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Lucky & Fred: Episode 12

Bei einer Packung bel­gi­scher Zucker­waf­feln bespre­chen Lucky & Fred die The­men der ver­gan­ge­nen Wochen. Es geht um ein­ge­wan­der­te Extre­mis­ten, Live-Jour­na­lis­mus, die Pana­ma Papers und die Fra­ge, war­um die Tür­kei der legi­ti­me Nach­fol­ger von Edmund Stoi­ber ist. Dann gilt es wie­der Abschied zu neh­men von Ver­stor­be­nen und die bei­den ver­ra­ten vor­ab ihre letz­ten Wor­te.

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Volles Vertrauen, hier in Deutschland

In der letz­ten Zeit habe ich mit meh­re­ren Radio­leu­ten gespro­chen, die sich beklag­ten, dass vie­le Bands heut­zu­ta­ge kein Inter­view­trai­ning mehr von den Plat­ten­fir­men bekä­men und des­halb im Gespräch oft etwas kon­fus rüber­kä­men und kei­ne guten O‑Töne lie­fer­ten.

Nun könn­te man ein­wen­den, Musi­ker müss­ten ja nicht pri­mär gescheit daher reden, son­dern vor allem schö­ne Musik machen. Anders ver­hält es sich da schon bei Poli­ti­kern: Noch bevor die neue Bun­des­re­gie­rung im Amt ist, haben eini­ge Kabi­netts­mit­glie­der schon durch außer­ge­wöhn­li­che Pres­se­kon­fe­ren­zen von sich reden gemacht.

Der desi­gnier­te Außen­mi­nis­ter Gui­do Wes­ter­wel­le wei­ger­te sich, eine eng­lisch­spra­chi­ge Fra­ge eines BBC-Repor­ters anzu­hö­ren und belehr­te die­sen, dass er sich in Deutsch­land befin­de. Bun­des­kanz­le­rin Ange­la Mer­kel kan­zel­te einen nie­der­län­di­schen Repor­ter ab, der Zwei­fel an der Kom­pe­tenz Wolf­gang Schäubles als Finanz­mi­nis­ter wegen des­sen Ver­stri­ckung in die CDU-Par­tei­spen­den­af­fä­re äußer­te.

Bei­de Ant­wor­ten hät­ten sich vor weni­gen Jah­ren noch ver­sen­det – heut­zu­ta­ge wur­den sie inner­halb weni­ger Stun­den ein paar Tau­send Mal auf You­Tube ange­schaut und via Inter­net wei­ter­ver­brei­tet. Für vie­le User scheint sich zu bestä­ti­gen, was die Illus­trier­te „Der Spie­gel“ heu­te aus der Kris­tall­ku­gel berich­tet: Schwarz/​Gelb wird ein Desas­ter.

Ich habe Fritz Goer­gen, der frü­her Stra­te­gie­be­ra­ter füh­ren­der FDP-Poli­ti­ker war und heu­te als frei­er Kom­mu­ni­ka­ti­ons­be­ra­ter arbei­tet, nach sei­ner Ein­schät­zung des The­mas gefragt und er war so freund­lich, einen klei­nen Gast­bei­trag zu ver­fas­sen:

Poli­tik? Bit­te inter­net­ter.

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Auf jeden Sieger zehn Verlierer

Stel­len wir uns für einen Moment bit­te Fol­gen­des vor: Ich habe Usain Bolt, den schnells­ten Mann der Welt, zu einem Wett­ren­nen über 100 Meter her­aus­ge­for­dert. Usain Bolt hat sich vor­her bei­de Bei­ne gebro­chen, tritt aber trotz­dem an. Durch die­ses Han­dy­cap läuft Bolt die Stre­cke in 12,5 Sekun­den, ich brau­che 29,2 Sekun­den und bin damit so lang­sam wie noch nie. Nach dem Ren­nen erklä­re ich mich zum kla­ren Sie­ger, weil Bolt ja nor­ma­ler­wei­se viel, viel schnel­ler ist und das muss man ja auch berück­sich­ti­gen.

Wenn Sie die­ser Argu­men­ta­ti­on fol­gen kön­nen (und nicht schon bei der Vor­stel­lung, ich könn­te 100 Meter gera­de­aus lau­fen lachend unter Ihrem Schreib­tisch ver­schwun­den sind), sind Sie ver­mut­lich in der SPD. Die hat näm­lich gera­de bei der bay­ri­schen Land­tags­wahl das schlech­tes­te Ergeb­nis ever ein­ge­fah­ren, was sie in der Selbst­wahr­neh­mung zum Sie­ger macht, weil die CSU (die 2,3 Mal so vie­le Stim­men erhal­ten hat) immer­hin seit 54 Jah­ren nicht mehr so schwach war.

Die gebro­che­nen Bei­ne von Usain Bolt hei­ßen Gün­ther Beck­stein und Erwin Huber und sie haben die Wahl natür­lich nur der­art vor die Wand gefah­ren, um Edmund Stoi­ber sei­nen 67. Geburts­tag zu ver­ha­geln. Dafür haben sie Stoi­ber (und ich fürch­te, Sie wer­den sich heu­te noch mit eini­gen schie­fen Bil­dern rum­schla­gen müs­sen) bei Tem­po 180 aus dem fah­ren­den Wagen gewor­fen, wäh­rend Horst See­ho­fer an der Hand­brem­se nes­tel­te und Gabrie­le Pau­li das Ver­deck ein­fah­ren woll­te. Aber für das füh­rer­lo­se und zer­trüm­mer­te Gefährt hät­ten sie immer­hin noch die vol­le Pend­ler­pau­scha­le bezie­hen kön­nen.

