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Digital Musik

mtv.de geht im Whirlpool unter

mtv.de wür­de ich aus guten Grün­den nicht als mei­ne bevor­zug­te Nach­rich­ten­quel­le für den Bereich Musik und Enter­tain­ment bezeich­nen. Aber manch­mal schi­cken einen Goog­le Alerts eben auf sol­che Sei­ten.

Zum Bei­spiel zu sol­chen Über­schrif­ten:

Britisches Gericht verbietet Babyshambles!

„Hol­la“, denkt man da natür­lich, „sind wir schon wie­der so weit?“ Dann liest man den dazu­ge­hö­ri­gen Arti­kel, wun­dert sich, liest ihn noch ein­mal und ist sich anschlie­ßend sicher, ihn Schritt für Schritt durch­ge­hen zu müs­sen.

Fan­gen wir also an:

Die Babysham­bles schaf­fen einen gefähr­li­chen „Whirl­pool-Effekt“. Uhhhh!

Ver­meint­li­che Nach­rich­ten­mel­dun­gen, die mit Aus­ru­fen wie „Uhhhh!“, „Wow!“ oder „Aha!“ auf­war­ten, kann man meis­tens getrost in die Ton­ne klop­pen. Da fin­det sich jemand wit­zig und die Chan­cen ste­hen gut, dass sich kein wei­te­res intel­li­gen­tes Lebe­we­sen im gan­zen Uni­ver­sum fin­den wird, das die­se Ansicht teilt.

Pete und Co. wech­seln zu schnell den Rhyth­mus!

Was uns die­ser Satz sagen will, erfah­ren wir viel­leicht spä­ter noch.

Die Babysham­bles soll­ten eigent­lich auf dem bri­ti­schen „Moon­fest“ (29. – 31. August) in Wiltshire auf­tre­ten. Dies berei­te­te den Behör­den anschei­nend sol­che Sor­gen, daß das ört­li­che Gericht kur­zer­hand den Auf­tritt ver­bot und schließ­lich das gesam­te Fes­ti­val abge­sagt wur­de. Mit rech­ten Din­gen ist das Gan­ze nicht zuge­gan­gen. Es gab zwar Ermitt­lun­gen, jedoch weder eine ordent­li­che Gerichts­ver­hand­lung noch wur­de ein Band­mit­glied oder Ver­an­stal­ter befragt. Poli­zei und Gericht schei­nen das Ver­bot unter sich aus­ge­macht zu haben.

Nun war ich nicht dabei, aber der Umstand, dass im „Guar­di­an“ der Ver­an­stal­ter John Green von einem „Gerichts­ver­fah­ren“ spricht, in des­sen Ver­hand­lungs­pau­se man ihm ein „Ange­bot“ unter­brei­tet habe, könn­te natür­lich in gewis­ser Wei­se doch für Gesprä­che unter­ein­an­der spre­chen:

Green said poli­ce had offe­red him a deal during a pau­se in court pro­cee­dings to allow the night to go ahead if he agreed to spend more on secu­ri­ty and remo­ved Doh­erty from the lin­e­up but he refu­sed the „offer“.

Aber wei­ter im Text bei mtv.de:

Zur Info: Pete Doh­erty besitzt ein Haus in Wiltshire – was der ört­li­chen Poli­zei anschei­nend gar nicht paßt. John Green, Ver­an­stal­ter des „Moon­fest“ sag­te laut nme.com hier­zu:

„Sie [die Poli­zei] haben mir per­sön­lich gesagt, daß es has­sen, ihn hier woh­nen zu sehen.“

Und so sag­te er das laut nme.com:

„They [the poli­ce] told me pri­va­te­ly they hate the fact he lives in Wiltshire and they don’t want him on their patch,“ Green told the Guar­di­an

Wir schal­ten nun um zum Frei­stil-Schwa­feln:

Die absur­de Geschich­te nimmt aller­dings ech­te Mon­ty Python-Züge an, wenn man den Poli­zei­be­richt liest. Die Band schaf­fe einen „Whirl­pool-Effekt“ bei ihrem Publi­kum. Sie sen­ke absicht­lich den Rhyth­mus und zöge dann das Tem­po wie­der an, was „Gewalt-auf­ru­fend“ sei.

