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Musik Unterwegs

Oslog (2)

Nach­dem auf der Kon­fe­renz Ian Gittins noch ein biss­chen was über die Zukunft des Musik­jour­na­lis­mus erzählt hat­te (die alten Musik­ma­ga­zi­ne ster­ben mit ihren Lesern, die Bruce Springsteen und die Rol­ling Stones hören aus; Blogs sind heu­te das, was frü­her Punk Fan­zines waren), mach­te sich die klei­ne deut­sche Dele­ga­ti­on in Oslo auf den Weg, viel Geld für Piz­zen aus­zu­ge­ben.

Und dann ging die Kon­zert­run­de los: Erst in die Kon­gress­hal­le, in der gleich drei Büh­nen stan­den, dann rüber in den nächs­ten Club mit eben­so vie­len Büh­nen. Hal­be Stun­de Auf­tritt, nächs­te Band. Es war ein biss­chen wie frü­her die Abhör­sit­zun­gen beim Radio. Ich stell­te als­bald fest, dass ich viel zu wenig Musik ken­ne, um sagen zu kön­nen, ob eine Band jetzt ori­gi­nell ist oder nur klingt wie zig ande­re, von denen ich nur nie etwas gehört habe.

Aber da wir hier im Dienst­leis­tungs­blog Cof­fee And TV sind, will ich hier mal zu jeder Band mei­ne 20 Øre auf­schrei­ben:

Choir Of Young Belie­vers
Der Sän­ger sah mit sei­nem Hut und sei­nem Bart aus wie Dra­fi Deut­scher (die Älte­ren wer­den sich – damm, damm – erin­nern), der Indiepop klang mal ein biss­chen nach Bei­rut (die Folk­lo­re), mal nach Aqu­alung (der Fal­sett-Gesang). Ins­ge­samt kamen mir in den Lied­tex­ten ein paar zu vie­le „Aaaaaaaah“-Passagen vor, um mich damit län­ger zu beschäf­ti­gen.

Retro Stefson

Retro Stef­son
Island, das Land am Ran­de des Abgrunds, hofft auf die­se Schü­ler­band, die die hei­mi­sche Wirt­schaft nur mit­hil­fe ihrer Plat­ten­ver­käu­fe aus der Kri­se füh­ren soll. Dafür wird mun­ter Reg­gae mit Pol­ka und Ska mit Dis­co ver­mischt, bis eine sym­pa­thisch-kru­de Mischung ent­steht, die so gar nichts mit den ande­ren gro­ßen islän­di­schen Künst­lern (Björk und Sigur Rós) gemein­sam hat. Eigent­lich fand ich das Ergeb­nis gar nicht schlecht, aber in der Sum­me war es dann doch etwas zu gewollt eklek­tisch.

Mer­lin
Also, für Hard­core bin ich beim bes­ten Wil­len kein Exper­te. Aber es hat schon ordent­lich ger­ummst, so viel ist klar.

Underwater Sleeping Society

Under­wa­ter Slee­ping Socie­ty
In mei­nem schlau­en Notiz­buch steht „Mischung aus Kash­mir & Kili­ans, Radio­head & Sigur Rós (inkl. Kla­ri­net­te) => sehr gut“. Das dürf­te der end­gül­ti­ge Beweis sein, dass ich zu weni­ge Bands ken­ne. Die­se hier ist aber sicher eine, die es sich ken­nen­zu­ler­nen lohnt.

Har­rys Gym
Den Preis für den blö­des­ten Band­na­men bei gleich­zei­tig guter Musik haben ja eigent­lich Schrott­gren­ze auf Lebens­zeit bekom­men, aber „Haralds Turn­hal­le“ ist auch nicht schlecht gut. Dies­mal klingt die Sän­ge­rin nach Björk, der Rest der Musik hat was von The Notwist und Port­is­head. Lei­der bin ich zu die­sen Klän­gen in den sehr beque­men Ses­seln (das Kon­zert fand in einer Art Thea­ter­saal mit bestuhl­ter Empo­re statt) mehr­fach in beun­ru­hi­gen­de Traum­wel­ten ver­schwun­den, aber ich bin mir sicher, dass die­se Musik sehr real und sehr, sehr gut war. Scha­de, dass das, was ich gera­de auf der MySpace-Sei­te der Band höre, nicht ganz so gut ist wie die Live-Show.

Annie

Annie
Und hier der ers­te Künst­ler des heu­ti­gen Tages, den ich vor­her kann­te und von dem ich sogar eine CD besit­ze. Annie galt bei Erschei­nen ihres Debüt­al­bums „Annie­mal“ vor drei­ein­halb Jah­ren als „neue Madon­na“ und „bes­se­re Kylie Mino­gue“. Zumin­dest letz­te­res stimmt. Ich kann mich nicht erin­nern, jemals bei einem Kon­zert eine ers­te Rei­he gese­hen zu haben, die aus­schließ­lich aus Män­nern bestand. Und Anne Lilia Ber­ge Strand flir­te­te mit ihnen, was das Zeug hielt. Der Bubble­gum-Sound, der das Album mit­un­ter etwas schwer hör­bar mach­te, wur­de von der Live­band weit­ge­hend weg­ge­bü­gelt, bis nur noch kno­chen­tro­cke­nes Dis­co-Gestamp­fe übrig war.

Und damit möch­te ich den ers­ten Tag hier in Oslo beschlie­ßen. Ich bin bald 24 Stun­den wach, habe ein paar hun­dert Kilo­me­ter in so ziem­lich jedem Ver­kehrs­mit­tel außer Schiff hin­ter mir, und muss mor­gen wie­der an einer Kon­fe­renz teil­neh­men …

Was es mit dem Oslo-Trip auf sich hat, steht hier.