Die in jeder Hin­sicht beein­dru­cken­de Schlap­pe für die CSU, die fast ein Drit­tel ihrer Wäh­ler­stim­men ein­ge­büßt hat, wird aber in den Schat­ten gestellt von einer SPD, die das eige­ne Deba­kel ele­gant igno­riert (wohl Dank der Erfah­rung auf dem Gebiet) und allen Erns­tes Ansprü­che auf die Regie­rungs­bil­dung anmel­det.

Frank-Wal­ter Stein­mei­er, den sie in der Par­tei mitt­ler­wei­le ver­mut­lich für einen Albi­no-Barack-Oba­ma hal­ten, der aber bes­ten­falls ein ganz sicher nicht gefärb­ter Ger­hard-Schrö­der-Klon ist (was immer­hin schon mal bedeu­tend bes­ser ist als ein unra­sier­ter Gor­don-Brown-Klon), die­ser Frank-Wal­ter Stein­mei­er also stellt sich hin­ter ein Mikro­fon und sagt:

Und immer­hin: Es ist zum ers­ten Mal für vie­le Wäh­le­rin­nen und Wäh­ler in Bay­ern vor­stell­bar und mög­lich gewe­sen, nicht mehr CSU zu wäh­len. Sie sind noch nicht gleich durch­ge­gan­gen zur SPD, aber es ent­steht eine Per­spek­ti­ve.

Na, hur­ra! Da könn­te ich ja auch in laut­star­ke Ver­zü­ckung gera­ten, weil Nata­lie Port­man nicht mehr mit Devan­dra Ban­hart zusam­men ist – und mich jetzt sicher end­lich hei­ra­ten wird.

Franz Maget, der aus­sieht wie Peter Zweg­at, aber SPD-Spit­zen­kan­di­dat in Bay­ern war, ver­spricht, den „hal­ben Weg“ beim „nächs­ten Mal“ nach­zu­ho­len, und die Wäh­ler nicht nur weg von der CDU, son­dern auch hin zur SPD zu holen. Das klingt, als steck­ten die Wäh­ler zwi­schen Vil­la­ri­ba und Vil­la­ba­jo (form­er­ly known as Not und Elend) auf hal­ber Stre­cke im Schlamm – und nicht, als hät­ten sie sich gera­de irgend­wo ganz anders ein gemüt­li­ches klei­nes Zelt­la­ger am war­men Herd von Gabi Pau­li errich­tet.

Um die Run­de voll­zu­ma­chen, trat auch noch Andrea Ypsi­lan­ti, die das Wort­paar „glaub­wür­di­ger Poli­ti­ker“ im Allein­gang zum Oxy­mo­ron stem­peln will, freu­de­strah­lend vor die Kame­ras und sprach von der zwei­ten Wahl, die „gründ­lich schief­ge­gan­gen“ sei für … die CDU/​CSU. Mit der ers­ten meint sie wohl ihre eige­ne in Hes­sen, die­sem armen Bun­des­land, dass seit einem hal­ben Jahr von einem geschäfts­füh­ren­den Minis­ter­prä­si­den­ten regiert wird, der auch noch Roland Koch heißt.

Denn das ist die eigent­li­che Sen­sa­ti­on der Wah­len in Hes­sen und Bay­ern: dass die Uni­on nicht wegen ihrer poli­ti­schen Geg­ner so dumm dasteht, son­dern wegen ihres eige­nen Füh­rungs­per­so­nals. Aber selbst dann schafft es die SPD nicht, wenigs­tens so vie­le Wäh­ler zu mobi­li­sie­ren, dass sie selbst die meis­ten Stim­men bekommt – was nach mei­nem Demo­kra­tie­ver­ständ­nis (Koch hin, Beck­stein her) irgend­wie drin­gend not­wen­dig wäre, um wasauch­im­mer zu regie­ren.

Aber ver­mut­lich weiß es der Wäh­ler zu schät­zen, wenn eine Par­tei, der er viel­leicht auch noch sei­ne Stim­me gege­ben hat, in ers­ter Linie durch Scha­den­freu­de über die Ver­lus­te des poli­ti­schen Geg­ners auf sich auf­merk­sam macht. Eigent­lich ist es da doch inkon­se­quent, nicht gleich noch einen Schritt wei­ter zu gehen, auf Öster­reich zu zei­gen und „wenigs­tens hat bei uns kei­ner das Nazi­pack gewählt“ zu rufen.