Zum Ver­gleich noch mal das Ori­gi­nal­zi­tat, wie­der­ge­ge­ben von nme.com:

„What he does as part of his rou­ti­ne is to gee up the crowd. They speed up and then slow down the music and crea­te a whirl­pool effect in the crowd.

„They [the crowd] all get geed up and then they start fight­ing.“

Aber wir wol­len nicht zu klein­lich sein. Wirk­lich absurd an der Geschich­te ist wohl vor allem, dass die ört­li­che Poli­zei einen Geheim­dienst-Beam­ten zu den Babysham­bles befragt hat und dabei laut „Guar­di­an“ zu fol­gen­dem Ergeb­nis kam:

„Experts are tel­ling us that the pro­fi­le of fans that fol­low Pete Doh­erty and Babysham­bles is vola­ti­le and they can easi­ly be whip­ped up into a fren­zy, whe­re­as the pro­fi­le of someone that would fol­low around Cliff Richard or Bucks Fizz, for exam­p­le, is com­ple­te­ly dif­fe­rent.“

Das ist natür­lich nur dann wit­zig, wenn man weiß, wer oder was Cliff Richard oder Bucks Fizz sind. Für Leser und Schrei­ber von mtv.de also eher nicht. Aber die haben eh einen ande­ren Humor:

Wow! Adam Ficek, Drum­mer der Babysham­bles, hat’s erkannt:

„Die gan­ze Sache ist reif für eine Komö­die.“

Ja, wow! Und so komö­di­an­tisch hat er’s gesagt:

Reac­ting to the police’s decis­i­on, Babysham­bles drum­mer Adam Ficek said he was angry, but said that the band would try to orga­ni­se an alter­na­ti­ve show. „The who­le thing is a far­ce, it’s almost comic­al,“ he told NME.COM

Bleibt nicht viel mehr, als den Schluss­ab­satz von mtv.de in den Raum zu stel­len:

Die Babysham­bles ver­su­chen nun, einen Alter­na­tiv-Gig zu orga­ni­sie­ren. Wir warten’s ab, lachen uns schlapp und hof­fen, daß die Queen sich bald ein­schal­tet.

Bit­te, lie­be Leu­te von mtv.de: Könn­tet Ihr viel­leicht beim nächs­ten Mal ein­fach jeman­den schrei­ben las­sen, der sich gera­de nicht schlappt­lacht, statt­des­sen mit Quel­len und fremd­sprach­li­chen Zita­ten umge­hen kann, und sei­ne Stil­blü­ten­aus­bil­dung nicht in irgend­ei­ner Lokal­re­dak­ti­on gemacht hat?

Sie, lie­be Leser, lesen statt­des­sen viel­leicht lie­ber die­sen char­man­ten Kom­men­tar von Tim Jon­ze im „Guar­di­an“. Der ist wenigs­tens rich­tig lus­tig:

The clo­sest you nor­mal­ly come to a riot here is when the bat­tery on someone’s Nokia N93i came­ra-pho­ne dies. Bands such as Cold­play and U2 are typi­cal of your avera­ge sta­di­um band, making mid-paced, epic music that is impos­si­ble to dance to wit­hout loo­king like someone’s „cool dad“ (ie, the rest of the crowd).

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Digital Radio Rundfunk

Irgendwann nach Erfindung des Buchdrucks

Mal ehr­lich: Wie groß wäre Ihr Ver­trau­en in die jour­na­lis­ti­sche Qua­li­tät einer Radio­sen­dung, in deren Pres­se­mit­tei­lung fol­gen­der Satz steht?

In nur 15 Jah­ren ist das Inter­net für vie­le unent­behr­lich gewor­den.

(Zur Erin­ne­rung: Das World Wide Web wur­de Ende April 15 Jah­re alt, das Inter­net exis­tiert nach all­ge­mein übli­cher Zähl­wei­se seit 1969. Das hät­te man so unge­fähr auch im WDR-eige­nen Kin­der­le­xi­kon „neun­ein­halb“ nach­le­sen kön­nen.)

Falls Sie nach der Lek­tü­re des kom­plet­ten Ankün­di­gungs­tex­tes doch noch Hoff­nung auf eine sach­li­che Dis­kus­si­on haben: die Sen­dung „Hal­lo Ü‑Wagen“ läuft am Sams­tag, 31. Mai 2008 um 11:05 Uhr live auf WDR 5, dem Sen­der der ges­tern schon so stim­mungs­voll über das Inter­net berich­tet hat.