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Musik Rundfunk

Grand-Prix-Liveblog 2009

Eurovision-Begleitessen

Ich füh­le mich ein biss­chen wie die alte Frau, für die ich beim Zivil­dienst immer ein­kau­fen muss­te: Viel zu viel Essen da, aber es könn­te ja immer über­ra­schend jemand vor­bei­kom­men. (Die alte Frau hat­te aller­dings mehr und här­te­ren Alko­hol zuhau­se als ich.)

Aber es soll ja ein län­ge­rer Abend wer­den:

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Digital Musik Rundfunk

Programmhinweis: Ein Liveblog für Moskau

Ein Eisbär schießt Konfetti ins Publikum. Eine riesige digitale MatrjoschkaSie wer­den es ver­mut­lich noch nicht mit­be­kom­men haben, aber mor­gen ist wie­der die Ver­an­stal­tung, die seit eini­gen Jah­ren „Euro­vi­si­on Song Con­test“ genannt wird und nie „Grand Prix d’Eurovision de la Chan­son“ hieß.

Im Gegen­satz zu den letz­ten bei­den Jah­ren, als Ste­fan Nig­ge­mei­er und ich uns bereits im Vor­feld durch alle Bei­trä­ge gekämpft haben, habe ich in die­sem Jahr kei­ne Ahnung, was mich beim Fina­le in Mos­kau erwar­tet: Ich habe kei­nes der Halb­fi­nals gese­hen und selbst den deut­schen Titel habe ich bis­her nicht (bewusst) gehört.

Das sind natür­lich die bes­ten Vor­aus­set­zun­gen für einen zünf­ti­gen Grand-Prix-Abend mit Käse­häpp­chen, Metigel und rus­si­schem Wod­ka (auf den ich aus per­sön­li­chen Grün­den aller­dings ver­zich­ten wer­de).

Das gro­ße Live­blog star­tet (wie schon 2007 und 2008) um kurz vor 21 Uhr. Bild und Ton ent­neh­men Sie bit­te dem Pro­gramm des Ers­ten Deut­schen Fern­se­hens oder eurovision.tv.

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Musik

Timbalandsmannschaften

Der Grand Prix ist vor­bei und schon wird wie­der dis­ku­tiert, dass das ja alles wie­der eine „Ost­block-Ver­schwö­rung“ gewe­sen sei, denn immer­hin hat mit Russ­land schon das fünf­te Land seit dem Jahr 2000 gewon­nen, das frü­her hin­ter dem „eiser­nen Vor­hang“ lag. Auch bei Ste­fan geht es in den Kom­men­ta­ren wie­der rund.

Mei­ne Theo­rie ist ja: Dima Bilan aus Russ­land hat gewon­nen, weil sein „Belie­ve“ von Jim Beanz pro­du­ziert wur­de, einem Mit­ar­bei­ter von Tim­ba­land.

Denn so beliebt waren die letz­ten von Tim­ba­land pro­du­zier­ten Songs in Euro­pa:

Nel­ly Fur­ta­do – Manea­ter
#1 in Bul­ga­ri­en, Kroa­ti­en, Est­land, Ungarn, Isra­el, Por­tu­gal, Polen, UK und der Schweiz
#2 in Däne­mark, Lett­land und Litau­en
#3 in Öster­reich und Tsche­chi­en
#7 in Finn­land
#9 in Bel­gi­en
#10 in den Nie­der­lan­den

Jus­tin Tim­ber­la­ke feat. Tim­ba­land – Sexy­Back
#1 in Deutsch­land, Irland, Nor­we­gen und UK
#2 in der Schweiz
#3 in Bel­gi­en, Finn­land und Ita­li­en
#4 in Por­tu­gal und Schwe­den
#5 in Öster­reich und den Nie­der­lan­den
#8 in Frank­reich
#12 in Däne­mark

Nel­ly Fur­ta­do feat. Tim­ba­land – Pro­mis­cuous
#1 in Bul­ga­ri­en, Kroa­ti­en, Est­land, Ungarn, Isra­el, Rumä­ni­en und der Tür­kei
#2 in Däne­mark, Litau­en, Lett­land, Polen und Por­tu­gal
#3 in Nor­we­gen und UK
#4 in Finn­land
#5 in Irland
#6 in Bel­gi­en, Deutsch­land und der Schweiz
#9 in den Nie­der­lan­den
#12 in Öster­reich