Dass auch ein in Bay­ern erwor­be­nes Abitur nicht zwangs­läu­fig für gro­ße Mathe­ma­tik­kennt­nis­se steht, bewies dann Clau­dia Roth, die Mut­ter Bei­mer der Grü­nen. Sie sieht „eine deut­li­che Mehr­heit jen­seits der CSU“, die sich in den abso­lu­ten Zah­len der Sitz­ver­tei­lung wohl vor allem dar­in nie­der­schlägt, dass alle ande­ren Par­tei­en zusam­men exakt drei Sit­ze mehr haben als besag­te CSU. Dar­aus lei­tet Frau Roth einen „Auf­trag“ zur Regie­rungs­bil­dung ab.

Es ist beein­dru­ckend, mit wel­cher Unbe­irrt­heit Poli­ti­ker gro­ße Deba­kel und mitt­le­re Ent­täu­schun­gen (die Grü­nen haben zwar als ein­zi­ge vor­her im Land­tag ver­tre­te­ne Par­tei hin­zu­ge­won­nen, sind aber nicht mal mehr dritt­stärks­te Frak­ti­on) in Sie­ge und Tri­um­phe umzu­wid­men ver­su­chen. Wie ein Wahl­er­geb­nis gedeu­tet wer­den soll, das eigent­lich nur den Schluss zulässt, dass die Wäh­ler die Schnau­ze voll haben von den bei­den gro­ßen Volks­par­tei­en, die die Bun­des­re­pu­blik seit drei Jah­ren in trau­ter Zwie­tracht regie­ren (und dabei noch jedes zwei­te Gesetz ver­fas­sungs­wid­rig gekriegt haben). Und wie die Läh­mung, die so ein Land durch unein­deu­ti­ge Macht­ver­hält­nis­se erfährt, gefei­ert wird.

Man war­tet eigent­lich nur noch auf den Tag, an dem irgend­ei­ne Par­tei (mut­maß­lich eine von Gui­do Wes­ter­wel­le geführ­te) auf die Idee kommt, bei Wahl­er­geb­nis­sen ana­log zur Ein­schalt­quo­te im Fern­se­hen eine „wer­be­re­le­van­te Ziel­grup­pe“ aus­zu­ru­fen und nur noch das Abstimm­ver­hal­ten der 14- bis 49-Jäh­ri­gen berück­sich­ti­gen zu wol­len.

Dabei sind die deut­schen Ver­tre­ter noch blass und harm­los gegen das Per­so­nal, das im US-Wahl­kampf ange­tre­ten ist, um das Amt zu erobern, das man nicht umsonst das wich­tigs­te der Welt nennt. Wir haben ja noch nicht mal eine Sarah Palin (obwohl ich glau­be, dass Gabrie­le Pau­li für die Rol­le not­falls zur Ver­fü­gung stün­de), von einem John McCain oder Joe Biden ganz zu schwei­gen.

Ande­rer­seits rei­chen Ronald Pofalla, Gui­do Wes­ter­wel­le und Oskar Lafon­taine für den Anfang völ­lig aus.

[Aus­ge­löst via twit­ter]

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Bananenrepublik Deutschland

Ich hat­te ja schon das eine oder ande­re Mal geschrie­ben, dass ich mir ein deut­sches Äqui­va­lent zur „Dai­ly Show“ wün­sche. Im Moment bräuch­te man dafür noch nicht mal Autoren, man müss­te nur die Zei­tung auf­schla­gen:

In den letz­ten drei Wochen hat die SPD gefühl­te ein­hun­dert Mal ihre Plä­ne für Hes­sen geän­dert – „regie­ren“, „nicht regie­ren“, „regie­ren“, „nicht regie­ren“ – ganz so, als sei Homer Simpson plötz­lich zum Bun­des­vor­sit­zen­den der Par­tei ernannt wor­den (er hät­te bes­se­re Umfra­ge­wer­te als Kurt Beck, so viel ist klar). Im Umgang mit der Abge­ord­ne­ten Dag­mar Metz­ger bewie­sen die Sozis noch kurz, dass ihnen Par­tei­dis­zi­plin wich­ti­ger ist als Moral und Kon­se­quenz, dann gab Peer Stein­brück die Bun­des­tags­wahl 2009 ver­lo­ren. Das wird vor allem Gui­do Wes­ter­wel­le gefreut haben, der gera­de erst die CDU kri­ti­siert und zu Pro­to­koll gege­ben hat­te, er kön­ne sich inzwi­schen doch eine Zusam­men­ar­beit mit SPD und/​oder Grü­nen vor­stel­len. Roland Koch, der einen der schlimms­ten Wahl­kämp­fe der Nach-Strauß-Ära geführt hat­te, war­te­te ein­fach so lan­ge, bis sich der poli­ti­sche Geg­ner ganz von allein zer­legt hat­te, dann deu­te­te er an, selbst auf das Amt des Minis­ter­prä­si­den­ten ver­zich­ten zu wol­len.

Unter­des­sen ver­ur­sach­ten ver­schie­de­ne Gewerk­schaf­ten (allen vor­an die GDL) alle paar Tage ein mit­tel­schwe­res bis gro­ßes Cha­os und sorg­ten damit für ein gro­ßes Hal­lo in der Bevöl­ke­rung, die sich eh schon hin­ter der Lin­ken ver­sam­melt hat­te, um nach 17 Jah­ren end­lich mal wie­der so was ähn­li­ches wie Sozia­lis­mus nach Deutsch­land zurück­zu­ho­len. Am liebs­ten hät­ten die haupt­be­ruf­li­chen „Die da oben“-Beschimpfer (auch Wäh­ler genannt) wahr­schein­lich eine gro­ße Koali­ti­on aus Lin­ker und FDP, die einen Wie­der­auf­bau des Sozi­al­staats bei gleich­zei­ti­ger Abschaf­fung aller Steu­ern durch­setzt. Wer Kanz­ler wür­de, wäre dabei egal, denn von Ange­la Mer­kel hat man in den letz­ten Wochen ja auch nichts gehört.

