herr­lich, die Raps sind pri­ma ver­tän­delt. Wird nun doch noch „rich­tig“ her­aus­ge­bracht, ver­mut­lich weil es zum Ver­schen­ken ein­fach zu gut war.

Bus­dri­ver – Road­kill Over­coat
Der Aben­teu­er­spiel­platz des Hip­Hop. In der zwei­ten Hälf­te ver­rennt es sich lei­der ein biss­chen, davor brennt hier aber der Busch wie lan­ge nir­gend­wo sonst mehr. „Less Yes’s, More No’s“ muss bit­te jeder gehört haben, viel prä­zi­ser kann man einen solch stu­ren Schlag­zeug­beat gar nicht mehr mit wun­der­ba­ren Kin­der­rei­en über den Bauch pin­seln.

K‑Os – Atlan­tis: Hymns for Dis­co
In die­ser Lis­te wohl der Stre­ber. Viel­sei­tig­keits-Hip­Hop, der sich bis zu Mar­vin Gaye rüber­neigt, aber irgend­wie immer noch die Kur­ve kriegt, bevor es zu viel wer­den könn­te. Wyclef Jean wür­de so klin­gen, wenn er, na ja, wenn er gut wäre, viel­leicht.