Jus­tin Tim­ber­la­ke feat. T.I. – My Love
#1 in Bul­ga­ri­en
#2 in Schwe­den, der Schweiz, UK, Deutsch­land und Irland
#5 in Finn­land und den Nie­der­lan­den
#6 in Öster­reich
#7 in Por­tu­gal
#10 in Frank­reich
#12 in Ita­li­en
#19 in Bel­gi­en

Nel­ly Fur­ta­do – Say It Right
#1 in Tsche­chi­en, Frank­reich, Deutsch­land, den Nie­der­lan­den, Litau­en, Lett­land, Isra­el, Ita­li­en, Polen, Por­tu­gal, Rumä­ni­en, Slo­we­ni­en, der Slo­wa­kei, der Schweiz und der Tür­kei
#2 in Öster­reich und Nor­we­gen
#6 in Russ­land
#10 in UK
#11 in Schwe­den
#12 in Irland
#13 in Grie­chen­land

Jus­tin Tim­ber­la­ke – What Goes Around… Comes Around
#2 in Por­tu­gal
#3 in Bul­ga­ri­en und Finn­land
#4 in UK
#5 in Öster­reich, Frank­reich, Deutsch­land, Schwe­den und der Schweiz
#6 in Irland und den Nie­der­lan­den
#7 in Nor­we­gen
#8 in Bel­gi­en
#15 in Däne­mark
#19 in Ita­li­en

Nel­ly Fur­ta­do – All Good Things (Come To An End)
#1 in Öster­reich, Bel­gi­en, Tsche­chi­en, Kroa­ti­en, Deutsch­land, Ungarn, Isra­el, Ita­li­en, Lett­land, Litau­en, Nor­we­gen, Polen, Slo­we­ni­en, Spa­ni­en, der Schweiz
#2 in Est­land
#3 in der Tür­kei
#4 in UK
#5 in Schwe­den
#6 in Frank­reich
#8 in Irland

Tim­ba­land feat. Nel­ly Fur­ta­do and Jus­tin Tim­ber­la­ke – Give It To Me
#1 in Bul­ga­ri­en, Lett­land und UK
#2 in Däne­mark, Isra­el und Irland
#3 in Öster­reich, Deutsch­land, Por­tu­gal und der Tür­kei
#4 in Bel­gi­en und Nor­we­gen
#5 in Russ­land
#6 in Tsche­chi­en, Finn­land und der Schweiz
#7 in Frank­reich und den Nie­der­lan­den
#8 in Ita­li­en
#21 in Schwe­den

Tim­ba­land feat. Keri Hil­son & D.O.E. – The Way I Are
#1 in Bul­ga­ri­en, Däne­mark, Irland, Isra­el, Nor­we­gen, UK, Polen und der Tür­kei
#2 in Bel­gi­en, Frank­reich und Schwe­den
#3 in den Nie­der­lan­den und der Schweiz
#4 in Öster­reich, Finn­land
#5 in Deutsch­land, Russ­land

One­Re­pu­blic – Apo­lo­gi­ze
#1 in Öster­reich, Bul­ga­ri­en, den Nie­der­lan­den, Deutsch­land, Ita­li­en, Polen, Por­tu­gal, Spa­ni­en, Schwe­den, der Schweiz, der Tür­kei und der Ukrai­ne
#2 in Irland, Isra­el, Bel­gi­en, Tsche­chi­en, Däne­mark, Rumä­ni­en und Russ­land
#3 in UK
#4 in Finn­land
#7 in Frank­reich

Madon­na feat. Jus­tin Tim­ber­la­ke and Tim­ba­land – 4 Minu­tes
#1 in Bel­gi­en, Bul­ga­ri­en, Däne­mark, den Nie­der­lan­den, Finn­land, Deutsch­land, Grie­chen­land, Ungarn, Irland, Isra­el, Ita­li­en, Nor­we­gen, Polen, Spa­ni­en, der Schweiz, der Tür­kei, der Ukrai­ne und UK
#2 in Öster­reich, Frank­reich und Schwe­den
#3 in Rumä­ni­en und der Slo­wa­kei

Wer (wie die meis­ten Zuschau­er) 25 Songs erst­ma­lig hört, wird sich ver­mut­lich am ehes­ten an die­je­ni­gen Bei­trä­ge erin­nern (und für sie abstim­men), die ihm dif­fus bekannt vor­kom­men. Dafür spricht auch, dass der grie­chi­sche Bei­trag, des­sen Beats eben­falls nach Tim­ba­land klan­gen (auch wenn der dar­an nicht betei­ligt war), immer­hin Drit­ter gewor­den ist.