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Musik Gesellschaft

Die Vergangenheit der Musikindustrie

Die wenigs­ten Jugend­li­chen, die heu­te Musik hören (und das sind laut neu­es­ten Umfra­gen 98% der Euro­pä­er), wer­den wis­sen, wel­ches Jubi­lä­um die­ser Tage began­gen wird: Vor 25 Jah­ren schloss Sony­Uni­ver­sal, die letz­te Plat­ten­fir­ma der Welt, ihre Pfor­ten. Ein Rück­blick.

Es war ein wich­ti­ger Tag für Deutsch­land, als der Bun­des­tag der Musik­in­dus­trie im Jahr 2009 das Recht ein­räum­te, soge­nann­te „Ter­ror­ko­pie­rer“ (die Älte­ren wer­den sich viel­leicht auch noch an den archai­schen Begriff „Raub­ko­pie­rer“ erin­nern) selbst zu ver­fol­gen und bestra­fen. Als unmit­tel­ba­re Fol­ge muss­ten neue Gefäng­nis­se gebaut wer­den, da die alten staat­li­chen Zucht­häu­ser dem Ansturm neu­er Insas­sen nicht Herr wer­den konn­ten. Dies war die Geburts­stun­de der Pri­so­nia AG, dem Kon­sor­ti­um von Bau- und Musik­in­dus­trie und heu­te wich­tigs­tem Unter­neh­men im EuAX. Die Wie­der­ein­füh­rung der Todes­stra­fe schei­ter­te im Jahr dar­auf nur am Veto von Bun­des­prä­si­dent Fischer – die gro­ße Koali­ti­on aus FDP, Links­par­tei und Grü­nen hat­te das Gesetz gegen die Stim­men der Pira­ten­par­tei, damals ein­zi­ge Oppo­si­ti­ons­par­tei im Bun­des­tag, ver­ab­schie­det.

Im Jahr 2011 fuhr der frisch fusio­nier­te Major War­ne­rE­MI den höchs­ten Gewinn ein, den je ein Unter­hal­tungs­kon­zern erwirt­schaf­tet hat­te. Kri­ti­ker wie­sen schon damals dar­auf hin, dass dies vor allem auf die völ­li­ge Abschaf­fung von Steu­ern für die Musik­in­dus­trie und die Tat­sa­che zurück­zu­füh­ren sei, dass die soge­nann­ten „Klin­gel­tö­ne“, klei­ne Musik­frag­men­te auf den damals so belieb­ten „Mobil­te­le­fo­nen“, für jede Wie­der­ga­be extra bezahlt wer­den muss­ten – eine Pra­xis, die War­ne­rE­MI zwei Jah­re spä­ter auch für sei­ne MP5-Datei­en ein­führ­te.

Die Anzei­chen für einen Stim­mungs­um­schwung ver­dich­te­ten sich, wur­den aber von den Unter­neh­men igno­riert: Der erfolg­reichs­te Solo-Künst­ler jener Tage, Jus­tin Tim­ber­la­ke, ver­öf­fent­lich­te sei­ne Alben ab 2010 aus­schließ­lich als kos­ten­lo­se Down­loads im Inter­net und als Delu­xe-Vinyl-Ver­sio­nen im „Apple Retro Store“. Heu­te fast ver­ges­se­ne Musi­ker wie Madon­na, Rob­bie Wil­liams oder die Band Cold­play folg­ten sei­nem Vor­bild. Hohn und Spott gab es in allen Medi­en für den dama­li­gen CEO von War­ne­rE­MI, als der in einem Inter­view mit dem Blog „FAZ.net“ hat­te zuge­ben müs­sen, die Beat­les nicht zu ken­nen.

Die­se öffent­li­che Häme führ­te zu einem umfas­sen­den Pres­se­boy­kott der Musik­kon­zer­ne. Renom­mier­te Musik­ma­ga­zi­ne in Deutsch­land und der gan­zen Welt muss­ten schlie­ßen, Musik­jour­na­lis­ten, die nicht wie die Redak­teu­re des deut­schen „Rol­ling Stone“ direkt in Ren­te – wie man es damals nann­te – gehen konn­ten, grün­de­ten eine Bür­ger­rechts­be­we­gung, die schnell ver­bo­ten wur­de. Die Lun­te aber war ent­facht.

