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Rad und Tat

Man kann sicher viel dar­über dis­ku­tie­ren, ob es eine gute Idee war, dass Sat.1 die Bericht­erstat­tung der Tour de France über­nom­men hat, kaum dass ARD und ZDF aus­ge­stie­gen waren. Das geschieht ja auch hie und da und dort. Letzt­end­lich gibt es da sicher­lich kein „rich­tig“ oder „falsch“, aber es muss ja nicht jede Dis­kus­si­on zu einem Ergeb­nis kom­men.

Was mich aber gera­de mal wie­der auf die Pal­me treibt, sind die Ber­li­ner Hin­ter­bänk­ler, die – kaum, dass sich das Som­mer­loch bedroh­lich über der Medi­en­land­schaft öff­net – eiligst durch die Gegend ren­nen und in die erst­bes­ten Mikro­fo­ne hin­ein­sal­ba­dern:

Die Grü­nen spra­chen von einem «fata­len Signal», wenn die Quo­te zäh­le, der Inhalt aber nicht. «An die Zuschau­er wird dabei nicht gedacht, an einen sau­be­ren Rad­sport schon gar nicht – Haupt­sa­che Spek­ta­kel», heißt es in einer gemein­sa­men Erklä­rung der medi­en­po­li­ti­schen Spre­che­rin, Griet­je Bet­tin, und des sport­po­li­ti­schen Spre­chers, Win­fried Her­mann.

Zunächst ein­mal freut es mich natür­lich, wenn sich die mir bis­her unbe­kann­ten Grü­nen-Spre­cher als mei­ne Anwäl­te (ich als Teil­men­ge von die Zuschau­er) auf­spie­len. Allein: Ich will gucken – und eine knap­pe Mil­lio­nen ande­rer Leu­te offen­bar auch.

Sicher: Wir könn­ten auch der Über­tra­gung bei Euro­s­port fol­gen, dafür braucht es kei­ne lang­wei­li­ge Sat.1‑Übertragung. Aber allein die Ver­wen­dung des Begriffs „Spek­ta­kel“ zeigt, dass sich offen­bar kei­ner der Bei­den die Mühe gemacht hat, sich das Elend bei Sat.1 anzu­schau­en – dage­gen ist ja jeder Wet­ter­be­richt nach den „Tages­the­men“ ein grö­ße­res Spek­ta­kel. Und die Quo­te „stimm­te“ ges­tern bei Sat.1 schon mal über­haupt nicht.

Mir erschließt sich auch nicht so ganz, ob und wie der Rad­sport dadurch sau­be­rer wer­den soll­te, wenn die Tour nicht im Fern­se­hen auf einem Sen­der, der einen ein­stel­li­gen Sen­de­platz auf der Fern­be­die­nung belegt, über­tra­gen wür­de. Es ist ein biss­chen wie mit Schrö­din­gers Kat­ze: ent­we­der wird gedopt oder nicht – ob man dabei zuse­hen kann oder nicht, hat dar­auf kei­nen Ein­fluss.

Poli­ti­ker müs­sen nicht zu allem eine Mei­nung haben und vor allem soll­ten sie dar­auf ver­trau­en, dass die Bür­ger, von denen sie mit der Wah­rung ihrer Inter­es­sen beauf­tragt wur­den, mün­dig genug sind, einen Fern­se­her ein­zu­schal­ten oder nicht. So doll wie frü­her waren die Zuschau­er­zah­len der Tour schon bei ARD und ZDF nicht – also gibt es offen­bar genug frü­he­re Zuschau­er, die ent­we­der die Schnau­ze voll haben von gedop­ten Sport­lern oder – auch das wäre nicht undenk­bar – denen die unge­dop­ten Fah­rer zu lang­sam fah­ren.