[Quel­len: Wiki­pe­dia und αcharts.us]

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Musik Rundfunk

Grand-Prix-Liveblog 2008

20:57 Uhr: Sode­le, dann begrü­ße ich Sie mal ganz herz­lich im dies­jäh­ri­gen Grand-Prix-Live­blog. Metigel und Grill­gut sind da, der Pro­set­schio ist tief­ge­kühlt und gleich mach ich mir noch ein Mon Che­rie warm.

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Musik Rundfunk

Das Ende eines phantastischen Zeitalters

Das war ja klar: wir hören uns alle 43 Titel an, die in die­sem Jahr beim Euro­vi­si­on Song Con­test (vul­go: „Grand Prix“) antre­ten, ich fin­de sogar ein Lied, das mir ganz ehr­lich und ohne Iro­nie gefällt – und das schei­tert dann natür­lich gran­di­os bereits im Halb­fi­na­le.

Lei­der lag die Treff­si­cher­heit der Töne auf der Büh­ne unge­fähr bei einem hal­ben Kas­ten Bier auf der nach oben offe­nen Thees-Uhl­mann-Ska­la und die „Cho­reo­gra­phie“ hät­te Det­lef D! Soost sicher mit mar­ki­gen Wor­ten in die Ton­ne getre­ten. Aber ich dach­te mir, bevor der ein­zig wirk­lich gute Song des dies­jäh­ri­gen Grand Prix wie­der völ­lig in der Ver­sen­kung ver­schwin­det, gön­ne ich ihm hier noch mal sei­ne 3:28 Minu­ten Ruhm.

Mei­ne Damen und Her­ren, mit der Start­num­mer 42, zum letz­ten Mal dabei, bit­te nicht wie­der­wäh­len: Pao­lo Mene­guz­zi aus der Schweiz mit „Era Stu­pen­do“!

[Direkt­link]

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Digital Musik

Auswärtsspiel: Der große Grand-Prix-Führer 2008

Wir wis­sen auch nicht mehr war­um, aber Ste­fan Nig­ge­mei­er und ich, wir haben uns sämt­li­che 43 Titel, die die­ses Jahr in zwei Halb­fi­nals und einem Fina­le am Grand Prix teil­neh­men, ange­hört. Mehr­mals. Und dar­über geschrie­ben. Näm­lich hier.

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Musik Rundfunk Fernsehen

Raabenvater

01:42 Uhr in der Nacht von Don­ners­tag auf Frei­tag ist viel­leicht nicht unbe­dingt der gla­mou­rö­ses­te Zeit­punkt, um eine Pop-Kar­rie­re zu star­ten. So spät war es heu­te früh, als bei Ste­fan Raabs klei­nem Talent­wett­be­werb die Sie­ge­rin fest­stand: die acht­zehn­jäh­ri­ge Ste­fa­nie Heinz­mann aus Eyholz in der Schweiz. Die Sen­dung und vor allem die Kan­di­da­ten hät­ten einen weit bes­se­ren Sen­de­platz ver­dient gehabt als den im Anschluss an Sonya Kraus‘ Trash-Para­de „Sim­ply The Best“.

Doch wor­um ging es eigent­lich? Im April des letz­ten Jah­res stieg Max Bus­kohl frei­wil­lig bei „Deutsch­land sucht den Super­star“ aus, weil er lie­ber mit sei­ner Band Emp­ty Trash musi­zie­ren woll­te. Wegen bestehen­der Ver­trä­ge durf­te er aber zunächst nir­gend­wo mehr auf­tre­ten, auch nicht bei „TV Total“, wohin Ste­fan Raab ihn sofort ein­ge­la­den hat­te. Raab zet­tel­te erst einen „TV-Skan­dal“ („Bild“) an, indem er Bus­kohl als RTL-„Geisel“ insze­nier­te, dann kün­dig­te er ein­fach sei­ne eige­ne Cas­ting­show an: „Ste­fan sucht den Super­star, der sin­gen soll was er möch­te und ger­ne auch bei RTL auf­tre­ten darf“ („kurz“: SSDSDSSWEMUGABRTLAD).