Im Herbst 2012 kün­dig­te Prof. Die­ter Gor­ny, damals Vor­sit­zen­der der „Kon­sum-Agen­tur für Run­de Ton­trä­ger, Elek­tri­sche Lie­der und Licht­spie­le“ (K.A.R.T.E.L.L.), sei­ne Kanz­ler­kan­di­da­tur an, wor­über der dama­li­ge Bun­des­kanz­ler Gui­do Wes­ter­wel­le alles ande­re als erfreut war. Er setz­te neue Kom­mis­sio­nen für Medi­en- und Kul­tur­in­dus­trie ein und kün­dig­te eine mög­li­che Zer­schla­gung der Musik­kon­zer­ne an. Die­se fusio­nier­ten dar­auf­hin in einer „freund­li­chen feind­li­chen Über­nah­me“ am Euro­päi­schen Kar­tell­amt vor­bei zum Kon­zern Sony­Uni­ver­sal­EMI und droh­ten mit einer Abwan­de­rung in die Mon­go­lei und damit dem Ver­lust der rest­li­chen 300 Arbeits­plät­ze.

Aber weder Kanz­ler Wes­ter­wel­le noch das deut­sche Volk lie­ßen sich erpres­sen: Zum 1. Janu­ar 2013 muss­te MTVi­va den Sen­de­be­trieb ein­stel­len. Die neu­ge­grün­de­te Bun­des­me­di­en­auf­sicht unter Füh­rung des par­tei­lo­sen Ste­fan Nig­ge­mei­er hat­te dem Fern­seh­sen­der, der als soge­nann­ter Musik­ka­nal galt, die Sen­de­li­zenz ent­zo­gen, da die­ser weni­ger als die gesetz­lich gefor­der­ten drei Musik­vi­de­os täg­lich gespielt hat­te. Die Cas­ting­show „Euro­pa sucht den Super­star“ erwies sich für Sony­Uni­ver­sal­EMI als über­ra­schen­der Mega-Flop, der Wert des Unter­neh­mens brach um ein Drit­tel ein, das „EMI“ ver­schwand aus dem Namen.

Im Ber­li­ner Unter­grund grün­de­te sich die Deut­sche (heu­te: Euro­päi­sche) Musi­can­ten­gil­de. Deren heu­ti­ger Ehren­vor­sit­zen­de Thees Uhl­mann erin­nert sich: „Es war ja damals schon so, dass die klei­nen Bands ihr Geld aus­schließ­lich über Kon­zer­te machen konn­ten, die ja dann auch noch ver­bo­ten wer­den soll­ten. Erst haben wir unse­re CDs ja selbst raus­ge­bracht, aber als die Musik­kon­zer­ne dann die Her­stel­lung von CDs außer­halb ihrer Fabri­ken unter Stra­fe stel­len lie­ßen, muss­ten wir auf Kas­set­ten aus­wei­chen.“ Heu­te kaum vor­stell­bar: Das Magnet­band galt damals als so gut wie aus­ge­stor­ben, nur die klei­ne Manu­fak­tur „Tele­fun­ken“ pro­du­zier­te über­haupt noch Abspiel­ge­rä­te, die ent­spre­chend heiß begehrt waren.

Am 29. Novem­ber 2013, heu­te vor 25 Jah­ren, war es dann soweit: Der Volks­zorn ent­lud sich vor der Sony­Uni­ver­sal-Zen­tra­le am Ber­li­ner Reichs­tags­ufer. Das Medi­en­ma­ga­zin „Cof­fee & TV“ hat­te kurz zuvor auf­ge­deckt, dass die Musik­in­dus­trie jah­re­lang hoch­ran­gi­ge Mit­ar­bei­ter gedeckt hat­te, die durch „Ter­ror­ko­pie­ren“ auf­ge­fal­len waren. Wäh­rend der nor­ma­le Bür­ger für sol­che Ver­bre­chen bis zu sechs Jah­re ins Gefäng­nis muss­te, waren die Mana­ger und Pro­mo­ter straf­frei aus­ge­gan­gen. Als nun die Mut­ter des drei­jäh­ri­gen Tim­mie zu einem hal­ben Jahr Arbeits­dienst ver­ur­teilt wer­den soll­te, weil sie ihrem Sohn ein Schlaf­lied vor­ge­sun­gen hat­te, ohne die dafür fäl­li­gen Lizenz­ge­büh­ren von 1.800 Euro zah­len zu kön­nen, zogen die Bür­ger mit Fackeln und selbst gebas­tel­ten Gal­gen zum „Die­ter-Boh­len-Haus“ am Spree­bo­gen.

Das Gebäu­de brann­te bis auf die Grund­mau­ern nie­der, dann zog der Mob unter den Augen von Feu­er­wehr und Poli­zei wei­ter zur Zen­tra­le der „GEMA“ am Kur­fürs­ten­damm (der heu­ti­gen Toyo­ta-Allee). Wie durch ein Wun­der wur­de an die­sem Tag nie­mand ernst­lich ver­letzt. Die meis­ten Füh­rer der Musik­in­dus­trie konn­ten ins nord­ko­rea­ni­sche Exil flie­hen, den „klei­nen Fischen“ wur­de Straf­frei­heit zuge­si­chert, wenn sie ein Berufs­ver­bot akzep­tier­ten und einer drei­jäh­ri­gen The­ra­pie zustimm­ten.