Raab hat­te Erfah­rung mit Cas­ting­shows: Im Jahr 2004 hat­te er mit „Ste­fan sucht den Super-Grand-Prix-Star“ („SSDSGPS“) den letz­ten ernst zuneh­men­den Ver­such sabo­tiert, aus dem deut­schen Vor­ent­scheid zum Schla­ger-Grand-Prix doch noch eine zeit­ge­mä­ße Ver­an­stal­tung zu machen. Dafür ver­half er dem Sän­ger Max Mutz­ke über Nacht zum Num­mer-Eins-Hit, hol­te mit ihm in Istan­bul den bis heu­te letz­ten deut­schen Top-Ten-Platz beim Grand Prix und bekam für all das auch noch den Grim­me­preis. Dann hat­te Raab genug vom Grand Prix und rief den „Bun­des­vi­si­on Song Con­test“ ins Leben, der sich aus dem Stand her­aus zu einer der wich­tigs­ten Ver­an­stal­tun­gen der deut­schen Musik­sze­ne ent­wi­ckel­te. Raab selbst mut­maß­te in einem „Behind the scenes“-Special zum aktu­el­len Wett­be­werb, es hät­ten sich des­halb so vie­le inter­es­san­te Musi­ker bewor­ben, die nie in eine regu­lä­re Cas­ting­show gegan­gen wären, weil sie sich bei ihm und sei­nem Team sicher sein konn­ten, ernst genom­men zu wer­den und sie selbst blei­ben zu dür­fen.

Und in der Tat: Was da an Kan­di­da­ten in den ers­ten Ent­schei­dungs­shows auf­lief, hät­te jeden RTL-„Superstar“ in Grund und Boden sin­gen kön­nen. Dar­un­ter jede Men­ge ech­te Typen, die man nicht nur wegen ihres Exo­ten-Fak­tors mit rein­ge­nom­men hat­te. Die von Anfang an hohe Qua­li­tät mach­te die Jury-Urtei­le von Raab, Bus­kohl-Papa Carl Carl­ton und wech­seln­den Gäs­ten wie Ange Engel­ke, Sasha oder ges­tern Universal‑A&R Jochen Schus­ter dann natür­lich ein biss­chen lang­wei­lig, wie Chris­toph Caden­bach bei „Spie­gel Online“ bemerkt:

Da wünsch­te man sich, so trau­rig das scheint, eine Leder­haut wie Die­ter Boh­len her­bei, der die Kan­di­da­ten mal so rich­tig vor den Kame­ras scharf­rich­tet.

Wer sich dar­über wun­dert, dass aus­ge­rech­net dem immer noch als „Groß­maul“ ver­schrie­nen Ste­fan Raab eine kusch­li­ge Cas­ting­show und damit die ver­meint­li­che Qua­dra­tur des Krei­ses gelun­gen ist, hat die Ent­wick­lung der letz­ten Jah­re ver­passt: Raab hat aus Schnaps­ideen Groß­ereig­nis­se wie die „Wok-WM“ ent­wi­ckelt, er hat mit „Schlag den Raab“ die gro­ße (und ewig lan­ge) Sams­tag­abend­show wie­der zum Leben erweckt und dürf­te in der Retro­spek­ti­ve irgend­wann als einer der wich­tigs­ten Fern­seh­ma­cher der Nuller Jah­re gese­hen wer­den. Und wenn sei­ne Autoren ihm nicht jedes­mal, wenn das The­ma Frau­en­fuß­ball zur Spra­che kommt, gänz­lich unsäg­li­che Les­ben­wit­ze aus der unters­ten Schub­la­de kra­men wür­den, hät­te er viel­leicht auch einen all­ge­mein bes­se­ren Ruf.