Drei Tage spä­ter fand im Ber­li­ner Tier­gar­ten ein gro­ßes Kon­zert statt, die ers­te öffent­li­che Musik­auf­füh­rung in Euro­pa seit vier Jah­ren. Die Kili­ans, heu­te Rock­le­gen­den, damals noch jun­ge Män­ner, spiel­ten vor zwei Mil­lio­nen Zuhö­rern, wäh­rend die Bil­der von gestürz­ten Die­ter-Gor­ny-Sta­tu­en um die Welt gin­gen.

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Licht aus, Spott an

Wie kann man heut­zu­ta­ge in Deutsch­land eigent­lich noch wirk­lich pro­vo­zie­ren? In Zei­ten, in denen schon jeder und alles mit irgend­wel­chen Nazi-Sachen ver­gli­chen wur­de, muss man sich was neu­es ein­fal­len las­sen: den Kohl-Ver­gleich.

Erfun­den hat ihn Bun­des­tags­vi­ze­prä­si­dent Wolf­gang Thier­se in der „Leip­zi­ger Volks­zei­tung“. Zumin­dest zitiert die­se ihn wie folgt:

Mün­te­fe­ring geht, weil ihm Pri­va­tes in einer ent­schei­den­den Lebens­pha­se wich­ti­ger als alles ande­re ist. Ein Ein­schnitt?

Es ist eine unpo­li­ti­sche Ent­schei­dung, dass Franz Mün­te­fe­ring sei­ne Frau in der letz­ten Pha­se ihres Lebens direkt beglei­ten will. Sei­ne Frau im Dun­keln in Lud­wigs­ha­fen sit­zen zu las­sen, wie es Hel­mut Kohl gemacht hat, ist kein Ide­al. Ohne dass das ver­gleich­bar wäre. Die Poli­tik ist nicht das Aller­wich­tigs­te. Man soll­te sich in sol­chen Pha­sen das Recht neh­men, auch ein­mal still zu hal­ten. Es ist nicht so, dass man ein Schwäch­ling ist, wenn man nicht immer sofort in die­sen unmensch­li­chen Ent­schei­dungs­druck ver­fällt.

Zitat: lvz-online.de

Zur Erin­ne­rung: Han­ne­lo­re Kohl, die Frau von Ex-Bun­des­kanz­ler Hel­mut Kohl, litt schon wäh­rend des­sen Amts­zeit an einer schwe­ren Licht­all­er­gie, die sie zuletzt dazu zwang, in einem völ­lig abge­dun­kel­ten Haus zu leben, und nahm sich im Juli 2001 das Leben (vgl. dazu auch die­ses geschmack­vol­le „Spiegel“-Titelbild).

So, wie Thier­se von der „Leip­zi­ger Volks­zei­tung“ zitiert wird, wäre das natür­lich eine etwas unglück­li­che, viel­leicht auch schlicht­weg geschmack­lo­se Äuße­rung. Thier­se sah sei­ne Aus­füh­run­gen zunächst ein­mal als „falsch und ver­kürzt“ wie­der­ge­ge­ben und schrieb dem Alt­kanz­ler einen per­sön­li­chen Brief, in dem er bedau­er­te, dass „ein fal­scher Ein­druck ent­stan­den sei“. (Man beach­te dabei den alten PR-Trick und bedaue­re nicht sei­ne Äuße­run­gen, son­dern den Ein­druck, der durch sie ent­stan­den sein könn­te.)

Unter­des­sen schrien Poli­ti­ker aller Par­tei­en schon Zeter und Mor­dio und ver­such­ten, die Num­mer zu einem Rie­sen­skan­dal hoch­zu­ju­beln, in des­sen Wind­schat­ten die heu­ti­ge Diä­ten­er­hö­hung medi­al unter­ge­hen könn­te.

Wer ver­ste­hen will, wie Poli­tik und Medi­en heut­zu­ta­ge funk­tio­nie­ren, muss nur die­sen Arti­kel bei n‑tv.de lesen:

„Die Äuße­run­gen von Herrn Thier­se sind für mich mensch­lich zutiefst unver­ständ­lich. Sie gren­zen für mich an Nie­der­tracht“, sag­te Mer­kel der „Bild“.

[…]

Uni­ons-Frak­ti­ons­chef Vol­ker Kau­der (CDU) sprach von einem „Tief­punkt im Umgang“ unter Kol­le­gen. CSU-Lan­des­grup­pen­chef Peter Ram­sau­er sag­te, ein Bedau­ern rei­che „hin­ten und vor­ne nicht“. „Das ist des Deut­schen Bun­des­tags nicht wür­dig. FDP-Chef Gui­do Wes­ter­wel­le hat recht, wenn er sagt, er kann sich durch einen sol­chen Vize­prä­si­den­ten nicht reprä­sen­tiert füh­len.“ Wes­ter­wel­le sprach im „Köl­ner Stadt-Anzei­ger“ von „unter­ir­di­schen“ Äuße­run­gen.

Sie sehen schon: Die reden alle über­ein­an­der und mit der Pres­se, aber in kei­nem Fall mit­ein­an­der – und das Volk sitzt dane­ben wie das Kind geschie­de­ner Eltern, die nur noch über ihre Anwäl­te mit­ein­an­der kom­mu­ni­zie­ren.

Im „Bild“-Artikel kom­men noch ein paar wei­te­re Hoch­ka­rä­ter zu Wort:

Hes­sens Minis­ter­prä­si­dent Roland Koch (CDU) empört: „Schä­big und geschmack­los!“ Jun­ge-Uni­on-Chef Phil­ipp Miß­fel­der: „Par­tei­chef Kurt Beck muss Thier­se sofort zur Ord­nung rufen.“

Und weil die Luft lang­sam dünn wur­de, schal­te­te Thier­se einen Gang höher und ent­schul­dig­te sich heu­te mor­gen per Brief „in aller Form“ bei Hel­mut Kohl. Rich­ti­ger noch: Er bat um Ent­schul­di­gung, was ja heut­zu­ta­ge auch eine sprach­li­che Sel­ten­heit ist.

Wie reagiert eigent­lich Kohl auf den Brief sei­nes alten Freun­des und das gan­ze Thea­ter drum her­um? Mit der ihm übli­chen staats­män­ni­schen Grö­ße und Gelas­sen­heit:

„Ich neh­me die­se Ent­schul­di­gung an. Zum Vor­gang selbst will ich sonst nichts sagen.“

Ich weiß schon, war­um der Mann auf ewig „mein“ Kanz­ler blei­ben wird.

Nach­trag 17. Novem­ber: Gera­de erst fest­ge­stellt, dass die­se ers­te öffent­li­che Erwäh­nung des Namens Hel­mut Kohl seit Mona­ten zufäl­li­ger­wei­se mit der Prä­sen­ta­ti­on des drit­ten Bands von Kohls Auto­bio­gra­fie zusam­men­fiel …

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Programmdirektor spielen (Nachtrag)

Ich bin gro­ßer Fan der „Dai­ly Show“ mit Jon Ste­wart. Der Start von Come­dy Cen­tral Deutsch­land hat sich allein des­halb schon gelohnt, weil man die jeweils aktu­ells­te Fol­ge der groß­ar­ti­gen ame­ri­ka­ni­schen Sati­re­sen­dung dort online schau­en kann. In den ver­gan­ge­nen Wochen habe ich mich des öfte­ren gefragt, ob ein sol­ches For­mat wohl auch in Deutsch­land funk­tio­nie­ren wür­de. Nach­dem der Name Jon Ste­wart kürz­lich auch in unse­ren Kom­men­ta­ren und damit in räum­li­cher Nähe zum Namen Ste­fan Raab auf­tauch­te, habe ich den Gedan­ken mal zu Ende gedacht:

„Lus­ti­ge Nach­rich­ten­sen­dun­gen“ haben in Deutsch­land eine lan­ge Tra­di­ti­on: Begon­nen hat es (wie immer) mit Rudi Car­rell und sei­ner „Tages­show“, es gab die „Wochen­show“ auf Sat 1 und zuletzt die „Frei­tag Nacht News“ bei RTL. Die­se Rei­hen­fol­ge ist nicht nur die chro­no­lo­gisch kor­rek­te, son­dern auch eine nach Qua­li­tät abstei­gen­de. Im Gegen­satz zur „Dai­ly Show“, die die Poli­tik in den USA auch (oder vor allem) inhalt­lich aus­ein­an­der nimmt, han­del­ten Wit­ze in den „Frei­tag Nacht News“ haupt­säch­lich von Ange­la Mer­kels Fri­sur. Das deut­sche Äqui­va­lent der „Dai­ly Show“ müss­te also mit­tig zwi­schen Come­dy und poli­ti­schem Kaba­rett plat­ziert wer­den – und zwar, ohne auch nur auf einen Ver­tre­ter der bei­den Gen­res zurück­zu­grei­fen.

Als Mode­ra­tor kann ich mir von den bekann­te­ren Ver­tre­tern ihrer Zunft des­halb eigent­lich nur Die­ter Moor vor­stel­len. Der hat in der Ver­gan­gen­heit mit den bril­lan­ten Sen­dun­gen „Cana­le Gran­de“ (Vox) und „Ex! Was die Nati­on erreg­te“ (SWR/​ARD) bewie­sen, dass er ein sehr fei­nes Gespür für Iro­nie hat und intel­li­gen­te Inter­views füh­ren kann. Ihm wür­de man (nicht zuletzt wegen einer gewis­sen opti­schen Ähn­lich­keit mit Jon Ste­wart) den Anchor­man einer Nach­rich­ten­sen­dung abneh­men. Alter­na­tiv könn­te man es auch mit einem jun­gen, unver­brauch­ten Gesicht ver­su­chen.