Doch zurück zum gest­ri­gen Fina­le, bei dem vier mehr oder weni­ger unwahr­schein­li­che poten­ti­el­le Pop­stars zur Wahl stan­den: Mario, ein zwan­zig­jäh­ri­ger Cow­boy, der aus­schließ­lich Coun­try-Songs gesun­gen und es damit immer wie­der in die nächs­te Run­de geschafft hat­te; Stef­fi, eine sym­pa­thi­sche Frän­kin, die über­all sonst das Label „Rocker­braut“ ver­passt bekom­men hät­te, wenn sie mit 32 über­haupt noch hät­te teil­neh­men dür­fen; Gre­gor, der ab der zwei­ten Show mit selbst geschrie­be­nen, deutsch­spra­chi­gen Bal­la­den ange­tre­ten war, und Ste­fa­nie, eine acht­zehn­jäh­ri­ge Schwei­ze­rin, die anspruchs­vol­le und mit­un­ter abwe­gi­ge Soul- und Funk­songs schmet­ter­te, als habe sie nie etwas ande­res gemacht, und die sich selbst immer am meis­ten über ihr Wei­ter­kom­men zu wun­dern schien. Die­se Kan­di­da­ten hat­ten bis ges­tern alle kei­ne Nach­na­men, kei­ne Fami­lie, die in Ein­spiel­fil­men erzäh­len muss­te, dass die Kin­der ja noch „total auf dem Boden geblie­ben“ sei­en, und kein Pri­vat­le­ben, das in der „Bild am Sonn­tag“ aus­ge­brei­tet wur­de. Die Kan­di­da­ten und ihre Songs reich­ten völ­lig aus, was im Gegen­zug lei­der auch hieß, dass der Wett­be­werb fast unter Aus­schluss der Öffent­lich­keit statt­fand – und ich hab ja auch bis­her nie dar­über geschrie­ben.

Dass Ste­fa­nie schließ­lich vor Gre­gor und Stef­fi das Fina­le gewin­nen wür­de (Mario war bereits nach dem ers­ten von zwei Songs aus­ge­schie­den), zeich­ne­te sich schon an den Zuschau­er­re­ak­tio­nen ab: das Stu­dio­pu­bli­kum hör­te kaum noch auf zu toben, nach­dem sie „Only So Much Oil In The Ground“ von Tower Of Power zum Bes­ten gege­ben hat­te. Lei­der ist „My Man Is A Mean Man“, das ihr die schwe­di­schen Autoren Mar­kus Sepehr­ma­nesh, Tom­my Tysper und Gus­tav Jons­son geschrie­ben haben, nicht so span­nend gera­ten – schon gar nicht in der Stu­dio­ver­si­on.

Denn bereits heu­te kann man eine Sin­gle kau­fen, auf der prak­ti­scher­wei­se alle vier Fina­lis­ten mit ihren neu­en Songs ver­tre­ten sind – bei iTu­nes zum Bei­spiel schon seit Ende der Sen­dung. Und da wol­len wir doch noch mal ganz kurz rein­hö­ren:

Ste­fa­nie Heinz­mann – My Man Is A Mean Man (Live­vi­deo aus der Sen­dung)
Eine gefäl­li­ge Soul­pop-Num­mer, die ein wenig an Joss Stone, die neue­ren Chris­ti­na-Agui­lera-Sachen oder die Supre­mes erin­nert. Nett, aber bei der Stim­me wäre viel mehr drin gewe­sen.

Gre­gor Meyle – Nie­mand (Live­vi­deo)
Gre­gor ist der Ein­zi­ge der Fina­lis­ten, der sei­nen Song selbst geschrie­ben hat. „Nie­mand“ hat­te er schon wäh­rend der Ent­schei­dungs­shows im Dezem­ber gespielt und es ist für­wahr ein erstaun­lich guter Song. Zwar ist das Gere­de von Carl­ton und Raab, man habe den bes­ten deutsch­spra­chi­gen Song­wri­ter seit Jah­ren ent­deckt, schon ziem­lich über­trie­ben, ander­seits stellt man sich natür­lich auch die Fra­ge, wel­che neu­en deutsch­spra­chi­gen Song­wri­ter es in den letz­ten Jah­ren denn wohl über­haupt so gab – zumin­dest kei­nen, der der­art lyrisch und den­noch unpein­lich über die ganz gro­ßen Gefüh­le gesun­gen hät­te. Mit der U2-Instru­men­tie­rung ist das dann schon recht gro­ßer Sport. Nach den ande­ren Eigen­kom­po­si­tio­nen, die der Mann in der Show gespielt hat, kann man da ein erstaun­li­ches Album erwar­ten.

Stef­fi List – Break The Silence (Live­vi­deo)
Das Lied, das in der Stu­dio­ver­si­on am sat­tes­ten gera­ten ist. Die klang­li­che Nähe zu K’s Choice liegt vor allem dar­an, dass Stef­fis Stim­me ordent­lich nach der von Sarah Bet­tens klingt. Der Song könn­te sonst aber auch von Hea­ther Nova, Sophie B. Haw­kins oder Sheryl Crow sein – was ich jetzt merk­wür­di­ger­wei­se als Kom­pli­ment mei­ne.

Mario Stroh­schänk – Don’t Feel Sor­ry For Me (Live­vi­deo)
Na, das höre ich ja schon bei WDR2 rauf und run­ter lau­fen. Klingt wie die Songs, die Gregg Alex­an­der für Ronan Kea­ting geschrie­ben hat, oder das Come­back-Album von Take That: Schon ein wenig arg glatt und main­strea­mig, aber doch grad noch so, dass man es eher als „ein­gän­gig“ denn als „chee­sy“ bezeich­nen wür­de. Raab hat schon recht, wenn er meint, dass man Mario den Süd­staa­ten-Ame­ri­ka­ner glatt abneh­men wür­de.

Kurz­um: Die Sin­gle ist Pop im bes­ten Sin­ne. Ob Ste­fan Raab bei sei­ner Suche nun wirk­lich einen „Super­star“ gefun­den hat, wird sich (wie bei jeder Cas­ting­show) noch zei­gen. Die Vor­aus­set­zun­gen (Talent und eine Ziel­grup­pe, die mög­li­cher­wei­se loya­ler ist als die Hor­den krei­schen­der Tee­nies, die jedes Jahr für ein ande­res One-Hit-Won­der jubeln) sind jeden­falls gut. Man soll­te RTL sehr dank­bar sein, dass sie Max Bus­kohl unter Ver­schluss gehal­ten haben.

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Panik ohne Listen

Pop­kul­tur­lieb­ha­ber nei­gen mit­un­ter dazu, alles in Lis­ten zu orga­ni­sie­ren. Das wis­sen wir spä­tes­tens seit Nick Horn­bys „High Fide­li­ty“ (Platz 2 mei­ner Lieb­lings­bü­cher, Platz 4 mei­ner Lieb­lings­fil­me).

Ich habe schon mein Leben lang Spaß an Lis­ten und Sta­tis­ti­ken. Den Grand Prix Euro­vi­si­on de la Chan­son habe ich haupt­säch­lich wegen der ellen­lan­gen, wahn­sin­nig ermü­den­den Punk­te­ver­ga­be am Schluss geschaut. Ich habe sogar mit Play­mo­bil-Figu­ren eige­ne Grand Pri­x­es aus­ge­tra­gen, wobei auch dort die Ver­ga­be und Berech­nung der Jury­stim­men der für mich unter­halt­sams­te Teil waren. Ich habe vor Fuß­ball­welt­meis­ter­schaf­ten deren Aus­gang berech­net (Welt­meis­ter 1994 wur­de Deutsch­land mit einem 2:1 gegen Argen­ti­ni­en) und eige­ne Sport­li­gen gegrün­det und durch­ge­rech­net – alles noch mit Papier und Kugel­schrei­ber.

Als ich anfing, Kas­set­ten­mäd­chen­kas­set­ten auf­zu­neh­men, habe ich die genau­en Play­lists in den Com­pu­ter ein­ge­tra­gen. So wuss­te ich hin­ter­her, wel­che Songs das ent­spre­chen­de love inte­rest bereits von mir erhal­ten hat­te, kann aber heu­te auch rela­tiv schnell über­prü­fen, was die essen­ti­el­len Hits auf bis­her über 65 Mix­tapes und ‑CDs waren: „Try, Try, Try“ von den Smas­hing Pump­kins, „Just Loo­king“ von den Ste­reo­pho­nics und „Charm Attack“ von Leo­na Naess kom­men auf jeweils fünf Ein­sät­ze (bei den Bands lie­gen Tra­vis mit 56 Songs vor den Ste­reo­pho­nics und Ben Folds Five mit jeweils 46).