Es stellt sich natür­lich die Fra­ge, ob in Deutsch­land über­haupt genug pas­siert, um eine täg­li­che Sati­re­sen­dung an vier Wochen­ta­gen mit Inhal­ten zu ver­sor­gen. In den USA gibt es eini­ge Dut­zend Nach­rich­ten­sen­der, fünf­zig Bun­des­staa­ten, hun­dert Sena­to­ren, 435 Abge­ord­ne­te im Reprä­sen­tan­ten­haus und eine Regie­rung, deren Mit­glie­der bei so ziem­lich jedem öffent­li­chen Auf­tritt so viel sagt (oder nicht sagt), dass man damit meh­re­re „Dai­ly Shows“ fül­len könn­te. Für wöchent­li­che Sati­re­sen­dun­gen wie die WDR-2-„Zuga­be“, den „Wochen­rück­blick“ von Peter Zudeick oder – mit Abstri­chen – „Extra 3“ reicht aber auch das in Deutsch­land ver­zapf­te Mate­ri­al aus, Sati­re­sei­ten im Inter­net wie die „Schand­männ­chen“ oder die der „Tita­nic“ haben sogar täg­lich Mate­ri­al. Die weni­gen guten poli­ti­schen Kaba­ret­tis­ten (also Vol­ker Pis­pers und die, die bei „Neu­es aus der Anstalt“ und den „Mit­ter­nachts­spit­zen“ auf­tre­ten) schaf­fen es auch, noch in jeder Sup­pe, die der Poli­tik dem Volk ain­ge­brockt hat, diver­se Haa­re zu fin­den. Mit­hil­fe eini­ger guter Autoren (also nicht die, die dem­nächst bei „Harald Schmidt“ frei­ge­setzt wer­den) soll­te es mög­lich sein, eine wenigs­tens wöchent­li­che Sen­dung zusam­men­zu­stel­len, die gleich­zei­tig über Hin­ter­grün­de infor­miert und die Aus­sa­gen von Poli­ti­kern und sons­ti­gen „hohen Tie­ren“ aus­ein­an­der­nimmt. Außer­dem haben wir Poli­ti­ker wie Wolf­gang Bos­bach und Gui­do Wes­ter­wel­le (gibt’s den eigent­lich noch?), die mit nahe­zu jeder Äuße­rung um sati­ri­sche Wür­di­gung fle­hen. Und dann gibt es ja auch noch Wolf­gang Schäub­le

Auch wenn das Inter­es­se an „intel­li­gen­ter Unter­hal­tung“ immer wie­der bezwei­felt wird, ich den­ke, die Ziel­grup­pe wäre nicht ein­mal gering: Es gibt genug Leu­te, die die „Tita­nic“ lesen; genug, die sich für Sati­re inter­es­sie­ren, aber Berüh­rungs­ängs­te vor dem Leh­rer-in-Leder­wes­ten-Kaba­rett beim „Schei­ben­wi­scher“ haben. In den USA ist die „Dai­ly Show“ für vie­le (gera­de jün­ge­re) Zuschau­er inzwi­schen ein Haupt­lie­fe­rant für Nach­rich­ten gewor­den – obwohl die Macher immer wie­der beto­nen, Unter­hal­tung und kei­ne ernst­haf­ten Nach­rich­ten zu pro­du­zie­ren. Dass eine Unter­su­chung der India­na Uni­ver­si­ty den­noch zu dem Ergeb­nis kam, dass der Nach­rich­ten­ge­halt in der „Dai­ly Show“ im gro­ßen und gan­zen mit dem in „rich­ti­gen“ Nach­rich­ten­sen­dun­gen ver­gleich­bar ist, spricht eine deut­li­che Spra­che im Bezug auf die Main­stream-Nach­rich­ten, denen vie­le US-Bür­ger aus­ge­setzt sind. Dazu pas­sen aber die Ein­schalt­quo­ten im deut­schen Fern­se­hen, bei denen „RTL Aktu­ell“ immer öfter vor der „Tages­schau“ liegt.

Bleibt natür­lich die Fra­ge, wel­cher Sen­der so eine Sen­dung aus­strah­len wür­de. Wer hät­te die Eier, nicht nach drei Wochen mit nicht ganz so guten Quo­ten (denn viel­leicht irre ich mich und die rund 5.000 User, die sich die „Dai­ly Show“ online angu­cken, haben gar kei­nen Bock mehr auf das Uralt-Medi­um Fern­se­hen oder inter­es­sie­ren sich gar nicht für deut­sche Poli­tik) die gan­ze Show gleich wie­der zu kip­pen? Wer könn­te die vie­len Redak­teu­re und Autoren, die eine sol­che Sen­dung selbst mit dem bes­ten Mode­ra­tor nun mal bräuch­te, bezah­len? Hält man sich die (sicher­lich preis­güns­ti­ge­ren) Test­bal­lons vor Augen, die der WDR im ver­gan­ge­nen Som­mer in sei­nem Spät­abend­pro­gramm los­ge­las­sen hat, scheint zumin­dest etwas Expe­ri­men­tier­freu­de und Geld vor­han­den zu sein. Viel­leicht wagt es sogar ein Pri­vat­sen­der wie Vox, der ja mit hohem Anspruch gestar­tet war und sich in den letz­ten Jah­ren als erfolg­reichs­ter Fern­seh­sen­der der zwei­ten Rei­he eta­blie­ren konn­te. Ich wür­de mich freu­en und immer ein­schal­ten!

Nach­trag 29.05.: Auf mei­ne Anfra­ge (die ich bereits eini­ge Tage vor die­sem Ein­trag hier gestellt hat­te) bestä­tig­te man mir beim deut­schen Come­dy Cen­tral, dass wei­ter­hin an einer Inte­gra­ti­on der jeweils aktu­ells­ten „Dai­ly Show“ ins Fern­seh­pro­gramm gear­bei­tet wer­de. Plä­ne, eine ähn­li­che Show für Deutsch­land zu pro­du­zie­ren, gebe es bis­her aber nicht.