Seit vie­len Jah­ren füh­re ich Excel-Tabel­len, in denen ich ver­mer­ke, wel­che CDs ich wann und wo für wel­chen Preis gekauft habe (im ver­gan­ge­nen Jahr 63 Alben und Sin­gles für durch­schnitt­lich 7,77 Euro) oder wann ich wo mit wem im Kino war und wel­chen Film wir dort gese­hen haben (frü­her sogar noch mit einer Bewer­tung für jeden Film ver­se­hen).

Hät­ten wir uns im Mathe­ma­tik-Grund­kurs noch mit Sta­tis­tik beschäf­tigt, wäre mein Abitur­schnitt (den ich über­ra­schen­der­wei­se nicht vor­ab berech­net hat­te) bestimmt bes­ser aus­ge­fal­len.

Ich bin also das, was man einen „Sta­tis­tik­freak“ nen­nen könn­te, und wür­de nicht groß wider­spre­chen, wenn mir jemand einen mil­den Autis­mus auf dem Gebiet unter­stell­te.

Des­halb bin ich auch ziem­lich trau­rig, dass Blogscout dicht gemacht hat. So long and thanks for all the num­bers.

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Musik Rundfunk

Grand-Prix-Liveblog

Weil die Vor­be­richt­erstat­tung in der ARD mich ein wenig irre gemacht hat, kam mir die Idee, doch noch ein ganz spon­ta­nes Grand-Prix-Live­blog zu star­ten. Wenn alles gut­geht, gibt’s also hier gleich die halb­her­zi­ge Neben­be­richt­erstat­tung.

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Musik

In Erinnerung vergangener Tage

Ich habe mich auf Ein­la­dung von Ste­fan Nig­ge­mei­er inten­siv mit den Bei­trä­gen für den dies­jäh­ri­gen Grand Prix beschäf­tigt. Beson­ders fas­zi­niert hat mich an die­sem Wett­be­werb immer schon die unend­lich lan­ge, kör­per­lich anstren­gen­de und mit blei­schwe­rer Diplo­ma­tie belas­te­te Punk­te­ver­ga­be, was sich wohl mit mei­ner Fas­zi­na­ti­on für Lis­ten und Sta­tis­ti­ken in der Pop­mu­sik bes­tens erklä­ren lässt. Mir fiel aber auch wie­der ein, wann ich den Grand Prix das ers­te Mal bewusst ver­folgt habe: 1993, als mei­ne dama­li­ge Lieb­lings­band für Deutsch­land antrat.

Yes, inde­ed: Ich war zu Beginn mei­ner Musik­kon­su­men­ten­lauf­bahn Fan der Mün­che­ner Frei­heit. Das ist aber, spä­tes­tens seit Jochen Dis­tel­mey­er sich zu der Band bekannt hat, auch gar kei­ne son­der­lich kre­di­bi­li­täts­schä­di­gen­de Äuße­rung mehr. Und da ich die mir zum zehn­ten Geburts­tag geschenk­te (und damit ver­mut­lich tat­säch­lich ers­te) CD „Ihre größ­ten Erfol­ge“ immer noch bei mir rum­flie­gen habe (den Mut, sie zwi­schen Mor­chee­ba und K.D. Lang ins Regal zu stel­len, hat­te ich dann doch nicht), hab ich gera­de noch mal rein­ge­hört.

Die gru­se­ligs­te Nach­richt gleich vor­ab: Ich kann noch immer wei­ter Tei­le der Tex­te mit­sin­gen, bei man­chen ver­ste­he ich aller­dings erst heu­te, wovon sie han­deln. „So lang‘ man Träu­me noch Leben kann“ ist ein­fach immer noch ein gutes Lied, „Ver­lie­ben Ver­lie­ren“ der viel­leicht ein­zig geglück­te Ver­such, die Beach Boys in deut­scher Spra­che nach­zu­emp­fin­den, die Musik von „Bis wir uns wie­der­seh’n“ oder „Tau­send Augen“ könn­te auch in einem schwä­che­ren Moment von den Pet Shop Boys erson­nen wor­den sein, und bei man­chen Lie­dern nimmt Ste­fan Zau­ner sogar den Gesangs­stil von Bill Kau­litz vor­weg – lan­ge, bevor der über­haupt gezeugt wur­de.

Eini­ge Lie­der wir­ken reich­lich anti­quiert, ande­re sind aber von einer zeit­lo­sen, nun ja: Zeit­lo­sig­keit: Musi­ka­lisch durch­dacht (ich hab gera­de erst erfah­ren, dass Ste­fan Zau­ner mal bei Amon Düül II mit­ge­wirkt hat) und text­lich dem alt­be­kann­ten Schick­sal aus­ge­lie­fert, dass deutsch­spra­chi­ge Tex­te eben tau­send­mal kri­ti­scher beäugt wer­den als eng­li­sche. Ent­spre­chend däm­lich wir­ken man­che Tex­te des­halb heut­zu­ta­ge und taten es wohl schon bei ihrem Erschei­nen. Ver­gli­chen mit man­chen heu­ti­gen Tex­ten so man­cher Indie­bands und vor dem Hin­ter­grund, dass zumin­dest eini­ge der Songs noch als Spät­aus­läu­fer der Neu­en Deut­schen Wel­le ent­stan­den, rela­ti­viert sich so ein Urteil aber recht schnell wie­der. Ob man sowas, bekä­me man es heu­te neu vor­ge­setzt, noch ansatz­wei­se gut fän­de, darf sicher­lich ernst­lich bezwei­felt wer­den, aber als Erbe des eige­nen Geschmacks kann man sich wohl ein- bis zwei­mal jähr­lich mit die­ser Musik aus­ein­an­der­set­zen. So klan­gen halt die Acht­zi­ger, und es ist ein Wun­der, dass wir, die in die­ser Zeit auf­ge­wach­sen sind, nicht erns­te­re Schä­den davon­ge­tra­gen haben – z.B. irgend­ei­ne Art von Bewun­de­rung für Mari­us Mül­ler-Wes­tern­ha­gen oder Heinz Rudolf Kun­ze.

An den Grand-Prix-Song der Mün­che­ner Frei­heit kann ich mich übri­gens gar nicht mehr erin­nern. Dass er „Viel zu weit“ hieß, muss­te ich gera­de nach­schla­gen, und den Gedan­ken, auch die akus­ti­sche Erin­ne­rung auf­zu­fri­schen, habe ich schnell ver­wor­fen. Was ich aber noch weiß: Da es damals noch kei­nen Grand-Prix-Vor­ent­scheid gab, wur­de das Lied ein­fach von einem gehei­men Gre­mi­um aus­ge­wählt und dem Publi­kum in einer ARD-Fern­seh­show vor­ge­stellt. Die­se Sen­dung lief an einem Don­ners­tag­abend in den Oster­fe­ri­en (sonst hät­te ich sie kaum sehen dür­fen), wur­de von Dag­mar Fre­de­ric mode­riert, und ich weiß auch noch, dass es ein idio­ti­sches Gewinn­spiel gab, bei dem man anhand ver­schie­de­ner Tipps erra­ten muss­te, in wel­cher Stadt eine Bild­te­le­fon­zel­le auf­ge­stellt wor­den war, die man dann auf­su­chen muss­te, um mit Frau Fre­de­ric live zu bild­te­le­fo­nie­ren.

Ich möch­te die­sen Arti­kel des­halb mit einem Zitat von Max Goldt schlie­ßen, des­sen Ver­wen­dung ich noch nicht für mög­lich gehal­ten hät­te, als ich die ers­ten Zei­len schrieb:

Die Mensch­heit soll­te sich übri­gens mal auf ihren gut 13 Mil­li­ar­den Knien bei der Zivi­li­sa­ti­on dafür bedan­ken, dass ihr das Bild­te­le­fon erspart geblie­ben ist.

PS: Wo wir gera­de von Wes­tern­ha­gen spra­chen: Es scheint unter Musik­kon­su­men­ten wie Musi­kern eine kano­ni­sche Einig­keit dar­über vor­zu­herr­schen, dass der wider­lichs­te, anbie­dernds­te Moment bun­des­re­pu­bli­ka­ni­scher Deutschrock­ge­schich­te auf Wes­tern­ha­gens Live­al­bum zu fin­den ist. Wenn er zwi­schen „alle, die von Frei­heit träu­men“ und „sol­len Frei­heit nicht ver­säu­men“ sein „So wie wir heu­te Abend hier!!!!1“ in die Dort­mun­der West­fa­len­hal­le blökt, möch­te man auch 17 Jah­re danach noch in die nächst­ge­le­ge­ne Ecke kot­zen.